Download PDF - BLS
Download PDF - BLS
Download PDF - BLS
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FAHRGASTPORTRÄT<br />
Fahrgastporträt<br />
Sol Gabetta<br />
Aufgezeichnet von:<br />
Peter Bader<br />
Foto: zVg<br />
«Im Zug fühle ich mich frei.»<br />
«Im Zug zu reisen ist für mich Entspannung und Inspiration.<br />
Die Landschaft, die an einem vorbei zieht, erfreut das<br />
Auge – und damit auch die Seele. Im Zug schalte ich ab,<br />
fühle mich frei, kann kreativ denken. Das sind rare Momente.<br />
Diese geniesse ich ab und zu auch in der <strong>BLS</strong>. Wir<br />
haben ein Haus in einem kleinen Ort im Wallis, dorthin<br />
fahren wir bisweilen mit dem Zug. Für die <strong>BLS</strong> gilt, was<br />
für den ganzen öffentlichen Verkehr in der Schweiz gilt: Er<br />
ist wirklich aussergewöhnlich gut! In Frankreich können<br />
Züge schon mal ausfallen, in Deutschland sind sie oft unpünktlich.<br />
In der Schweiz ist alles perfekt. Und die Züge<br />
für mich als Argentinierin manchmal fast zu pünktlich!<br />
Reisen mit dem Flugzeug ist für mich dagegen mehr mit<br />
Hektik als mit Entspannung verbunden. Und ich fliege<br />
viel. Im Jahr gebe ich rund 130 Konzerte auf der ganzen<br />
Welt. Bis 2015 bin ich heute schon ausgebucht. Da bleibt<br />
nicht viel Freizeit. Im April hatte ich seit fünf Jahren zum<br />
ersten Mal wieder ein paar Tage am Stück frei. Den Verlust<br />
an persönlicher Freiheit nehme ich in Kauf. Die richtige<br />
Freiheit empfinde ich, wenn ich Musik mache. Wenn<br />
ich als Cellistin den Noten auf dem Papier Form und<br />
Leben gebe. Ein Musikstück lebt erst durch meine kreative<br />
Interpretation. Und ich spiele dafür das perfekte Instrument:<br />
Das Cello schafft genau die richtige Balance<br />
zwischen den hohen und tiefen Tönen, trifft eine sehr<br />
angenehme Tonlage, wie der Mezzo-Sopran beim<br />
Gesang. Dass ich heute Cello spiele, ist allerdings Zufall.<br />
Als Kind hatte ich keine Ahnung, was ein Cello ist.<br />
Trotzdem wollte ich das Instrument, weil es grösser war<br />
als die Geige meines Bruders. Das war für mich als kleine<br />
Schwester natürlich interessant. Später hat mich mein<br />
Vater während ein paar Monaten einmal wöchentlich<br />
von meiner Heimatstadt Cordoba nach Buenos Aires<br />
zum Cello-Unterricht gefahren. Das sind immerhin 800<br />
Kilometer. Tagsüber hat er gearbeitet, nachts fuhren wir<br />
fast acht Stunden, damit ich am Morgen eine Stunde<br />
Unterricht besuchen konnte. Und das alles nur, weil ich<br />
die Lehrerin so toll fand. Das ist Liebe, oder?<br />
Meine Eltern haben mich ohnehin immer unterstützt.<br />
Aber es gab keinen Druck, dass ich Musik machen<br />
musste, es hat sich so ergeben. Sie kamen mit mir nach<br />
Europa, damit ich mich musikalisch weiter entwickeln<br />
konnte. Zuerst nach Spanien, dann ins Elsass. Heute lebe<br />
ich im aargauischen Fricktal. Die Schweiz ist meine neue<br />
Heimat geworden. Ich fühle mich dort wohl, wo meine<br />
Familie und Freunde sind. Ich kann mir im Moment<br />
nicht vorstellen, jemals wieder in Argentinien zu leben.»<br />
Noch bis zum 29. Juni findet zum 8. Mal das von Sol Gabetta<br />
initiierte «Solsberg-Festival» statt.<br />
www.solsberg.ch<br />
Der Fahrgast<br />
Name: Sol Gabetta<br />
Alter: 32<br />
Beruf: International<br />
erfolgreichste Cellistin<br />
Strecke: Gstaad–Montreux<br />
auf der Golden-<br />
Pass-Linie<br />
Abonnement: Halbtax<br />
in der Schweiz<br />
Vorlieben: Vorwärts<br />
am Fenster, allerdings<br />
nur wenn Einzelplatz,<br />
sonst lieber Gang, weil<br />
«ich die Freiheit spüren<br />
muss».<br />
23