Transkript S. Lauter (PDF-Download) - Haus der Demokratie und ...

kam er drüber. .. So funktioniert die menschliche Psyche schlicht und ergreifend. Und
ja diesen Umstand oder, oder diese Tatsache hat sich diese Einrichtung und das
haben sich die Erzieher und vor allem der Direktor zu Nutze gemacht. (1:20:54-4)
SL: Wenn es nachts zu massiven Übergriffen gekommen ist in diesen
Schlafräumen… natürlich haben die Erzieher das mitbekommen. Aber das gab, wie
ich es heute weiß, damals wusste ich es nicht, habe ich mich nur gewundert, warum
der Erzieher nicht die Tür aufschließt. Es gab eine Dienstanweisung des Direktors,
dass nachts wegen der Unterbesetzung vom Personal es nur im aller, aller äußersten
lebensbedrohlichen Notfall den Erziehern gestattet ist, die Schlafräume zu öffnen,
aufzuschließen. Ansonsten erst nach Beendigung der Nachtruhe ist eben auf solche
Ereignisse erzieherisch einzuwirken, sprich mit Einzelisolierung, Arrestierung. Zack.
Die haben nachts die Schlafräume da nicht geöffnet. Und auch wenn sie das
mitgekriegt haben, meist haben sie es ja gar nicht mitgekriegt. Das ist so wie in
normalen Haftanstalten, in Anführungszeichen, normalen Haftanstalten, dass
Häftlinge ja auch nicht blöd sind. Wenn da jemand über den Flur läuft, das hörst du.
Wenn der Metalldeckel vom Türspion sich bewegt, das hörst du. Dass du gerade
beobachtet wirst. Da wirst du ja auch keinen anderen drangsalieren, ne? Und wenn
dann die Schritte sich wieder entfernen, dann haust du wieder zu. Und genauso ist
das eben meist gewesen, dass das eben nicht gleich entdeckt wurde. Entweder gab
es körperliche Spuren, sodass die Erzieher darauf gekommen sind, dass da eine
Misshandlung stattgefunden hat unter den Jugendlichen, oder das Opfer hat sich den
Erziehern sozusagen anvertraut. Mit anderen Worten er wurde zur Petze, zum
Anscheißer. Das war denn der nächste Weg, um solche Sachen sozusagen
aufzudecken. Und dann haben die Erzieher erst mit ihren Sanktionen eingegriffen.
(1:22:26-7)
Ja und nach diesem Nachmittagssport auf diesem Hof oder diese, diese sogenannte,
nannten die ja auch vormilitärische Ausbildung, diese Sturmbahn da ständig, ständig
zu überwinden. Dann war das halt irgendwann 16 nein, 16 Uhr sind wir ja raus.
17:30, knapp 18 Uhr Vorbereiten zum Abendbrot. Und dann wurde man wieder in
den Speiseraum geführt. Mit dem Speiseraum, das ist noch mal eine ja Demütigung
hoch zehn gewesen. Nicht nur das man eine begrenzte Essenszeit hatte, sondern in
diesem Speiseraum hatte absolute Stille zu herrschen. Wirklich absolute Stille. Und
das war nicht ganz so einfach. Da standen vier Tische mit sechs Hockern, die Hocker
hatten ein Stahlgerüst. Und unten an den Füßen von diesen Stahlhockern fehlten die
Gumminoppen. Jetzt schauen sie sich mal ihren Stuhl an. Da sind solch kleine
Plastikschoner. Hat man heute, ne? Hartplastik. Zu DDR-Zeiten waren das wirklich
Gumminoppen, die da meistens unten an den Stühlen unten dran waren. Die fehlten.
Ja und der Fußboden, das waren Terrazzoplatten. Das waren Steinplatten. Nehmen
sie mal ihren Wohnungsschlüssel und gehen mal auf den Bürgersteig und ziehen
den Schlüssel mal so über den Steinfußboden. Entstehen immer Geräusche. So, da
hatten wir einzurücken und uns hinter den Stuhl zu stellen, in ordentlicher
militärischer Grundhaltung. Der Erzieher gab den Befehl „Setzen“. Wenn auch nur
ein Geräusch entstanden ist beim Hinsetzen: „Auf…setzen!“. Bis es klappte. Können
sie sich vorstellen, dass 15 Minuten schnell um sind. Und der letzte Befehl ist dann
nicht mehr „Auf…setzen!“, sondern „Raus!“. (1:24:00-0)
Und .. das ist eine der hauptsächlichen Möglichkeiten gewesen, Essensentzug
durchzuziehen, ohne es auszusprechen. Dann hast du schlicht und ergreifend nicht
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