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Transkript S. Lauter (PDF-Download) - Haus der Demokratie und ...

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ausgesprochen. Belobigung, also in meinem Fall habe ich das drei Mal erlebt. Dann<br />

in <strong>der</strong> zweiten Etage gab es einen extra Gruppenraum, da stand ein Aquarium drin.<br />

Also war irgendwie ein bisschen an<strong>der</strong>s ausgestattet, als man sich eine gewöhnliche<br />

Gefängniszelle vorstellte. Da stand ein Fernseher drin, ein Aquarium <strong>und</strong> gepolsterte<br />

Stühle, was man sonst nicht hatte. Also so ähnliche Stühle wie hier. Und dann durfte<br />

man da eine halbe St<strong>und</strong>e Fernsehen gucken auf den Abend. Das war eine<br />

Belobigung, wenn Du vier o<strong>der</strong> ja sämtliche vier Tage in <strong>der</strong> Woche immer als<br />

Tagesbester ausgewertet wurdest von <strong>der</strong> Arbeitsleistung. Dann konnte dir das<br />

passieren, dass du Wochenbester deiner Gruppe wurdest. Und dann durftest du am<br />

Montag <strong>der</strong> Folgewoche abends eine halbe St<strong>und</strong>e Fernsehen gucken. Jetzt halten<br />

sie sich fest, abends neunzehn Uhr dreißig, was lief auf a...ähm nee auf ARD hätte<br />

ich beinahe gesagt, was lief im ersten DDR Fernsehen? Die<br />

Hauptnachrichtensendung Aktuelle Kamera. (1:28:44-5)<br />

…<br />

Es soll auch zu Aufenthaltsverkürzungen gekommen sein, in Einzelfällen, die <strong>der</strong><br />

Direktor dann veranlasst hat. Wenn jemand sich permanent mehr als positiv im<br />

Jugendwerkhof Torgau verhalten hat. Und dem man nicht unterstellt hat, <strong>und</strong> das ist<br />

auch noch recht perfide, das ist in meinem Fall zum Beispiel passiert. Wer sich dort<br />

normal verhalten hat <strong>und</strong> alle Anweisungen befolgt hat, unauffällig war <strong>und</strong> sonst<br />

was, dem wurde unterstellt, dass er seinen wahren Charakter noch nicht zeigt. Sein<br />

wahres Gesicht noch nicht zeigt. Dass er also schauspielert. Weil er muss ja so ein<br />

schlimmer Finger gewesen sein, so einen Wi<strong>der</strong>stand geleistet haben, so verbohrt<br />

gewesen sein, sonst wäre er ja niemals nach Torgau gekommen. Und plötzlich<br />

verhält er sich ganz normal, macht alles. Alles auf Anweisung. Nein, das kann nicht,<br />

also da kann was nicht stimmen. In meiner Akte kann man das nachlesen, da steht<br />

es drin. Schon nach drei o<strong>der</strong> vier Wochen. In meinem Berichtsbogen schreibt ein<br />

Erzieher, <strong>der</strong> zeigt uns seinen wahren Charakter noch nicht. Wir werden noch viel<br />

Freude an ihm haben. Freude in Anführungszeichen. Aber bei den Jugendlichen, wo<br />

<strong>der</strong> Direktor, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppenerzieher das eingeschätzt hat, dass <strong>der</strong> eben sich<br />

nicht verstellt, das ist alles ehrlich gemeint. Da konnte es im Einzelfall schon mal<br />

passieren, dass ihm, weiß ich nicht, drei o<strong>der</strong> vier Wochen erspart geblieben sind<br />

<strong>und</strong> er vorzeitig entlassen wurde. Aber das war in meinem Fall auch nicht so. Und<br />

das ist so, da ist Ende <strong>der</strong> Fahnenstange mit irgendwelcher Form von Belobigung.<br />

Das Strafregister, das ist wesentlich umfangreicher. (1:32:18-0)<br />

4.4. Körperliche <strong>und</strong> seelische Ges<strong>und</strong>heit: „…ohne Bef<strong>und</strong>“<br />

(…) Es gab einen Anstaltsarzt. Es soll auch zeitweise dort eine Krankenschwester<br />

angestellt gewesen sein. Zu meiner Zeit gab es keine Krankenschwester. Vom<br />

Sozialarbeiter <strong>und</strong> Psychologen ist da überhaupt keine Rede. Obwohl es da eine<br />

Planstelle für gab, eine Arbeitsstelle. Es gab dort nie einen Psychologen o<strong>der</strong>, o<strong>der</strong><br />

eine Sozialarbeiterin. Es gab einen Anstaltsarzt. Und das war immer <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong><br />

Poliklinik. Also eines Gemeinschaftsärztehauses, wie man das heute bezeichnet. Der<br />

Leiter <strong>der</strong> städtischen Poliklinik von Torgau ist einmal die Woche für zwei, drei o<strong>der</strong><br />

vier St<strong>und</strong>en zur Sprechst<strong>und</strong>e im Jugendwerkhof erschienen. Er hatte dort mehrere<br />

Behandlungszimmer <strong>und</strong> sogar eine Einzelzelle, die als Krankenzimmer fungierte.<br />

Das war eine etwas größere Einzelzelle mit einem richtigen Bett, keine Holzpritsche,<br />

www.haus<strong>der</strong>demokratie.de/unverzichtbar 24

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