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BRIEFE AUS PARIS (APPARAT)<br />
VIII-39<br />
(im Prinzip noch heute bestehenden) „Cirque d’hiver“ (Winterzirkus)<br />
verknüpft. In den letzten Jahren Napoleons und den ersten der Restauration<br />
waren ‚die Franconis‘ vor allem für die Dressur nicht nur von<br />
Pferden, sondern auch von Hirschen und Elefanten berühmt, darunter<br />
– worauf sich die Erzählung von Gutzkows Vater vermutlich bezieht –<br />
ein weißer Hirsch namens Coco. Dieser war seinerzeit, wie auch ein<br />
Elefant namens Baba, ein weit über Paris hinaus bekannter Publikumsmagnet.<br />
7,7-8 in den Champs élysées freuen sich die Pferde] Die Stelle verweist<br />
auf die ersten Bemühungen einer urbanistischen Umgestaltung<br />
von Paris und einer Modernisierung seiner (vor allem auch hygienisch)<br />
unbefriedigenden Infrastruktur, aber auch auf die erste, mit der<br />
Umgestaltung der Innenstadt verbundene Spekulationswelle. Nachdem<br />
das Gelände, auf dem während der Revolution die großen Aufmärsche<br />
und Versammlungen stattgefunden hatten, durch ein Gesetz vom August<br />
1828 aus dem Eigentum der Krone in dasjenige der Stadt übergegangen<br />
war, begann diese nach langer Diskussion 1838 mit der<br />
Umgestaltung des Geländes, wobei die Stadt selbst die Verantwortung<br />
für die Anlage neuer Wege und die Errichtung einer Reihe von Brunnen<br />
übernahm, der Bau von Cafés und Pavillons sowie eines Panoramas<br />
und des ‚Winterzirkus‘ hingegen privaten Interessenten überlassen<br />
wurde. Seit dieser Zeit war es auch höchst modern, seine Wohnung in<br />
der Nähe der Champs Elysées zu haben. Der Spaziergang bzw. der<br />
Ausritt dort (vgl. auch die Schilderung nur eine Seite später, 8,23),<br />
aber auch in dem von Gutzkow erwähnten Garten des Palais royal,<br />
und das Flanieren auf den ersten Boulevards gehört seit den späten<br />
dreißiger Jahren zu den typischen, zahlreich dokumentierten Sonntagsbeschäftigungen<br />
der Pariser Bevölkerung.<br />
9,21 find’ ich le Cid angekündigt] „Le Cid“ ist eine „tragi-comédie“<br />
von Pierre Corneille, uraufgeführt im Dezember 1636, und eines der<br />
entscheidenden Theaterstücke der französischen Klassik. Thematisch<br />
beruht es auf spanischen Vorbildern, konzentriert aber eine eigenständige<br />
Handlung entsprechend den poetologischen Normen der französischen<br />
Klassik auf eine Handlungszeit von 24 Stunden. Auslöser des<br />
dramatischen Konfliktes ist die Ernennung eines neuen Prinzenerzie-<br />
© EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, THOMAS BREMER, HALLE 2001 (F. 1.0)