Liebe Leserinnen und Leser, - Draußen
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Büchertipp | Texte: 1: Sigi Nasner, 2: Michael Heß<br />
Schmökerecke<br />
Der Protagonist der Geschichte, Piscine<br />
Patel, wächst als Sohn eines Zoobesitzers<br />
im politisch instabilen Indien<br />
der 70er Jahre auf. Als Kind wird er<br />
wegen seines Vornamens von seinem<br />
Bruder Ravi <strong>und</strong> den Mitschülern oft<br />
gehänselt. Schließlich befreit er sich<br />
durch eine List für immer von diesen<br />
Sticheleien <strong>und</strong> erkennt gleichzeitig,<br />
dass er mit viel Verstand <strong>und</strong> Einfallsreichtum<br />
gesegnet ist.<br />
ihm diesen Glauben näher brachten,<br />
an den Rand der Verzweiflung. Als die<br />
politische Lage Indiens immer unsicherer<br />
wird, entschließen sich seine<br />
Eltern mit den Zootieren <strong>und</strong> der gesamten<br />
Familie nach Kanada auszuwandern.<br />
Doch auf dem alten japanischen<br />
Frachter, auf dem sie die lange<br />
Seereise machen, kommt es im Laufe<br />
dieser Fahrt zur Katastrophe - das<br />
Schiff sinkt.<br />
Martel, Yann: Schiffbruch mit<br />
Tiger. Roman.<br />
Fischer Verlag, 2005. 382 S.,<br />
IBSN 3-596-15665-3<br />
Euro 9,90<br />
Piscine hat sehr engen Kontakt zu<br />
den Tieren des Zoos. Er bekommt darüber<br />
hinaus viele gut gemeinte <strong>und</strong><br />
naturwissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte Ratschläge<br />
vom Vater <strong>und</strong> von seinem<br />
Biologielehrer Mr. Kumar - beide ausgeprägte<br />
Atheisten. Er erhält dadurch<br />
einen ausführlichen Einblick in die<br />
Verhaltensweisen wilder Tiere ohne zu<br />
ahnen, wie überlebenswichtig ihm<br />
dieses Wissen in Zukunft noch sein<br />
wird. Im Gegensatz zu diesem sachlichen<br />
Wissen steht seine ständige<br />
Suche nach Gott. Und indem er es fertig<br />
bringt sich als Christ, als Moslem<br />
sowie auch als Hindu zu fühlen, verblüfft<br />
er damit nicht nur seine Eltern,<br />
sondern bringt auch jene Priester, die<br />
Der nun folgende Überlebenskampf<br />
zwingt den gerade sechzehnjährigen<br />
Piscine alles bis dahin Erlernte<br />
erneut zu überdenken <strong>und</strong> Vorurteile<br />
aufzugeben. Er erkennt zu welch<br />
tiefen Glauben <strong>und</strong> welch außergewöhnlichen<br />
Veränderungen der<br />
Mensch um des Überlebens willen<br />
fähig ist. Ein bemerkenswertes Buch<br />
über tierisches Verhalten <strong>und</strong> Natur,<br />
Religion <strong>und</strong> Glaubensfreiheit, sowie<br />
die menschliche Psyche. Sehr ernsthafte<br />
<strong>und</strong> zeitgemäße Thematik aus<br />
dem einfachen Blickwinkel eines<br />
Kindes <strong>und</strong> Jugendlichen gesehen -<br />
jedoch keineswegs kindisch. Mit viel<br />
Humor geschrieben <strong>und</strong> von fesselnder<br />
Spannung getrieben. #<br />
Sigi Nasner<br />
Neudeck, Rupert: Ich will<br />
nicht mehr schweigen<br />
Melzer Verlag Neu-Isenburg,<br />
304 Seiten,<br />
ISBN 3-937389-73-3<br />
Euro 14,90<br />
Rupert Neudeck will nicht mehr<br />
schweigen. Über Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />
in Palästina - so der Untertitel<br />
seines kontrovers aufgenommenen<br />
Buches. Als Ergebnis seiner Reisen<br />
durch dieses gesch<strong>und</strong>ene Land. Im<br />
fiktiven Dialog mit dem jüdischen<br />
Religionsphilosophen Martin Buber<br />
(1878 - 1965) zeichnet Neudeck in kurzen<br />
Episoden das trostlose Bild des<br />
palästinensischen Alltages. Verursacht<br />
durch die israelische Politik. Damit<br />
bricht er ein ungeschriebenes Gesetz<br />
<strong>und</strong> zahlt einen hohen Preis dafür.<br />
Dass etliche namhafte Verlage den<br />
Druck des Manuskriptes ablehnten,<br />
dass sich endlich der jüdische Verleger<br />
Abraham Melzer fand <strong>und</strong> nun seinerseits<br />
als "Antisemit" denunziert wird.<br />
Neudeck macht sich nicht gemein.<br />
Nicht mit palästinensischen Attentätern<br />
<strong>und</strong> nicht mit israelischen Falken.<br />
Er stellt sich ohne Wenn <strong>und</strong> Aber<br />
zu den jüdischen <strong>und</strong> arabischen Friedensaktivisten<br />
wie Daniel Barenboim,<br />
Avram Burg <strong>und</strong> Uri Avnery. Er verweigert<br />
sich bewusst dem Denken des<br />
Entweder-Oder sowie einer Parteinahme<br />
von vornherein für Israel. Denn<br />
wer sehen will, der sieht die Außenpolitik<br />
Israels, die sich nicht um Völkerrecht<br />
<strong>und</strong> UNO-Beschlüsse schert.<br />
Der sieht das Morden tausender Kinder<br />
<strong>und</strong> Frauen seit den 30er Jahren im<br />
Interesse der israelischen Staatsräson.<br />
Der sieht die terroristische Biografie<br />
eines Ariel Scharon. Der erkennt, wie<br />
die Shoa von manchen israelischen<br />
Politikern als Feigenblatt zur Rechtfertigung<br />
von Demütigung <strong>und</strong> Gewalt<br />
den Arabern gegenüber missbraucht<br />
wird. Wer jede Kritik an Israel als Antisemitismus<br />
denunziert, der ist unfähig<br />
zum Dialog <strong>und</strong> ein Teil des Problems<br />
im Nahen Osten. Rupert Neudeck ermutigt<br />
den <strong>Leser</strong> zum widerständigen<br />
Nachdenken über Israelis <strong>und</strong> Palästinenser<br />
<strong>und</strong> er legt ein überfälliges<br />
Buch gegen bürgerliche Feigheit <strong>und</strong><br />
für bürgerliche Zivilcourage vor. #<br />
Michael Heß<br />
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