Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Trala la la la | Text: Gerrit Hoekman | Foto: Wolfgang Beyer<br />
Pfingsten:<br />
Kirche hat Geburtstag<br />
Der Heilige Geist: Taube an der Lambertikirche<br />
Kennen Sie die Bedeutung von<br />
Pfingsten? Nein? Da geht es Ihnen<br />
nicht anders als uns <strong>und</strong> der Mehrheit<br />
der Deutschen. Pfingsten, das<br />
sind zwei nette frei Tage. Was aber<br />
in der Bibel an dem Tag geschehen<br />
ist? Ehrlich gesagt, keinen blassen<br />
Schimmer. Deshalb hat Gerrit Hoekman<br />
sich schlau gemacht <strong>und</strong> kann<br />
jetzt erklären, warum die Christen<br />
Pfingsten feiern. Und warum es<br />
kaum jemand sonst mitbekommt.<br />
Ben Hur, Quo Vadis <strong>und</strong> Das Leben<br />
des Brian: Dutzende Kinofilme beschäftigen<br />
sich mit Weihnachten <strong>und</strong><br />
Ostern, aber welcher Regisseur hätte<br />
jemals ein Epos über Pfingsten gedreht?<br />
Hollywood weiß eben, was zum<br />
Kassenschlager taugt. Die Geburt des<br />
Heilands <strong>und</strong> erst recht Jesus am Kreuz<br />
- das kommt an beim Publikum.<br />
Pfingsten dagegen taugt beim besten<br />
Willen nicht zum Blockbuster. Unter<br />
den drei großen christlichen Festen,<br />
die zwei Tage dauern, hat es Pfingsten<br />
am schwersten, beim Volk beliebt zu<br />
sein. Kein Christkind kommt <strong>und</strong><br />
bringt Handys <strong>und</strong> Playstation, kein<br />
Osterhase versteckt heimlich grüne,<br />
gelbe, blaue Eier. Das sind Angebote,<br />
die auch von denen gerne mitgenommen<br />
werden, die es sonst nicht so mit<br />
dem christlichen Glauben haben.<br />
Heilige Geist den Jüngern erschienen<br />
<strong>und</strong> hat sie aufgefordert, das Evangelium<br />
in die Welt zu tragen. "Und es<br />
erschienen ihnen Zungen wie von<br />
Feuer, die sich verteilten; auf jeden<br />
von ihnen ließ sich eine nieder. Alle<br />
wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt<br />
<strong>und</strong> begannen in fremden Sprachen<br />
zu reden, wie es der Geist ihnen eingab",<br />
heißt es in der Apostelgeschichte<br />
von Lukas. Dieses sogenannte Pfingstw<strong>und</strong>er<br />
gilt als Geburtsst<strong>und</strong>e der Kirche.<br />
Die Jünger zogen aus <strong>und</strong> erzählten<br />
überall in der ihnen bekannten<br />
Welt vom Wirken Jesu.<br />
Der Heilige Geist war es auch, von<br />
dem die Jungfrau Maria laut Bibel<br />
schwanger war. Und Jesus hat ihn bei<br />
seiner Taufe als Taube gesehen. Die<br />
Taube ist deshalb bis heute ein Symbol<br />
für den Heiligen Geist. Im Mittelalter<br />
gehörte das Heilig-Geist-Schwingen<br />
auf Pfingsten unbedingt zum Gottesdienst.<br />
In der Kirche wurden Tauben<br />
frei gelassen oder eine aus Holz geschnitzte<br />
an einer Schnur über die<br />
Köpfe der Gläubigen kreisen gelassen.<br />
Damals begannen Künstler auch den<br />
Heiligen Geist auf Bildern als reale<br />
Person darzustellen. Bis die Kirche das<br />
untersagte. Heute finden auf Pfingsten<br />
viele Gottesdienste unter freiem Himmel<br />
statt, weil das Wetter meist schon<br />
passabel ist. Der Name Pfingsten<br />
stammt übrigens von pentekoste, der<br />
50. auf Griechisch. Als Fest ging es,<br />
genau wie Ostern, aus dem jüdischen<br />
Glauben hervor, nämlich aus dem<br />
Wochenfest "Schawuot".<br />
In Deutschland ist Pfingsten ein<br />
eher folkloristisch geprägtes Fest. An<br />
jenem Tag wurden früher zum ersten<br />
Mal die Rinder auf die Weide getrieben.<br />
In manchen Gegenden werden<br />
deshalb bis heute Pfingstochsen mit<br />
Bändern, Blumen <strong>und</strong> Glocken geschmückt.<br />
Weil man dem Wasser an<br />
Pfingsten eine besondere Segenskraft<br />
nachsagt, war das Fest lange ein beliebter<br />
Tauftermin. Aber es soll auch<br />
gegen Sommersprossen <strong>und</strong> Verhexung<br />
schützen. In Lüneburg pflanzt<br />
man einen Baum <strong>und</strong> Pfadfinder veranstalten<br />
überall im Land Pfingstlager.<br />
Weil der religiöse Anlass des<br />
Festes mehr <strong>und</strong> mehr in den<br />
Hintergr<strong>und</strong> tritt, fordern Wirtschaftsverbände<br />
immer öfter, den Pfingstmontag<br />
abzuschaffen, um einen weiteren<br />
Arbeitstag zu bekommen.<br />
Schweden <strong>und</strong> Italien haben es bereits<br />
vorgemacht, in Frankreich sollte<br />
es letztes Jahr so weit sein. Doch den<br />
Franzosen war ihr Pfingstmontag heilig.<br />
Denn für einen Tag ans Meer - das<br />
lohnt nun wirklich nicht. #<br />
Pfingsten kommt niemand. Nicht<br />
einmal die Kinder. Weihnachten <strong>und</strong><br />
Ostern sind familiäre Pflichttermine,<br />
aber auf Pfingsten ist keine Mutter<br />
zerknirscht, wenn man lieber einen<br />
Kurztrip ans Meer macht oder eine<br />
kleine Radtour durchs Münsterland.<br />
Oder einfach zwei Tage lang die Beine<br />
hoch legt. Laut einer Umfrage des<br />
Meinungsforschungsinstituts Emnid<br />
hat jeder zweite Deutsche keine Ahnung<br />
von der religiösen Bedeutung<br />
des Festes. 50 Tage nach Ostern ist der<br />
Mechtild Demel gestorben<br />
Viele Münsteraner kennen Mechtild Demel. Wenn nicht vom Namen her, so<br />
doch vom Gesicht. Einmal die Woche stand die ältere Dame mit gleichgesinnten<br />
Frauen vor der St. Lamberti-Kirche <strong>und</strong> hielt Mahnwache. Jahrelang. Bei<br />
Wind <strong>und</strong> Wetter. Es musste schon was besonderes passieren, wenn Mechtild<br />
Demel den Termin verpasste, denn sie war eine der aktivsten Kämpferinnen<br />
für den Frieden in Münster <strong>und</strong> die mit dem vielleicht größten Durchhaltewillen.<br />
Schon bei den riesigen Ostermärschen in den 80ern war sie dabei.<br />
Auch als sich im Laufe der Jahre immer weniger Menschen auf den Weg machten,<br />
um für den Frieden in der Welt <strong>und</strong> für Abrüstung zu kämpfen, ließ sie<br />
nicht locker. Wann immer eine K<strong>und</strong>gebung in der Nähe mit ihrem Herzensanliegen<br />
beschäftigte, kletterte sie aufs Podium <strong>und</strong> hielt eine Rede. Ihr Platz<br />
an der Lambertikirche wird in Zukunft leer bleiben - Mechtild Demel ist am<br />
Montag vor Ostern im Alter von 81 Jahren gestorben.<br />
13