Leben mit Sinnen und Sinn in der heutigen Lebenswelt - Baeuml ...
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Nur so erfahren K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Erwachsene <strong>S<strong>in</strong>n</strong> - <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>und</strong> vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Wohl<br />
kann man theoretisch <strong>S<strong>in</strong>n</strong>aussagen machen, Wertvorstellungen <strong>und</strong> Wertziele<br />
entwickeln; die konkrete <strong>S<strong>in</strong>n</strong>zuweisung aber ist immer neu strukturell zu bestimmen<br />
für den e<strong>in</strong>zelnen Menschen, je nachdem, <strong>in</strong> welchen D<strong>in</strong>g-, Menschen- <strong>und</strong><br />
Weltbeziehungen er gerade lebt. <strong>S<strong>in</strong>n</strong>zuweisung <strong>und</strong> <strong>S<strong>in</strong>n</strong><strong>in</strong>terpretation von<br />
Alltagsd<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Alltagserfahrungen können s<strong>in</strong>nvoll nur von den Menschen<br />
gemacht werden, die <strong>mit</strong> diesen D<strong>in</strong>gen umgehen. Das bedeutet für viele<br />
"wissenschaftlich" argumentierenden Pädagogen heute immer noch e<strong>in</strong> Umdenken,<br />
denn e<strong>in</strong>e unpersönliche Weltanschaung wird ja oft noch als pädagogisches Ziel<br />
angestrebt:<br />
"Es fällt uns sehr schwer, uns darüber klar zu werden, daß wir selbst unter e<strong>in</strong>er<br />
Bee<strong>in</strong>flussung stehen. Daher geben wir uns nicht Rechenschaft, <strong>in</strong> welchem Maß wir<br />
von dieser unpersönlichen Weltanschaung geprägt s<strong>in</strong>d. Sie wird uns schon <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Schule suggeriert: Vom K<strong>in</strong><strong>der</strong>fragen an bis zur Universität lehrt man uns, e<strong>in</strong>e<br />
wissenschaftliche Haltung e<strong>in</strong>zunehmen. Nun kennt die Wissenschaft zwangsläufig<br />
nur die Welt <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge. Die Natur, die Geschichte, selbst die Gesellschaft ersche<strong>in</strong>en<br />
folglich nur als e<strong>in</strong>e endlose Kette von Phänomenen, welche streng nach Ursache <strong>und</strong><br />
Wirkung ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gereiht s<strong>in</strong>d. Es ist nur noch e<strong>in</strong>e riesengroße Masch<strong>in</strong>erie, die uns<br />
unerbittlich <strong>mit</strong>reißt, e<strong>in</strong>e Art Karussell, das sich unaufhörlich <strong>und</strong> ziellos dreht...<br />
Heute, <strong>in</strong> dieser Zeit, da man nur noch an die Wissenschaft glaubt, s<strong>in</strong>d selbst die<br />
Theologen darum besorgt, als objektive Gelehrte zu ersche<strong>in</strong>en, <strong>und</strong> sie versuchen die<br />
Bibel zu entmythologisieren. Und das sogar <strong>in</strong> dem Augenblick, da an<strong>der</strong>e Gelehrte,<br />
die Psychoanalytiker, uns offenbaren, daß <strong>der</strong> Mensch nicht durch die Vernunft<br />
gelenkt wird, son<strong>der</strong>n durch die Mythen, <strong>und</strong> wenn man ihm die offenbarten Mythen<br />
wegnimmt, erf<strong>in</strong>det er an<strong>der</strong>e, sehr gefährliche, wie die des technischen Fortschritts<br />
o<strong>der</strong> des Rassismus" (Tournier 1985 3 ,S.21).<br />
Die Bewußtse<strong>in</strong>sbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Me<strong>in</strong>ung wie auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
wissenschaftlichen Forschung sche<strong>in</strong>t gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er<br />
vernünftigeren Auffassung von "Wissenschaft" zu se<strong>in</strong>. Das ist für die "pädagogischen<br />
Wissenschaften" e<strong>in</strong>e Chance.<br />
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