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44 FS 2010, Bern (M. Mayordomo)<br />
• Der Tadel konzentriert sich beinahe ausschließlich auf »Isebel«. Wieder wird eine<br />
»erzböse« Gestalt aus dem AT aufgeführt, um die Gegenwart zu deuten: als Frau des<br />
Königs Ahabs führte sie im Nordreich den Baalskult ein (1Kön 16,21f), ließ die<br />
Propheten töten (18,4.13; 2Kön 9,7) und wurde später selbst getötet (2Kön 9,30ff).<br />
Ihre Zauberei und sexuelle Ausschweifung war legendär (2Kön 9,22).<br />
• Es handelt sich um eine Lehrerin innerhalb der Gemeinde, deren Anspruch auf<br />
prophetische Autorität vom Autor radikal in Frage gestellt wird. Trotz seiner<br />
konservativen Haltung wirft er ihr (oder der Gemeinde) keineswegs vor, dass sie als<br />
prophetisch begabte Frau eine Rolle auf sich nimmt, die einer Frau nicht entspricht. Er<br />
kritisiert nicht die Tatsache, dass sie lehrt, sondern was sie lehrt, bzw. dass sie die<br />
Christen verführt: Götzenopfer und Unzucht.<br />
• In Thyatira gab es viele Handwerksverein, für deren Ablauf der gemeinsame Verzehr<br />
von Götzenopferfleisch wichtig sein konnte:<br />
»Wollte man weiterhin in den Handwerksvereinen bleiben und an ihrem geselligen Leben teilnehmen wie<br />
bisher, so war der Genuss von Götzenopferfleiosch geradezu unumgänglich.« 104<br />
• Bei »Unzucht« ist im übertragenen Sinne an Einstellungen und Handlungen zu denken,<br />
die der Autor nur für unangebracht halten konnte.<br />
• Die Gerichtsandrohung richtet sich nicht gegen die Gemeinde, sondern gegen Isebel.<br />
2,21 Und ich gab ihr Zeit, damit sie bereue (ihren Sinn<br />
ändere), und sie will ihre Unzucht nicht bereuen.<br />
2,22 Siehe, ich werfe sie aufs Bett<br />
und die, welche Ehebruch mit ihr treiben, in große<br />
Bedrängnis,<br />
wenn sie nicht ihren Werken bereuen.<br />
2,23 Und ihre Kinder werde ich mit dem [Pest-]Tod<br />
töten, und alle Gemeinden werden erkennen,<br />
dass ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht;<br />
und ich werde euch einem jeden nach euren Werken<br />
geben.<br />
2:21 kaì ‘edwka ahut¨∆ crónon “ina metano´js∆,<br />
kaì ohu qélei metano¨jsai hek t¨jß porneíaß ahut¨jß.<br />
2:22 hidoù bállw ahut`jn ehiß klínjn,<br />
kaì toùß moiceúontaß meth ahut¨jß ehiß qlïyin<br />
megáljn,<br />
heàn m`j metano´jswsin hek tẅn ‘ergwn ahut¨jß≥<br />
2:23 kaì tà tékna ahut¨jß hapoktenẅ hen qanát^w≥<br />
kaì gnẃsontai päsai aHi hekkljsíai “oti<br />
hegẃ ehimi Ho heraunẅn nefroùß kaì kardíaß,<br />
kaì dẃsw Humïn Hekást^w katà tà ‘erga Humẅn.<br />
• Der endzeitliche Richter hat Isebel (wie auch immer) eine Galgenfrist zur Umkehr<br />
gewährt. Wahrscheinlich steht der Verfasser als Prophet in einem direkten<br />
Konkurrenzverhältnis mit dieser Prophetin. Er hat wohl bereits früher sie im Namen<br />
Jesu ermahnt, von ihrer Lehre abzulassen.<br />
• Drei Ebenen der Strafe (vaticinium ex eventu?):<br />
a) Gegen Isebel: Krankenbettt<br />
b) Gegen diejenigen »die mit ihr Unzucht treiben« = Anhänger in der Gemeinde:<br />
Bedrängnis, wenn sie nicht umkehren<br />
c) ihre Kinder (wohl ihre Jüngergruppe): Tod (durch Seuche oder schwere Krankheit=<br />
• Als Folge dieser Strafmaßnahme werden alle Gemeinden erkennen, wer der<br />
Auferstandene ist.<br />
• »Nieren und Herzen« untersuchen: Jer 17,10; Ps 7,10; Jer 11,20; 20,12.<br />
• Vergeltung nach Werken (Jer 17,10; Spr 24,12):<br />
104 Müller, <strong>Apk</strong> (ÖTB) 118.<br />
[Vorlesungsmanuskript, nur für privaten Gebrauch]