Transkript S. Lauter (PDF-Download) - Haus der Demokratie und ...
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Insassen, die ja einfach mal eine ganz an<strong>der</strong>e politische Auffassung hatten. So wie<br />
ich zum Beispiel. Und wer sich dort politisch negativ geäußert hat, in dieser<br />
Zeitungsshow, dem drohten drei o<strong>der</strong> fünf o<strong>der</strong> zehn Tage Einzelarrest. Also selbst<br />
solche Banalitäten .. führten zum Einzelarrest. Für die Kontaktaufnahme zum<br />
an<strong>der</strong>en Geschlecht, das war strengstens verboten, größtenteils auch eigentlich<br />
räumlich gar nicht möglich. Aber wer dort versucht hat, Kontakt zum an<strong>der</strong>en<br />
Geschlecht aufzunehmen <strong>und</strong> dazu gehörte schon Blickkontakt. Also wenn ich Ihnen<br />
jetzt in die Augen schaue <strong>und</strong> Sie sind eine Frau <strong>und</strong> ich bin ein Mann <strong>und</strong> da steht<br />
ein Erzieher von Torgau, dann wären wir jetzt beide für drei o<strong>der</strong> fünf Tage auf<br />
Einzelarrest, nur weil wir uns angucken. (1:07:05-0)<br />
…<br />
Dann muss man sich vor Augen halten, wie die Einzelarrestzellen aussahen. Die<br />
waren also noch nicht mal acht o<strong>der</strong> neun Quadratmeter groß. Da stand ein<br />
Zehnlitereimer für die Notdurft drin. Man hatte also kein Trinkwasser in dieser<br />
Einzelzelle. Man hatte kein Wasserklosett, son<strong>der</strong>n wirklich nur so einen Eimer mit<br />
ein bisschen Chlorkalk drin, wo man halt drauf gehen sollte, seine Notdurft<br />
verrichten. Und es stand in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Zelle, dort hat ja zumindest auf Anweisung<br />
<strong>der</strong> Erzieher zu stehen, ein Holzhocker. Und da, wenn <strong>der</strong> Erzieher das erlaubt hatte<br />
vorher, durfte man den eben tagsüber benutzen, also sich rauf setzen. Immer mit<br />
Blick Richtung Tür. Da war so ein Türspion, wie in so einer Gefängniszelle, wo dann<br />
in unregelmäßigen Abständen <strong>der</strong> Erzieher durchgeschaut hat, ob auch alles in<br />
Ordnung ist. Also auf Anweisung alles befolgt wurde. Und es stand eine Holzpritsche<br />
in dieser Zelle. Tagsüber hochkant, durfte nur in <strong>der</strong> Nachtruhe zwischen<br />
ein<strong>und</strong>zwanzig <strong>und</strong> weiß ich nicht früh halb sechs benutzt werden. .. Und die stand<br />
da halt hochkant drin. Und mehr war da nicht drin. Man hatte dort keine Zeitung,<br />
keine persönlichen Gegenstände, keine Stifte o<strong>der</strong> irgendwas. Man hatte nur diese,<br />
diese Arbeitsbekleidung an. Keine persönlichen Gegenstände <strong>und</strong> dann wie von mir<br />
beschrieben diese Inneneinrichtung, man hatte in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Zelle zu stehen o<strong>der</strong><br />
auf dem Hocker zu sitzen <strong>und</strong> in Richtung Türspion zu schauen. Und immer wenn die<br />
Tür aufging, hatte man Gr<strong>und</strong>haltung anzunehmen, also aufzuspringen, stramm,<br />
militärische Gr<strong>und</strong>haltung. Man hatte Meldung zu machen. Also wirklich so,<br />
Jugendlicher <strong>Lauter</strong> arrestiert wegen Wi<strong>der</strong>stand o<strong>der</strong> Nichtbefolgen einer<br />
Anweisung eines Erziehers zehn Tage Einzelarrest, vier Tage verbüßt. Das war die<br />
Meldung, die man zu machen hatte. So in etwa. Und wenn das alles nicht exakt <strong>und</strong><br />
ordentlich passierte, dann konnte es passieren, dass entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erzieher mit<br />
einem zweiten Erzieher die Einzelzelle sogar betreten hat mit Gummiknüppel in <strong>der</strong><br />
Hand. Und dann hatte man eben den, wie ich das nachträglich nenne, den<br />
sozialistischen Wegweiser gespürt. Also man wurde verprügelt, das war eine<br />
Möglichkeit. Die häufigste Sanktion, die auf solche Verstöße, wie sie es nannten,<br />
erfolgte war aber Strafsport. Also wirklich, da wurde man rausgeholt aus <strong>der</strong><br />
Einzelzellen <strong>und</strong> auf den Flur geführt. Und da hatte man dann hun<strong>der</strong>t Liegestütze,<br />
Kniebeuge o<strong>der</strong> den sogenannten „Torgauer Dreier“ zu machen. Der „Torgauer<br />
Dreier“ ist eine, ja, Sportübung in flüssiger Form. Wo man aus dem Stand in den<br />
Liegestütz fällt, Liegestütz ausführt, zurück springt in die Hocke, eine Kniebeuge<br />
macht <strong>und</strong> dann einen Hockstrecksprung. Und dann macht man wirklich in<br />
Zehnerfolgen zweihun<strong>der</strong>t, dreihun<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> fünfhun<strong>der</strong>t davon. Bis man also<br />
körperlich total zusammen gebrochen ist. Und dann wurde man zurück gebracht in<br />
die Einzelzelle. Und dann war man wie<strong>der</strong> auf dem sozialistischen Weg. (1:10:08-2)<br />
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