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Determinismus bei Nietzsche Moralische Implikationen und ...

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auf neuem Niveau zu etablieren.“ 39 So führen im Menschen zwei entgegengesetzte<br />

Willensströmungen ihren Kampf, der ”<br />

Wille zum Nichts“ gegen den ”<br />

Willen zum<br />

Leben“. ”<br />

Schöpferisches Werden wird so in der philosophischen Selbst-Beobachtung<br />

zum kämpferischen Machtwillen. Da dieser zukunftsgerichtet ist, wird der Wille zur<br />

Macht zum ’<br />

Willen zur Zukunft‘, zum Willen zur schöpferischen Gestaltung der Zukunft.“<br />

40 Wendet man nun die Analogisierung von Mensch <strong>und</strong> Natur auf den Willen<br />

zur Macht an, so folgt, dass auch die Entwicklung des Kosmos eine fortwährende<br />

Selbstüberwindung seiner Formen bedingt, gleichsam einen Kampf gegen sich selbst,<br />

ganz so wie auch Heraklit den Kampf als kosmisches Prinzip betrachtet hat. Hierin<br />

erkennt man den ”<br />

weitreichenden ästhetisch-kulturellen Anspruch, mit dem <strong>Nietzsche</strong><br />

auch noch die Erkenntnisse der modernen Naturwisenschaften ergänzen <strong>und</strong><br />

in Übereinstimmung mit dem künstlerischen Selbstverständindes produktiven Individuums<br />

bringen will: ’<br />

Wille zur Macht‘soll nicht nur die Triebkraft jener Wesen<br />

sein, die einen Willen haben, sondern soll als energetischer Impuls allen Geschehens<br />

verstanden werden.“ 41<br />

Wie auch Heraklit wehrt sich <strong>Nietzsche</strong> gegen die Vorstellung, dass sich in der<br />

Welt etwas Beharrendes, Ewiges fände. Gegen diese lebensnotwendige Fiktion eines<br />

”<br />

’ Seins‘“ setzt er den absoluten Fluss“, denn:<br />

”<br />

Damit es irgend einen Grad von Bewußtsein in der Welt geben könne,<br />

”<br />

mußte eine unwirkliche Welt des Irrthums – entstehen: Wesen mit dem<br />

Glauben an Beharrendes an Individuen usw. Erst nachdem eine imaginäre<br />

Gegenwelt im Widerspruch zum absoluten Flusse entstanden war,<br />

konnte auf dieser Gr<strong>und</strong>lage etwas erkannt werden – ja zuletzt kann der<br />

Gr<strong>und</strong>irrthum eingesehn werden worauf alles beruht [. . . ] – doch kann<br />

dieser Irrthum nicht anders als mit dem Leben vernichtet werden: die<br />

letzte Wahrheit vom Fluß der Dinge verträgt die Einverleibung nicht,<br />

unsere Organe (zum Leben) sind auf den Irrthum eingerichtet. [. . . ]<br />

Leben ist die Bedingung des Erkennens. Irren die Bedingung des Lebens<br />

<strong>und</strong> zwar im tiefsten Gr<strong>und</strong>e Irren. Wissen um das Irren hebt es nicht<br />

auf! [. . . ] Wir müssen das Irren lieben <strong>und</strong> pflegen, es ist der Mutterschooß<br />

des Erkennens.“ 42<br />

Weil die Negation des Werdens dem erkennenden Menschen immanent ist, kann aud<br />

der Intellekt keine Kategorie des absoluten Werdens bilden.<br />

Unser Intellekt ist nicht zum Begreifen des Werdens eingerichtet, er<br />

”<br />

strebt die allgemeine Starrheit zu beweisen, Dank seiner Abkunft aus<br />

Bildern. Alle Philosophen haben das Ziel gehabt, zum Beweis des ewigen<br />

Beharrens, weil der Intellekt darin seine eigene Form <strong>und</strong> Wirkung<br />

fühlt.“ 43<br />

Der Intellekt ist also bloßes Werkzeug des Willens zur Macht, mit dem er die Wahrheit<br />

des absoluten Werdens negiert <strong>und</strong> eine allgemeine Starrheit konstruiert. Wenn<br />

aber der Intellekt nur ”<br />

die in das Bewußtsein hineinragende letzte <strong>und</strong> schmalste<br />

Ausdrucksform von dunklen <strong>und</strong> unbewußten Willensströmungen, Triebimpulsen“ 44<br />

ist, dann ist der Intellekt strukturell unfrei <strong>und</strong> alles Denken sind bloße bewußtgewordene<br />

Wirkungen des Willens zur Macht.<br />

39 Volker Gerhardt in [29, Wille zur Macht, S. 351ff.]<br />

40 [13, S. 43]<br />

41 Volker Gerhardt in [29, Wille zur Macht, S. 351ff.]<br />

42 [28, 11[162], S. 503f.]<br />

43 [28, 11[153], S. 500]<br />

44 [13, S. 22]<br />

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