MITARBEITERPORTRÄT Mitarbeiterporträt Ralph Bühler Streckenwärter 46 Aufgezeichnet von: Peter Bader Foto: Anita Vozza
MITARBEITERPORTRÄT «Arbeiten, wo andere die Ferien verbringen.» Ralph Bühler trägt als Streckenwärter eine grosse Verantwortung für die Sicherheit der Züge. Für ihn ist sein Job einfach nur ein grosses Privileg, weil «ich dort arbeiten kann, wo andere ihre Ferien verbringen». «Manchmal denke ich: Ich bin schon privilegiert. Meine Strecke zwischen Frutigen und Kandersteg führt an verschiedenen Stellen am Lötschberger-Bahnwanderweg vorbei. Dort habe ich schon oft amerikanische, asiatische und viele andere internationale Touristen gesehen. Sie alle kommen in die Schweiz, um einmal an der Lötschberg-Nordrampe zu wandern. Ich darf das zwei Mal in der Woche machen. Und werde dafür erst noch bezahlt. Locker nehme ich deshalb meinen Job sicher nicht. Ganz im Gegenteil, denn ich trage eine grosse Verantwortung: Seit knapp fünf Jahren bin ich bei der <strong>BLS</strong> Streckenwärter. Zwei Mal in der Woche überprüfe ich den Abschnitt zwischen Frutigen und Kandersteg auf mögliche Sicherheitsrisiken. Gibt es Risse oder kleinste Stahl-Verformungen in den Geleisen? Schäden an den Verankerungen? Tropft in einem Tunnel Wasser auf die Geleise, was zu schnellem Rosten führen kann? Gibt es Vereisungen, welche die Fahrt der Züge beeinträchtigt? Oder lockere Gesteinspartien? Ich protokolliere mögliche Schäden und melde sie meinem Chef Urs Schmid. In seinem Team arbeite ich an den anderen Tagen der Woche als Geleisemonteur und repariere dabei manchmal auch Schäden, die ich selber bemerkt habe. Geleisemonteur hiess der Beruf, als ich ihn gelernt habe, heute spricht man ja von Verkehrswegbauer. Wie auch immer: Spass macht er mir immer noch. Vor allem, weil er so vielseitig ist. Dazu trägt auch meine Arbeit als Streckenwärter bei. Natürlich: Die Geleise werden jährlich zwei Mal mit Ultraschall auf Schäden untersucht, Bewegungen in Gesteinsformationen entlang der Strecke elektronisch Der Mitarbeiter Name: Ralph Bühler Alter: 36 Beruf: Verkehrswegbauer und Streckenwärter Familie: Vater eines 6-jährigen Sohnes Hobby: Mit dem Zug die ganze Schweiz bereisen «Seit 2008 arbeite ich gerne bei der <strong>BLS</strong>, weil ich einen vielseitigen Beruf habe, der mir Spass macht und gut bezahlt ist.» überwacht. Trotzdem trage ich einen wichtigen Teil zur Sicherheit auf dieser Strecke bei. Das macht mich auch ein bisschen stolz. Die rund 18 Kilometer lange Bahnstrecke verläuft zu einem Drittel in Tunnels. Dort kann es im Winter recht kalt werden. Und der Weg von Frutigen rauf nach Kandersteg ist manchmal ziemlich anstrengend. Ich brauche dafür rund acht Stunden. Ich gehe immer auf der rechten Seite. In der Schweiz fahren die Züge ja links, und ich sollte den Zugverkehr nicht zu sehr beeinträchtigen. Während meiner Kontrollwanderung telefoniere ich regelmässig mit der Fahrdienstleitung und melde, auf welchem Anschnitt ich mich gerade befinde. Idealerweise ist dieser dann während meines Marschs komplett für Züge gesperrt. Das klappt allerdings nicht immer. Sichergestellt ist in jedem Fall, dass Züge nicht in meinem Rücken auf mich zufahren. So oder so: Ich bin immer sehr aufmerksam, marschiere mit offenen Augen und Ohren. So geriet ich bisher auch noch nie in Gefahr. Passiert ein Zug, gebe ich dem Lokomotivführer mit einem Zeichen so früh wie möglich zu verstehen, dass ich ihn gesehen habe. Das schafft sofort klare Verhältnisse. Und ich beobachte jeweils das Fahrverhalten des Zugs. Auch daraus kann man Rückschlüsse auf mögliche Schäden an den Geleisen ziehen. Ich bin in einer Bahnfamilie aufgewachsen. Mein Onkel arbeitet als Lokomotivführer, meine Eltern und mein Bruder fahren Tram in Basel, wo ich aufgewachsen bin. Mein Weg in den öffentlichen Verkehr war also vorgezeichnet, ich lernte wie gesagt Geleisemonteur. Dann verwirklichte ich mir aber erst einen Kindheitstraum: Während sechs Jahren war ich als Fernfahrer in ganz Mitteleuropa unterwegs. Aber das ist ein ausgesprochen anstrengender Job. Und man ist kaum zuhause. Als ich Vater wurde, wollte ich das nicht mehr länger machen. Durch die Arbeit bei einer Oberländer Transportfirma kam ich nach Frutigen. Und dann sah ich das Stelleninserat der <strong>BLS</strong>, seit 2008 arbeite ich nun also wieder im öffentlichen Verkehr. Hier in Frutigen will ich bleiben. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder in Basel zu leben. Manche halten mich sogar für einen waschechten Oberländer, mein Basler Dialekt schimmert kaum mehr durch.» 47