Transkript S. Lauter (PDF-Download) - Haus der Demokratie und ...
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Körperverletzung, also diese Ohrfeige, <strong>der</strong> war auch nicht schwer verletzt o<strong>der</strong><br />
irgendwas, dafür habe ich zwei Monate zusätzliche Haft bekommen. Und war dann<br />
für acht Monate das erste Mal richtig im Jugendstrafvollzug. (00:23:28-2)<br />
Die Bewährung ist ja aufgehoben worden für diese Moped-Geschichten. Da standen<br />
sechs Monate Freiheitsentzug sozusagen auf dem Zettel <strong>und</strong> für die<br />
Körperverletzung noch zwei Monate drauf macht acht Monate. Und dann war ich<br />
wirklich bis Ende Februar '84 im Jugendstrafvollzug. Habe da recht üble Sachen<br />
auch miterleben müssen.<br />
Und wurde dann entlassen. War dann drei Monate in Berlin wie<strong>der</strong> in diesem<br />
Jugendwohnheim, sozusagen in Freiheit. Hab meine angefangene Ausbildung weiter<br />
geführt. Und dann kam noch eine dritte Sache hinzu. Und zwar hatten wir in diesem<br />
Jugendwohnheim eines Abends eine angekündigte Heimvollversammlung. Und da<br />
ging es darum, dass ein Heiminsasse einen an<strong>der</strong>en Heiminsassen massiv<br />
zusammen geschlagen hatte. Und <strong>der</strong> Täter, <strong>der</strong> war schon in Untersuchungshaft<br />
genommen worden, war schon inhaftiert. Und diese Straftat dieses Mitinsassen in<br />
diesem Jugendwohnheim sollte ausgewertet werden. Da waren Vertreter von <strong>der</strong><br />
Kriminalpolizei dabei, ein Leutnant. Und natürlich die ganze Heimleitung <strong>und</strong> die<br />
meisten Erzieher <strong>und</strong> natürlich wir Insassen, wir Jugendlichen. Und dann wurde über<br />
diesen vermeintlichen, o<strong>der</strong> wirklichen Täter total hergezogen, was das denn für ein<br />
asoziales Element ist <strong>und</strong> <strong>der</strong>, den müsse jetzt die volle Härte des sozialistischen<br />
Strafrechts treffen <strong>und</strong> tralala. Und da ich ja schon acht Monate Jugendstrafvollzug<br />
hinter mir hatte, <strong>und</strong> die Hintergründe von <strong>der</strong> Straftat des an<strong>der</strong>en Insassen kannte,<br />
ist mir irgendwann <strong>der</strong> Kragen geplatzt. Dann bin ich aufgestanden <strong>und</strong> habe mal<br />
erzählt wie es wirklich in <strong>der</strong> Jugendhaft aussieht. Diese vermeintliche<br />
Resozialisierung <strong>und</strong> die Umerziehung. Und habe über meine Erfahrungen von<br />
Gewalt <strong>der</strong> Haftinsassen im Jugendstrafvollzug berichtet. Habe öffentlich auf dieser<br />
Heimversammlung davon gesprochen, dass die Angestellten im Strafvollzug, das<br />
waren damals alles Polizisten, die unterstanden alle dem Ministerium des Inneren,<br />
dass die ebenfalls gewalttätig gegenüber den Insassen sind. Also sehr gerne ihren<br />
Schlagstock benutzt haben <strong>und</strong> sehr gerne Einzelhaft ver...ver...verhängten. Und das<br />
habe ich eben dort alles erzählt <strong>und</strong> habe ganz deutlich gesagt, dass <strong>der</strong>, <strong>der</strong> jetzt<br />
hier zur Debatte steht mit seiner Strafe dort untergehen wird, weil es ein total<br />
sensibler <strong>und</strong> eigentlich zurückgezogener <strong>und</strong> schüchterner junger Mensch ist, <strong>der</strong><br />
sich nur in einem Moment nicht mehr unter Kontrolle hatte, weil er eben ständig<br />
drangsaliert <strong>und</strong> gehänselt wurde von dem vermeintlichen Opfer. Das war <strong>der</strong><br />
Hintergr<strong>und</strong>. So, <strong>und</strong> weil ich darüber offen gesprochen habe <strong>und</strong> die Zustände im<br />
Strafvollzug eben öffentlich kritisiert habe auf dieser Heimversammlung, <strong>und</strong> zwar<br />
massiv kritisiert habe, bin ich nur wenige Tage später in meinem Betrieb verhaftet<br />
worden, das ist, ist kein Scherz. Bin in Handschellen abgeführt worden in die<br />
Untersuchungshaft wie<strong>der</strong> gebracht worden. Und die, <strong>der</strong> Anklagevorwurf war<br />
Paragraph 220 vom Strafgesetzbuch <strong>der</strong> DDR, öffentliche Herabwürdigung von<br />
staatlichen Einrichtungen <strong>und</strong> Institutionen. Früher nannte man das Boykott-Hetze in<br />
<strong>der</strong> DDR. Ist ein Gummi-Paragraph, also Staatsverleumdung würde man das heute<br />
beschreiben. Ich hätte halt eine sozialistische Einrichtung, sprich den<br />
Jugendstrafvollzug, in Misskredit gebracht, mit meinen öffentlichen Ein...Aus...o<strong>der</strong><br />
Einlassung. Und darauf stand eine Strafandrohung von bis zu zwei Jahren<br />
Freiheitsentzug. Und dann bin ich plötzlich in <strong>der</strong> Haft, kann natürlich meine<br />
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