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Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen

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Altersdemenz | Text: Andreas Horn | Foto: Wolfgang Beyer<br />

Wenn Opa<br />

tüddelig wird<br />

Hilfe: Friederike-Fliedner-Haus<br />

Die Milch in den Küchenschrank<br />

stellen, statt in den Kühlschrank,<br />

den Weg zum Supermarkt nicht<br />

mehr finden oder die Kaffeemaschine<br />

nicht mehr bedienen können<br />

- den Alltag normal bewältigen<br />

wird unmöglich, wenn das<br />

Gedächtnis nachlässt <strong>und</strong> einfachste<br />

Dinge werden zu einer großen<br />

Hürde. Andreas Horn über eine<br />

Krankheit, die in Zukunft immer<br />

mehr Probleme mit sich bringt.<br />

R<strong>und</strong> eine Million Menschen sind<br />

in Deutschland an Demenz erkrankt.<br />

Tendenz steigend. Denn mit der immer<br />

höher werdenden Lebenserwartung,<br />

steigt auch die Zahl der Betroffenen.<br />

Die bekannteste, weil mit einem Anteil<br />

von 50 bis 60 Prozent auch häufigste<br />

Form der Demenz ist Alzheimer. Sie ist<br />

eine Form, bei deren Verlauf es zu<br />

einer Zerstörung der Nervenzellen<br />

kommt - unaufhaltsam <strong>und</strong> unheilbar.<br />

Der Beginn der Krankheit ist oftmals<br />

schleichend, weder Ärzte noch<br />

Angehörige oder die Betroffenen merken<br />

davon in den meisten Fällen<br />

etwas. Die Lern- <strong>und</strong> Reaktionsfähigkeit<br />

nimmt ab, Stimmungsschwankungen<br />

<strong>und</strong> kleinere Gedächtnislücken<br />

treten auf. "Opa ist ein bisschen tüddelig<br />

geworden", heißt es dann oft,<br />

wie Beate Nieding von der Alzheimer-<br />

Gesellschaft Münster erzählt. Viele<br />

würden die Krankheit nicht als<br />

Alzheimer, sondern als Altersverwirrtheit<br />

betrachten. Seit fünf Jahren leitet<br />

Nieding die Geschäftsstelle der Alzheimer-Gesellschaft<br />

im Friederike-Fliedner-Haus.<br />

Sie berät Angehörige <strong>und</strong><br />

organisiert Betreuungsnachmittage für<br />

Alzheimer-Kranke. Vor allem nach der<br />

Diagnose der Krankheit sei Hilfe wichtig.<br />

Denn damit ist gleichzeitig klar: es<br />

wird nicht besser - nur schlimmer.<br />

Eine Erfahrung, die leider auch<br />

Gabi Kiße machen musste. Vor 14 Jahren<br />

erkrankte ihre Schwiegermutter an<br />

Alzheimer. Auch hier begann es mit<br />

Kleinigkeiten: Sie verlegte den Schlüssel<br />

<strong>und</strong> versteckte Gegenstände. "Es<br />

kam auch vor, dass sie Gäste einlud,<br />

am Tag selbst aber nicht zu Hause<br />

war." Kiße versorgte die Töchter, führte<br />

den eigenen Bauernhof <strong>und</strong> betreute<br />

nun auch noch die Schwiegermutter.<br />

"Das war am Anfang kein Problem",<br />

erinnert sich Kiße. Doch mit<br />

der Zeit wurde die Aufgabe immer aufreibender.<br />

Irgendwann wurde die Belastung<br />

zu groß <strong>und</strong> sie erlitt einen<br />

Nervenzusammenbruch. Ende 1998<br />

entschloss sie sich, die Schwiegermutter<br />

im Friederike-Fliedner-Haus betreuen<br />

zu lassen. Ganztägig, r<strong>und</strong> um<br />

die Uhr.<br />

"Diesen Schritt hätten wir schon<br />

viel eher gehen müssen", sagt Kiße,<br />

"aber ich glaube, ich musste erst meine<br />

Grenze erfahren."Das geht vielen<br />

Angehörigen so. Sie fürchten sich vor<br />

der Reaktion der Familie, Fre<strong>und</strong>e,<br />

Nachbarn, wenn sie den Demenz-<br />

Kranken in ein Heim geben. Oft haben<br />

sie auch Angst vor den Kosten. Das<br />

größte Problem sind aber die eigenen<br />

Schuldgefühle", weiß Nieding. Den Lebenspartner<br />

oder den Elternteil wegzugeben<br />

sei nicht einfach.<br />

Auch weil die Medien gerne das<br />

"Schreckgespenst Heim" bemühen.<br />

Aber es gibt Checklisten, mit denen<br />

Angehörige die Qualität des Heims<br />

prüfen können. Der Staat gibt außerdem<br />

Standards vor, an die sich die<br />

Einrichtungen halten müssen. R<strong>und</strong><br />

5.000 Alzheimer-Kranke gibt es in<br />

Münster. Im Ges<strong>und</strong>heitshaus der<br />

Stadt laufen alle Fäden die Pflege<br />

betreffend zusammen. Wer hilft, die<br />

Wohnung umzugestalten? Wie manage<br />

ich den Umzug ins Heim? Wer Informationen<br />

braucht, ist hier richtig. Und<br />

Angebote, die pflegende Familienmitglieder<br />

entlasten gibt es genug.<br />

Noch. Die Gesellschaft altert, das Risiko<br />

krank zu werden steigt. Gleichzeitig<br />

werden Pflegeplätze Mangelware <strong>und</strong><br />

den Heimen fehlt es an Nachwuchs<br />

beim Pflegepersonal.<br />

Gabi Kiße ging zum Gesprächskreis<br />

der Alzheimer Gesellschaft. Dort<br />

erhielt sie Antworten auf ihre vielen<br />

Fragen. "So wusste ich immer, was als<br />

nächstes kommt <strong>und</strong> war gut vorbereitet."<br />

Die Ungewissheit wich. Heute<br />

weiß sie: Die Krankheit zu vertuschen<br />

<strong>und</strong> dicköpfige Alleingänge sind der<br />

falsche Weg. Doch viele Angehörige<br />

wollen die Krankheit nicht wahrhaben.<br />

Kiße: "Die verstehen das einfach<br />

nicht. Wollen immer noch ihr altes<br />

Leben wieder haben, aber das gibt`s<br />

nicht mehr." #<br />

Weitere Informationen:<br />

Alzheimer Gesellschaft Münster<br />

Tannenbergstraße 1<br />

48147 Münster<br />

Tel: 0251 / 780397<br />

www.alzheimer-muenster.de<br />

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