Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Rauchen verboten | Text: Andreas Horn | Foto: Heinz Dalmühle<br />
Rauchen vor<br />
der Tür<br />
Qualm-Oase: Straßenmagazin „draußen!“<br />
Die ~-Mitarbeiter mussten sich<br />
bei der Nachricht vor Schreck erst<br />
mal eine Zigarette anstecken: Es ist<br />
wohl nur noch eine Frage der Zeit,<br />
wann deutsche Raucher in Cafés <strong>und</strong><br />
Kneipen mit ihren Fluppen vor die<br />
Tür müssen. Zwar ziert sich die B<strong>und</strong>esregierung<br />
noch, aber die EU<br />
macht Druck, endlich die Richtlinien<br />
einzuhalten. Wie bereits in Italien,<br />
Irland oder Spanien geschehen.<br />
Andreas Horn hat sich in Münster<br />
umgehört, ob Gaststätten, Kneipen<br />
<strong>und</strong> Hotels vielleicht schon einen<br />
Schritt voraus sind.<br />
Der Abend ist perfekt. Schummriges<br />
Kerzenlicht, ruhige Musik beim<br />
Lieblingsitaliener, gegenüber sitzt der<br />
Traumpartner <strong>und</strong> gerade lässt man<br />
sich den letzten zuckersüßen Rest des<br />
Dessert auf der Zunge zergehen - da<br />
pafft der Dicke vom Nachbartisch den<br />
Zigarrenqualm nur so herüber. Dem<br />
Nichtraucher kribbelt es in der Nase,<br />
kriecht der Hustenreiz langsam in den<br />
Hals. Für den Zigarrenliebhaber bedeutet<br />
jeder Zug an seiner Zigarre Genuss<br />
pur, der den Abend für ihn abr<strong>und</strong>et<br />
<strong>und</strong> so was von entspannt. Die<br />
Folge: Der Nichtraucher beschwert<br />
sich, der Raucher ist genervt <strong>und</strong> der<br />
Abend schließlich für beide gelaufen.<br />
Ein Gesetz, das Raucher von<br />
Nichtrauchern trennt, fehlt bislang in<br />
Deutschland. Ist in Länder wie Irland<br />
das öffentliche Rauchen in allen Kneipen<br />
<strong>und</strong> Bars seit zwei Jahren verboten,<br />
sträuben sich Merkel & Co einzuschreiten.<br />
Obwohl die Zahlen dafür<br />
sprechen: 650 000 Menschen sterben<br />
jährlich an den Folgen von Tabakkonsum<br />
in der Europäischen Union.<br />
Kosten: 100 Milliarden Euro. Berlin<br />
weist die Kritik der EU zurück, man<br />
setzt weiterhin auf das Prinzip der<br />
Freiwilligkeit.<br />
Mehr gibt es in Münster bislang<br />
auch nicht. Ein Drittel der Betriebe in<br />
der Münsteraner Gastronomie hat<br />
gemeinsam mit dem Deutschen Hotel<strong>und</strong><br />
Gaststättenverband DEHOGA freiwillig<br />
beschlossen, den Nichtraucherschutz<br />
zu verbessern: An 30 Prozent<br />
der Tische soll Zigarettenrauch verboten<br />
sein. Alle Gaststätten, die der Regel<br />
zugestimmt haben, verfügen über<br />
mehr als 40 Plätze <strong>und</strong> sind mindestens<br />
75 Quadratmeter groß. Gaststätten,<br />
in denen es mehr gibt als eine<br />
Frikadelle, ein Mettendchen oder ein<br />
belegtes Brötchen zum Bier. Bis 2008,<br />
so das Ziel der DEHOGA, sollen 90 Prozent<br />
aller Münsteraner Betriebe die<br />
Hälfte ihrer Plätze für Nichtraucher frei<br />
halten.<br />
Bei kleineren Kneipen, Clubs <strong>und</strong><br />
Pubs sieht das anders aus. Oft bestehen<br />
die aus nur einem Raum, eine<br />
Trennung ist also unmöglich. Bliebe<br />
nur ein generelles Rauchverbot. "Das<br />
wird problematisch. Für viele Gäste<br />
gehört die Zigarette zum Bier oder<br />
Kaffee einfach dazu", erzählt Dirk<br />
Schwabeland, Inhaber des "Diesel" an<br />
der Windthorststraße. Eine Nichtraucherzone<br />
sei bei ihm in der Kneipe<br />
deshalb im Moment nicht drin. Bernd<br />
Redeker von der "Gorillabar" in der<br />
Jüdefelderstraße sieht das etwas gelassener:<br />
"Ein Rauchverbot wäre natürlich<br />
eine Einschränkung, aber ich<br />
glaube nicht, dass die Leute deswegen<br />
zu Hause bleiben würden."<br />
Ganz anders im Café Prütt in der Bremer<br />
Straße. Inhaberin Heidje Thormann<br />
glaubt: "Hier würden sich viele<br />
über ein generelles Rauchverbot freuen."<br />
Seit 2005 gilt im Prütt bis 15 Uhr<br />
absolutes Rauchverbot. Zum Abend hin<br />
müssen sich die Raucher den Nichtrauchern<br />
unterordnen, in einem separaten<br />
Bereich darf dann geraucht werden.<br />
Thormann: "Bei einem Verbot<br />
würde unser Laden keinen Schaden<br />
nehmen."<br />
Qualmfrei auch das Rathaus.<br />
Oberbürgermeister Tillmann hat es vor<br />
einiger Zeit zur rauchfreien Zone erklärt.<br />
"In die Verwaltung dringt das<br />
Thema langsam ein", so Jörg Espei<br />
vom Ges<strong>und</strong>heitshaus Münster. Anfang<br />
März wurde bereits eine Ges<strong>und</strong>heitskonferenz<br />
einberufen - Stadt, Krankenkassen,<br />
Heilmittelbringer <strong>und</strong> der<br />
DEHOGA-Westfalen saßen an einem<br />
Tisch. Handlungsempfehlungen wurden<br />
beim Treffen erarbeitet, die nun<br />
umgesetzt werden müssen. Espei:<br />
"Raucher sollen das Nichtrauchen lernen<br />
<strong>und</strong> Nichtraucher sollen gestärkt<br />
werden, dass sie es auch bleiben."<br />
Außerdem würde in Zusammenarbeit<br />
mit den Krankenkassen an den<br />
Schulen über die Folgen des Rauchens<br />
informiert.<br />
Insgesamt ein heikles Thema also,<br />
bei dem es schwierig wird, den goldenen<br />
Mittelweg zu finden. Aber eine<br />
Lösung muss her. Mit einer Entscheidung<br />
der Regierung ist nicht vor Ende<br />
Juni zu rechnen. Immerhin: Laut einer<br />
Forsa-Umfrage befürworten knapp<br />
über die Hälfte aller Deutschen ein<br />
generelles Rauchverbot. #<br />
5