Leseprobe Digital Engineering Magazin 2010/08
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Elektroautomobile<br />
Im Fokus<br />
25<br />
Der Nissan Leaf soll in Deutschland im Herbst<br />
2011 auf den Markt kommen. Die Höchstgeschwindigkeit<br />
beträgt 155 Kilometer in der<br />
Stunde, die Reichweite im Idealfall bis zu 160<br />
Kilometer.<br />
DEM: Aufgrund der Verbrauchsdrittelung<br />
nach EU-Norm?<br />
Michael Bargende: Natürlich. Denn eigentlich<br />
verbraucht er 15 Liter, aber<br />
nach NEFZ nur 5 und würde damit plötzlich<br />
vergleichbar mit einem technischen<br />
Wunderwerk wie dem aktuellen 4-Zylinder<br />
Dieselmotor von Daimler, dem<br />
OM651, der in der E-Klasse ehrliche 5,3<br />
Liter verbraucht. Das wäre fatal.<br />
DEM: Dieselwunder hin oder her – Hybridautos<br />
wie der Toyota Prius gelten als zukunftsweisend<br />
und besonders ökologisch.<br />
Michael Bargende: Der Prius ist in den<br />
USA genau wegen seines Images sehr<br />
erfolgreich, besonders in Universitätsstädten.<br />
Sie werden einen Prius auf den<br />
amerikanischen Highways immer auf der<br />
rechten Spur sehen, weil es für die Fahrer<br />
erste Priorität hat, wenig zu verbrauchen.<br />
DEM: Hauptsache ökologisch korrekt unterwegs?<br />
Michael Bargende: Das ist auch eine<br />
Form von Emotionalität einem Auto gegenüber.<br />
Der Prius verkauft sich auch aus<br />
emotionalen Gründen in den USA. Man<br />
gibt bewusst mehr aus, um wenig zu verbrauchen.<br />
Insofern wird es spannend, ob<br />
es Opel in Europa gelingt, den Ampera<br />
vergleichbar zu positionieren.<br />
Ab Dezember wird der Mitsubishi i-MiEV in<br />
14 europäischen Ländern angeboten werden.<br />
Ebenfalls noch dieses Jahr kommen die baugleichen<br />
Modelle Citroën C-Zero Airdream<br />
und Peugeot iOn auf den Markt.<br />
DEM: Deutschland träumt vom Elektroauto,<br />
was macht der Rest der Welt?<br />
Michael Bargende: Ein ganz wichtiger<br />
Trend, sind die Low-Cost-Vehicle, vor allem<br />
in Indien und China. Hier müssen<br />
wir mit minimalem Finanzeinsatz ein Maximum<br />
an Ersparnis beim Kraftstoffverbrauch<br />
erzielen. Zum Beispiel werden hier<br />
die im Westen verbreiteten Miniturbolader<br />
kaum eingesetzt, weil sie zu teuer<br />
sind. Aber der Kampf um die CO2-Verminderung<br />
entscheidet sich in diesen Ländern.<br />
China baut mittlerweile 14 Millionen<br />
Autos im Jahr mit Verbrennungsmotoren.<br />
Wenn wir tatsächlich in zehn Jahren weltweit<br />
10 Prozent Elektroautos haben, so<br />
werden wir fast doppelt so viele Autos mit<br />
Verbrennungsmotor haben als heute. Man<br />
sollte sich nicht zu ausschließlich auf diese<br />
10 Prozent konzentrieren und die anderen<br />
90 Prozent darüber vernachlässigen.<br />
Einen neuen Ansatz verfolgt der Chevrolet Volt, der 2011<br />
als Opel Ampera in Europa auf den Markt kommt. Der<br />
Antrieb erfolgt rein elektrisch. Aber das Fahrzeug besitzt<br />
einen Verbrennungsmotor, der einen Generator antreibt,<br />
der wiederum die Batterie während der Fahrt lädt.<br />
DEM: Wie geht es hybridtechnisch im<br />
Westen weiter?<br />
Michael Bargende: Immer kleinere Verbrennungsmotoren<br />
sind zu kombinieren<br />
mit so genannten Assistenzhybriden –<br />
relativ kleine Elektromotoren zwischen<br />
10 und 15 Kilowatt Leistung, die den<br />
Verbrennungsmotor unterstützen, nur<br />
Mehrkosten von etwa 1.000 Euro verursachen<br />
und sich somit jetzt schon rechnen.<br />
Hierzu zählen beispielsweise Kurbelwellen-Starter-Generatoren<br />
und über<br />
Zahnriemen angebundene Elektromotoren.<br />
Denn wenn das Downsizing der Verbrennungsmotoren<br />
zur Verbrauchsreduzierung<br />
fortgesetzt wird, bekommen die<br />
Autos eine massive Anfahrschwäche. Das<br />
lässt sich sehr gut mit einem Elektromotor<br />
ausgleichen, der aus dem Stand sein<br />
maximales Drehmoment bereitstellt.<br />
DEM: Die Bundesregierung will Deutschland<br />
zum Leitmarkt für Elektroautos machen.<br />
Bis 2020 soll eine Million Elektrofahrzeuge<br />
zugelassen sein – ist das realistisch?<br />
Michael Bargende: Wenn wir Hybride<br />
mitzählen, halte ich es für machbar und<br />
sinnvoll, aus ökologischen Gründen und<br />
weil es eine konsequente Weiterentwicklung<br />
ist. Es dürfen aber keine nicht<br />
wintertauglichen, batterieelektrischen<br />
Fahrzeuge auf die Straße subventioniert<br />
werden. Das Geld wäre in Forschung und<br />
Entwicklung besser investiert. Das Rennen<br />
um den Leitmarkt Elektromobilität<br />
wird nicht auf der Straße, sondern in den<br />
Universitäten und den Forschungsabteilungen<br />
entschieden.<br />
DEM: Prof. Bargende, vielen Dank für dieses<br />
Gespräch.<br />
Das Interview führte Thomas Otto.<br />
KENNZIFFER: DEM20776