Transkript S. Lauter (PDF-Download) - Haus der Demokratie und ...

Und der Dritte bekannte Fall, wo der Suizid wirklich gelungen ist. Da weiß ich jetzt
bloß den Vornamen Steven. Der hat sich am zweiten Tag seiner Einweisung im
Einzelarrest, also sein Aufnahmeeinzelarrest, mit seinem eigenen Pullover erhangen.
… Tja und dann hat irgendwann ein Erzieher ihn ge .. gefunden beim Aufschluss des
Einzelarrestes. Da war er tot. Ein paar Wochen später kamen seine
Einweisungsunterlagen. … Da war ein ärztliches Attest drin, dass er unter Platzangst
leidet und nicht in Einzelunterbringung also keine Arrestierung und so weiter. Ein
ärztliches Attest. Da war er schon ein paar Wochen tot. (1:49:52-7)
…
SL: Also wir hatten bis auf in der Zeit wo wir gearbeitet haben, da hatten wir ein
Plumpsklo im Arbeitsbereich. Bis 1989 soll es dieses Plumpsklo gegeben haben.
Also ohne Wasser. Aber immerhin. Aber ansonsten hatten wir keinen freien Zugang
zu den Sanitärräumen. Also weder zum Waschraum, noch zum Duschraum. Aber
auch nicht zu den Toiletten. In unserer sogenannten Gruppenfreizeit, wenn wir dann
meinetwegen bei der Zeitungsshow abends gewesen sind, wenn da jemand auf
Toilette musste, dann hatte er sich beim Erzieher zu melden. Meldung zu machen.
„Na Herr, Herr sowieso“, mit Namen haben wir die angesprochen, „Ich habe ein
dringendes Bedürfnis ich müsste mal auf Toilette“. Die Antwort war in einhundert
Prozent der Fälle: „Du bist doch jetzt aber nicht alleine, Jugendlicher Lauter? Nein,
nein, es sind noch vier die Jugendlichen A, B, C, D, E.“ „Antreten auf dem Flur,
zack!“, und dann hat der Erzieher die vier oder fünf Jugendlichen kurz gemustert und
dann gab es wirklich bloß Befehl: „Stramm stehen, rechts um, zack“, und dann hat
der Erzieher uns zu der Toilette durchgeschlossen, zu dem Toilettenraum. Da
standen wirklich fünf WCs nebeneinander ohne Trennwand, ohne Tür davor. Dann
hast du dein Geschäft verrichtet. Der Erzieher stand die ganze Zeit am Türrahmen
und hat dabei zugesehen. (01:51:30-1)
Also die haben wirklich sprichwörtlich beim Scheißen zugesehen. Dann hast du dein
Geschäft da absolviert und dann, na ja, wie das halt so ist ne, spülen und trallala,
wieder draußen antreten, wieder im Laufschritt zurück zum Gruppenraum. Erledigt.
Das war Toilettengang. Das ist nicht besonders lustig gewesen in dem Falle. Und
das kam ja öfter vor. Es gab ja nicht nur männliche Erzieher in dieser Einrichtung,
sondern auch Frauen. Wir hatten des Öfteren auch Frauen bei uns als Erzieher. Die
standen dann genauso in der Tür, wie gesagt, ich bin 17 ½ Jahre, fast, also ich fühlte
mich damals schon fast wie ein erwachsener Kerl. Und dann schaut mir da eine
vierzig- oder fünfzigjährige Frau bei meinem Toilettengang zu. Das ist äußerst
demütigend und entwürdigend. Aber stellen sie sich mal den umgedrehten Fall vor.
Was ist denn mit der 14- oder 16-jährigen, wenn da meinetwegen ein
achtundfünfzigjähriger Erzieher in der Tür steht und ihr bei dieser Notdurft-
Verrichtung zuschaut? Und alle vier Wochen hat ja so ein junges Mädchen noch ein
ganz anderes Problem. Und da schaut dieser männliche Erzieher genauso zu. Also
ich kann mir das heute als .. als Mann natürlich kaum vorstellen, aber das muss doch
grauenvoll sein. Das sind über mehrere Erzieher bis hin zum Direktor heute ja .. nicht
nur Vermutungen, sondern sogar Nachweise gesichert worden, dass die pädophil
waren. (…) Ehemalige Insassinnen und Insassen vom geschlossenen
Jugendwerkhof haben sich bis heute in der Gedenkstätte gemeldet und von
sexuellen Übergriffen bis hin zur Vergewaltigung berichtet. Diese Berichte sind
glaubhaft. Die sind mehr als glaubhaft. Und mehrfach taucht der Name von Horst
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