Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
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Pilgerreise | Text: Magnus Enxing | Foto: www.schritt-weise.net<br />
Täglich Grenzen<br />
überschreiten<br />
Von Münster nach Jerusalem. Zu<br />
Fuß. Die beiden Brüder Magnus <strong>und</strong><br />
Ruben Enxing sind seit einem Monat<br />
auf Pilgerreise in den Nahen Osten.<br />
Vor dem Start haben sie uns versprochen<br />
in der ~ über ihre<br />
Erlebnisse unterwegs zu berichten.<br />
Die beiden haben ihr Versprechen<br />
gehalten. Magnus Enxing schreibt<br />
wie es den zwei Weltenbummlern<br />
für den Frieden auf ihren ersten<br />
Etappen in Deutschland <strong>und</strong><br />
Tschechien ergangen ist.<br />
Unterwegs. Seit mehr als vier<br />
Wochen. Deutschland haben wir hinter<br />
uns gelassen, bald sind wir auch durch<br />
Tschechien. Mit Siebenmeilenstiefeln<br />
geht es Richtung Österreich, bald darauf<br />
werden wir Bratislava erreichen.<br />
Über Ostern haben wir es etwas ruhiger<br />
angehen lassen - das Tagespensum<br />
liegt um 30 Kilometer. Das sind<br />
etwas sechs St<strong>und</strong>en reine Wanderzeit.<br />
Recht entspannt, unser Rekord sind 50<br />
Kilometer. Der wird so schnell nicht zu<br />
knacken sein. Grenzen spielen sowieso<br />
eine besondere Rolle bei unserem<br />
Unternehmen. Die erste haben wir<br />
bereits im Vorfeld überw<strong>und</strong>en als wir<br />
uns zu der Reise in den Nahen Osten<br />
entschlossen haben. Sechs Monate den<br />
Schritt raus aus der sicheren Umgebung<br />
wagen, die gewohnten Verhältnisse<br />
verlassen, ins Unbekannte<br />
gehen.<br />
schritt-weise e.V.<br />
Magnus Enxing<br />
Meppener Str. 11b<br />
48155 Münster<br />
Tel.: 0251-6189177<br />
Mobil: 0163-6794787<br />
www.schritt-weise.net<br />
Doch jetzt sind wir unterwegs. Aufgeben<br />
gilt nicht mehr! Es gibt kein Zurück.<br />
Wir stoßen an neue Grenzen, sie<br />
gehören nun buchstäblich zum Alltag.<br />
Das macht es aber nicht leichter sie zu<br />
überwinden. Plötzlich sieht man Beschränkungen<br />
bei sich selbst, die vorher<br />
gar nicht da waren: Schafft ich den<br />
heutigen Tag, macht mein Körper das<br />
mit? Was macht das Knie <strong>und</strong> was das<br />
lädierte Fußgelenk? Halte ich trotz der<br />
beachtlichen Schwellung die angepeilte<br />
Distanz durch? Zu den körperlichen<br />
Faktoren kommt der innere Schweineh<strong>und</strong>,<br />
der jeden Tag überw<strong>und</strong>en<br />
werden will. Wo zwickt es heute? Wieder<br />
die Ferse wie gestern? Nein, heute<br />
ist es eine Blase am dicken Onkel. Die<br />
Muskeln an der Wade tun auch weh.<br />
Hinzu kommt: Immer zusammen<br />
sein mit der gleichen Person ist auch<br />
nicht ohne. Auf der Reise verändern<br />
wir uns <strong>und</strong> den Schwierigkeiten, die<br />
dadurch auftreten, können wir auf<br />
Dauer nicht einfach ausweichen. Für<br />
eine erfolgreiche Reise ist nahezu<br />
blindes Verständnis nötig. Die enge<br />
Grenze der eigenen Person muss hinten<br />
anstehen, soll das Ganze zum Ziel<br />
führen. Unterwegs wollen wir so viele<br />
Menschen wie möglich kennen lernen,<br />
traute Zweisamkeit ist da unangebracht.<br />
In Deutschland hatten wir ein<br />
paar Übernachtungen vorher geplant,<br />
aber im Großen <strong>und</strong> Ganzen sind wir<br />
spontan unterwegs <strong>und</strong> entscheiden<br />
von Tag zu Tag. Wir haben wir an Klosterpforten<br />
<strong>und</strong> Pfarrhäusern angeklopft<br />
<strong>und</strong> oft hatten wir nicht nur<br />
einen Platz für unsere Isomatten, ein<br />
Waschbecken <strong>und</strong> eine Toilette - die<br />
Hilfe ging weit über das, was wir<br />
erwartet hatten, hinaus. Ein Pfarrer im<br />
Ruhestand ließ uns in seinem Wohnzimmer<br />
schlafen. In einem Nest in<br />
Friedensläufer: Die Brüder Ruben <strong>und</strong><br />
Magnus Enxing<br />
Sachsen schenkte uns die Bedienung<br />
einer Kneipe einfach so eine ganze<br />
Tüte Äpfel <strong>und</strong> in Elsleben bot uns eine<br />
Frau von sich aus an bei ihrer Familie<br />
zu übernachten. Sie hatte uns schwer<br />
bepackt auf der Straße gesehen. Wir<br />
haben festgestellt: Die Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />
ist in Deutschland besser als ihr<br />
Ruf.<br />
Probleme gibt es jeden Tag, nur<br />
ihr Gewicht verschiebt sich. Von Bewältigung<br />
keine Rede, das jeweils<br />
akute Problem drängt in den Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Im Moment macht der Körper<br />
die größten Schwierigkeiten. Vielleicht<br />
wird es damit in ein paar Wochen besser.<br />
Dann werden wahrscheinlich andere<br />
Probleme kommen: Materialverschleiß,<br />
das Wetter <strong>und</strong> vor allem die<br />
Sprache. Davon haben wir schon in<br />
Tschechien einen kleinen Vorgeschmack<br />
bekommen. "Nero sumiem!",<br />
"Ich verstehe nicht" war häufig die<br />
einzige Antwort, wenn wir irgendwo<br />
abseits der Touristenhochburgen nach<br />
dem Weg fragten. Ostermontag sind<br />
wir in Österreich, da wird es wohl wieder<br />
besser, aber dann in der Slowakei?<br />
Wir sind gespannt <strong>und</strong> bald schon<br />
wieder zwei Grenzen weiter. #<br />
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