1767-Die Graubündnerschen Grundgesetze von 1767
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Schübe, sozusagen - in der längerfristigen Bündner Verfassungsentwicklung<br />
feststellen? Und was sind eigentlich die Hauptinhalte der bündnerischen<br />
«<strong>Grundgesetze</strong>»? Was galt als verfassungswürdige Materie im Dreibündestaat?<br />
Anders gefragt: An welchen politischen Werten orientierten sich die Bündner<br />
vom 16. bis ins 18. Jahrhundert?<br />
Welche Interessen und Absichten steckten hinter der Veröffentlichung der<br />
«<strong>Graubündnerschen</strong> <strong>Grundgesetze</strong>»?Wenn es uns gelingt, dem anonymen<br />
Kommentator auf die Spur zu kommen, erhalten wir nicht nur Einblick in die<br />
Abläufe der damaligen Tagespolitik, sondern auch Aufschluss über die<br />
Funktionen der politischen Publizistik, ja über die Rolle ideologischer<br />
Diskurse im alten Bünden.<br />
1. Terminologie und Rhetorik. <strong>1767</strong><br />
Der Titel «Graubündnersche <strong>Grundgesetze</strong>» muss <strong>1767</strong> auf das Bündner<br />
Publikum ziemlich neuartig gewirkt haben. Für das, was damit gemeint war,<br />
lautete der herkömmliche Ausdruck in Graubünden - der auch im Kommentar<br />
<strong>von</strong> <strong>1767</strong> noch erscheint - «Landssatzungen» oder «Standesgesetze», und noch<br />
traditioneller und schlichter einfach «Artikel». Tatsächlich ist uns für die Zeit<br />
vor <strong>1767</strong> in Graubünden kein Nachweis für den Ausdruck «<strong>Grundgesetze</strong>»<br />
bekannt. Für die Zeit danach darf der Begriff jedoch als bekannt vorausgesetzt<br />
werden. Ein rundes Vierteljahrhundert später, 1794, werden solche Satzungen<br />
als bündnerische «Hauptgrundgesetze» bezeichnet. 1<br />
Als zusammenfassende Bezeichnung für jene Gesetze, welche insgesamt eine<br />
Staatsverfassung ausmachen, wurde der Begriff «<strong>Grundgesetze</strong>» bei<br />
deutschsprachigen Juristen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />
gebräuchlich. 2 Der Ausdruck an sich geht jedoch weiter, ja letztlich bis ins<br />
Mittelalter, zurück. Als «Fundamentalgesetze» (oder «Leges fundamentales»,<br />
«fundamental laws», «lois fondamentales» galten in Fürstenstaaten vor allem<br />
jene Vereinbarungen zwischen Fürsten und Landständen, die den letzteren<br />
politische Mitwirkungsrechte garantierten. Sowohl die Goldene Bulle <strong>von</strong><br />
1356 wie der Westfälische Frieden <strong>von</strong> 1648 zählten zu den «constitutiones et<br />
Leges fundamentales» des Deutschen Reichs. 3<br />
S. 81: <strong>Die</strong> staatliche Grundstruktur, die Regierungsform eines Landes sei durch<br />
dessen «lois fondamentales» vorgegeben: <strong>Die</strong>s lehrt 1748 der berühmte