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Häusliche Gewalt - Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von ...

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MARIANNE SCHWANDER<br />

war und ist ein vermehrtes Tätigwerden der Institutionen und Behörden gegenüber den <strong>Gewalt</strong>ausübenden,<br />

<strong>Gewalt</strong>ausübende sind in <strong>die</strong> Verantwortung zu nehmen und <strong>Gewalt</strong>betroffene<br />

sind damit besser zu schützen. „<strong>Gewalt</strong> macht keine Männer“ und „Wer schlägt, der<br />

geht!“ lautet das Motto der verschiedensten Interventionsprojekte.<br />

Als erste Schweizer Kantone haben St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden auf den 1. Januar<br />

2003 in ihren Polizeigesetzen Wegweisungsartikel verankert. Gestützt auf <strong>die</strong>se gesetzlichen<br />

Grundlagen hat <strong>die</strong> Polizei <strong>die</strong> Möglichkeit, <strong>Gewalt</strong>ausübende wegzuweisen und ihnen <strong>die</strong><br />

Rückkehr während zehn Tagen zu verbieten. Nach und nach sind in anderen Kantonen Wegweisungsartikel<br />

in Polizeigesetzen oder in Strafprozessordnungen verankert und in Kraft<br />

gesetzt worden. Die Kantone Neuenburg, Genf und Zürich haben spezielle <strong>Gewalt</strong>schutzgesetze<br />

erarbeitet. In einzelnen Kantonen sind Gesetzgebungsprojekte gestartet worden. Eine<br />

Übersicht über den Stand der Gesetzgebung zur <strong>Häusliche</strong>n <strong>Gewalt</strong> in den Kantonen findet<br />

sich im Anhang. 33<br />

Einzelne Kantone haben seit längerem das Instrument des Polizeigewahrsams, d.h. <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

eine Person in der Regel bis zu 24 Stunden festzunehmen, wenn <strong>die</strong>se eine andere<br />

Person ernsthaft und unmittelbar gefährdet und <strong>die</strong> Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet<br />

werden kann. Andere Kantone haben den Polizeigewahrsam zusammen mit den Massnahmen<br />

gegen <strong>Häusliche</strong> <strong>Gewalt</strong> verankert.<br />

Gemäss den vorliegenden verschiedenen Wegweisungsartikeln hat <strong>die</strong> Polizei nicht mehr zu<br />

vermitteln, sondern zu ermitteln. Denn bisher hat „[e]in weiterverbreitetes Interventionsmuster<br />

beim polizeilichen Ersteinsatz … im Vermitteln streitender Parteien und im Versuch,<br />

angeheizte Situationen erst einmal zu deeskalieren“ 34 , bestanden. Nach Steiner muss „[a]us<br />

heutiger Sicht … es aber als verhängnisvoll angesehen werden, dass <strong>die</strong>se Vorgehensweise<br />

des Öfteren auch bei streitenden Partnern, bei so genannten Familiendifferenzen oder ganz<br />

allgemein bei <strong>Gewalt</strong> im familiären Umfeld angewendet wurde. Viele Beamte waren bei<br />

derartigen Interventionen versucht, ähnliche Problembewältigungsstrategien anzuwenden,<br />

wie sie <strong>die</strong>s selber in ihrem eigenen privaten Umfeld völlig selbstverständlich taten. Sie gingen<br />

da<strong>von</strong> aus, dass zwei streitende Ehepartner sich zunächst einmal beruhigen und danach<br />

aussprechen sollten – allenfalls unter Vermittlung einer unabhängigen Person (in <strong>die</strong>sem Fall<br />

eben dem Polizisten) –, um sich danach wieder versöhnen zu können. Dieses Verhaltensmuster<br />

wurde auch durch <strong>die</strong> Ansicht, dass es sich bei familiären Auseinandersetzungen um private<br />

Angelegenheiten handle, gefördert. … Die Tendenz der Beamten, vermittelnd oder<br />

schlichtend einzugreifen, hatte zur Folge, dass der Täter-Opfer-Dynamik und den ungleich<br />

verteilten Machtverhältnissen viel zu wenig Rechnung getragen wurde. Die intervenierenden<br />

Beamten implizierten durch ihre Handlungsweise eigentlich, dass sie <strong>von</strong> einer gleichberechtigten<br />

Partnerschaft ausgingen, in der es lediglich zu schlichten galt, um <strong>die</strong> Situation dauerhaft<br />

in den Griff zu bekommen. Damit schwächten sie aber gleichzeitig auch <strong>die</strong> Stellung des<br />

Opfers und gaben dem Täter eine Rückendeckung, <strong>die</strong> ihn in seiner bisherigen Handlungsweise<br />

bestärkte. 35<br />

33 Siehe Ziffer 6.<br />

34 STEINER SILVIA, <strong>Häusliche</strong> <strong>Gewalt</strong>. Erscheinungsformen, Ausmass und polizeiliche Bewältigungsstrategien in der<br />

Stadt Zürich, Zürich/Chur 2004, Seite 26.<br />

35 STEINER SILVIA, a.a.O., Seite 26.<br />

HÄUSLICHE GEWALT 17

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