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Schmelzen und Erstarren in zwei Dimensionen Dissertation ...

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<strong>Schmelzen</strong> <strong>und</strong> <strong>Erstarren</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>zwei</strong> <strong>Dimensionen</strong><br />

Kollektive Phänomene magnetischer 2d-Kolloidsysteme<br />

<strong>Dissertation</strong><br />

zur Erlangung des akademischen Grades des<br />

Doktors der Naturwissenschaften an der<br />

Universität Konstanz<br />

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion, Fachbereich Physik<br />

Lehrstuhl Prof. Dr. G. Maret<br />

vorgelegt von<br />

Peter Keim<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 3.5.2005<br />

Erster Referent: Prof. Dr. G. Maret<br />

Zweiter Referent: Prof. Dr. H.H. v. Grünberg


Inhaltsverzeichnis<br />

E<strong>in</strong>leitung 1<br />

1 Aufbau des Experiments 5<br />

1.1 Dipol-Dipol-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.1.1 Systemtemperatur <strong>und</strong> Wechselwirkungsparameter . . . . . . . 7<br />

1.2 Digitale Bildverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.3 Regelung der Krümmung der Grenzfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

1.4 Regelung der Partikelanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

1.5 E<strong>in</strong>stellung der Experimentgr<strong>und</strong>platte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

1.6 Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2 Experimentelle Details <strong>und</strong> Optimierung des Systems 17<br />

2.1 Beleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

2.2 Probenpräparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2.3 Probenzelle für die Kolloidsuspension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

2.4 Stabilisierung des Aufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

2.4.1 Halterung der Küvette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2.4.2 Neigungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2.4.3 Verteilung der Randkolloide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

2.5 Stromkonstanter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.6 Fernsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

III


Inhaltsverzeichnis<br />

3 Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls 28<br />

3.1 Zerfall der langreichweitigen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

3.2 Das L<strong>in</strong>demannkriterium <strong>in</strong> <strong>zwei</strong> <strong>Dimensionen</strong> . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3.3 Dynamische Matrix e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3.3.1 Eigenwerte der Dynamischen Matrix . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.4 Äquipartitionstheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

3.5 Berücksichtigung der Dämpfung des viskosen Mediums . . . . . . . . . 34<br />

3.6 Dispersionsrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.7 Langwelliger Limes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.7.1 Elastizitätstheorie e<strong>in</strong>er Membran . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

3.7.2 Zusammenhang mit der dynamischen Matrix . . . . . . . . . . . 40<br />

3.7.3 Anwendung auf die Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

3.8 Vergleich mit anderen Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

4 Renormierung der Kopplungskonstanten 44<br />

4.1 KTHNY-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

4.1.1 Die hexatische Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

4.2 Renormierung der Module . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

4.3 Darstellung der Messergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.4 Youngs-Modul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

4.5 Vergleich mit anderen Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

5 Existenz der hexatischen Phasen beim E<strong>in</strong>frieren 56<br />

5.1 Kühlratenabhängige Hysterese des Phasenübergangs . . . . . . . . . . . 56<br />

5.2 Hexatische Phase beim Abkühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

5.2.1 Orientierungskorrelationsfunktion G 6 (r) . . . . . . . . . . . . . 59<br />

5.2.2 Translationskorrelationsfunktion G g (r) . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

5.2.3 Zeitabhängiger L<strong>in</strong>demannparameter γ L (t) . . . . . . . . . . . . 62<br />

5.2.4 Interpretation der Ordnungsparameter . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

5.3 Quenchen des 2d-Kolloidsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

IV


Inhaltsverzeichnis<br />

6 Kolloidale Masken 68<br />

6.1 Anlagerung von Kolloidketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

6.1.1 Anlagerung von Kolloiden im rotierenden B-Feld . . . . . . . . . 70<br />

6.2 Kompression auf gekrümmtem Substrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

6.3 Kompression auf Wasser-Luft Grenzfläche . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

7 Ferrofluide 75<br />

7.1 Kolloide an der Grenzfläche e<strong>in</strong>er dicken Ferrofluidschicht . . . . . . . . 76<br />

7.2 Strukturbildung <strong>in</strong> dünnen Ferrofluidschichten . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

7.3 Kolloide als Tracerpartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

7.4 Dynamische Lichtstreuung an Ferrofluiden . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick 86<br />

Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

Literaturverzeichnis 97<br />

A Berechnung der Dynamischen Matrix 98<br />

A.1 Expliziter Ausdruck der ersten Schale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

B Die Elastischen Module bei T=0 101<br />

B.1 Kompressionsmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />

B.2 Schermodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

C Gr<strong>und</strong>legendes zu Ferrofluiden 104<br />

C.1 Magnetische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

V


E<strong>in</strong>leitung<br />

Die Forschung an kolloidalen Systemen gehört zum Themengebiet der weichen kondensierten<br />

Materie. Unter diesem Begriff wird e<strong>in</strong>e Vielzahl von Systemen subsummiert, zu<br />

deren Beschreibung chemische, biologische <strong>und</strong> physikalische Methoden benutzt werden.<br />

Als Beispiele seien Emulsionen, Dispersionen, Nebel <strong>und</strong> Rauch, aber auch Milch,<br />

Blut <strong>und</strong> biologische Gewebe genannt. Im Allgeme<strong>in</strong>en handelt es sich bei weicher<br />

kondensierter Materie um e<strong>in</strong>e Mischung von Stoffen auf mesoskopischer Skala <strong>in</strong> zum<br />

Teil unterschiedlichen Aggregatzuständen. Das Adjektiv weich“ trägt dem Umstand<br />

”<br />

Rechnung, dass die Wechselwirkung der mesoskopischen Partikel pro Volumen von vergleichbarer<br />

Größe ist, wie zwischen Atomen oder Molekülen <strong>in</strong> klassischen Festkörpern.<br />

Die Anzahl der die Materie konstituierenden Partikel liegt jedoch 12 − 15 Größenordnungen<br />

ause<strong>in</strong>ander, dementsprechend skalieren die Energiedichten der Materie. Weiche<br />

Materie hat Module gegenüber äußerer Verformung, die 10 12 − 10 15 mal kle<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d,<br />

als jene klassischer Festkörper.<br />

Für die Gr<strong>und</strong>lagenforschung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere kolloidale Suspensionen <strong>in</strong>teressant:<br />

Mikroskopische Partikel möglichst e<strong>in</strong>heitlicher Größe <strong>und</strong> Form s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Trägerflüssigkeit<br />

dispergiert. Die Partikel s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong> genug, dass sie Brownsche Bewegung<br />

vollführen <strong>und</strong> im Ensemble statistisch beschrieben werden müssen, aber gleichzeitig<br />

groß genug, um sie optisch beobachten zu können. Mit der Größe skaliert die Dynamik<br />

der Kolloide - die Prozesse der Wechselwirkungen können auf allen relevanten Zeitskalen<br />

visualisiert werden. Herrscht zwischen den Partikeln e<strong>in</strong>e abstandsabhängige Wechselwirkung,<br />

s<strong>in</strong>d je nach Dichte der Partikel <strong>und</strong> Stärke der Wechselwirkung verschiedene<br />

Ordnungszustände im kolloidalen System festzustellen. Derart stellt es e<strong>in</strong> ideales Modellsystem<br />

für kollektive Phänomene <strong>und</strong> im Besonderen für Phasenübergänge dar.<br />

Obwohl Phasenübergänge zu den Alltagsphänomenen gehören, existiert <strong>in</strong> drei <strong>Dimensionen</strong><br />

ke<strong>in</strong> mathematisches Modell e<strong>in</strong>es solchen Ordnungsübergangs, welches anhand<br />

1


E<strong>in</strong>leitung<br />

mikroskopischer Informationen die makroskopischen Eigenschaften berechenbar macht.<br />

E<strong>in</strong>e Ausnahme stellt das sphärische Modell dar, welches analytisch lösbar, aber nicht<br />

<strong>in</strong> der Natur repräsentiert ist. In niedrigdimensionalen Systemen ist die Situation e<strong>in</strong>e<br />

andere. E<strong>in</strong>geschränkte <strong>Dimensionen</strong> s<strong>in</strong>d weniger artifiziell, wie es auf den ersten Blick<br />

ersche<strong>in</strong>en mag: Jede haptische Wahrnehmung e<strong>in</strong>es ausgedehnten Körpers f<strong>in</strong>det über<br />

se<strong>in</strong>e Oberfläche statt - <strong>und</strong> Oberflächen werden <strong>in</strong> der Physik mit <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Systemen abstrahiert.<br />

In den 70er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts haben Kosterlitz, Thouless <strong>und</strong> Young<br />

e<strong>in</strong>e Theorie des <strong>Schmelzen</strong>s aufgr<strong>und</strong> topologischer Defekte für <strong>zwei</strong>dimensionale Systeme<br />

entwickelt [1, 2]. Ursprünglich für den Phasenübergang zur Suprafluidität von<br />

dünnen Heliumfilmen entwickelt, merkte man bald, dass diese Theorie für e<strong>in</strong>e ganze<br />

Klasse von <strong>zwei</strong>dimensionalen Systemen angewendet werden kann. Genannt seien<br />

das magnetische XY-Modell, aber auch Gitterübergänge zu elektronischen Wignerkristallen<br />

auf kryogenen Oberflächen. Halper<strong>in</strong> <strong>und</strong> Nelson entwickelten diese Theorie<br />

weiter (KTHNY-Theorie) <strong>und</strong> zeigten, dass der Phasenübergang der Gittersysteme <strong>in</strong><br />

<strong>zwei</strong> Stufen vonstatten gehen muß [3]: Die Translations- <strong>und</strong> Rotationssymmetrie wird<br />

nicht bei der selben Temperatur gebrochen - es existiert e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> drei <strong>Dimensionen</strong> unbekannte<br />

Zwischenphase, hexatische Phase genannt, zwischen Kristall <strong>und</strong> Flüssigkeit.<br />

Sie ist e<strong>in</strong> Festkörper mit Rückstellkräften für Rotationsbewegungen, aber e<strong>in</strong>e Flüssigkeit<br />

bezüglich Scherbewegungen.<br />

Zahn et al. haben diesen <strong>zwei</strong>stufigen Symmetriebruch als erste mit Hilfe mikroskopischer<br />

Größen an e<strong>in</strong>em 2d-Kolloidsystem mit wohldef<strong>in</strong>ierter Partikelwechselwirkung<br />

verifiziert <strong>und</strong> die Übergangstemperaturen bestimmt [4, 5]. Sie identifizierten die <strong>zwei</strong><br />

Phasenübergänge anhand von Korrelationsfunktionen, die komplette Information der<br />

Kolloidkoord<strong>in</strong>aten im Phasenraum nutzend. Neu ist <strong>in</strong> der vorliegenden Arbeit, dass<br />

die KTHNY-Theorie nicht nur als Schmelz- sondern auch als Erstarrungsszenario gesehen<br />

werden kann. Das Kolloidsystem ist langsam e<strong>in</strong>gefroren worden <strong>und</strong> zeigt den<br />

gleichen <strong>zwei</strong>stufigen Phasenübergang wie beim <strong>Schmelzen</strong>. Es wurde ke<strong>in</strong>e Hysterese<br />

des Phasenübergangs gef<strong>und</strong>en, was die Existenz der hexatischen Phase als echten<br />

thermodynamischen Zustand bestätigt.<br />

Desweiteren wurden differenziertere Aussagen der KTHNY-Theorie geprüft. Dazu wurde<br />

e<strong>in</strong> Experiment aufgebaut, das bezüglich Präzision <strong>und</strong> Langzeitstabilität Messungen<br />

am Phasenübergang erlaubt. Messgrößen s<strong>in</strong>d die Trajektorien der Kolloide,<br />

die videomikroskopisch aufgenommen <strong>und</strong> mittels digitaler Bildverarbeitung gewonnen<br />

werden. Anhand der Trajektorien wird e<strong>in</strong>e Methode vorgestellt, die es erstmals<br />

2


E<strong>in</strong>leitung<br />

erlaubt, bei exakt bekannten äußeren Parametern die Dispersionsrelation e<strong>in</strong>es <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Kristalls zu messen <strong>und</strong> diese mit der Festkörpertheorie zu vergleichen.<br />

Die Kenntnis der Dispersionsrelation ermöglicht im Limes langer Wellenlängen die Ermittlung<br />

der elastischen Konstanten des Kolloidsystems. Wird die Systemtemperatur<br />

variiert, müssen diese elastischen Konstanten <strong>in</strong> der Nähe des Phasenübergangs wegen<br />

des Auftretens topologischer Defekte renormiert werden - der Kristall wird weich.<br />

Bisher ungeprüft ist e<strong>in</strong>e zentrale Aussage der KTHNY-Theorie: E<strong>in</strong>e der elastischen<br />

Konstanten, Youngs-Modul, nimmt am Phasenübergang den universellen Wert 16π an.<br />

Die Vorhersage wird durch die Experimente dieser Arbeit verifiziert.<br />

Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: Die Kapitel (1) <strong>und</strong> (2) beschreiben den experimentellen<br />

Versuchsaufbau; Kapitel (1) erklärt das <strong>zwei</strong>dimensionale kolloidale System <strong>und</strong><br />

die Gr<strong>und</strong>züge des Versuches, Kapitel (2) geht auf Details des Versuches e<strong>in</strong> <strong>und</strong> stellt<br />

die nötige Langzeitstabilität des Setups dar; Kapitel (3-5) enthalten die Ergebnisse der<br />

Experimente an hiesigem 2d-Kolloidsystem. Kapitel (6) <strong>und</strong> (7) s<strong>in</strong>d eigenständig zu<br />

sehen. Kapitel (6) beschreibt Arbeiten zu kolloidalen Masken, wie sie im Rahmen des<br />

Sonderforschungsbereichs ”<br />

Nanostrukturen an Grenz- <strong>und</strong> Oberflächen“ (SFB-513) der<br />

DFG durchgeführt wurden; Kapitel (7) handelt von magnetischen Flüssigkeiten, den<br />

sogenannten Ferrofluiden. Die Experimente hierzu wurden vom Schwerpunktprogramm<br />

Ferrofluide“ (SPP-1104) der DFG f<strong>in</strong>anziert.<br />

”<br />

3


1<br />

Aufbau des Experiments<br />

In diesem Kapitel wird der experimentelle Aufbau beschrieben, wie er für die Arbeiten<br />

verwendet wurde, welche <strong>in</strong> Kapitel (3), (4)<strong>und</strong> (5) beschrieben werden. Superparamagnetische<br />

Kolloide 1 mit 4, 5 µm Durchmesser s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> wässriger Lösung e<strong>in</strong>es horizontal<br />

aufgespannten Tropfens dispergiert. Der Tropfen wird von e<strong>in</strong>er Glaszelle gehalten, die<br />

mit e<strong>in</strong>er zyl<strong>in</strong>drischen Bohrung versehen ist, deren Öffnung nach unten zeigt. Das Volumen<br />

des Tropfens wird derart gewählt, dass die Wasser-Luft Grenzfläche annähernd<br />

eben ist. Da die Massendichte der Kolloide mit 1, 5g/cm 3 größer als die von Wasser<br />

ist, sedimentieren die Kolloide an die untere Wasser-Luft Grenzfläche. Die translatorischen<br />

Freiheitsgrade liegen <strong>in</strong> der horizontal ausgerichteten Grenzfläche (X-Y Ebene),<br />

die Bewegung <strong>in</strong> Richtung der Ebenennormalen parallel zum Schwerefeld der Erde (Z-<br />

Richtung) ist aufgr<strong>und</strong> der Sedimentation/Gravitation unterdrückt; die Kolloide bilden<br />

e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionales System. E<strong>in</strong>e Abschätzung der vertikalen, thermisch angeregten<br />

Auslenkung h der Kolloide über ∆ρ·V gh = k B T liefert h = 20 nm <strong>und</strong> kann gegenüber<br />

der Größe der Kolloide vernachlässigt werden (e<strong>in</strong>e weiterführende Abschätzung der<br />

Zweidimensionalität des Systems ist <strong>in</strong> [6] zu f<strong>in</strong>den; unter den Auslenkung <strong>in</strong> vertikaler<br />

Richtung ist der thermische der größte Beitrag).<br />

1.1 Dipol-Dipol-Wechselwirkung<br />

Die Meßzelle bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Mitte e<strong>in</strong>er Spule, deren Feld <strong>in</strong> vertikale Richtung<br />

zeigt. Das äußere Magnetfeld ⃗ H <strong>in</strong>duziert <strong>in</strong> den superparamagnetischen Kolloiden mit<br />

der Suszeptibilität χ eff<br />

m<br />

= 6.47 ∗ 10 −11 Am 2 /T pro Teilchen 2 e<strong>in</strong> magnetisches Moment<br />

1 Dynal Biotech GmbH Postfach 11 19 65 D-20419 Hamburg<br />

2 SQUID-Messung AG Schatz<br />

5


Aufbau des Experiments Kapitel 1<br />

Wasser<br />

Luft<br />

äußeres Magnetfeld H<br />

<strong>in</strong>duziert Dipol m<br />

H<br />

<br />

repulsiv<br />

attraktiv<br />

m<br />

Abbildung 1.1: Schematische Darstellung des 2d Kolloidsystems. E<strong>in</strong> äußeres vertikales Magnetfeld<br />

<strong>in</strong>duziert e<strong>in</strong>e repulsive Wechselwirkung zwischen den Kolloiden.<br />

⃗m i = χ eff<br />

i<br />

⃗H, das zu e<strong>in</strong>er Dipol-Dipol Wechselwirkung zwischen den Partikeln führt.<br />

Die Wechselwirkungsenergie <strong>zwei</strong>er Dipole ⃗m 1 , ⃗m 2 , die durch den Abstandsvektor ⃗r<br />

verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, lautet:<br />

E magn = − µ 0 3(⃗r · ⃗m 1 )(⃗r · ⃗m 2 ) − r 2 (⃗m 1 · ⃗m 2 )<br />

. (1.1)<br />

8π<br />

r 5<br />

Da die Momente für Teilchen identischer Suszeptibilität gleichen Betrag haben <strong>und</strong> im<br />

äußeren Feld parallel stehen, reduziert sich die Gleichung zu<br />

E magn = µ 0m 2<br />

8π · 1 − 3 · cos2 (θ)<br />

, (1.2)<br />

r 3<br />

wobei θ der W<strong>in</strong>kel zwischen der Verb<strong>in</strong>dungsachse <strong>zwei</strong>er Kolloide <strong>und</strong> dem äußeren<br />

Feld ist. Abbildung (1.2) zeigt die Wechselwirkung <strong>in</strong> Abhängigkeit von θ. Für θ = 90 ◦<br />

ist die Wechselwirkung repulsiv <strong>und</strong> Gleichung (1.2) vere<strong>in</strong>facht sich noch weiter:<br />

E magn = µ 0<br />

8π · m2<br />

r = µ 0<br />

3 8π · χ2 ⃗ effH 2<br />

, (1.3)<br />

r 3<br />

wenn χ eff die effektive Suszeptibilität pro Kolloid <strong>und</strong> H ⃗ das Magnetfeld ist. Bei h<strong>in</strong>reichend<br />

starkem äußeren Magnetfeld dom<strong>in</strong>iert die potentielle Energie e<strong>in</strong>es Kolloids<br />

im Feld se<strong>in</strong>er Nachbarteilchen über se<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>etische Energie; die Kolloide ordnen sich<br />

bei maximalem Abstand benachbarter Partikel <strong>in</strong> der dichtesten Kugelpackung <strong>in</strong> <strong>zwei</strong><br />

<strong>Dimensionen</strong>, e<strong>in</strong>em hexagonalen Kristall, an. 3<br />

3 Um mit der bisherigen Notation konform zu bleiben, wird für alle weiteren Rechnungen das Paarpotential<br />

(Gleichung (1.3)) mit 2 multipliziert, als ob statische Dipol-Dipol-WW vorläge<br />

6


1.2 Dipol-Dipol-Wechselwirkung<br />

B<br />

z<br />

m 2<br />

<br />

r <br />

m m <br />

2<br />

1<br />

1-3cos() 2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

0 30 60 90<br />

W<strong>in</strong>kel [<strong>in</strong> ]<br />

Abbildung 1.2: Wechselwirkung <strong>in</strong> Abhängigkeit der Richtung des Magnetfeldes; für θ = 90 ◦ Repulsion<br />

<strong>und</strong> für θ = 0 ◦ Attraktion. Bei θ = 54.7 ◦ ändert sich die Wechselwirkung von anziehend zu<br />

abstoßend.<br />

1.1.1 Systemtemperatur <strong>und</strong> Wechselwirkungsparameter<br />

Um das System geeignet zu beschreiben, wird der Wechselwirkungsparameter Γ e<strong>in</strong>geführt.<br />

Er wird aus dem Verhältnis der potentiellen zur thermischen Energie e<strong>in</strong>es<br />

Teilchens gebildet. Die potentielle Energie ist durch die magnetische Dipol-Dipol-<br />

Wechselwirkung <strong>zwei</strong>er Kolloide im äußeren Feld gegeben, wobei der Abstand a jener<br />

mit der <strong>zwei</strong>dimensio-<br />

<strong>zwei</strong>er Kolloide im hexagonalen Kristall ist, der über ρ = √ 2 1<br />

3 a 2<br />

nalen Partikeldichte verknüpft ist.<br />

Γ = E magn<br />

k B T = µ 0<br />

4π · χ2 ⃗ effH 2 · (πρ) 3/2<br />

k B T<br />

∝ 1<br />

T sys<br />

(1.4)<br />

Die Def<strong>in</strong>ition des Wechselwirkungsparameters Γ ist umgekehrt proportional zur Temperatur<br />

des kolloidalen Systems T sys . Im Folgenden ist bei e<strong>in</strong>er Temperaturänderung<br />

immer die Systemtemperatur geme<strong>in</strong>t <strong>und</strong> nicht die Temperatur des Wärmereservoirs;<br />

diese wird konstant gehalten. T sys lässt sich durch die Stärke des Magnetfeldes <strong>und</strong><br />

die 2d-Dichte der Kolloide über e<strong>in</strong>en Bereich von 3 Dekaden variieren. Durch e<strong>in</strong>e<br />

rasche Änderung des Magnetfeldes lassen sich darüber h<strong>in</strong>aus enorme Abkühlraten<br />

realisieren. Diese <strong>in</strong> der Literatur übliche Def<strong>in</strong>ition des Wechselwirkungsparameters<br />

Γ unterscheidet sich um e<strong>in</strong>en Faktor π 3 2 von jener, welche oft <strong>in</strong> älterer Literatur<br />

verwendet wird; es fehlt der Faktor 1 der <strong>in</strong>duzierten Dipol-Dipol Energie, zusätzlich<br />

2<br />

wird nur die Paarwechselwirkung betrachtet <strong>und</strong> nicht wie eigentlich nötig die Wechselwirkung<br />

e<strong>in</strong>es Kolloids im Feld aller se<strong>in</strong>er Nachbarn. Letzteres ist bei kristall<strong>in</strong>er<br />

Anordnung über die Madelungkonstante M = ∑ N a 3<br />

i=1 |r i −r j<br />

möglich, mit der Gleichung<br />

| 3<br />

(1.4) multipliziert werden müßte. Für e<strong>in</strong>en hexagonalen Kristall berechnet sie sich zu<br />

M ≈ 11.<br />

7


Aufbau des Experiments Kapitel 1<br />

1.2 Digitale Bildverarbeitung<br />

Das <strong>zwei</strong>dimensionale Kolloidsystem wird videomikroskopisch visualisiert <strong>und</strong> das Videosignal<br />

der CCD-Kamera wird mit Bildverarbeitungshardware <strong>und</strong> Software auf e<strong>in</strong>em<br />

Computer analysiert. Abbildung (1.3) zeigt e<strong>in</strong>e Aufnahme des <strong>zwei</strong>dimensio-<br />

Abbildung 1.3: Aufnahme e<strong>in</strong>es 500 ∗ 380 µm 2 großen Kolloidkristalls. Beleuchtung <strong>in</strong> Durchlichtgeometrie,<br />

10× Mikroskopobjektiv<br />

nalen Kolloidsystems bei starkem äußeren Magnetfeld. Das Bild hat e<strong>in</strong>e Größe von<br />

768 ∗ 576 pixel <strong>und</strong> ist mit e<strong>in</strong>er 8-Bit schwarz-weiß Kamera mit 2/3 Zoll CCD-Chip<br />

aufgenommen. Der Ausschnitt mißt <strong>in</strong> der Probenebene bei Verwendung e<strong>in</strong>es 10× Mikroskopobjektivs<br />

500 ∗ 380 µm 2 . Zur Bestimmung der Größe, Anzahl <strong>und</strong> Position der<br />

Partikel wird das Bild b<strong>in</strong>arisiert, d.h. alle Graustufenwerte zwischen 0 <strong>und</strong> 255 oberhalb<br />

e<strong>in</strong>es geeignet gewählten Schwellwertes werden zu 255 (weiß) gesetzt, alle darunter<br />

zu 0 (schwarz). Je nach Art der Beleuchtung wird das Bild schwarz-weiß <strong>in</strong>vertiert. In<br />

Durchlichtgeometrie ersche<strong>in</strong>en die Kolloide dunkel auf hellem Untergr<strong>und</strong>, wird <strong>in</strong><br />

Auflichtgeometrie beleuchtet, ersche<strong>in</strong>en sie hell auf dunklem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. Im letzeren<br />

Fall muss das Bild <strong>in</strong> den Graustufen <strong>in</strong>vertiert werden, da die Software e<strong>in</strong>fach zusammenhängende<br />

Gebiete von Pixeln mit Graustufenwert 0 als so genannte Blobs erkennt<br />

<strong>und</strong> diesen e<strong>in</strong>en Index, die dazugehörige Anzahl der Pixel sowie den Schwerpunkt der<br />

zusammenhängenden Pixel mit sub-pixel-Genauigkeit assoziieren kann. Damit s<strong>in</strong>d die<br />

Größe, die Position <strong>und</strong> über den Maximalwert des Index auch die Anzahl der Kolloide<br />

im Bildauschnitt bestimmt. Zur weiteren Analyse ist es s<strong>in</strong>nvoll, Partikel, die auf<br />

dem Rand des Bildausschnittes liegen, auszuschließen <strong>und</strong> verschiedene morphologische<br />

8


1.3 Regelung der Krümmung der Grenzfläche<br />

Operationen auf das b<strong>in</strong>arisierte Bild anzuwenden. Bei der Erosion werden alle schwarzen<br />

Pixel des Randes e<strong>in</strong>es Blobs auf weiß gesetzt, der Blob schrumpft; vice versa bei<br />

der Dilatation. Mit diesen Operationen kann man e<strong>in</strong>zelne Pixel, die über dem Schwellwert<br />

liegen, elim<strong>in</strong>ieren oder Kolloide trennen, die zu nahe beie<strong>in</strong>ander liegen <strong>und</strong> als<br />

e<strong>in</strong> Blob erkannt werden. E<strong>in</strong>e Bildsequenz der e<strong>in</strong>zelnen Schritte der Bildverarbeitung<br />

ist <strong>in</strong> Abbildung (1.4) zu sehen.<br />

Abbildung 1.4: Verschiedene Schritte der Bildverarbeitung: b<strong>in</strong>arisiertes Bild, e<strong>in</strong>fache Erosion,<br />

e<strong>in</strong>fache Dilatation <strong>und</strong> b<strong>in</strong>arisiertes Bild nach Ausschluß der Randblobs (von l<strong>in</strong>ks oben nach rechts<br />

unten).<br />

1.3 Regelung der Krümmung der Grenzfläche<br />

Die gemittelte Größe der Blobs liefert e<strong>in</strong>e Information über die Lage der Grenzfläche<br />

relativ zur Fokalebene des Mikroskopobjektivs. Die Optik ist mittels e<strong>in</strong>es Mikropositioniersystems<br />

4 <strong>in</strong> allen drei Raumachsen verschiebbar. Fährt man die Kamera <strong>in</strong><br />

vertikaler Richtung relativ zur Ebene des <strong>zwei</strong>dimensionalen Kolloidsystems durch,<br />

4 Newport VM25.4PP Schrittmotor an MM4005 Motioncontroller<br />

9


Aufbau des Experiments Kapitel 1<br />

ersche<strong>in</strong>en die Kolloide im Fokus des Objektivs am Kle<strong>in</strong>sten, oberhalb <strong>und</strong> unterhalb<br />

des Fokus ersche<strong>in</strong>en sie größer (vergleiche Abbildung (1.5)). Abbildung (1.6)<br />

g<br />

Abbildung 1.5: Schematische Darstellung der Regelung über die sche<strong>in</strong>bare Teilchengröße.<br />

zeigt die sche<strong>in</strong>bare Größe der Kolloide als Funktion der vertikalen Position des Objektivs.<br />

Im M<strong>in</strong>imum ist nicht entscheidbar, <strong>in</strong> welcher Richtung sich die Position der<br />

Wasser-Luft Grenzfläche relativ zum Objektiv bei Änderung der sche<strong>in</strong>baren Partikelgröße<br />

verschoben hat, deswegen wählt man e<strong>in</strong>en Arbeitspunkt neben dem M<strong>in</strong>imum<br />

als Sollwert. Wie <strong>in</strong> Abbildung (1.6) zu sehen, ist die rechte Flanke steiler, was e<strong>in</strong>e<br />

höhere Auflösung zu Folge hat; man fährt das Objektiv 10-15 µm nach oben, liest die<br />

dazugehörige sche<strong>in</strong>bare Blobgröße ab <strong>und</strong> nimmt diesen Wert als Sollwert für die folgende<br />

Regelung der Grenzfläche. Ist die Grenzfläche konkav gekrümmt, ist sie zu nahe<br />

Abbildung 1.6: Sche<strong>in</strong>bare Partikelgröße als Funktion der Kameraposition. Der Regelwert ist auf<br />

50 pixel gesetzt, so dass der Fokus 10 µm oberhalb der Grenzfläche liegt. Die <strong>zwei</strong>te Kurve zeigt die<br />

Teilchenanzahl; weit ab vom Fokus s<strong>in</strong>d die Kolloide zu unscharf, um erkannt zu werden.<br />

10


1.4 Regelung der Partikelanzahl<br />

am Objektiv <strong>und</strong> die Partikel ersche<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>er als der Sollwert, vice versa wenn sie<br />

konvex gekrümmt ist. Im ersten Fall wird über e<strong>in</strong>e Glaskapillare, die an e<strong>in</strong>er Spritze<br />

angeschlossen ist, Wasser <strong>in</strong> die zyl<strong>in</strong>drische Glasbohrung zugegeben, im <strong>zwei</strong>ten Fall<br />

abgesaugt. Die Spritze wird von e<strong>in</strong>em Motor e<strong>in</strong>es Micropositioniersystem 3 getrieben,<br />

das se<strong>in</strong>e Bewegungsbefehle computergesteuert 5 aus der Bildverarbeitung empfängt.<br />

Auf diese Art kann die Grenzfläche im sub-Mikron Bereich e<strong>in</strong>gestellt werden, je nach<br />

Vergrößerung des Objektives bis zu e<strong>in</strong>er Genauigkeit von 250 nm. Die Relaxationszei-<br />

Abbildung 1.7: Größe der Kolloide als Funktion der Zeit, über e<strong>in</strong>e Dauer von 2 1 2<br />

St<strong>und</strong>en. Die Werte<br />

s<strong>in</strong>d alle 6 sec bestimmt. Der Peak bei 44075 ist e<strong>in</strong>e Markierung (vgl. Abbildung 1.8). Die Amplitude<br />

des Rauschens liegt bei Verwendung e<strong>in</strong>es 5er Objektivs <strong>in</strong> Auflichtgeometrie bei ± 0, 2 pixel<br />

ten nach Veränderung des Sollwertes um 0, 5 pixel liegen im Sek<strong>und</strong>enbereich, so dass<br />

e<strong>in</strong>e elementare Regelung mit konstantem positivenm bzw. negativem Regelwert von<br />

0,5 µm<br />

6 sec<br />

verwendet wurde.<br />

1.4 Regelung der Partikelanzahl<br />

Der direkten Regelung der Krümmung der Grenzfläche ist e<strong>in</strong>e Regelung der Anzahl<br />

der Kolloide überlagert. Für Langzeitexperimente ist es nötig, dass die äußeren Parameter<br />

des Experimentes unabhängig vone<strong>in</strong>ander variiert <strong>und</strong> kontrolliert werden<br />

5 Software <strong>in</strong> Visual C++ entwickelt<br />

11


Aufbau des Experiments Kapitel 1<br />

können. Im Besonderen ist darauf zu achten, dass die Dichte der Kolloide konstant gehalten<br />

werden kann, da der Partikelabstand direkt <strong>in</strong> den Wechselwirkungsparameter<br />

Γ (vgl. Abschnitt 1.1.1) e<strong>in</strong>geht. Dazu wird die Anzahl der Kolloide pro Bildauschnitt<br />

<strong>in</strong> der Mitte der Probe bestimmt <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em wählbaren Sollwert verglichen. S<strong>in</strong>d<br />

Abbildung 1.8: Anzahl <strong>und</strong> Größe der Kolloide als Funktion der Zeit über e<strong>in</strong>e Dauer von 5 1 2 Tagen.<br />

Die Werte s<strong>in</strong>d alle 6 sec bestimmt. Die Peaks <strong>in</strong> der Blobgöße s<strong>in</strong>d artifiziell; alle <strong>zwei</strong> St<strong>und</strong>en wird<br />

der Blobgröße der Wert 100 zugeordnet, um e<strong>in</strong>en besseren zeitlichen Überblick zu haben.<br />

zu viele Kolloide im Bildausschnitt, fährt die Videokamera nach oben. Der Fokus verschiebt<br />

sich relativ zur Grenzfläche, die Blobs werden größer als der Sollwert ihrer<br />

Größe <strong>und</strong> die Regelung der Spritze zieht implizit die Grenzfläche nach oben (konkave<br />

Krümmung), bis Kolloide aus der Mitte der Probe isotrop nach außen driften. Vice<br />

versa, wenn zu wenig Kolloide <strong>in</strong> der Mitte s<strong>in</strong>d (konvexe Krümmung). Auf diese Weise<br />

kann die Dichte am Ort der Messung (620 · 830 µm 2 Ausschnitt, enthält typischerweise<br />

2000-3000 Kolloide) relativ zur mittleren Dichte der gesamten Probe (Durchmesser<br />

8 mm, enthält 10 5 Kolloide) um bis zu 15% verändert werden. Die Relaxationszeit bei<br />

Veränderung des Sollwertes um 3% liegt bei 30 m<strong>in</strong>. Die kurze Antwortzeit ist nur mit<br />

e<strong>in</strong>er aktiven Regelung möglich, deren Regelwert sich aus der Summe <strong>zwei</strong>er Terme<br />

zusammensetzt: Der Erste ist proportional zur Abweichung des Istwertes vom Sollwert<br />

(P-Regelung), während der <strong>zwei</strong>te Term negativ proportional zur Änderung des Istwertes<br />

ist (D-Regelung). Letzterer mißt die Geschw<strong>in</strong>digkeit, mit der sich das System<br />

verändert <strong>und</strong> bremst diese Änderung; er dämpft das System <strong>und</strong> wird benötigt, damit<br />

12


1.5 E<strong>in</strong>stellung der Experimentgr<strong>und</strong>platte<br />

es sich nicht resonant aufschaukelt. Die Teilchenanzahl ist e<strong>in</strong>e konservative Größe,<br />

<strong>in</strong>sofern wurde auf e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tegralen Term verzichtet. Da die Greensche Funktion des<br />

Gesamtsystems mit der impliziten Art der Regelung <strong>in</strong>sbesondere für veränderliche<br />

Wechselwirkungsstärken nicht bekannt ist, wurden die P- <strong>und</strong> D-Konstanten experimentell<br />

ermittelt. Abbildung(1.8) zeigt die Teilchenzahl im Beobachtungsausschnitt<br />

bei aktivierter Regelung. Die Fluktuationen um den Sollwert von 2800 Kolloiden s<strong>in</strong>d<br />

kle<strong>in</strong>er als 1%. Die beiden Peaks bei 23000 <strong>und</strong> 35000 sec. markieren Betriebssystemabstürze<br />

des regelnden Computers. Das System war mehrere M<strong>in</strong>uten nicht geregelt<br />

<strong>und</strong> die Teilchen drifteten aus dem Gleichgewicht. Nach dem E<strong>in</strong>schalten der Regelung<br />

war nach 30 m<strong>in</strong> der Sollwert wieder erreicht.<br />

1.5 E<strong>in</strong>stellung der Experimentgr<strong>und</strong>platte<br />

Da im Experiment sedimentierende Teilchen benutzt werden, ist es nötig, die Glaszelle,<br />

<strong>in</strong> welcher der Tropfen aufgespannt wird, exakt horizontal auszurichten, damit<br />

sich ke<strong>in</strong> Gradient <strong>in</strong> der Teilchenanzahl über die gesamte Probe ausbildet. Dazu steht<br />

Abbildung 1.9: Die Neigung der Experimentierplatte als Funktion der Zeit über e<strong>in</strong>e Dauer von 2<br />

Tagen. Die Werte s<strong>in</strong>d alle 6 sec bestimmt.<br />

13


Aufbau des Experiments Kapitel 1<br />

das gesamte Experiment auf e<strong>in</strong>em aktiv gedämpften optischen Piezo-Tisch 6 , der sich<br />

gegenüber pneumatischen Tischen durch gute mechanische Stabilität auszeichnet. Die<br />

Halterung für die Meßzelle, die gesamte Optik sowie die Spulen für die Magnetfelder<br />

s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>er Experimentierplatte montiert, die auf drei Punkten steht. Zwei davon<br />

s<strong>in</strong>d mittels Micrometermotoren vertikal verstellbar 7 , so dass die gesamte Platte gegenüber<br />

der Horizontalen <strong>in</strong> beiden Richtungen verkippbar ist. Die Neigung der Experimentierplatte<br />

wird mit e<strong>in</strong>em Sensor 8 gemessen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e aktive Regelung steuert<br />

die Micrometermotoren, bis die Experimentierplatte entsprechend der Sollwerte ausgerichtet<br />

ist. Abbildung (1.9) zeigt die Verkippung der Experimentierplatte bei e<strong>in</strong>geschalteter<br />

Regelung. Die Schwankungen s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>er als 5 µrad; das entspricht e<strong>in</strong>er<br />

maximalen Höhendifferenz an den Kanten der im Durchmesser 8 mm messenden Probe<br />

von < 80 nm. Die Platte war jenseits des Messbereichs von ± 2 mRad des Neigungssensors<br />

verkippt, nach ca. 1 h war die vorgegebene Neigung erreicht. Alle <strong>zwei</strong> St<strong>und</strong>en<br />

scannt die Kamera die Probe ab; die Verschiebung der Kamera um ± 4 mm aus<br />

der Mitte führt zu e<strong>in</strong>er Verkippung des optischen Tisches von bis zu 50 µrad, nach<br />

20 h ̂= 12000 · 6 sec. wurde dieser Scan für e<strong>in</strong>ige St<strong>und</strong>en ausgeschaltet.<br />

1.6 Datenerfassung<br />

Nach dem E<strong>in</strong>bau der Probe dauert es zwischen e<strong>in</strong>er bis drei Wochen, bis die kolloidale<br />

Monolage stabilisiert, equilibriert <strong>und</strong> nivelliert ist <strong>und</strong> e<strong>in</strong> ideales <strong>zwei</strong>dimensionales<br />

System darstellt. Erst wenn die Probe frei von Dichtegradienten <strong>und</strong> kollektiven<br />

Bewegungen (Drift) ist, kann mit der Messung begonnen werden. Um e<strong>in</strong>erseits die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Abstürzen der Software oder des Betriebssystems des regelnden<br />

Computers zu m<strong>in</strong>imieren <strong>und</strong> um andererseits die Zeit zwischen der Erfassung <strong>zwei</strong>er<br />

kompletter Datensätze so kurz wie möglich machen zu können, werden diese Aufgaben<br />

auf <strong>zwei</strong> Computer verteilt, obwohl die Schritte der Bildverarbeitung annähernd<br />

die gleichen s<strong>in</strong>d. Die Regelung wird mit e<strong>in</strong>em Rechner mit 1.3 GHz AMD-Duron<br />

Prozessor <strong>und</strong> Matrox-Pulsar Bildverarbeitungskarte durchgeführt. Die Regelsoftware<br />

wurde mit der MIL-Library 4.0 geschrieben; bei dieser Software/Hardware Komb<strong>in</strong>ation<br />

werden die Schritte der Bildverarbeitung auf der CPU des Host-Rechners<br />

durchgeführt. Zur Aufnahme der Daten wird e<strong>in</strong> Rechner mit 2.4 GHz P4 Prozessor<br />

mit Matrox-Genesis Bildverarbeitungskarte verwendet, die Software wurde mit der<br />

Genesis-Native-Library 7.0 geschrieben. Diese Bildverarbeitung wird komplett auf der<br />

6 IRS Scientific Instruments, Zwillikon (Schweiz); www.jrs-scientific-<strong>in</strong>str.ch<br />

7 DC-M230.25 Motoren an C843-PCI-Controllercard von Physical Instruments<br />

8 Nivel20 von Leica, Unterentfelden (Schweiz) www.leica-geosystems.com; optischer Sensor nutzt die<br />

Reflexion des Strahls e<strong>in</strong>er Laserdiode an e<strong>in</strong>er Flüssigkeitsgrenzfläche auf e<strong>in</strong>e Quadrantendiode<br />

14


1.6 Datenerfassung<br />

Bildverarbeitungskarte durchgeführt <strong>und</strong> ist unabhängig von der Prozessorleistung des<br />

Rechners. Die Zeit, die für die Analyse e<strong>in</strong>es Bildes benötigt wird, hängt von der Größe<br />

des Bildes <strong>und</strong> der Anzahl der dar<strong>in</strong> erkannten Blobs ab. Für die Erkennung, Indizierung<br />

<strong>und</strong> Speicherung der Koord<strong>in</strong>aten von 3000 Blobs e<strong>in</strong>es 768·576 pixel großen Bildes<br />

benötigt der zum Speichern verwendete Rechner 250 msec. E<strong>in</strong> Datensatz beg<strong>in</strong>nt<br />

mit der Zählnummer des jeweiligen Datensatzes, der Systemzeit <strong>und</strong> der Anzahl der zu<br />

dieser Zeit erkannten Blobs. Danach kommen <strong>in</strong> drei Spalten die X-Y-Koord<strong>in</strong>aten aller<br />

Partikel sowie e<strong>in</strong> Index für jeden Blob, daraufh<strong>in</strong> der nächste Datensatz angehängt<br />

wird. Die Daten werden zwecks maximaler Kompatibilität <strong>in</strong> ASCII abgespeichert, für<br />

e<strong>in</strong>e Messung mit 3000 Kolloiden <strong>in</strong> je 3600 unabhängigen Konfigurationen werden<br />

ca. 250 MByte Speicherplatz benötigt. Im Verlauf e<strong>in</strong>er Messung wird die mittlere<br />

Verschiebung aller Kolloide aus den Daten berechnet. Während e<strong>in</strong>er vierstündigen<br />

Messung kann die kollektive Drift aller Partikel selbst bei e<strong>in</strong>em gut equilibrierten System<br />

bis zu 100 µm betragen. Die Kolloide laufen aus dem Bildausschnitt heraus <strong>und</strong><br />

s<strong>in</strong>d für die folgenden Datensätze verloren. Die mittlere Verschiebung wird benutzt,<br />

um mit der Videokamera automatisiert dem Schwerpunkt aller betrachteten Kolloide<br />

<strong>in</strong> der X-Y-Ebene nachzufahren. Die für e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionales System typischen langwelligen<br />

Fluktuationen der absoluten Partikelpositionen werden mit dieser Methode<br />

ausgeglichen.<br />

E<strong>in</strong> Bild des Versuchsaufbaus ist <strong>in</strong> Abbildung (1.10) zu sehen.<br />

15


Aufbau des Experiments Kapitel 1<br />

Abbildung 1.10: Aufnahme des Experiments: (1) Ort der Probe; (2) Abbildungstubus; (3) Videokamera;<br />

(4) Spule für vertikales Magnetfeld; (5) Spulenpaar für horizontales Feld; (6) Mikrometermotoren<br />

für die Kamera; (7) Spritzenhalterung mit Micrometermotor; (8) Mikrometermotoren zur E<strong>in</strong>stellung<br />

der Gr<strong>und</strong>platte; (9) Neigungssensor; (10) Piezogedämpfter Tisch; (11) Kühlung für die Kamera.<br />

16


2<br />

Experimentelle Details <strong>und</strong><br />

Optimierung des Systems<br />

Nachdem im vorigen Kapitel die Gr<strong>und</strong>züge des Aufbaus <strong>und</strong> der Regelung des <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

kolloidalen Systems erläutert wurden, werden <strong>in</strong> diesem Kapitel e<strong>in</strong>ige<br />

Details des Experimentes beschrieben. Sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Voraussetzung für das Verständnis<br />

der Physik der Kapitel (3) (5),beschreiben aber die Voraussetzungen für die Qualität<br />

der Probe <strong>und</strong> die besondere Langzeitstabilität des Versuchaufbaues.<br />

2.1 Beleuchtung<br />

In der ersten Version des Experimentes wurde die Probe <strong>in</strong> Durchlichtgeometrie mit<br />

e<strong>in</strong>er thermischen Lichtquelle beleuchtet <strong>und</strong> von oben mit e<strong>in</strong>em Mikroskopobjektiv 1<br />

abgebildet. Bald zeigte sich, dass derartige Lichtquellen Schwankungen <strong>in</strong> der Licht<strong>in</strong>tensität<br />

aufweisen, die sich während der Bildverarbeitung auf die sche<strong>in</strong>bare Größe der<br />

Blobs auswirken <strong>und</strong> die Regelung der Wasser-Luftgrenzfläche stören. E<strong>in</strong> Wechsel auf<br />

e<strong>in</strong>e blaue LED mit 1800 mCandela Leuchtstärke <strong>in</strong> Köhlergeometrie zeigt e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Verbesserung bezüglich der Konstanz der Licht<strong>in</strong>tensität. Zudem zeichnen sich<br />

LED’s durch e<strong>in</strong>e wesentlich längere Lebensdauer aus, was im Blick auf die Langzeitstabilität<br />

e<strong>in</strong>en Vorteil bedeutet. Dennoch bleibt e<strong>in</strong> konzeptionelles Problem. Unterhalb<br />

der Wasser-Luftgrenzfläche bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> luftabgeschlossener Raum, um Störungen<br />

durch Luftströmungen im Labor zu unterb<strong>in</strong>den. In diesem Raum bildet sich der Sättigungsdampfdruck<br />

von Wasser aus, was zu e<strong>in</strong>em Beschlagen des zur Beleuchtung nötigen<br />

optischen Zugangs führt. Deswegen wurde über den optischen Zugang e<strong>in</strong>e Schicht<br />

1 Zeiss-Objektiv mit 5× oder 10× Vergrößerung<br />

17


Experimentelle Details <strong>und</strong> Optimierung des Systems Kapitel 2<br />

Wasser (2 − 3 mm) gelegt (Reservoir). Aufgr<strong>und</strong> des Kontaktw<strong>in</strong>kels des Wassers mit<br />

der Wand (Kupfer, PMMA-coat<strong>in</strong>g oder Filterpapier) bildet sich e<strong>in</strong>e Krümmung der<br />

Grenzfläche, die als L<strong>in</strong>se im beleuchtenden Strahlengang wirkt. Aufgr<strong>und</strong> von Ver-<br />

Abbildung 2.1: Foto des Abbildungstubus mit Beleuchtung aus LED’s mit PMMA-Lichtleitern.<br />

In der Brennebene des Objektivs führt die Geometrie der Anordnung zu e<strong>in</strong>er diffusen, isotropen<br />

Beleuchtung.<br />

dunstung aus der Probe <strong>in</strong> jenes Wasserreservoir ändert sich die Krümmung der Wasseroberfläche<br />

2 , die sich wiederum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Änderung der Beleuchtungs<strong>in</strong>tensität <strong>und</strong><br />

damit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Änderung der sche<strong>in</strong>baren Blobgröße manifestiert.<br />

Wird die Probe von oben beleuchtet, tritt dieses Problem nicht auf. Kommerziell erhältliche<br />

Mikroskopie Auflichtsysteme eignen sich jedoch nicht; dort wird die Beleuchtung<br />

mittels e<strong>in</strong>es halbdurchlässigen Spiegels <strong>in</strong> den Mikroskopstrahlengang e<strong>in</strong>gekoppelt<br />

<strong>und</strong> hat vertikale Inzidenz auf der Probe. Die Reflexion an der oberen Glasfläche der<br />

Meßzelle von ca. 4% der e<strong>in</strong>gestrahlten Licht<strong>in</strong>tensität überleuchtet das von den Kolloiden<br />

gestreute Licht komplett, der Kontrast des Bildes verschw<strong>in</strong>det völlig. Auch mit<br />

der Verwendung von Polarisationsfiltern zum Ausfiltern des reflektierten Lichtes konnte<br />

ke<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichender Kontrast zwischen Blobs <strong>und</strong> H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> erzeugt werden. Als<br />

praktikabel erwies sich e<strong>in</strong>e diffuse Auflichtbeleuchtung aus 24 LED’s 3 , die radial um<br />

das Mikroskopobjektiv angeordnet s<strong>in</strong>d. Die Wellenlänge der LED’s wurde auf die Sen-<br />

2 Die Grenzl<strong>in</strong>ie zeigt p<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g an der Wand<br />

3 TLDR5800 von Vishay, 650 nm Wellenlänge, 4 ◦ Öffnungsw<strong>in</strong>kel; fre<strong>und</strong>liche Gabe von IOSS, Radolfzell;<br />

www.ioss.de<br />

18


2.2 Probenpräparation<br />

sitivität der Kamera 4 <strong>und</strong> auf die Farbe des maximal gestreuten Lichtes der Kolloide<br />

abgestimmt. Da auch LED’s 80% der aufgenommenen Leistung <strong>in</strong> Wärme emittieren,<br />

wurde das Licht <strong>in</strong> PMMA-Lichtleiter 5 e<strong>in</strong>gekoppelt (Absorbtionskante der Lichtleiter<br />

für Infrarotlicht liegt bei 2 µm), mit jenen an den Ort der Probe geführt <strong>und</strong> unter<br />

e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel von 35 ◦ zur Probenebene e<strong>in</strong>gestrahlt.<br />

2.2 Probenpräparation<br />

Für die Herstellung der Suspension wurden superparamagnetische Kolloide 6 verwendet.<br />

Die Kolloide mit e<strong>in</strong>em Durchmesser von 4, 5 µm, Polydispersität < 4% 7 bestehen aus<br />

Polystyrol, das homogen mit nanometergroßen Magnetitpartikeln durchsetzt ist. Die<br />

Magnetitpartikel s<strong>in</strong>d magnetische E<strong>in</strong>domänenteilchen, deren magnetische Momente<br />

aufgr<strong>und</strong> thermischer Fluktuationen isotrop verteilt s<strong>in</strong>d. Bei Anlegen e<strong>in</strong>es äußeren<br />

Magnetfeldes richten sich die Momente der Nanopartikel aus; <strong>in</strong> den Kolloiden wird<br />

e<strong>in</strong> magnetisches Moment <strong>in</strong>duziert, dessen Feldabhängigkeit mit der Langev<strong>in</strong>funktion<br />

beschrieben wird. Die Kolloide s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>er Epoxyschicht überzogen, von der<br />

das Oberflächenverhalten der Kolloide bestimmt wird. Die magnetischen Eigenschaften<br />

sowie die Größe <strong>und</strong> Masse der Kolloide variieren von Herstellungscharge zu Herstellungscharge<br />

<strong>und</strong> müssen für jedes Herstellungsdatum neu bestimmt werden. Für<br />

die Größenbestimmung werden mit e<strong>in</strong>em Magnetfeld, das parallel zur Probenebene<br />

ist, Ketten von über h<strong>und</strong>ert Kolloiden erzeugt. Messen der Kettenlänge <strong>und</strong> Division<br />

mit der Kolloidanzahl liefert für die <strong>in</strong> dieser Arbeit verwendete Charge e<strong>in</strong>e mittlere<br />

Größe von 4.5 ± 0, 05 µm. Für andere Chargen wurden Werte zwischen 4.5 − 4.7µm<br />

gef<strong>und</strong>en. Die Suszeptibilität wurde mit e<strong>in</strong>em Superconduct<strong>in</strong>g Quantum Interferenz<br />

Device (SQUID) 8 gemessen. Abbildung (2.2) zeigt das Langev<strong>in</strong>verhalten. Die Suszeptibilität<br />

wird pro Kolloid angegeben <strong>und</strong> hat den Wert von 6, 47 · 10 −11 Am/T pro<br />

Teilchen. Die Kolloide werden im Verhältnis 80 µl Mutterlösung (10 8 beads/ml) auf<br />

80 ml wässriger Lösung zugegeben. Die wässrige Lösung besteht aus dem anionischen<br />

Tensid Sodiumdodecylsulfat (SDS) 9 mit 20 mg SDS auf 8 ml destilliertem H 2 O. Das ist<br />

knapp unterhalb der kritischen Mizellenkonzentration von SDS, ab der die Molekülketten<br />

zu sphärischen Bündeln mit dem hydrophoben Kettenende <strong>in</strong> der Mitte anfangen<br />

zu koagulieren. Die Suspension wird mehrere Tage <strong>in</strong> leichtem Ultraschall gehalten, wo-<br />

4 Jai CV-M50<br />

5 Polymethylmetacrylat (PMMA) von Goodfellow; www.Goodfellow.com<br />

6 Dynabeads M-450 Epoxy, Dynal<br />

7 Herstellerangabe<br />

8 Quantum Design MPMS XL; http://www.qdusa.com/<br />

9 Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Ste<strong>in</strong>heim; www.sigmaaldrich.com<br />

19


Experimentelle Details <strong>und</strong> Optimierung des Systems Kapitel 2<br />

Abbildung 2.2: Messung der Suszeptibilität von 10598 Kolloiden.<br />

bei das Probengefäß 10 gleichzeitig gedreht wird, um die Sedimentation der Kolloide zu<br />

unterb<strong>in</strong>den. Letzteres stellt sicher, dass der mittlere Abstand der Kolloide so groß ist,<br />

dass die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>er Kollision <strong>und</strong> folgenden Aggregation m<strong>in</strong>imiert wird.<br />

Während der mehrtägigen Präparation adhäsiert das Tensid radial, mit dem hydrophilen<br />

Ende <strong>in</strong> die Lösung ragend an die Kolloide <strong>und</strong> bewirkt e<strong>in</strong>e vollständige Benetzbarkeit<br />

dieser, so dass sie später an der Flüssig-Luft Grenzfläche ke<strong>in</strong>en Kontaktw<strong>in</strong>kel<br />

mit der Grenzfläche haben, sondern komplett e<strong>in</strong>tauchen. Zusätzlich werden die Kolloide<br />

mittels der e<strong>in</strong>ige nm dicken Tensidschicht sterisch stabilisiert um die auf kurzen<br />

Distanzen zur Aggregation führenden attraktiven Van-der-Waals-Kräfte zwischen den<br />

Kolloiden zu überw<strong>in</strong>den. Mit dieser Präparation kann e<strong>in</strong>e Dichte von Kolloiddimeren<br />

von weniger als 0.03% erreicht werden, allerd<strong>in</strong>gs ist darauf zu achten, dass das Tensid<br />

Sodiumdodecylsulfat nicht älter als 1 bis 1 Jahr ist, da es bei Lagerung altert <strong>und</strong> deutlich<br />

schlechtere stabilisierende Eigenschaften bekommt. Versuche mit mPEG-Am<strong>in</strong>en 11<br />

2<br />

(CH 3 O(CH 2 CH 2 O) n CH 2 NH 2 ), deren Am<strong>in</strong>ogruppe <strong>in</strong> leicht basischer Lösung (pH 7,5)<br />

kovalent an die Carboxylgruppe der Epoxyschicht b<strong>in</strong>det, zeigten als sterischer Stabilisator<br />

schlechtere Ergebnisse. Kurz vor dem E<strong>in</strong>bau ist die Kolloidsuspension ruhig<br />

stehen gelassen worden, um die Kolloide ca. 1 der Höhe des Probengefäßes absedimen-<br />

3<br />

10 Teflonbecher von NALGENE Centrifuge Ware; www.nalgenunc.com<br />

11 mPEG-NH2, MW 5000 von Shearwater Corporation, Huntsville (USA)<br />

20


2.3 Probenzelle für die Kolloidsuspension<br />

tieren zu lassen. Der Abtrieb ist proportional zu Masse <strong>und</strong> damit <strong>in</strong> dritter Potenz zum<br />

Radius, Stokesche Reibung ist proportional zum Radius, so dass im Herstellungsprozess<br />

zu groß geratene Kolloide sowie Aggregate schneller sedimentieren. Die letztendlich<br />

benutzte Suspension wurde kurz unterhalb der Sedimentationsgrenze mit e<strong>in</strong>er Spritze<br />

abgesaugt, um die Anzahl der Aggregate zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

2.3 Probenzelle für die Kolloidsuspension<br />

Die Küvette ist e<strong>in</strong>e Spezialanfertigung 12 aus Quarzglas <strong>und</strong> misst 20·20·2 mm 3 . Sie hat<br />

<strong>in</strong> der Mitte e<strong>in</strong>e 1 mm tiefe Bohrung von 8 mm Durchmesser, <strong>in</strong> welche der Tropfen mit<br />

der Suspension aufgespannt wird <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ecke e<strong>in</strong>e weitere Bohrung der selben<br />

Tiefe mit 4 mm Durchmesser, die über e<strong>in</strong>en Kanal verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d. In die kle<strong>in</strong>ere<br />

Bohrung wird e<strong>in</strong>e Glaskapillare angekoppelt, die über e<strong>in</strong>en Teflonschlauch an e<strong>in</strong>e<br />

Spritze angeschlossen ist. Mit dieser Spritze wird das Volumen des Tropfens geregelt<br />

<strong>und</strong> damit die Krümmung der Grenzfläche e<strong>in</strong>gestellt. Für die meisten Messungen<br />

wurde e<strong>in</strong>e Küvette mit e<strong>in</strong>er gegenüberliegenden <strong>zwei</strong>ten 4 mm Bohrung verwendet,<br />

(vergleiche Abbildung (2.3)) um die Möglichkeit zu haben über e<strong>in</strong>e Kapillare chemische<br />

Substanzen zuzugeben <strong>und</strong> gleichzeitig über die <strong>zwei</strong>te Kapillare die Grenzfläche zu<br />

regeln.<br />

Abbildung 2.3: Perspektivische Ansicht der Spezialküvette mit<br />

1 mm tiefen <strong>und</strong> 4 mm im Radius messenden Bohrung <strong>in</strong> der Mitte.<br />

Über <strong>zwei</strong> Kanäle ist die Bohrung mit <strong>zwei</strong> kle<strong>in</strong>eren Bohrungen<br />

verb<strong>und</strong>en, an die mit e<strong>in</strong>er Kapillare e<strong>in</strong>e Spritze angekoppelt<br />

werden kann.<br />

Unbehandeltes Glas verhält sich hydrophil, da auf se<strong>in</strong>er Oberfläche polare OH-Gruppen<br />

sitzen. Um das Auslaufen der tensidhaltigen Suspension zu verh<strong>in</strong>dern, wurde e<strong>in</strong> Benetzungskontrast<br />

zwischen der zyl<strong>in</strong>drischen Bohrung <strong>und</strong> der ebenen Glasfläche erzeugt,<br />

<strong>in</strong>dem letztere mit Dimethyldichlorsilan 13 ((CH 3 ) 2 SiCl 2 ) hydrophob gemacht<br />

wurde (vergleiche Abbildung 2.4).<br />

Dabei werden die polaren OH-Gruppen an der Oberfläche des Glases durch unpolare<br />

Methylgruppen ersetzt; das flüssige Silan wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dünnen Schicht auf der Unterseite<br />

der Zelle verteilt, ohne dass Teile davon <strong>in</strong> die Bohrung gelangten. Nach 5-10<br />

12 Hellma Glastechnische-Optische Werke, Müllheim/Baden; www.hellma-worldwide.com<br />

13 Repel-Silan ES von Pharmacia Biotech, Uppsala, Sweden<br />

21


Experimentelle Details <strong>und</strong> Optimierung des Systems Kapitel 2<br />

Abbildung 2.4: Silanisierung. Unbehandeltes<br />

Glas (oben) ist aufgr<strong>und</strong> der polaren Oberflächengruppen<br />

hydrophil. Durch e<strong>in</strong>e Veresterung<br />

der Silanolgruppen mit Dimethyldichlorsilan<br />

werden Dimethylsilylgruppen gebildet.<br />

Diese bilden e<strong>in</strong>e unpolare Oberfläche (unten),<br />

so dass sich das behandelte Glas hydrophob<br />

verhält.<br />

M<strong>in</strong>uten wurde das Silan mit Ethanol <strong>und</strong> Aceton abgespült. Da das Silan über die<br />

Gasphase stark diff<strong>und</strong>iert, musste die zyl<strong>in</strong>drische Bohrung h<strong>in</strong>terher wieder durch<br />

mehrmaliges E<strong>in</strong>füllen <strong>und</strong> 30 m<strong>in</strong>ütiges E<strong>in</strong>wirken lassen e<strong>in</strong>es hochkonzentrierten<br />

Tensides 14 hydrophil gemacht werden.<br />

2.4 Stabilisierung des Aufbaus<br />

Die Küvette wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Halterung e<strong>in</strong>gebaut <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em Kupferdeckel angeschraubt.<br />

Sie besteht aus e<strong>in</strong>em massiven Block aus Kupfer mit e<strong>in</strong>er Bohrung <strong>in</strong> der<br />

Mitte für den optischen Zugang. In der Mitte ist e<strong>in</strong>e Vertiefung von 20 · 20 mm 2 <strong>und</strong><br />

1 mm Tiefe ausgefräßt, <strong>in</strong> die die Küvette e<strong>in</strong>gelegt wird. Um e<strong>in</strong>e gute thermische<br />

Ankopplung an den Kupferblock zu haben, wurde die Vertiefung dünn mit Prozessorwärmeleitpaste<br />

ausgekleidet.<br />

Für die Durchführung der Experimente ist es wichtig, dass die Dichte über die gesamte<br />

Probe konstant ist. S<strong>in</strong>d Gradienten <strong>in</strong> der Probe vorhanden <strong>und</strong> wird das äußere<br />

Magnetfeld verändert, ändert sich das Verhältnis von magnetischer zu gravitativer potentieller<br />

Energie des Kolloidsystems. E<strong>in</strong> Teilchenfluß über die komplette Probe ist die<br />

Folge. Um die Meßzelle auszurichten wurde die Probe alle <strong>zwei</strong> St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> Quer- <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

Längsrichtung abgescannt <strong>und</strong> die Anzahl der Kolloide pro Bildausschnitt <strong>in</strong> Abständen<br />

von 500 µm bestimmt. Abbildung (2.5) zeigt e<strong>in</strong>e typische Verteilung der Kolloide <strong>in</strong><br />

Längsrichtung über die Probe. Deutlich ist e<strong>in</strong> Wendepunkt <strong>in</strong> der Krümmung der<br />

Kurve zu sehen, der auch nach mehreren Tagen nicht zum Verschw<strong>in</strong>den gebracht<br />

werden konnte. Es machte den Ansche<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>e Verzerrung <strong>in</strong> Längsrichtung häufiger<br />

auftrat. Als Ursache für die <strong>in</strong>homogene Verteilung der Kolloide kommen mehrere<br />

Gründe <strong>in</strong> Frage; e<strong>in</strong>erseits Strömungen des Lösungsmittels, andererseits Verzerrungen<br />

der Wasser-Luft Grenzfläche, die als Laplacefläche bei gegebenen Randbed<strong>in</strong>gungen im-<br />

14 RBS 35, ph11, 50%ige-wässrige Lösung, wirkt emulgierend <strong>und</strong> ablösend<br />

22


2.4 Stabilisierung des Aufbaus<br />

[µ ]<br />

Abbildung 2.5: Längsscan über die gesamte Probe; aufgetragen ist die Gesamtzahl der Kolloide<br />

pro Bildausschnitt an verschiedenen Orten <strong>in</strong> der Probe. Zwischen den Scans01 bis Scan06 liegen<br />

jeweils 10 St<strong>und</strong>en. Vorne (−4000 µm) s<strong>in</strong>d anfangs zu viele Kolloide, das System wird mit den<br />

Mikrometermotoren nach h<strong>in</strong>ten gekippt; e<strong>in</strong>e Sattelfläche bildet sich aus, die <strong>in</strong> den knapp 2 1 2 Tagen<br />

nicht relaxiert.<br />

mer e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>imale Oberfläche hat. Ausgeschlossen wurden bald Konvektionsströmungen,<br />

die <strong>in</strong> [7] berichtet s<strong>in</strong>d, bevor dort Wärmeleitpaste benutzt wurde. Moderates<br />

e<strong>in</strong>seitiges Erwärmen zeigte ke<strong>in</strong>erlei Effekte. Auch konnte ke<strong>in</strong>e Korrelation der E<strong>in</strong>baurichtung<br />

der Meßzelle <strong>und</strong> der Richtung der Inhomogenität festgestellt werden,<br />

woraus zu schließen ist, dass die Zelle nicht <strong>in</strong> sich verzogen war. E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit<br />

für e<strong>in</strong>e Strömung <strong>in</strong> der Probe ist der e<strong>in</strong>seitig angebrachte Zufluss der Zelle.<br />

Um jenen Effekt zu m<strong>in</strong>imieren, wurden beide Kapillaren angeschlossen um die Symmetrie<br />

der Zelle zu erhöhen <strong>und</strong> gleichzeitig wurde der Wasserverbrauch m<strong>in</strong>imiert,<br />

<strong>in</strong>dem alle Schlauchverb<strong>in</strong>dungen mit Zweikomponentensilikon 15 abgedichtet wurden.<br />

Es wurde festgestellt, dass der größte Wasserverbrauch durch die Verdunstung aus der<br />

Probe <strong>in</strong> das Wasserreservoir, das über dem optischen Zugang liegt, zustande kam.<br />

Mittels e<strong>in</strong>er thermischen Quelle (Glühbirne, weit unterhalb der Leuchtschwelle betrieben),<br />

die unterhalb des Kupferblocks montiert wurde, konnte der Wasserverbrauch an<br />

der Spritze je nach Leistung der thermischen Quelle reduziert oder negativ e<strong>in</strong>gestellt<br />

werden (Wasser verdampft aus dem Reservoir <strong>in</strong> die Meßzelle). Nach dem E<strong>in</strong>bau des<br />

optischen Piezotisches erübrigte sich die zusätzliche thermische Quelle, da jener selbst<br />

15 Carl Roth GmbH+Co, Karlsruhe<br />

23


Experimentelle Details <strong>und</strong> Optimierung des Systems Kapitel 2<br />

e<strong>in</strong>e leichte Erwärmung zeigte (< 0.25 K). Der mittlere Wasserverbrauch lag bei den<br />

<strong>in</strong> Kapitel (3) durchgeführten Messungen bei 0, 75 − 1, 5 µl pro Tag, das s<strong>in</strong>d an der<br />

verwendeten Spritze 50−100 µm Kolbenhub pro Tag gewesen, was bei der 5 cm langen<br />

Spritze e<strong>in</strong>er theoretischen maximalen Messzeit von 500 bis 1000 Tagen entspricht.<br />

2.4.1 Halterung der Küvette<br />

E<strong>in</strong>e statische Verzerrung der Grenzfläche könnte durch das Anschrauben der Glaszelle<br />

auf e<strong>in</strong>er unebenen Fläche erzeugt worden se<strong>in</strong>. Der Kupferblock wurde <strong>in</strong> den<br />

wissenschaftlichen Werkstätten der Universität Konstanz gefertigt, <strong>und</strong> wurde mehrmals<br />

nachbearbeitet. Die 1 mm Vertiefung wurde nachgefräßt, nachdem bei den ersten<br />

E<strong>in</strong>bauten der Probe die Glaszellen mehrmals beim Anschrauben zerbrachen. Dennoch<br />

blieben die Verzerrungen der Grenzfläche bestehen. Typische relative Genauigkeiten<br />

bei der Metallbearbeitung liegen im Bereich von 1 mm, das Kolloidsystem ist jedoch<br />

100<br />

sensibel auf Veränderungen der vertikalen Koord<strong>in</strong>ate der Grenzfläche von < 1 µm.<br />

Daraufh<strong>in</strong> wurde die gesamte Oberfläche des Kupferblocks bis unterhalb des Niveaus<br />

der Vertiefung abgefräst <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er Poliermasch<strong>in</strong>e mit verschiedenen Polierpasten<br />

bis h<strong>in</strong>unter zu 250 nm Körnung auf Hochglanz poliert. Danach wurde die Oberfläche<br />

mit e<strong>in</strong>er Quecksilberdampflampe <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em dünnen Glasplättchen <strong>in</strong>terferometrisch<br />

vermessen <strong>und</strong> so lange poliert, bis (je nach Anpressdruck des Glasplättchens) weniger<br />

als 3-4 Newtonr<strong>in</strong>ge über die gesamte Auflagefläche der Küvette sichtbar waren. H<strong>in</strong>terher<br />

wurde e<strong>in</strong> 1 mm dicker Kupferrahmen gefräst mit 20 · 20 mm 2 Aussparung <strong>in</strong><br />

der Mitte, der fest mit dem Kupferblock verschraubt wurde <strong>und</strong> die laterale Position<br />

der Küvette bestimmt.<br />

2.4.2 Neigungsmessung<br />

Wird die Experimentierplatte um e<strong>in</strong>en Wert bis zu der Größenordnung 1000 µrad verkippt,<br />

läuft e<strong>in</strong>e Dichtefluktuation durch das <strong>zwei</strong>dimensionale Kolloidsystem, die e<strong>in</strong>e<br />

der <strong>in</strong> Abbildung (2.5) gezeigten Verteilung analoge Form hat, bevor sie nach 1-2 Tagen<br />

equilibriert ist. Der ursprünglich verwendete pneumatisch gedämpfte optische Tisch 16<br />

wies sowohl mit den passiv dämpfenden Tischfüßen 17 als auch mit den aktiv dämpfenden<br />

Füßen 18 tagesperiodische Schwankungen von bis zu ± 0, 5 mm Höhe der Tischecken<br />

auf. In Querrichtung des Tisches entspricht das e<strong>in</strong>er Verkippung von ± 400 µrad.<br />

Um die Schwankungen des Tisches zu elim<strong>in</strong>ieren, wurden Neigungssensoren (kapazi-<br />

16 Newport RS − 2000 T M<br />

17 Newport, Fill and Forget T M P L − 2000<br />

18 Newport, Stabilizer T M I − 2000<br />

24


2.4 Stabilisierung des Aufbaus<br />

tiv messendes gasdynamisch gedämpftes Masse-Feder-System) 19 <strong>in</strong>stalliert <strong>und</strong> deren<br />

Signal für e<strong>in</strong>e aktive Regelung der Neigung verwendet (vergl. Kapitel(1.5)). Mit dieser<br />

Regelung konnte das Kolloidsystem nicht h<strong>in</strong>reichend zur Ruhe gebracht werden; laut<br />

Hersteller beträgt die Genauigkeit der Sensoren < 20 mRad, e<strong>in</strong> späterer Vergleich mit<br />

Neigungsmessungen des optischen Neigungssenors 20 liefert mit der verwendeten Spannungsversorgung<br />

des Sensors e<strong>in</strong>e Messgenauigkeit von > 50 mRad. Die Fluktuationen<br />

haben Perioden im 24 St<strong>und</strong>enbereich <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d vermutlich auf Schwankungen der Labortemperatur<br />

< 1 K zurückzuführen. Umrüsten auf e<strong>in</strong>en piezogedämpften Tisch 21 <strong>und</strong><br />

Kontrolle der Verkippung der Experimentierplatte mit dem optischen Neigungssensor<br />

lieferte die nötige Stabilität des Aufbaus.<br />

2.4.3 Verteilung der Randkolloide<br />

Nachdem alle Parameter, die die Grenzfläche verzerren <strong>und</strong> die Gleichgewichtslage des<br />

Kolloidsystems bee<strong>in</strong>flussen, h<strong>in</strong>reichend unter Kontrolle waren, konnte e<strong>in</strong>e Korrelation<br />

zwischen der Verteilung der Kolloide auf dem Rand der Zelle <strong>und</strong> der Inhomogenität<br />

ihrer Verteilung festgestellt werden. Dort, wo die Dichte der Randpartikel größer ist,<br />

Wasser<br />

Glas<br />

Luft<br />

Abbildung 2.6: Gleichgewichtslage e<strong>in</strong>es Kolloide an der Glaskante.<br />

schien die Grenzfläche tiefer zu liegen. Der Kontaktw<strong>in</strong>kel der Wasser-Luft-Grenzfläche<br />

ist an der rechtw<strong>in</strong>kligen Kante des Glases zwischen hydrophiler <strong>und</strong> hydrophober<br />

Oberfläche nicht def<strong>in</strong>iert. E<strong>in</strong>e Gleichgewichtslage wie <strong>in</strong> Abbildung (2.6) ist plausibel,<br />

wenn die Krümmung der Wasser-Luft Grenzfläche zwischen Glas <strong>und</strong> Kolloid<br />

die Gleiche wie um das Kolloid ist. Die Grenzfläche wird an Orten großer Randdichte<br />

stärker nach unten verzerrt <strong>und</strong> weist e<strong>in</strong>en Sattelpunkt auf (analog e<strong>in</strong>er Seifenblase<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em aus der Ebene heraus verbogenen R<strong>in</strong>g). Die Kolloide adhäsieren auf der<br />

Glaskante <strong>und</strong> ihre Diffusion ist stark reduziert, so dass sich e<strong>in</strong>e Gleichverteilung der<br />

Kolloide auf dem Rand <strong>in</strong>nerhalb von 2 Wochen nicht e<strong>in</strong>stellt. Starkes Verkippen der<br />

Experimentierplatte <strong>in</strong> Richtung kle<strong>in</strong>er Randdichte, so dass e<strong>in</strong>e Dichtewelle <strong>in</strong>nerhalb<br />

1-2 Tagen gegen den Rand läuft, überw<strong>in</strong>det die Adhäsionskräfte <strong>und</strong> wurde zur<br />

Herstellung e<strong>in</strong>er Gleichverteilung der Kolloide auf dem Rand benutzt. Danach ließ<br />

19 Seika NB3 von Seika, Kempten; www.seika.de<br />

20 Nivel20 von Leica, Unterentfelden (Schweiz); www.leica-geosystems.com<br />

21 IRS Scientific Instruments, Zwillikon (Schweiz); www.jrs-scientific-<strong>in</strong>str.ch<br />

25


Experimentelle Details <strong>und</strong> Optimierung des Systems Kapitel 2<br />

[µ ] [µ ]<br />

Abbildung 2.7: Anzahl der Kolloide pro Bildausschnitt bei e<strong>in</strong>em Querscan (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Längsscan (rechts). Zwischen den Scans liegen jeweils 12 St<strong>und</strong>en, so dass die Verteilung der Kolloide<br />

über <strong>zwei</strong> Tage dargestellt ist. L<strong>in</strong>ks ist die Grenzfläche zum Tempern des Kristalls leicht konvex,<br />

rechts ist sie für die Messung eben.<br />

sich e<strong>in</strong>e homogene Verteilung der Kolloide über der gesamten Probe erzeugen (Abbildung<br />

(2.7)). Das Profil der Grenzfläche variiert nur noch m<strong>in</strong>imal; über den zur<br />

Datenerfassung verwendeten Ausschnitt (−415 µm bis 415 µm <strong>in</strong> Querrichtung sowie<br />

−310 µm bis 310 µm <strong>in</strong> Längsrichtung) ist der Gradient der Dichte kle<strong>in</strong>er 0, 1%. Deutlich<br />

ist der Effekt der Anzahlregelung zu sehen, die Kurven schneiden sich alle an der<br />

Position 0 µm beim e<strong>in</strong>gestellten Sollwert. In Abbildung (2.8) ist die Reproduzierbarkeit<br />

der vertikalen Scans dargestellt.<br />

[ ]<br />

[µ ]<br />

Abbildung 2.8: Vertikaler<br />

Scan; Zwischen den Scans liegen<br />

jeweils 12 St<strong>und</strong>en. Nach e<strong>in</strong>em<br />

Tag wurde die Kamera 5 µm<br />

näher an die Grenzfläche herangefahren<br />

<strong>und</strong> der Sollwert angepasst,<br />

um die Blobgröße während<br />

e<strong>in</strong>er Messung kle<strong>in</strong>er zu machen<br />

(Kontrasterhöhung).<br />

26


2.6 Stromkonstanter<br />

2.5 Stromkonstanter<br />

Die Spulen für das Magnetfeld wurden von e<strong>in</strong>er Mikroprozessor gesteuerten Stromquelle<br />

22 gespeist. Zwei Kanäle stehen zur Verfügung, e<strong>in</strong>er bis zu 6 Ampere, mit dem<br />

die Spule für das vertikale Magnetfeld betrieben wurde, der andere mit bis zu 3 Ampere<br />

für e<strong>in</strong> Helmholzspulenpaar mit horizontaler Spulenachse. Der Stromkonstanter<br />

ist über RS-232 Schnittstelle vom Computer aus <strong>in</strong> 100 µA Schritten ansteuerbar, se<strong>in</strong><br />

thermisches Rauschen liegt im Bereich von 40 µA 23 , so dass der zeitliche Verlauf des<br />

Spulenfelds auf 500 nT genau bestimmt ist. Der gesamte Versuchsaufbau wurde so<br />

gedreht, dass das Helmholzpaar parallel zum Erdmagnetfeld lag, um dessen Horizontalkomponente<br />

zu kompensieren. E<strong>in</strong> dritter, analog geregelter Kanal betrieb die LED’s<br />

der Beleuchtung.<br />

2.6 Fernsteuerung<br />

Nach dem E<strong>in</strong>bau, bevor es equilibriert ist, ist das <strong>zwei</strong>dimensionale Kolloidsystem<br />

anfällig gegen Systemabstürze. Dichtegradienten bewirken unterschiedliche Blobgrößen<br />

(Kolloide, die dicht nebene<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d, strahlen sich gegenseitig mit ihrem Streulicht<br />

an <strong>und</strong> ersche<strong>in</strong>en größer) <strong>und</strong> das System zeigt andere Responsezeiten gegenüber<br />

Änderung der Krümmung der Wasser-Luft Grenzfläche. Das kann dazu führen, dass <strong>in</strong><br />

der Spritzensteuerung die Blobgröße über das M<strong>in</strong>imum spr<strong>in</strong>gt <strong>und</strong> das System aktiv<br />

<strong>in</strong> die falsche Richtung getrieben wird, oder die Teilchenanzahlregelung sich resonant<br />

aufschaukelt. Für beide Regelungen wurde e<strong>in</strong> Schwellwert e<strong>in</strong>geführt, bei dessen Überschreiten<br />

die Regelung abgeschaltet wird. Gleichzeitig wird e<strong>in</strong>e C-Konsolenapplikation 24<br />

aufgerufen, die e<strong>in</strong>e e-mail an e<strong>in</strong>en kommerziellen Provider 25 sendet, der die e-mail <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Textkurzmeldung für e<strong>in</strong> Mobiltelefon (SMS) konvertiert <strong>und</strong> versendet. E<strong>in</strong> weiteres<br />

Programm überprüft von e<strong>in</strong>em anderen Computer aus über das W<strong>in</strong>dowsprotokoll-<br />

NetBios, ob das Regelprogramm des Experimentes bzw. das Betriebssystem (WIN98)<br />

des regelnden Computers abgestürzt ist; <strong>in</strong> beiden Fällen wird ebenfalls e<strong>in</strong>e Kurzmitteilung<br />

gesendet, damit auf die Störung <strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichend kurzer Zeit reagiert werden<br />

kann. Die mittlere Zahl der Störungen lag bei 3-4 pro Woche, wobei ke<strong>in</strong>e Korrelation<br />

mit der Tageszeit festgestellt wurde.<br />

22 Konstruktion von Mart<strong>in</strong> Clausen; www.rotgradpsi.de/mc/<strong>in</strong>dex.html<br />

23 Keithley Multimeter-2700 mit Muliplexer Modul-7700<br />

24 blat.exe, public doma<strong>in</strong> software<br />

25 http://freemail.web.de<br />

27


3<br />

Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls<br />

In diesem Kapitel wird untersucht, <strong>in</strong>wieweit e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionaler kolloidaler Kristall<br />

Festkörpereigenschaften hat. Es wird auf typische Merkmale <strong>zwei</strong>dimensionaler Systeme<br />

e<strong>in</strong>gegangen <strong>und</strong> gemessen, wie die elementaren Anregungen des Kolloidkristalls <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er viskosen Matrix aussehen.<br />

3.1 Zerfall der langreichweitigen Ordnung<br />

Schon vor über siebzig Jahren formulierten Landau [8] <strong>und</strong> Peierls [9, 10] Argumente<br />

dafür, daß es <strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionalen Systemen ke<strong>in</strong>e langreichweitige Ordnung geben<br />

kann. Landau bezog sich dabei auf se<strong>in</strong>e phänomenologische Theorie des Phasenübergangs.<br />

Von ihr ist allerd<strong>in</strong>gs bekannt, daß sie Fluktuationen des Ordnungsparameters<br />

nicht berücksichtigt, die besonders <strong>in</strong> niedrigdimensionalen Systemen relevant werden.<br />

Peierls hat folgendes Argument für den Zerfall der langreichweitigen Ordnung, am XY-<br />

Modell verdeutlicht (Abbildung (3.1)). Für kle<strong>in</strong>e Verdrehungen kann zwischen benachbarten<br />

Sp<strong>in</strong>s e<strong>in</strong> harmonisches Potential angenommen werden. Wechselwirken die<br />

Abbildung 3.1: E<strong>in</strong>dimensionale Sp<strong>in</strong>welle im XY-Modell. Die Sp<strong>in</strong>s variieren über e<strong>in</strong>en Bereich<br />

von [0, 2π].<br />

28


3.2 Das L<strong>in</strong>demannkriterium <strong>in</strong> <strong>zwei</strong> <strong>Dimensionen</strong><br />

Sp<strong>in</strong>s nur mit e<strong>in</strong>er endlichen Anzahl von Nachbarsp<strong>in</strong>s, ist die Energie für e<strong>in</strong>e Sp<strong>in</strong>mode<br />

(z.B. Gr<strong>und</strong>zustandsmode) im e<strong>in</strong>dimensionalen Fall proportional zu L(2π/L) 2 ,<br />

im <strong>zwei</strong>dimensionalen Fall ∝ L 2 (2π/L) 2 <strong>und</strong> im dreidimensionalen Fall ∝ L 3 (2π/L) 2 ,<br />

wenn L die l<strong>in</strong>eare Ausdehnung des Sp<strong>in</strong>systems ist. Damit divergiert die Energie e<strong>in</strong>er<br />

Mode im e<strong>in</strong>- bzw. <strong>zwei</strong>dimensionalen Fall nicht mit der Systemgröße, wie sie es im<br />

dreidimensionalen Fall macht. Die Moden s<strong>in</strong>d thermisch angeregt <strong>und</strong> zerstören im<br />

langwelligen Limes die Translationssymmetrie des Systems. Dies wurde für den allgeme<strong>in</strong>eren<br />

Fall nichtharmonischer Potentiale von Merm<strong>in</strong> <strong>und</strong> Wagner [11] bewiesen.<br />

Für Kristalle, bei denen wegen möglicher Gitterplatzwechsel nicht davon ausgegangen<br />

werden kann, daß die Partikel nur mit e<strong>in</strong>er endlichen Zahl von Nachbarn wechselwirken<br />

falls sie durch den Kristall diff<strong>und</strong>ieren, wird der Beweis komplizierter. In [12] zeigte<br />

Merm<strong>in</strong>, die Bogoliubov-Ungleichung benutzend, daß die Translationssymetrie e<strong>in</strong>es<br />

<strong>zwei</strong>dimensionalen Kristalls gestört ist, während se<strong>in</strong>e Rotationssymmetrie erhalten<br />

bleibt. Für e<strong>in</strong>en harmonischen Kristall gilt,<br />

< [⃗u( R) ⃗ − ⃗u( R ⃗ ′ )] 2 > ∼ ln | R ⃗ − R ⃗ ′ | für | R ⃗ − R ⃗ ′ | → ∞ , (3.1)<br />

wenn ⃗u( R) ⃗ die Verschiebung e<strong>in</strong>es Partikels von se<strong>in</strong>em idealen Gitterpunkt R ⃗ =<br />

n 1 ⃗a 1 + n 2 ⃗a 2 (mit n i ganze Zahl <strong>und</strong> ⃗a i Basisvektor der E<strong>in</strong>heitszelle) ist. Daß <strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Systemen trotzdem von e<strong>in</strong>er kristall<strong>in</strong>en Phase gesprochen wird, liegt<br />

an der schwachen logarithmischen Divergenz. Die Nahordnug ist, wie <strong>in</strong> Abbildung<br />

(1.3) des Kolloidkristalls zu erkennen, periodisch mit der für 2 <strong>Dimensionen</strong> typischen<br />

sechszähligen Symmetrie.<br />

3.2 Das L<strong>in</strong>demannkriterium <strong>in</strong> <strong>zwei</strong> <strong>Dimensionen</strong><br />

Der L<strong>in</strong>demannparameter γL<br />

3d beschreibt die Fluktuation e<strong>in</strong>es Kristallpartikels um<br />

se<strong>in</strong>e Gleichgewichtslage <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten der Gitterkonstante a [13],<br />

γ 3d<br />

L = < |⃗u|2 ><br />

a 2 . (3.2)<br />

Er ist für e<strong>in</strong>en 3D-Kristall endlich <strong>und</strong> wird als Schmelzkriterium benutzt. Abhängig<br />

von der Art der Gitterstruktur schmilzt e<strong>in</strong> Kristall bei zunehmender Temperatur, wenn<br />

die Fluktuationen ≈ 10 % der Gitterkonstanten betragen. Für 2d-Systeme divergiert<br />

der L<strong>in</strong>demannparameter aufgr<strong>und</strong> der langwelligen Moden auch <strong>in</strong> der kristall<strong>in</strong>en<br />

Phase. Bedanov, Gadiyak <strong>und</strong> Lozovik [14] führten e<strong>in</strong> lokales Koord<strong>in</strong>atensystem e<strong>in</strong>,<br />

<strong>in</strong>dem die Auslenkung e<strong>in</strong>es Teilchens j relativ zu se<strong>in</strong>en nächsten Nachbarn j + 1<br />

betrachtet wird,<br />

γ 2d<br />

L = < |⃗u j − ⃗u j+1 | 2 ><br />

a 2 . (3.3)<br />

29


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

Die mittlere Verschiebung relativ zur Umgebung ist im 2D-Kristall e<strong>in</strong>e endliche Größe;<br />

sie divergiert beim Übergang zur flüssigen Phase für Systeme mit Dipolwechselwirkung<br />

bei e<strong>in</strong>em kritischen Wert von γM c = 0, 033 1 . Der <strong>zwei</strong>dimensionale Kristall hat lokale,<br />

aber ke<strong>in</strong>e langreichweitige Ordnung (Abbildung (3.2)). Zheng <strong>und</strong> Earnshaw [15] sprechen<br />

von e<strong>in</strong>er Mischung <strong>zwei</strong>er Phasen; der geordneten Phase auf kurzen Skalen, die<br />

am Phasenübergang l<strong>in</strong>demannartiges Verhalten zeigt <strong>und</strong> der ungeordneten Phase, die<br />

auf langen Skalen die Symmetrie bricht, aber deren langwelligen Moden ke<strong>in</strong>e Wirkung<br />

auf den Phasenübergang haben. Da aus den hiesigen Messdaten die Orts<strong>in</strong>formation<br />

Abbildung 3.2: (a) Trajektorien der Partikel (aus [15]), der Abstand benachbarter Partikel bleibt<br />

annähernd konstant. (b) Trajektorien relativ zu den nächsten Nachbarn; die Amplituden der Auslenkung<br />

s<strong>in</strong>d signifikant kle<strong>in</strong>er, die sechszählige Symmerie bleibt deutlich zu erkennen.<br />

für das <strong>in</strong> Kapitel (1) beschriebene System zeitaufgelöst zugänglich ist, liegt es nahe,<br />

den 2D-L<strong>in</strong>demannparameter zeitabhängig zu def<strong>in</strong>ieren [5],<br />

〈<br />

[∆⃗uj (t) − ∆⃗u j+1 (t)] 2〉<br />

γ L (t) =<br />

. (3.4)<br />

2a 2<br />

mit ∆⃗u(t) = ⃗u(t) − ⃗u(0). Multipliziert man den Term aus, folgt:<br />

γ L (t) = 1<br />

2a 2 {〈 [⃗u j (t) − ⃗u j+1 (t)] 2〉 + 〈 [⃗u j (0) − ⃗u j+1 (0)] 2〉<br />

−2 〈[⃗u j (t) − ⃗u j+1 (t)] · [⃗u j (0) − ⃗u j+1 (0)]〉} . (3.5)<br />

Für t → ∞ verschw<strong>in</strong>det der letzte Term, da das Verschiebungsfeld für lange Zeiten<br />

nicht korreliert ist <strong>und</strong> die Def<strong>in</strong>ition des dynamischen L<strong>in</strong>demannparameters identisch<br />

mit der des statischen Falls ist. Für t → 0 bzw. <strong>in</strong> der flüssigen Phase s<strong>in</strong>d die<br />

Fluktuationen benachbarter Partikel unkorreliert <strong>und</strong> der dynamische L<strong>in</strong>demannparameter<br />

ist proportional dem Selbstdiffusionskoeffizienten D 0 . Die Partikel diff<strong>und</strong>ieren<br />

1 In [14] wird die Gitterkonstante a = 1/ √ πρ def<strong>in</strong>iert, hier als a 2 = 2/ √ 3ρ, ρ ist 2d-Dichte<br />

30


3.3 Dynamische Matrix e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls<br />

frei, bis sie mit dem Käfig, bestehend aus den benachbarten Partikeln, wechselwirken.<br />

(Hydrodynamische Effekte auf den Selbstdiffusionskoeffizienten <strong>zwei</strong>dimensionaler Kolloidsysteme<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> [16, 17] beschrieben). Streng genommen ist <strong>in</strong> der flüssigen Phase<br />

die Verschiebung e<strong>in</strong>es Partikels als Abweichung von se<strong>in</strong>er Gleichgewichtslage auf dem<br />

Gitter nicht def<strong>in</strong>iert. Da <strong>in</strong> Gleichung (3.4) jedoch nur zeitliche Differenzen der Positionsabweichung<br />

berechnet werden, ist das zugr<strong>und</strong>e liegende Kristallgitter ke<strong>in</strong> notwendiges<br />

Konzept <strong>und</strong> die Gleichung kann ebenso <strong>in</strong> der flüssigen Phase angewendet<br />

werden.<br />

3.3 Dynamische Matrix e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls<br />

Wir betrachten e<strong>in</strong> System von elastisch gekoppelten Massepunkten <strong>in</strong> der <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Ebene, die e<strong>in</strong> hexagonales Gitter besetzen. Viskose Dämpfung sei vorerst<br />

vernachlässigt. Die Massepunkte haben e<strong>in</strong>e Gleichgewichtslage <strong>und</strong> die rückstellenden<br />

Kräfte s<strong>in</strong>d l<strong>in</strong>ear <strong>in</strong> den Auslenkungen, sofern letztere kle<strong>in</strong> bleiben. Die Bewegungsgleichung<br />

des Systems lautet [18, 19]:<br />

M ¨⃗u( R) ⃗ = − ∑ D( R ⃗ − R ⃗ ′ )⃗u( R ⃗ ′ ) . (3.6)<br />

R ′<br />

M ist die Masse e<strong>in</strong>es Massepunktes, D die Dynamische Matrix im Ortsraum mit den<br />

Komponenten D µν ; die Def<strong>in</strong>ition der Vektoren ist Abbildung (3.3) zu entnehmen.<br />

(Für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Massepunkt M reduziert sich die Dynamische Matrix auf die<br />

Federkonstante k des Systems Mẍ = −kx.)<br />

v 0<br />

Abbildung 3.3: Def<strong>in</strong>ition der Vektoren.<br />

⃗u( ⃗ R) ist die Verschiebung der Partikel aus<br />

der Gleichgewichtslage am Gitterplatz ⃗ R. Die<br />

Gitterkonstante beträgt a <strong>und</strong> die schraffierte<br />

Fläche v 0 entspricht dem 2d ”<br />

Volumen“ der<br />

Voronoizelle.<br />

Die Dynamische Matrix ergibt sich <strong>in</strong> harmonischer Näherung aus dem Potential <strong>in</strong><br />

der Nähe der Gleichgewichtslage e<strong>in</strong>es Partikels,<br />

U harm = 1 2<br />

∑ ∑<br />

⃗R, R ⃗′ µν<br />

u µ ( ⃗ R)D µν ( ⃗ R − ⃗ R ′ )u ν ( ⃗ R) . (3.7)<br />

31


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

ϕ µν ( R ⃗ − R ⃗′′ Differenzieren des Gleichgewichtspotentials nach den Auslenkungen liefert die rückstellende<br />

Kraft <strong>und</strong> folglich die Federkonstante“, die sich aus der Summe über alle<br />

”<br />

Paarpotentiale ϕ( R ⃗ − R ⃗ ′ ) der Massepunkte ergibt (Dies setzt Superponierbarkeit der<br />

Potentiale voraus, was für magnetische Dipolwechselwirkung gewährleistet ist):<br />

⎛<br />

D µν ( R ⃗ − R ⃗ ∑<br />

′ ) = ⎝δ ⃗R, R ⃗′<br />

⎞<br />

) ⎠ − ϕ µν ( R ⃗ − R ⃗ ′ ) , (3.8)<br />

⃗R ′′<br />

mit<br />

ϕ µν ( ⃗ R − ⃗ R ′ ) =<br />

∂2<br />

∂r µ ∂r ν<br />

ϕ( ⃗ R − ⃗ R ′ ) . (3.9)<br />

Die Lösung von Gleichung (3.6) reduziert sich auf die Bestimmung der Eigenwerte der<br />

Dynamischen Matrix, welche die Schw<strong>in</strong>gungsmoden des Kristalls liefern. Zur Bestimmung<br />

der Eigenwerte muß die Dynamische Matrix diagonalisiert werden, was durch<br />

Fouriertransformation erreicht wird. Dazu gehen wir von Gleichung (3.7) aus, <strong>und</strong> beachten<br />

die Konvention für die Fouriertransformation [18],<br />

U = 1 ∑ ∑<br />

u ∗<br />

2<br />

µ(⃗q)D µν (⃗q)u ν (⃗q) , (3.10)<br />

⃗q µν<br />

mit u µ (⃗q) als µ-te Komponente der Fouriertransformation des Verschiebungsvektors<br />

u µ ( R). ⃗ Die Komponenten der dynamischen Matrix lauten, wenn wir R ⃗′′<br />

= R ⃗ ′ − R ⃗<br />

substituieren:<br />

D µν (⃗q, ⃗q ′ ) = ∑ e i⃗q ⃗R D µν ( R ⃗ − R ⃗ ′ )e i⃗ q ′ R ⃗′ (3.11)<br />

R ⃗ R ⃗′<br />

= ∑ D µν ( R ⃗′′ )e i⃗q ⃗R e i⃗ q ′ ( R+ ⃗ R ⃗′′ )<br />

R ⃗ R ⃗′′<br />

= N ∑ ⃗ R ′′<br />

D µν ( R ⃗′′ )e ∑ i⃗ q ′ ( R ⃗′′ ) 1<br />

N e−i R(⃗q− ⃗ q ⃗′ )<br />

,<br />

R ⃗<br />

} {{ }<br />

δ⃗q, q ⃗′ d.h. D(⃗q, ⃗q ′ ) ist diagonal <strong>in</strong> ⃗q <strong>und</strong> ⃗q ′ , so daß <strong>in</strong> Gleichung (3.10) nur über ⃗q summiert<br />

werden muß. In Matrixschreibweise ergibt sich nach Beachtung der Translations<strong>in</strong>varianz,<br />

D(⃗q) = N ∑<br />

D( R)e<br />

v ⃗ −i⃗q ⃗R . (3.12)<br />

0<br />

⃗R<br />

Für das <strong>in</strong> Kapitel (1) beschriebene Kolloidsystem ist das Paarpotential ϕ µν (⃗r) bekannt<br />

<strong>und</strong> kann <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten des dimensionslosen Wechselwirkungsparameters Γ (vergleiche<br />

Gleichung (1.4)) angegeben werden, ϕ µν (⃗r) ∼ Γ/r 3 .<br />

32


3.4 Äquipartitionstheorem<br />

3.3.1 Eigenwerte der Dynamischen Matrix<br />

Für jede Wellenzahl ⃗q liefert die Dynamische Matrix <strong>zwei</strong> Eigenwerte λ 1 (⃗q), λ 2 (⃗q) entsprechend<br />

transversaler <strong>und</strong> longitud<strong>in</strong>aler Polarisation der Phononen. Bis auf die Masse<br />

der Partikel liefern diese Eigenwerte die Eigenfrequenzen des hexagonalen Kristalls<br />

<strong>in</strong> <strong>zwei</strong> <strong>Dimensionen</strong>. Herz [19] hat dies für verschiedene Anzahlen nächster Nachbarn<br />

berechnet. Abbildung (3.4) zeigt die Dispersionsrelation für 12 bzw. 250 nächste Nachbarn;<br />

die Summe <strong>in</strong> Gleichung (3.8) läuft dar<strong>in</strong> bis zur 2. respektive 17. Schale der<br />

Nachbarpartikel. Die Richtung des ⃗q-Vektors zeigt auf e<strong>in</strong>en der sechs Nachbarpartikel<br />

(Richtung Kante der Brillou<strong>in</strong>zone im reziproken Raum). In Anbetracht der Differenz<br />

der berücksichtigten Partikel s<strong>in</strong>d die Abweichungen marg<strong>in</strong>al.<br />

Eigenwert <strong>in</strong> x-Richtung<br />

1000<br />

800<br />

λ 1<br />

(2)<br />

λ 1<br />

(17)<br />

λ 2<br />

(2)<br />

λ 2<br />

(17)<br />

a 2 /k B<br />

T<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

q x<br />

Abbildung 3.4: Eigenwerte der Dynamischen Matrix für die 2. Schale (gepunktet) <strong>und</strong> die 17. Schale<br />

(durchgezogen) nächster Nachbarn. Richtung des ⃗q-Vektors längs der Ecke e<strong>in</strong>es Hexagons.<br />

E<strong>in</strong> expliziter Ausdruck der Komponenten der Dynamischen Matrix für die kle<strong>in</strong>ste<br />

Schale von Nachbarteilchen ist <strong>in</strong> Anhang (A.1) angegeben.<br />

3.4 Äquipartitionstheorem<br />

In Gleichung (3.10) ist die Energie des Kolloidsystems bil<strong>in</strong>ear <strong>in</strong> den kanonischen<br />

Variablen u µ (⃗q). Der kolloidale hexagonale Kristall ist e<strong>in</strong> thermisches System, Brownsche<br />

Bewegung ist visualisierbar, folglich s<strong>in</strong>d die potentiellen Energien des Systems<br />

von der gleichen Größenordnung wie die k<strong>in</strong>etischen Energien. Das legt nahe, das Äquipartitionstheorem<br />

anzuwenden (z.B. [20]); die k<strong>in</strong>etische Energie verteilt sich auf jeden<br />

quadratischen Term der kanonischen Variablen im Hamiltonian im Mittel mit 1k 2 BT<br />

33


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

derart, daß gilt:<br />

1 〈<br />

u<br />

∗<br />

2 µ (⃗q)D µν (⃗q)u ν (⃗q) 〉 = 1 2 k BT . (3.13)<br />

Umformen liefert unter Berücksichtigung der Parität:<br />

〈u µ (−⃗q)u ν (⃗q)〉 = k B T D −1<br />

µν (⃗q) . (3.14)<br />

Die l<strong>in</strong>ke Seite von Gleichung (3.14) ist die Messgröße, die aus den Konfigurationen<br />

der Kolloide mittels Bildverarbeitung gewonnen wird. Die Mittelung wird dabei über<br />

alle gespeicherten Konfigurationen durchgeführt.<br />

3.5 Berücksichtigung der Dämpfung des viskosen<br />

Mediums<br />

Bisher wurde das Lösungsmittel, <strong>in</strong> dem die Kolloide dispergiert s<strong>in</strong>d, nicht berücksichtigt.<br />

Die Antwort des Kolloidkristalls auf e<strong>in</strong>e thermische Fluktuation ist ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong><br />

elastische; das viskose Lösungsmittel unterdrückt die Propagation der angeregten Mode<br />

<strong>und</strong> führt zu e<strong>in</strong>er Relaxation. Ist die Mode aufgr<strong>und</strong> des Reibungstensors ∼ W ˙⃗u( R ⃗ ′ )<br />

überdämpft, kann <strong>in</strong> guter Näherung der Term <strong>in</strong> Gleichung (3.6), der die <strong>zwei</strong>ten<br />

Ableitungen der Auslenkung (Beschleunigung) enthält, vernachlässigt werden.<br />

0 = ∑ W( R ⃗ − R ⃗ ′ ) ˙⃗u( R ⃗ ′ ) + ∑ D( R ⃗ − R ⃗ ′ )⃗u( R ⃗ ′ ) . (3.15)<br />

R ′ R ′<br />

Diese Annahme ist gut begründet, da die Reibungsfaktoren Λ(⃗q), die sich als Lösung<br />

des Reibungstensors ergeben, für kolloidale Kristalle 10 3 bis 10 4 mal so groß s<strong>in</strong>d [21] wie<br />

die Federkonstanten λ(⃗q). Die Moden zerfallen exponentiell mit e<strong>in</strong>er Rate ∼ λ(⃗q)/Λ(⃗q)<br />

〈u ∗ s(t) · u s (0)〉<br />

〈|u s (0)| 2 〉<br />

= e − λ s(q)<br />

mΛs(q) ·t , (3.16)<br />

wobei s ∈ {l, t} die longitud<strong>in</strong>ale bzw. transversale Polarisation notiert. Die l<strong>in</strong>ke Seite<br />

von Gleichung (3.16) ist die normierte zeitliche Autokorrelation der Fouriekomponente<br />

⃗u(⃗q) der Verschiebung <strong>und</strong> misst den Zerfall der Phononen. In Abbildung (3.5) ist für<br />

verschiedene (⃗q)-Vektoren der ersten Brillou<strong>in</strong>zone die Autokorrelation aufgetragen.<br />

Zur besseren Übersicht s<strong>in</strong>d die Graphen zu verschiedenen (⃗q)-Vektoren untere<strong>in</strong>ander<br />

dargestellt; die Ord<strong>in</strong>ate ist periodisch fortgesetzt. Für große Wellenlängen ist der Zerfall<br />

der longitud<strong>in</strong>alen <strong>und</strong> transversalen Moden entartet, ansonsten zerfallen die longitud<strong>in</strong>alen<br />

Moden schneller. S<strong>in</strong>d die Federkonstanten bekannt (vergleiche Abschnitt<br />

3.6) kann auf die viskose Dämpfung Λ(q) geschlossen werden. In erster Ordnung ist sie<br />

durch<br />

[ ] −1<br />

π · r 0<br />

m · Λ s (q) = 6πηr 0 1 − k s (3.17)<br />

qa<br />

34


3.6 Dispersionsrelation<br />

Phononen Zerfall<br />

longitud<strong>in</strong>al<br />

transversal<br />

Zeit<br />

Abbildung 3.5: Zerfall der zeitlichen Autokorrelation der Fourierkomponente des Displacements.<br />

Die Phononen s<strong>in</strong>d überdämpft <strong>und</strong> die Moden propagieren nicht.<br />

gegeben [21, 22, 23], wenn r 0 der Radius e<strong>in</strong>es Kolloids ist. k l = 1/2 im longitud<strong>in</strong>alen<br />

<strong>und</strong> k t = 1 im transversalen Fall. Der erste Term <strong>in</strong> der Klammer beschreibt die re<strong>in</strong><br />

Stokessche Reibung e<strong>in</strong>es Kolloids, der <strong>zwei</strong>te beschreibt die Wechselwirkung mit dem<br />

Lösungsmittelfluß, der durch die Bewegung der Nachbarkolloide verursacht wird. Hierbei<br />

ist die Anwesenheit der Wasser-Luft Grenzfläche, die das Flussfeld des Lösungsmittels<br />

um e<strong>in</strong> Kolloid modifiziert, nicht berücksichtigt. Zum<strong>in</strong>dest für den transversalen<br />

Dämpfungsfaktor läßt sich der Wert von Λ t <strong>in</strong> Anwesenheit der Grenzfläche auch <strong>in</strong><br />

höherer Ordnung verstehen [24]. Auf die Hydrodynamik wird im Folgenden nicht weiter<br />

e<strong>in</strong>gegangen, es wird auf die Dispersionsrelation fokusiert.<br />

3.6 Dispersionsrelation<br />

Ohne die Dynamik der Phononen zu kennen, lassen sich Aussagen über die Dispersionsrelation<br />

des <strong>zwei</strong>dimensionalen kolloidalen Kristalls machen. Die Dispersionsrelation<br />

muß <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n verstanden werden, daß ke<strong>in</strong>e Aussagen über Frequenzen der<br />

Moden gemacht werden können, da diese überdämpft s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs kann, <strong>in</strong>dem das<br />

Äquipartitionstheorem benutzt wird, über die Besetzung der Moden Auskunft gegeben<br />

werden. Die thermischen Fluktuationen testen das Gleichgewichtspotential der Kolloide<br />

35


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

räumlich aus <strong>und</strong> liefern e<strong>in</strong>en direkten Zugang zu den ⃗q-abhängigen Federkonstanten,<br />

welche im ungedämpften Fall über ω 2 (⃗q) = λ(⃗q)/M die Frequenzen ergäben. Um die<br />

Eigenwerte der Dynamischen Matrix dimensionslos zu machen, gehen wir von D µν (⃗q)<br />

zu ˜D µν (⃗q):<br />

D µν (⃗q) ·<br />

a 2<br />

k B T Γ = ˜D µν (⃗q) (3.18)<br />

Da D µν (⃗q) l<strong>in</strong>ear <strong>in</strong> Γ ist, müssen die Eigenwerte von ˜D µν (⃗q) unabhängig von der Wechselwirkungsstärke<br />

Γ se<strong>in</strong>. Führen wir noch p s (⃗q) = Γ 〈 u ∗ µ(⃗q) · u ν (⃗q) 〉 /a 2 als Abkürzung<br />

für die Mittelung der Fourierkomponenten des Verschiebungsfeldes e<strong>in</strong>, schreibt sich<br />

das Äquipartitionstheorem 2 [25] als<br />

1<br />

p s (⃗q) = λ s(⃗q)a 2<br />

k B T Γ<br />

. (3.19)<br />

(s = l) steht dar<strong>in</strong> wieder für den longitud<strong>in</strong>alen <strong>und</strong> (s = t) für den transversalen<br />

Fall. Gleichung (3.19) verknüpft die Meßgröße des Verschiebungsfeldes ⃗u( ⃗ R), aus der<br />

sich p s (⃗q) ableitet, mit den berechneten Eigenwerten der Dynamischen Matrix.<br />

= 75<br />

= 175<br />

= 250<br />

Abbildung 3.6: Bandstruktur e<strong>in</strong>es <strong>zwei</strong>dimensionalen hexagonalen Kolloidkristalls. Longitud<strong>in</strong>aler<br />

(oben) <strong>und</strong> transversaler (unten) Ast <strong>in</strong> unterschiedlichen Richtungen. Die Richtungen der Wellenvektoren<br />

<strong>in</strong> der Brillou<strong>in</strong>zone s<strong>in</strong>d Abbildung (3.7) zu entnehmen.<br />

In Abbildung (3.6) s<strong>in</strong>d diese beiden Größen für die erste Brillou<strong>in</strong>zone aufgetragen.<br />

Die rote L<strong>in</strong>ie stellt die berechnete Bandstruktur dar, die Symbole s<strong>in</strong>d die Messwerte<br />

2 Wir nehmen den Kehrwert von Gleichung (3.14)<br />

36


3.6 Dispersionsrelation<br />

für drei verschiedene Wechselwirkungsstärken Γ. Die offenen Kreise stehen für e<strong>in</strong>en<br />

weichen Kristall (Γ = 75), die offenen Quadrate für e<strong>in</strong>en harten (Γ = 175) <strong>und</strong> die<br />

schwarzen Dreiecke stehen für e<strong>in</strong>en sehr harten (Γ = 250) Kristall. Aus den Datensätzen<br />

der Kolloidkoord<strong>in</strong>aten s<strong>in</strong>d für jede Wechselwirkungsstärke 2000 statistisch<br />

unabhängige Konfigurationen der Kolloide im Ortsraum genommen worden <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

der Symmetrie angepassten Basis transformiert worden. Dazu wurde das kartesische<br />

Koord<strong>in</strong>atensystem gedreht, bis e<strong>in</strong>e der drei Vorzugsrichtungen des Kristalls parallel<br />

zur y-Achse lag. Das Verschiebungsfeld wurde bestimmt, <strong>in</strong>dem über e<strong>in</strong>en endlichen<br />

Zeitraum die Koord<strong>in</strong>aten e<strong>in</strong>es jeden Kolloids gemittelt wurden. Dieser Mittelwert<br />

stellt die Gleichgewichtslage e<strong>in</strong>es Kolloids dar <strong>und</strong> wurde von den jeweiligen Koord<strong>in</strong>aten<br />

subtrahiert. Danach wurden die gedrehten Koord<strong>in</strong>aten der Verschiebungsvektoren<br />

<strong>in</strong> die Basis e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls transformiert (die Transformationsmatrizen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anhang (A) beschrieben), fouriertransformiert <strong>und</strong> über alle Konfigurationen<br />

gemittelt. Um die für <strong>zwei</strong>dimensionale Systeme typischen langreichweitigen Fluktuationen,<br />

welche dem fluiden Charakter e<strong>in</strong>es 2d-Kristalls auf langen Skalen entsprechen,<br />

abzuseparieren, wurde die Mittelung zur Bestimmung der Gleichgewichtslage e<strong>in</strong>es Kolloids<br />

für e<strong>in</strong> Zeitfenster von 25, 40 <strong>und</strong> 60 sec bei Γ = 250, 175 bzw. 75 jeweils neu<br />

durchgeführt. Von dem zur Verfügung stehenden Bildausschnitt von 835 × 620 µm 2<br />

wurde e<strong>in</strong> Unterfenster von 440×440 µm 2 , das ca. 1300 Kolloide enthielt, ausgewertet.<br />

Abbildung 3.7: Die Symmetriepunkte der ersten Brillou<strong>in</strong>zone s<strong>in</strong>d<br />

durch Γ (Mittelpunkt), M (Mitte e<strong>in</strong>er Kante) <strong>und</strong> K (Ecke) gegeben,<br />

so daß ⃗q entlang Γ → M e<strong>in</strong> Phonon mit abnehmender Wellenlänge <strong>in</strong><br />

Richtung der Ecke e<strong>in</strong>es Hexagons des Kristalls im Ortsraum ist.<br />

Wie zu erwarten, ist die Bandstruktur l<strong>in</strong>ear <strong>in</strong> der Wechselwirkungsstärke Γ, so daß bei<br />

Division der Ord<strong>in</strong>ate durch Γ die Datenpunkte zu selben q-Werten aufe<strong>in</strong>ander liegen.<br />

Der obere Ast entspricht den longitud<strong>in</strong>alen, der untere Ast den transversalen Phononen.<br />

Die Übere<strong>in</strong>stimmung ist sogar für die stehenden Wellen am Brillou<strong>in</strong>zonenrand<br />

sehr gut. Für kle<strong>in</strong>e ⃗q liefert M → Γ <strong>und</strong> K → Γ die selben Werte. Im langwelligen<br />

Limes gleichen sich die Dispersionen für Phononen unterschiedlicher Kristallrichtungen,<br />

die Gittertheorie wird isotrop. Gleichzeitig wird die Gittertheorie im Limes q → 0<br />

homogen. Anschaulich ist klar, daß die diskrete Gitterstruktur für beliebig lange Wellenlängen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kont<strong>in</strong>uum übergeht. Dies legt nahe, die Dispersionsrelationen mit der<br />

Elastizitätstheorie zu vergleichen.<br />

37


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

3.7 Langwelliger Limes<br />

Um die Idee zu verfolgen, <strong>in</strong>wieweit die Gittertheorie im langwelligen Limes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Kont<strong>in</strong>uumstheorie überführt werden kann, wird im Folgenden die <strong>zwei</strong>dimensionale<br />

Elastizitätstheorie skizziert.<br />

3.7.1 Elastizitätstheorie e<strong>in</strong>er Membran<br />

Die Freie Energie e<strong>in</strong>es deformierbaren Körpers als Funktion der Deformation liefert<br />

e<strong>in</strong>en Zugang zu den elastischen Modulen [26]. Sei ⃗u(⃗r) der Verschiebungsvektor zwischen<br />

e<strong>in</strong>em Ortsvektor ⃗r e<strong>in</strong>er nicht deformierten Membran <strong>und</strong> dem Ortsvektor ⃗r ′<br />

des selben Punktes der Membran nach der Deformation. Die Def<strong>in</strong>ition ist analog der<br />

des Verschiebungsvektors ⃗u( R) ⃗ des Gitters bis auf die Tatsache, daß der Ortsvektor<br />

⃗r nun kont<strong>in</strong>uierlich angesehen werden muß. Sei dl der Abstand <strong>zwei</strong>er benachbarter<br />

Punkte vor der Deformation, dl ′ jener nach der Deformation, dann gilt:<br />

dl 2 = dx µ dx µ<br />

dl ′ 2<br />

= dx ′ µdx ′ µ = (dx + du) µ (dx + du) µ<br />

du µ = u µ (⃗r 1 ) − u µ (⃗r 2 ) .<br />

Für <strong>in</strong>f<strong>in</strong>itesimal benachbarte Punkte kann die Veränderung der Verschiebungen ⃗u l<strong>in</strong>ear<br />

genähert werden:<br />

du µ (⃗r 2 ) = ∂u ∣<br />

µ(⃗r) ∣∣∣xν<br />

dx ν .<br />

∂x ν =x ν (1)<br />

Nach E<strong>in</strong>setzen <strong>und</strong> Ausmultiplizieren der Terme, sowie der Umbenennung doppelter<br />

Indizes über die summiert wird, ergibt sich:<br />

dl ′2 = dl 2 ∂u µ<br />

+ dx µ dx ν + ∂u µ<br />

dx ν dx µ + ∂u µ ∂u µ<br />

dx ν dx σ<br />

∂x ν ∂x ν ∂x ν ∂x<br />

( σ<br />

= dl 2 ∂uν<br />

+ + ∂u µ<br />

+ ∂u )<br />

σ ∂u σ<br />

dx µ dx ν ,<br />

∂x µ ∂x ν ∂x ν ∂x µ<br />

Der quadratische Term <strong>in</strong> der Klammer, welcher den Proportionalitätsfaktor der Längenänderung<br />

beschreibt, kann für kle<strong>in</strong>e Deformationen vernachlässigt werden <strong>und</strong> man def<strong>in</strong>iert<br />

als den Verzerrungstensor u µν .<br />

u µν = 1 2<br />

( ∂uµ<br />

+ ∂u )<br />

ν<br />

∂x ν ∂x µ<br />

(3.20)<br />

38


3.7 Langwelliger Limes<br />

Die Freie Energie hat im Gleichgewicht e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum; entwickelt man um dieses M<strong>in</strong>imum<br />

nach den Verzerrungen, s<strong>in</strong>d die ersten nichtverschw<strong>in</strong>denden Terme nach dem<br />

konstanten Term die quadratischen:<br />

∫ (<br />

F = d 2 r F 0 + 1 )<br />

2 C µνστu µν (⃗r)u στ (⃗r) . (3.21)<br />

V<br />

Die Symmetrie des bezüglich der Vertauschung der Indizes <strong>in</strong>varianten Verzerrungstensors<br />

überträgt sich auf den Tensor C µνστ , der Elastizitätstensor genannt wird. Als<br />

Tensor vierter Stufe vom Rang <strong>zwei</strong> hat er 16 E<strong>in</strong>träge; da er jedoch <strong>in</strong>variant bezüglich<br />

der Vertauschung von µ mit ν, von σ mit τ <strong>und</strong> Vertauschung der Paare µν mit στ<br />

ist 3 , bleiben neun unabhängige Komponenten. Beachtet man weiter die Invarianz der<br />

Freien Energie gegenüber Rotation um 2π/6 e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls, entsprechend<br />

der Symmetriepunktgruppe C 6 , zeigt sich, daß die Komponenten jeweils gleich oft vorkommen<br />

müssen, damit sich die Drehw<strong>in</strong>kel (bzw. Phasen <strong>in</strong> der komplexen Ebene)<br />

kompensieren. Als unabhängige Module e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls bleiben <strong>zwei</strong> übrig:<br />

C ξηξη <strong>und</strong> C ξξηη .<br />

E<strong>in</strong>e übliche Form, die Invarianten des Verzerrungstensors zu wählen, ist, se<strong>in</strong>e Spur<br />

<strong>und</strong> die Summe der Quadrate aller E<strong>in</strong>träge zu nehmen, was auf die Lamé-Koeffizienten<br />

führt,<br />

C µνστ = λδ µν δ στ + µ (δ µσ δ ντ + δ µτ δ νσ ) , (3.22)<br />

so daß die Freie Energie folgende Form annimmt:<br />

∫ ( )<br />

1<br />

F = d 2 r<br />

2 λu µµ(⃗r) 2 + 2µu µν (⃗r)u µν (⃗r)<br />

.<br />

V<br />

Im Allgeme<strong>in</strong>en ist es günstiger, die Freie Energie <strong>in</strong> Terme zu separieren, die unter<br />

Deformation volumenerhaltend (re<strong>in</strong>e Scherung) <strong>und</strong> formerhaltend (hydrostatische<br />

Kompression) s<strong>in</strong>d. Dies wird durch die Identität,<br />

u µν =<br />

(u µν − 1 )<br />

d δ µνu σσ + 1 d δ µνu σσ<br />

erreicht (d = Dimensionalität), dann kann die Freie Energie folgendermaßen geschrieben<br />

werden:<br />

∫<br />

F =<br />

V<br />

[ K<br />

d 2 r<br />

2 u2 µµ + µ<br />

(u µν − 1 )]<br />

d δ µνu σσ<br />

mit dem Kompressionsmodul K = λ + 2µ/d <strong>und</strong> dem Schermodul µ.<br />

,<br />

3 Wegen der Vertauschbarkeit der Reihenfolge der Verzerrungen<br />

39


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

Um das Äquipartitionstheorem anzuwenden, soll die Freie Energie wieder bil<strong>in</strong>ear <strong>in</strong><br />

den Verzerrungstensoren dargestellt werden. Dazu wird die Translations<strong>in</strong>varianz des<br />

Elastizitätstensors verwendet,<br />

F = 1 ∫<br />

∫<br />

d 2 ru µν (⃗r)C µντσ<br />

2<br />

<strong>und</strong> fouriertransformiert,<br />

V<br />

V<br />

d 2 r ′ δ(⃗r − ⃗r ′ )u τσ (⃗r ′ )<br />

F = 1 ∑<br />

u ∗<br />

2<br />

µν(⃗q)C µντσ u τσ (⃗q) (3.23)<br />

⃗q<br />

= 1 ∑<br />

q µ u ∗ νC µντσ q τ u σ<br />

2<br />

⃗q<br />

= 1 ∑<br />

u ∗ ν(⃗q)K νσ u σ (⃗q) .<br />

2<br />

⃗q<br />

Dabei wurde benutzt, daß der Verzerrungstensor nur von den Ableitungen der Auslenkung<br />

abhängt, was im Fourierraum e<strong>in</strong>er Multiplikation mit iq µ entspricht. Desweiteren<br />

wurde die Abkürzung für den elastischen Tensor K νσ = C µνστ q µ q τ e<strong>in</strong>geführt, so daß<br />

das Äquipartitionstheorem anwendbar ist:<br />

< u µ (⃗q)u τ (−⃗q) >= k B T K −1<br />

µτ . (3.24)<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Symmetrie des hexagonalen Kristalls reduziert sich der elastische Tensor<br />

zu<br />

K µτ = (λ + µ)q µ q τ + µq ν q ν δ µτ , (3.25)<br />

mit dem oben e<strong>in</strong>geführten Kompressionsmodul K = λ + µ <strong>und</strong> dem Schermodul µ.<br />

3.7.2 Zusammenhang mit der dynamischen Matrix<br />

Gleichung (3.7) läßt sich umschreiben, wenn wir die Vertauschbarkeit der Indizes µν<br />

<strong>und</strong> die Translationssymmetrie des Gitters beachten [18]:<br />

U harm = 1 ∑<br />

{u µ ( R)<br />

2<br />

⃗ − u µ ( R ⃗ ′ )}D µν ( R ⃗ − R ⃗ ′ ){u µ ( R) ⃗ − u ν ( R ⃗ ′ )}. (3.26)<br />

∑<br />

⃗R, R ⃗′ µ,ν<br />

Im langwelligen Limes soll die Verzerrung e<strong>in</strong>e langsam variierende Funktion se<strong>in</strong>, womit<br />

sich das Displacement benachbarter Orte ause<strong>in</strong>ander entwickeln läßt:<br />

u µ ( ⃗ R ′ ) = u µ ( ⃗ R) + ( ⃗ R µ − ⃗ R ′ µ) ·<br />

∂<br />

∂x µ<br />

u ν ( ⃗ R) δ µν .<br />

Die Invarianz der Energie unter starren Rotationen ⃗u( ⃗ R) = δ⃗ω × ⃗ R erlaubt, daß die<br />

Ableitungen des Displacements <strong>in</strong> symmetrischer Form geschrieben werden können,<br />

u µν = 1 ( ∂uµ<br />

+ ∂u )<br />

ν<br />

2 ∂x ν x µ<br />

40


3.7 Langwelliger Limes<br />

damit die Energie, wenn wir die Summe über ⃗ R <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Integral umformen <strong>und</strong> Terme<br />

umsortieren, folgende Form annimmt,<br />

U harm = 1 ∫<br />

2<br />

wenn die Abkürzung C σµτν e<strong>in</strong>gführt wurde:<br />

C σµτν = − 1<br />

8v 0<br />

∑<br />

⃗R<br />

d⃗r + u µν C µνστ u στ , (3.27)<br />

[R σ D µν ( ⃗ R)R τ + R µ D σν ( ⃗ R)R τ + R σ D µτ ( ⃗ R)R ν + R µ D στ ( ⃗ R)R ν<br />

]<br />

.<br />

(3.28)<br />

Nach Fouriertransformation von Gleichung (3.28) wird deutlich, daß der Multiplikation<br />

der dynamischen Matrix mit ⃗ R im Ortsraum, e<strong>in</strong>e Differentiation im q-Raum entspricht<br />

∂ 2<br />

D στ (⃗q) = − 1 ∑<br />

∂q ν ∂q µ v 0<br />

⃗R<br />

R ν D στ ( ⃗ R)R µ e −i⃗q· ⃗R , (3.29)<br />

so daß der Tensor vierter Stufe im Grenzfall q → 0 umgeschrieben werden kann:<br />

( )<br />

1 ∂<br />

2<br />

C σµτν = lim D µν (⃗q) +<br />

∂2<br />

D σν (⃗q) +<br />

∂2<br />

D µτ (⃗q) +<br />

∂2<br />

D στ (⃗q) .<br />

⃗q→0 8 ∂q σ ∂q τ ∂q µ ∂q τ ∂q σ ∂q ν ∂q µ ∂q ν<br />

(3.30)<br />

Es lassen sich dieselben Symmetrieüberlegungen wie <strong>in</strong> Abschnitt (3.7.1) anstellen, die<br />

zu den e<strong>in</strong>zigen unabhängigen Komponenten C ξηξη <strong>und</strong> C ξξηη führten. Gleichung (3.30)<br />

reduziert sich analog zu Gleichung (3.22), wenn wir als Invarianten wieder die Spur der<br />

Matrix <strong>und</strong> die Summe der Quadrate aller E<strong>in</strong>träge nehmen, zu<br />

C σµτν = λδ σµ δ τν + µ (δ σµ δ τν + δ σν δ τµ ) . (3.31)<br />

Der Lamé-Koeffizient λ nimmt dabei explizit die Form<br />

1<br />

λ = lim<br />

⃗q→0 8<br />

( )<br />

∂ 2 D 11<br />

+ ∂2 D 12<br />

+ ∂2 D 21<br />

+ ∂2 D 22<br />

∂q 1 ∂q 1 ∂q 1 ∂q 2 ∂q 2 ∂q 1 ∂q 2 ∂q 2<br />

(3.32)<br />

an, mit e<strong>in</strong>em analogen Ausdruck für den Lamé-Koeffizienten µ. Der Differentialoperator<br />

kann im Limes q → 0 als Differenzenquotient geschrieben werden:<br />

∂D µν<br />

lim<br />

q µ →0 ∂q µ<br />

D µν (⃗q) − D µν (0)<br />

= lim<br />

.<br />

qµ →0 q µ<br />

Wird C σµτν <strong>und</strong> D µν <strong>in</strong> der selben Basis dargestellt, gilt<br />

q 2 · C = lim<br />

⃗q→0<br />

D = K , (3.33)<br />

wenn noch Gleichung (3.23) berücksichtigt wird. Der <strong>in</strong> Gleichung (3.28) aus der dynamischen<br />

Matrix konstruierte Tensor entpuppt sich im langwelligen Limes als der<br />

Elastizitätstensor der Kont<strong>in</strong>uumstheorie.<br />

41


Bandstruktur e<strong>in</strong>es 2d Kolloidkristalls Kapitel 3<br />

3.7.3 Anwendung auf die Messungen<br />

Nachdem gezeigt wurde, daß die Eigenwerte der Dynamischen Matrix im langwelligen<br />

Limes <strong>in</strong> die elastischen Moduli der Elastizitätstheorie übergehen, verknüpft man sie<br />

mit den Fluktuationen. Dazu def<strong>in</strong>iert man die Vektoren ⃗q || = q x ⃗e x + q y ⃗e y <strong>und</strong> ⃗q ⊥ =<br />

q x ⃗e x −q y ⃗e y mit denen man Gleichung (3.14) von l<strong>in</strong>ks <strong>und</strong> rechts multipliziert <strong>und</strong> erhält<br />

im langwelligen Limes die Projektionen parallel <strong>und</strong> orthogonal zum Wellenvektor ⃗q.<br />

lim 〈|⃗q i⃗u(⃗q)| 2 〉 = lim k B T ∑<br />

⃗q→0 ⃗q→0<br />

µ,ν<br />

q iµ D −1<br />

µν (⃗q)q iν = k B T ∑ µ,ν<br />

q iµ K −1<br />

µν (⃗q)q iν . (3.34)<br />

Dar<strong>in</strong> ist i = ||, ⊥ der Index für die Polarisation. Man erhält e<strong>in</strong>e Beziehung zwischen<br />

der Dynamischen Matrix, dem Verschiebungsfeld <strong>und</strong> den elastischen Konstanten.<br />

Im Kehrwert <strong>und</strong> Gleichung (3.25) e<strong>in</strong>setzend, folgt<br />

v 0 (2µ + λ)<br />

k B T<br />

(<br />

= lim q 2 〈|u || (⃗q)| 2 〉 ) −1<br />

= lim q −2 /k B T · λ l (⃗q) (3.35)<br />

⃗q→0 ⃗q→0<br />

(<br />

q 2 〈|u ⊥ (⃗q)| 2 〉 ) −1<br />

= lim q −2 /k B T · λ t (⃗q) . (3.36)<br />

⃗q→0<br />

v 0 µ<br />

k B T = lim<br />

⃗q→0<br />

s (q)/ kTq 2<br />

Abbildung 3.8: Im Limes ⃗q → 0 liefern die Eigenwerte der Dynamischen Matrix des Gitters (schwarze<br />

gestrichelte L<strong>in</strong>ie) die elastischen Konstanten der Kont<strong>in</strong>uumstheorie des Kristalls (rote gestrichelte<br />

L<strong>in</strong>ie). Die Fourierkomponenten des Verschiebungsfeldes (rote gepunktete L<strong>in</strong>ie) folgen Gleichungen<br />

(3.35) <strong>und</strong> (3.36) <strong>und</strong> gehen im Limes q → 0 <strong>in</strong> die Kont<strong>in</strong>uumstheorie über. Die Mittelungszeit W<br />

zu Bestimmung der Gleichgewichtslage e<strong>in</strong>es Kolloid betrug 800 sec.<br />

42


3.8 Vergleich mit anderen Arbeiten<br />

Wird durch Γ geteilt, fallen die Graphen zu verschiedenen Wechselwirkungsstärken<br />

wieder übere<strong>in</strong>ander. In Abbildung (3.8) s<strong>in</strong>d die verschiedenen Größen aufgetragen.<br />

Die schwarzen gestrichelten L<strong>in</strong>ien s<strong>in</strong>d die durch das Wellenvektorquadrat dividierten<br />

Eigenwerte der dynamischen Matrix. Die gestrichelten roten L<strong>in</strong>ien stellen die elastischen<br />

Konstanten (2µ + λ)v 0 /(Γ k B T ) (oben) <strong>und</strong> µv 0 /(Γ k B T ) (unten) dar, wie sie <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er thermodynamischen Kalkulation für e<strong>in</strong> ideales hexagonales Gitter bei (T = 0)<br />

berechnet wurden (vergleiche Anhang B), während die roten gepunkteten L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e<br />

Messung bei Γ = 75 s<strong>in</strong>d. Das Zeitfenster, über das die Gleichgewichtslage e<strong>in</strong>es Kolloids<br />

gemittelt wurde, betrug 800 sec. Die Bandstruktur des Kristalls geht für kle<strong>in</strong>e<br />

q quadratisch <strong>in</strong> q. Abbildung (3.8) zeigt die durch q 2 dividierte Bandstruktur. Die<br />

Datenpunkte liegen auf den berechneten Kurven <strong>und</strong> im langwelligen Limes q → 0<br />

werden die elastischen Konstanten der Kont<strong>in</strong>uumstheorie hervorragend reproduziert.<br />

3.8 Vergleich mit anderen Arbeiten<br />

Um die elementaren Anregungen kolloidaler Kristalle zu bestimmen s<strong>in</strong>d verschiedene<br />

Arbeiten durchgeführt worden. Dynamische Lichtstreuung [21, 27, 28, 29, 30, 31, 32]<br />

sowie <strong>in</strong>elastische Lichtstreuung [33, 34] liefern Informationen über die Zerfallskonstanten<br />

λ(⃗q)/Λ(⃗q) der Moden. Will man Aussagen über die Dispersionsrelation treffen, muß<br />

zunächst die Hydrodynamik absepariert werden, wobei versucht wird, den komplexen<br />

E<strong>in</strong>fluss der Dämpfung <strong>in</strong> theoretischen Modellen zu fassen. In der hiesigen Arbeit<br />

tritt dieses Problem nicht auf. Indem <strong>in</strong> vielen Momentaufnahmen die Koord<strong>in</strong>aten<br />

der Kolloide gemessen werden, wird jeweils e<strong>in</strong> statisches System betrachtet. Die Dynamik<br />

braucht nicht bekannt zu se<strong>in</strong>, um die Phononendispersionsrelation zu erhalten;<br />

das Äquipartitionstheorem vermittelt den Zusammenhang. Wird daraufh<strong>in</strong> dynamisch<br />

gemessen, kann bei bekannter Bandstruktur auf die Hydrodynamik geschlossen werden.<br />

Oben aufgeführte Arbeiten beziehen sich alle auf dreidimensionale Kolloidsysteme mit<br />

Coulomb- oder harte Kugelwechselwirkung.<br />

Die e<strong>in</strong>zig ähnliche Methode verwenden [35, 36]. Sie schließen ebenso aus den videomikroskopisch<br />

gewonnen Orts<strong>in</strong>formationen auf die Geschw<strong>in</strong>digkeit der Kolloide ihres<br />

<strong>zwei</strong>dimensionalen Systems, um die Wellendynamik zu bestimmen. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>in</strong><br />

dem dortigen dusty plasma“, e<strong>in</strong>em Kolloidsystem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gasentladungsplasma, die<br />

”<br />

Kolloidwechselwirkung nur näherungsweise bekannt; die Ergebnisse werden mit Simulationen<br />

verglichen, während <strong>in</strong> [25] die Daten ohne Fitparameter mit e<strong>in</strong>er elementaren<br />

Theorie verglichen werden. Ferner ist die Temperatur des dusty plasma“ nicht wohldef<strong>in</strong>iert<br />

<strong>und</strong> es gibt ke<strong>in</strong>e Abschätzung über die Auslenkung der Kolloide <strong>in</strong> die dritte<br />

”<br />

Dimension. Insofern kann <strong>in</strong> [35, 36] nicht von e<strong>in</strong>em System im thermodynamischen<br />

Gleichgewicht gesprochen werden.<br />

43


4<br />

Renormierung der<br />

Kopplungskonstanten<br />

Im vorigen Kapitel wurde gezeigt, wie sich für e<strong>in</strong>en kolloidalen Kristall die elastischen<br />

Module aus den Fluktuationen der Partikel bestimmen lassen. Hier wird untersucht, wie<br />

sich die Module <strong>in</strong> der Nähe des Phasenübergangs kristall<strong>in</strong> → fluid verhalten. E<strong>in</strong>e zentrale<br />

Vorhersage von Nelson <strong>und</strong> Halper<strong>in</strong> [3] ist, dass Youngs-Modul K R (T ), welcher<br />

sich aus den Lamé-Koeffizienten zusammensetzt, am Phasenübergang den universellen<br />

Wert 16π annimmt. Im Folgenden wird das Schmelzszenario e<strong>in</strong>es <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Kristalls skizziert. Übersichtsartikel zu diesem Thema s<strong>in</strong>d von Strandburg [37] sowie<br />

Glaser <strong>und</strong> Clark [38] erschienen.<br />

4.1 KTHNY-Theorie<br />

Die Theorie des <strong>Schmelzen</strong>s <strong>in</strong> 2d wird nach ihren Entwicklern Kosterlitz, Thouless,<br />

Halper<strong>in</strong>, Nelson <strong>und</strong> Young abkürzend KTHNY-Theorie genannt. In den frühen Siebzigern<br />

des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts haben Kosterlitz <strong>und</strong> Thouless [39, 1] e<strong>in</strong>e Theorie<br />

für den <strong>zwei</strong>dimensionalen Phasenübergang von suprafluiden Heliumfilmen bzw. den<br />

magnetischen Phasenübergang im <strong>zwei</strong>dimensionalen XY-Modell entwickelt. In beiden<br />

Fällen wird der Übergang durch das Auftreten von topologischen Defekten im<br />

Ordnungsparameter beschrieben, vortices“ genannt, die die Symmetrie des Systems<br />

”<br />

brechen. Die topologischen Defekte bestehen <strong>in</strong> den Gittertheorien aus e<strong>in</strong>em Paar von<br />

Gitterplätzen, deren e<strong>in</strong>er 5 <strong>und</strong> der andere 7 nächste Nachbarn nach Voronoikonstruktion<br />

[40] besitzt. Abbildung (4.1) zeigt e<strong>in</strong>en solchen topologischen Defekt, Dislokation<br />

genannt, der durch e<strong>in</strong>en Burgersvektor ⃗ b charakterisiert wird. Young [2] hat mitge-<br />

44


4.1 KTHNY-Theorie<br />

wirkt, diese Theorien auf e<strong>in</strong>e Gittertheorie des 2d-<strong>Schmelzen</strong>s für unterschiedliche<br />

radiale <strong>und</strong> angulare Kopplungsstärken der Dislokationen zu erweitern.<br />

Abbildung 4.1: E<strong>in</strong>e Dislokation ist e<strong>in</strong>e Verzerrung des<br />

hexagonalen Gitters, bei der <strong>zwei</strong> Gitterplätze 5 (grün)<br />

bzw. 7 (orange) nächste Nachbarn haben. Auf dem Gitterplatz<br />

mit fünf nächsten Nachbarn enden <strong>zwei</strong> Gitterl<strong>in</strong>ien<br />

(rot), die im 60 ◦ W<strong>in</strong>kel zue<strong>in</strong>ander stehen. Der Burgersvektor<br />

⃗ b ist blau e<strong>in</strong>gezeichnet.<br />

Zu ihrer Erzeugung muß e<strong>in</strong>e Energie E aufgewendet werden, die sich aus der Deformation<br />

des umliegenden Gitters berechnen läßt, wenn man e<strong>in</strong>e ideale hexagonale Umgebung<br />

annimmt, d.h. ke<strong>in</strong>e anderen Dislokationen vorhanden s<strong>in</strong>d. Betrachtet man nur<br />

den Anteil der re<strong>in</strong>en Scherung zur Energie <strong>und</strong> sei die Verzerrung u über den Kreisr<strong>in</strong>g<br />

aus Abbildung (4.2) homogen, entsprechend u = b/2πr, gilt:<br />

∫ L<br />

∫<br />

1<br />

L<br />

( )<br />

E =<br />

2 µ · 1 µb 2<br />

u2 2πr dr =<br />

2 (2πr) 2πr dr = b2 µ L 2 4π ln + E C<br />

a<br />

. (4.1)<br />

a<br />

a<br />

Die Variablen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abbildung (4.2) def<strong>in</strong>iert. Die Energie e<strong>in</strong>er Dislokation divergiert<br />

logarithmisch mit der Systemgröße L. Zur Integration muß e<strong>in</strong> unterer Schwellwert a<br />

e<strong>in</strong>geführt werden, um die negative Divergenz des Logarithmus auszuschließen. Dies<br />

korrespondiert mit dem Umstand, dass auf Längenskalen der Gitterkonstanten ke<strong>in</strong>e<br />

Elastizitätskont<strong>in</strong>uumstheorie mehr angewendet werden kann. Die Energie E C der Verzerrung<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Kreises mit Radius a wird ”<br />

Core-Energie“ genannt.<br />

E<strong>in</strong>e exakte<br />

Berechnung der Energie e<strong>in</strong>er Dislokation im idealen hexagonalen Gitter <strong>in</strong>klusive der<br />

Kompressionsenergie liefert:<br />

(<br />

E = b2 µ(λ + µ) L<br />

2π λ + 2µ ln a<br />

)<br />

+ E C . (4.2)<br />

Abbildung 4.2: Def<strong>in</strong>ition der Variablen zur Berechnung der Energie<br />

e<strong>in</strong>er Dislokation. Innerhalb des Kreises mit Radius a kann ke<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uumstheorie<br />

angewendet werden, der Beitrag der Verzerrungsenergie<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Kreises wird <strong>in</strong> der ”<br />

Core-Energie“ zusammengefasst.<br />

45


Renormierung der Kopplungskonstanten Kapitel 4<br />

S<strong>in</strong>d mehrere Dislokationen im Kristall angeregt, wird die Betrachtung deutlich komplizierter,<br />

<strong>in</strong>sbesondere muss der vektorielle Charakter, gegeben durch den Burgersvektor,<br />

<strong>in</strong> der Wechselwirkung zwischen den Dislokationen berücksichtigt werden,<br />

E Disl = − K 8π k BT ∑ R≠ ⃗ R ⃗ ′<br />

∑<br />

+E C | ⃗ b( R)| ⃗ 2 .<br />

R<br />

[<br />

⃗ b( ⃗ R) ·⃗ b( ⃗ R ′ ) ln<br />

(<br />

| R ⃗ − R ⃗ )<br />

′ |<br />

− ⃗ b( R) ⃗ · ( R ⃗ − R ⃗ ′ ) ⃗ b( R ⃗ ′ ) · ( R ⃗ − ⃗ ]<br />

R ′ )<br />

a<br />

| R ⃗ − R ⃗ ′ | 2<br />

Dar<strong>in</strong> ist die Kopplungskonstante K e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation der Lamé-Koeffizienten, die<br />

Youngs-Modul genannt wird:<br />

K = 4a2 µ(µ + λ)<br />

k B T 2µ + λ<br />

. (4.3)<br />

Die Hamiltonfunktion des Systems läßt sich nun separieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Term, der nur<br />

die Fluktuationen des Gitters enthält, das frei von topologischen Defekten ist <strong>und</strong><br />

elastizitätstheoretisch beschrieben wird, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Term, der die Nichtanalytizitäten<br />

des Gitters <strong>in</strong> Form der topologischen Defekte be<strong>in</strong>haltet:<br />

H = H Elast + H Dislokation . (4.4)<br />

Dislokationen treten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hexagonalen Kristall <strong>in</strong> erster Ordnung immer paarweise<br />

auf, ∑ ⃗<br />

R ⃗ b( R) ⃗ = 0 (vergleiche Abbildung (4.3)). E<strong>in</strong> Pfad um e<strong>in</strong> entsprechend gerichtetes<br />

Dislokationspaar führt zu ke<strong>in</strong>er Versetzung; die Burgersvektoren heben sich<br />

gegenseitig auf. Unterhalb e<strong>in</strong>er kritischen Temperatur T C1 treten die Dislokationspaare<br />

durch thermische Gitterfluktuationen auf. Sie s<strong>in</strong>d geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> annihilieren auf kurzen<br />

Zeitskalen wieder. Oberhalb der kritischen Temperatur können die Dislokationspaare<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne Dislokationen dissoziieren <strong>und</strong> frei durch die Probe diff<strong>und</strong>ieren. Das Auftreten<br />

der Dislokationen zerstört die Translationssymmetrie. Wird e<strong>in</strong>e Scherspannung<br />

angelegt, entstehen neue Dislokationen, die die Spannung abbauen; der Schermodul der<br />

Probe verschw<strong>in</strong>det. Beide Phänomene ließen Kosterlitz <strong>und</strong> Thouless auf e<strong>in</strong>e fluide<br />

Phase schließen.<br />

4.1.1 Die hexatische Phase<br />

Nelson <strong>und</strong> Halper<strong>in</strong> [3, 41] haben gezeigt, dass diese fluide Phase immer noch Orientierungssymmetrie<br />

besitzt <strong>und</strong> folglich ke<strong>in</strong>e isotrope Flüssigkeit ist. Zur Unterscheidung<br />

von der isotropen Flüssigkeit wird sie hexatische Phase genannt. Für die Charakterisie-<br />

46


4.1 KTHNY-Theorie<br />

Abbildung 4.3: L<strong>in</strong>ks: Aus e<strong>in</strong>em hexagonalen Kristall ist e<strong>in</strong> Dislokationspaar entstanden. E<strong>in</strong>e<br />

Gitterl<strong>in</strong>ie bricht auf <strong>und</strong> endet jeweils an den Gitterplätzen mit 5 nächsten Nachbarn (grün). Die<br />

Gitterplätze mit 7 nächsten Nachbarn (orange) setzen die Gitterl<strong>in</strong>ie fort. Die Burgersvektoren heben<br />

sich gegenseitig auf. Rechts: Das Dislokationspaar ist ause<strong>in</strong>ander diff<strong>und</strong>iert.<br />

rung der Symmetrien werden die Ortskorrelationsfunktion g G <strong>und</strong> die Orientierungskorrelationsfunktion<br />

g 6 benutzt.<br />

g G (|⃗r − ⃗r ′ |) =<br />

〈<br />

exp(iG ⃗ 〉<br />

· [⃗u(⃗r) − ⃗u(⃗r ′ )])<br />

(4.5)<br />

g 6 (|⃗r − ⃗r ′ |) = 〈exp(i6 · [θ(⃗r) − θ(⃗r ′ )])〉 (4.6)<br />

Dar<strong>in</strong> ist G ⃗ e<strong>in</strong> reziproker Gittervektor <strong>und</strong> θ der W<strong>in</strong>kel zwischen der Verb<strong>in</strong>dungsachse<br />

(bond) <strong>zwei</strong>er Kolloide mit e<strong>in</strong>er Referenzachse (z.B. X-Achse). g 6 misst die<br />

Orientierung der bonds <strong>und</strong> damit die Abweichungen von der sechszähligen Symmetrie<br />

des hexagonalen Gitters. Die Ortskorrelationsfunktion e<strong>in</strong>es 2d-Kristalls zerfällt nach<br />

e<strong>in</strong>em Potenzgesetz:<br />

g G (|⃗r|) ∼ r −η ⃗ G mit η ⃗G (T ) = k BT | ⃗ G| 2 (3µ + λ)<br />

4πµ(2µ + λ)<br />

. (4.7)<br />

Verantwortlich hierfür s<strong>in</strong>d die für <strong>zwei</strong>dimensionale Systeme typischen langreichweitigen<br />

Fluktuationen, wie sie <strong>in</strong> Abschnitt (3.1) beschrieben s<strong>in</strong>d. In der isotrop fluiden<br />

Phase zerfällt g G exponentiell, die Translationssymmetrie ist gebrochen. Der kritische<br />

Exponent nimmt am Phasenübergang kristall<strong>in</strong> → hexatisch den Wert η ⃗G (T C1 ) = 0, 33<br />

an.<br />

Die Orientierungskorrelationsfunktion hat im Kristall e<strong>in</strong>en konstanten Wert, <strong>in</strong> der<br />

47


Renormierung der Kopplungskonstanten Kapitel 4<br />

Abbildung 4.4: L<strong>in</strong>ks: Partikel mit 5 nächsten Nachbarn (grün). Rechts: Partikel mit 7 nächsten<br />

Nachbarn (orange)<br />

hexatischen Phase zerfällt sie algebraisch.<br />

g 6 (|⃗r|) ∼ r −η 6<br />

mit η 6 (T ) = 18k BT<br />

πK A (T )<br />

(4.8)<br />

Dar<strong>in</strong> ist K A (T ) die Kopplungskonstante für die Rotationssteifigkeit <strong>und</strong> wird <strong>in</strong> Anlehnung<br />

an die Theorie der flüssigen Kristalle Frank-Konstante genannt. Erst ab e<strong>in</strong>er<br />

<strong>zwei</strong>ten kritischen Temperatur oberhalb der kristall<strong>in</strong>-hexatischen Übergangstemperatur<br />

wird die Orientierungssymmetrie vollständig gebrochen, g 6 zerfällt oberhalb T C2<br />

exponentiell. Am Phasenübergang hexatischen → isotrop flüssig nimmt der kritische<br />

Exponent den Wert η 6 (T C2 ) = 0, 25 an. Verantwortlich hierfür ist e<strong>in</strong>e andere Klasse<br />

von topologischen Defekten, wie sie <strong>in</strong> Abbildung (4.4) dargestellt s<strong>in</strong>d. Oberhalb<br />

T C2 steht genügend thermische Energie zu Verfügung, dass Dislokationen <strong>in</strong> freie Fehlstellen<br />

von Gitterplätzen mit 5 oder 7 nächsten Nachbarn, Diskl<strong>in</strong>ationen genannt,<br />

dissoziieren können. Erst wenn Diskl<strong>in</strong>ationen im System vorhanden s<strong>in</strong>d, wird auch<br />

die Orientierungssymmetrie gebrochen. Der thermodynamische Zustand zwischen der<br />

kristall<strong>in</strong>en <strong>und</strong> der isotrop flüssigen Phase, die hexatische Phase, ist e<strong>in</strong>e Flüssigkeit<br />

bezüglich Scherkräften; der Schermodul <strong>und</strong> die Translationssymmetrie verschw<strong>in</strong>det.<br />

Sie ist aber e<strong>in</strong> Festkörper bezüglich Rotationskräften dessen Orientierungssymmetrie<br />

erhalten ist. Die hexatische Phase ist e<strong>in</strong> Phänomen der reduzierten Geometrie <strong>und</strong><br />

hat <strong>in</strong> drei <strong>Dimensionen</strong> ke<strong>in</strong> Analogon.<br />

4.2 Renormierung der Module<br />

Die kritischen Exponenten s<strong>in</strong>d Funktionen der Lamékoeffizienten. Jene s<strong>in</strong>d jedoch<br />

ke<strong>in</strong>e Konstanten, sondern ändern sich mit der Anzahl der vorhandenen topologischen<br />

48


4.3 Renormierung der Module<br />

Defekte. Je mehr Dislokationen e<strong>in</strong> Kristall enthält, desto größer ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

y = exp(−E C /k B T ) für die Entstehung neuer Dislokationen <strong>und</strong> der Kristall wird<br />

zunehmend weicher. Es lassen sich Rekursionsformeln für die Elastizitätkoeffizienten<br />

<strong>und</strong> die Entstehungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Dislokationen angeben. In der Kont<strong>in</strong>uumstheorie<br />

gibt es ke<strong>in</strong>e typische Längenskala, jedoch lassen sich Aussagen treffen, wie<br />

sich die Module verändern, wenn der Radius für die ”<br />

Core-Energie“ entsprechend a 0<br />

zu a 0 e l bei Invarianz des Hamiltonians transformiert wird. Die Rekursionsformeln für<br />

die Lamé-Koeffizienten, Youngs-Modul sowie die Entstehungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>er<br />

Dislokation lauten:<br />

d¯µ −1 (l)<br />

dl<br />

d [¯µ(l) + ¯λ(l) ] −1<br />

dl<br />

dK −1 (l)<br />

dl<br />

dy(l)<br />

dl<br />

= 3πy 2 (l) · e K(l)<br />

8π<br />

= 3πy 2 (l) · e K(l)<br />

8π<br />

= 3 2 πy2 (l)e K(l)<br />

8π<br />

=<br />

( ) K(l)<br />

I0 + O(y 3 ) (4.9)<br />

8π<br />

[ ( ) ( )]<br />

K(l) K(l)<br />

I 0 − I 1 + O(y 3 ) (4.10)<br />

8π 8π<br />

[ ( ) K(l)<br />

I 0 − 1 ( )] K(l)<br />

8π 2 I 1 + O(y 3 ) (4.11)<br />

8π<br />

( ) K(l)<br />

16π I0 + O(y 3 ). (4.12)<br />

8π<br />

(<br />

2 − K(l) )<br />

y(l) + 2πy 2 (l)e K(l)<br />

8π<br />

Hier s<strong>in</strong>d I 0 <strong>und</strong> I 1 Besselfunktionen <strong>und</strong> die Lamékoeffizienten werden dimensionslos<br />

notiert, ¯µ = µa 2 /k B T <strong>und</strong> ¯λ = λa 2 /k B T . Mit diesen Relationen werden die angegebenen<br />

Größen durch den Beitrag der Dislokationen zur Energie des Gitters renormiert,<br />

¯µ → µ R <strong>und</strong> ¯λ → λ R . Abbildung (4.5) zeigt den Renormierungsfluß <strong>in</strong> der y-K −1<br />

Ebene. Die Renormierungsmethode ist analog dem Formalismus zur Bestimmung der<br />

Elementarladung abzüglich der Vakuumfluktuationen <strong>in</strong> der Quantenelektrodynamik.<br />

Young [2] spricht demnach von der E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er temperaturabhängigen Dielektrizitätskonstanten<br />

bei Annäherung an die Phasenübergangstemperatur.<br />

Abbildung 4.5: Renormierungsfluß der<br />

Kopplungskonstanten K −∞ <strong>und</strong> der Dislokationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

y. Die L<strong>in</strong>ie für y = 0<br />

grenzt an den Bereich der geordneten Phase.<br />

Die gepunktete L<strong>in</strong>ie markiert typische Startpunkte<br />

der Rekursionsrelationen (aus [3]).<br />

Separatrix<br />

Für verschiedene Startpunkte der Rekursion ergeben sich andere Szenarien, die durch<br />

die Separatrix getrennt werden. Unterhalb der Separatrix konvergiert y → 0, dieser<br />

Bereich wird mit der kristall<strong>in</strong>en Phase assoziiert. Oberhalb der Separatrix divergiert<br />

y → ∞ was <strong>in</strong> die hexatische Phase führt. Für T → T C1 tangiert die Separatrix die<br />

L<strong>in</strong>ie y = 0. Youngs-Modul konvergiert zu der universellen Größe K = 16π.<br />

49


Renormierung der Kopplungskonstanten Kapitel 4<br />

4.3 Darstellung der Messergebnisse<br />

In Abschnitt (3.7.3) wurde gezeigt, wie die Fluktuationen der Kolloide um ihre Gleichgewichtslage<br />

im langwelligen Limes mit den Lamé-Koeffizienten zusammenhängen.<br />

Ausgehend von Gleichung (3.24) mit den Lamé-Koeffizienten als Invarianten des isotropen<br />

Elastizitätstensors erhält man [3] im Limes q → 0 :<br />

lim<br />

⃗q→0 q2 〈u ∗ i (⃗q)u j (⃗q)〉 = k [<br />

BT 1<br />

δ ij − µ R + λ R q i q<br />

]<br />

j<br />

v 0 µ R µ R (2µ R + λ R ) q 2<br />

<strong>und</strong> nach Projektion parallel <strong>und</strong> orthogonal zum Wellenvektor:<br />

, (4.13)<br />

v 0 (2µ R + λ R ) (<br />

= lim q 2 〈|u || (⃗q)| 2 〉 ) −1<br />

, (4.14)<br />

k B T<br />

⃗q→0<br />

v 0 µ R<br />

(<br />

= lim q 2 〈|u ⊥ (⃗q)| 2 〉 ) −1<br />

. (4.15)<br />

k B T ⃗q→0<br />

Hier ist jedoch im Gegensatz zu den Gleichungen (3.35, 3.36) jeweils der renormierte<br />

Wert der Lamé-Koeffizienten µ R , λ R e<strong>in</strong>zusetzen. Abbildung (4.6) zeigt wieder die durch<br />

q 2 dividierte Bandstruktur (vergleiche Abschnitt (3.7.3)). Die Berechnung der elastischen<br />

Module e<strong>in</strong>es idealen Gitters bei T = 0 ist mit den roten Pfeilen gekennzeichnet.<br />

Die offenen Quadrate <strong>und</strong> die gefüllten Kreise s<strong>in</strong>d Messungen bei den Wechselwirkungsstärken<br />

Γ = 75 respektive Γ = 125. Durch die Skalierung der Ord<strong>in</strong>ate mit 1/Γ<br />

fallen die Kurven der Kristallmessungen aufe<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> entsprechen den Eigenwerten<br />

der Dynamischen Matrix (gestrichelte L<strong>in</strong>ie). Es s<strong>in</strong>d jeweils die longitud<strong>in</strong>alen (oben)<br />

<strong>und</strong> transversalen (unten) Bänder für die Richtung der q-Vektoren Γ → M <strong>und</strong> Γ → K<br />

zu sehen, so dass pro Wechselwirkungsstärke vier Bänder dargestellt s<strong>in</strong>d. Für den longitud<strong>in</strong>alen<br />

Ast des harten Kristalls Γ = 125 weichen die Messwerte für qa < 0, 8<br />

von den theoretischen Werten ab.<br />

Zur Mittelung der Gleichgewichtslage wurde diesmal die gesamte Messzeit von 2 − 3h<br />

benutzt, um langwellige Fluktuationen nicht abzuseparieren. Es ist klar, dass derart<br />

Effekte der endlichen Systemgröße zunehmend relevant werden, auch wenn der gesamte<br />

Bildausschnitt von 835 × 620 µm 2 zur Analyse der Daten benutzt wurde. Alle<br />

Messungen s<strong>in</strong>d von harten zu zunehmend weichen Kristallen durchgeführt worden. Je<br />

länger der Kristall nach dem Tempern Zeit zum relaxieren hatte, desto kle<strong>in</strong>er wurde<br />

die Abweichung bei kle<strong>in</strong>en ⃗q. Mit zunehmender Messzeit von mehreren Tagen bauen<br />

sich Kristallspannungen ab, die bei der Präparation entstanden s<strong>in</strong>d, was dazu führt,<br />

dass die Fehler des weichen Kristalls bei ⃗q → 0 kle<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d. Die Dreiecke stellen e<strong>in</strong>e<br />

Messung e<strong>in</strong>er isotropen Flüssigkeit bei Γ = 52 dar, es ist nur e<strong>in</strong> transversaler Ast<br />

gezeigt. Der assoziierte Schermodul, der durch die Interpolation der Daten zwischen<br />

0, 8 < qa < 2, 5 für q → 0 erhalten wird 1 , ist e<strong>in</strong>e Größenordnung kle<strong>in</strong>er als im kristal-<br />

1 Die Interpolation ist e<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>eare Regression der Daten zwischen 0, 8 < qa < 2, 5, <strong>in</strong> Abbildung (4.6)<br />

durch e<strong>in</strong>en schwarzen Balken gekennzeichnet.<br />

50


4.3 Darstellung der Messergebnisse<br />

l<strong>in</strong>en Fall <strong>und</strong> korrespondiert mit der Tatsache, dass der Schermodul <strong>in</strong> der Flüssigkeit<br />

verschw<strong>in</strong>den soll.<br />

In Abbildung (4.7) s<strong>in</strong>d die dimensionslos normierten Werte der elastischen Module<br />

2¯µ + ¯λ (oben) <strong>und</strong> ¯µ (unten), wie sie aus der Interpolation der Bandstruktur für q → 0<br />

gewonnen wurden, als Funktion des Wechselwirkungsparameters Γ aufgetragen. Die<br />

schwarzen Datenpunkte s<strong>in</strong>d Module des Kristalls für Γ > Γ m (die Übergangstemperatur<br />

ist <strong>in</strong> [5, 42, 4] zu Γ m = 60 bestimmt worden), die grauen Werte ergeben sich, wenn<br />

das Evaluationsschema <strong>in</strong> der flüssigen Phase Γ < Γ m angewendet wird. In der kristall<strong>in</strong>en<br />

Phase folgen die renormierten Lamé-Koeffizienten <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung der<br />

Theorie von Nelson <strong>und</strong> Halper<strong>in</strong> [3]. Für den Vergleich werden ke<strong>in</strong>erlei Fit-Parameter<br />

angepasst. Die Analyse konvergiert <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n, dass die Werte unabhängig von der<br />

Messdauer s<strong>in</strong>d. Für Γ = 100 s<strong>in</strong>d die Module nur für das erste Drittel der Messzeit<br />

= 125<br />

= 75<br />

= 52<br />

s (q)/ kTq 2<br />

Extrapolation<br />

Abbildung 4.6: Normierte Bandstruktur e<strong>in</strong>es Kristalls für Γ = 75 (Quadrate) <strong>und</strong> Γ = 125 (Kreise).<br />

Die roten Pfeile stellen die normierten Module 2¯µ + ¯λ (oben) <strong>und</strong> ¯µ (unten) dar. Durch die Dreiecke<br />

ist e<strong>in</strong> Band e<strong>in</strong>er Messung bei Γ = 52 dargestellt.<br />

bestimmt worden (rote Quadrate); es ist ke<strong>in</strong>e Abhängigkeit von der Länge der für die<br />

Mittelung der Gleichgewichtslage verwendeten Trajektorie festzustellen. In der flüssigen<br />

Phase ist das nicht der Fall. Für Γ = 49 ist die Analyse ebenfalls getrennt für<br />

die ersten Drittel der Konfigurationen durchgeführt worden (blaue Quadrate). Deutlich<br />

ist e<strong>in</strong>e Abhängigkeit von der Messdauer zu erkennen. In der Flüssigkeit sollte der<br />

Schermodul frequenzabhängig werden, im Limes µ(ω) → 0 für ω → 0. Der nichtver-<br />

51


Renormierung der Kopplungskonstanten Kapitel 4<br />

2<br />

Elastische Module [a / k B<br />

T]<br />

Wechselwirkungsparameter ( )<br />

Abbildung 4.7: Normierte elastische Module als Funktion des Wechselwirkungsparameters Γ. Der<br />

Phasenübergang liegt bei Γ m = 60. Die gestrichelte L<strong>in</strong>ie ist die Vorhersage der Rechnung des idealen<br />

Gitters (Anhang B), 2¯µ+ ¯λ = 3, 806 Γ <strong>und</strong> ¯µ = 0, 346 Γ. Die durchgezogenen L<strong>in</strong>ien s<strong>in</strong>d die Lösungen<br />

der Renormierung, die durch die Rekursionsformeln (4.9-4.10)gegeben s<strong>in</strong>d.<br />

schw<strong>in</strong>dende Schermodul für Γ < Γ m kann als Signatur der endlichen Messzeit t ∼ 1/ω<br />

<strong>in</strong>terpretiert werden. Allerd<strong>in</strong>gs muß gesagt se<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> den Gleichungen (4.14) <strong>und</strong><br />

(4.15) von dem Konzept e<strong>in</strong>es zugr<strong>und</strong>e liegenden Kristallgitters Gebrauch gemacht<br />

wird <strong>und</strong> es nicht klar ist, <strong>in</strong>wieweit das Konzept auf e<strong>in</strong>e Flüssigkeit übertragbar ist.<br />

4.4 Youngs-Modul<br />

Die Rekursionsformel (4.11) renormiert den Youngs-Modul K = 4a2 µ(µ+λ)<br />

k B<br />

. Er ist <strong>in</strong><br />

T 2µ+λ<br />

der Elastizitätstheorie als die Längenänderung e<strong>in</strong>es Stabes unter homogener Kontraktion/Diletation<br />

def<strong>in</strong>iert. Die KTHNY-Theorie sagt voraus, dass diese Größe am Phasenübergang<br />

fest → hexatisch den universellen Wert 16π annimmt. In Abbildung (4.8)<br />

s<strong>in</strong>d die aus den renormierten Lamé-Koeffizienten berechneten Werte für K aufgetragen.<br />

Die dünne gestrichelte L<strong>in</strong>ie ist die Rechnung des idealen Gitters K(Γ) = 1, 258 Γ,<br />

die durchgezogene L<strong>in</strong>ie das Ergebnis der Renormierung entsprechend Gleichung (4.11).<br />

Der Wert 16π ≈ 50, 3 ist als dicke gestrichelte L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>gezeichnet. Die Messungen verifizieren<br />

die Vorhersagen der Renormierung. Die L<strong>in</strong>ie 16π wird bei der Schmelztem-<br />

52


4.5 Vergleich mit anderen Arbeiten<br />

peratur Γ m = 60 getroffen. Das Schmelzszenario von Kosterlitz, Thouless, Halper<strong>in</strong>,<br />

Nelson <strong>und</strong> Young, das auf der Renormierung der Module aufgr<strong>und</strong> der Dissoziation der<br />

Dislokationspaare basiert, wird <strong>in</strong> detaillierten Eigenschaften quantitativ bestätigt [43].<br />

Youngscher Modul (K<br />

R<br />

( ))<br />

Wechselwirkungsparameter ( )<br />

Abbildung 4.8: Youngs-Modul als Funktion der Wechselwirkungsstärke Γ, aus den renormierten<br />

Lamé-Koeffizienten bestimmt (schwarze Punkte). Die dünne gestrichelte L<strong>in</strong>ie ist die Rechnung des<br />

idealen Gitters, die durchgezogene L<strong>in</strong>ie ist das Ergebnis der Renormierungstheorie. Der Wert 16π<br />

ist als dicke gestrichelte L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>gezeichnet. Die Fehlerbalken ergeben sich aus dem Fehler des Y-<br />

Ord<strong>in</strong>atenabschnitts der l<strong>in</strong>earen Regression zwischen 0, 8 < qa < 2, 5 aus Abbildung (4.7).<br />

4.5 Vergleich mit anderen Arbeiten<br />

Die Theorie des <strong>zwei</strong>stufigen <strong>Schmelzen</strong>s von Nelson <strong>und</strong> Halper<strong>in</strong> hatte e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />

Debatte ausgelöst. Grimes <strong>und</strong> Adams [44] haben als erste e<strong>in</strong>en Phasenübergang zu<br />

e<strong>in</strong>em Wignerkristall <strong>in</strong> 2d an e<strong>in</strong>em Elektronensystem auf kryogenem Helium nachgewiesen.<br />

Die Existenz e<strong>in</strong>er anisotropen fluiden Phase blieb an Elektronensystemen<br />

bisher ungeklärt. Arbeiten an Edelgasatomen auf Substraten, meist Graphit, be<strong>in</strong>halten<br />

immer den E<strong>in</strong>fluss des Substrates, der den Zerfall der Orientierungssymmetrie<br />

<strong>in</strong> der Hochtemperaturphase verh<strong>in</strong>dert. Ähnlich verhält es sich mit flüssigen Kristallen,<br />

die mit Röntgenstreuung untersucht wurden. Mehrere smektische Molekülschichten<br />

wechselwirken untere<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> bilden ke<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es <strong>zwei</strong>dimensionales System; der Pha-<br />

53


Renormierung der Kopplungskonstanten Kapitel 4<br />

senübergang hat 3d-Charakter <strong>und</strong> der Symmetriebruch entspricht nicht dem KTHNY-<br />

Szenario.<br />

Zweidimensionale kolloidale Systeme haben gegenüber atomaren oder elektronischen<br />

Systemen den immensen Vorteil, dass die Trajektorien der Partikel auf relevanten<br />

Zeitskalen direkt beobachtet werden können. Arbeiten an geladenen Kolloiden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

dünnen Schicht wässriger Lösung wurden von Murray [45], Kusner [46] <strong>und</strong> Marcus<br />

[47, 48] durchgeführt. Der Nachteil gegenüber den Systemen superparamagnetischer<br />

Kolloide an e<strong>in</strong>er Wasser-Luft Grenzfläche liegt <strong>in</strong> dem ungenau bekannten, durch Gegenionen<br />

abgeschirmte Coulombpotential <strong>und</strong> dem Substrate<strong>in</strong>fluß der begrenzenden<br />

Flächen. E<strong>in</strong>en überzeugenden Nachweis der hexatischen Phase lieferte K. Zahn <strong>in</strong> [4, 5].<br />

Computersimulationen [37, 49, 50, 51, 52, 53] lieferten lange Zeit ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Bild<br />

<strong>und</strong> tendierten anfangs zu e<strong>in</strong>em Phasenübergang erster Ordnung. Laut Saito [54] <strong>und</strong><br />

Chui [55] hängt die Art des Phasenübergangs von der Größe der Core-Energie“ ab:<br />

”<br />

Für E C > 2, 8 k B T C1 zeigt das System KTHNY-Verhalten, für E C < 2, 8 k B T C1 ist die<br />

Entstehung von vielen Dislokationspaaren gegenüber ihrer Dissoziation bevorzugt; die<br />

Dislokationspaare ordnen sich derart <strong>in</strong> Ketten an, dass sie Korngrenzen bilden <strong>und</strong><br />

der Phasenübergang von erster Ordnung ist.<br />

Theoretische Arbeiten zu Schermodulen <strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionalen Systemen existieren für<br />

Elektronen auf Helium von Fisher [56] <strong>und</strong> für Lennard-Jones-Systeme von Morales<br />

[57]. Simulationen für hard-core <strong>und</strong> Lennard-Jones Potentiale hat Sengupta [58, 59]<br />

durchgeführt. A. Wille [6, 60] hat die Lamé-Koeffizienten bestimmt, <strong>in</strong>dem er mit e<strong>in</strong>em<br />

optischen Tweezer lokal das Gitter verzerrte <strong>und</strong> aus den Relaxationszeiten die Rückstellkräfte<br />

bestimmte. Problem hierbei stellt e<strong>in</strong>erseits die hydrodynamische Wechselwirkung<br />

bei korrelierter Bewegungen der Kolloide, andererseits das der lokalen Messung<br />

dar. Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass e<strong>in</strong> Kolloid zu e<strong>in</strong>er Dislokation gehört, liegt<br />

auch kurz vor dem <strong>Schmelzen</strong> nur bei 1%. Es tritt die Schwierigkeit auf, von wenigen<br />

Kolloiden auf das Kont<strong>in</strong>uum zu schließen <strong>und</strong> gleichzeitig den E<strong>in</strong>fluß der Dislokationen<br />

korrekt zu erfassen. Mit der Methode der lokalen Verzerrung mittels optischen<br />

Tweezers konnte die Renormierung der elastischen Konstanten, das weich werden des<br />

Kristalls am Phasenübergang, nicht h<strong>in</strong>reichend erfasst werden.<br />

E<strong>in</strong>e andere Methode ist, die Kolloide nicht aktiv auszulenken, sondern thermische<br />

Fluktuationen zu betrachten. Entsprechend der Onsagerschen Regressionsannahme,<br />

zerfällt die zeitliche Autokorrelation der Fluktuationen entsprechend der Greensfunktion<br />

[61, 62]. Das System weiß“ nicht, ob es aktiv ausgelenkt wurde, oder ob die Auslenkung<br />

Ergebnis e<strong>in</strong>er Fluktuation ist. In [63] s<strong>in</strong>d experimentelle Daten mit der Methode<br />

”<br />

von Sengupta analysiert worden. Analog [43] wird das Äquipartitionstheorem benutzt,<br />

um das Potential e<strong>in</strong>es Kolloids <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gleichgewichtslage zu bestimmen <strong>und</strong> daraus<br />

auf die elastischen Module zu schließen. Es wurden <strong>in</strong>dividuelle Fluktuationen gemes-<br />

54


4.5 Vergleich mit anderen Arbeiten<br />

sen, um die elastischen Module der Kont<strong>in</strong>uumstheorie zu berechnen. Die Methode<br />

zeigt e<strong>in</strong>e starke Abhängigkeit von der Systemgröße <strong>und</strong> die Lamé-Koeffizienten werden<br />

durch Extrapolation L → ∞ gewonnen, wobei L die Systemgröße ist. Ihr liegt<br />

ebenfalls die Annahme e<strong>in</strong>es idealen Gitters zu Gr<strong>und</strong>e <strong>und</strong> die elastischen Module<br />

werden im Tieftemperaturbereich sehr gut reproduziert. Die Renormierung der Module<br />

wurde mit jener Methode nicht gezeigt.<br />

55


5<br />

Existenz der hexatischen Phasen beim<br />

E<strong>in</strong>frieren<br />

Die von K. Zahn <strong>in</strong> [4, 5] veröffentlichten Ergebnisse über den <strong>zwei</strong>stufigen Phasenübergang<br />

s<strong>in</strong>d ausnahmslos Schmelzszenarien. Wenn e<strong>in</strong> fehlstellenfreier Kristall präpariert<br />

war, wurde der Wechselwirkungsparameter Γ sukzessive reduziert <strong>und</strong> die jeweiligen<br />

Ordnungsparameter des Kolloidsystems berechnet, bis das System <strong>in</strong> der isotrop flüssigen<br />

Phase war. Die Präparation be<strong>in</strong>haltete e<strong>in</strong>e mehrtägige bis mehrwöchige Phase, <strong>in</strong><br />

der Fehlstellen des Kristalls ausheilen konnten. Nach dem Probene<strong>in</strong>bau <strong>und</strong> Anschalten<br />

des Magnetfeldes existieren isolierte Dislokationen <strong>in</strong> der Probe, die zum Abbau<br />

von Scherspannungen auftreten, die während des E<strong>in</strong>justierens unvermeidlich s<strong>in</strong>d. Erst<br />

unter idealen Kristallbed<strong>in</strong>gungen wurde mit Messungen begonnen.<br />

5.1 Kühlratenabhängige Hysterese des Phasenübergangs<br />

Im Gegensatz zu [4, 5] s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> [64] Messungen bei steigendem Wechselwirkungsparameter<br />

beschrieben; aus der flüssigen Phase ist e<strong>in</strong> Kristall erzeugt <strong>und</strong> für die jeweiligen<br />

Zwischenstufen s<strong>in</strong>d die Korrelationslängen ξ G <strong>und</strong> ξ 6 berechnet worden, mit<br />

G g ∼ e −r/ξ G<br />

<strong>und</strong> G 6 ∼ e −r/ξ 6<br />

. In Abbildung (5.1) s<strong>in</strong>d die reziproken Korrelationslängen<br />

als Funktion des reziproken Wechselwirkungsparameters aufgetragen. Von e<strong>in</strong>em Kristall<br />

ausgehend Γ −1 < 0, 0166, wo für die reziproken Korrelationslängen ξ −1<br />

g/6 ≪ 1 gilt,<br />

wird die Systemtemperatur bis auf Γ −1 = 0, 026 erhöht. Bei Γ −1<br />

C1<br />

(durch e<strong>in</strong>en roten Balken<br />

gekennzeichnet) wächst ξ −1<br />

G<br />

Bei Γ −1<br />

C2<br />

drastisch an, die Ortskorrelationslänge verschw<strong>in</strong>det.<br />

verschw<strong>in</strong>det auch die Orientierungskorrelationslänge. Wird nach Erreichen<br />

56


5.1 Kühlratenabhängige Hysterese des Phasenübergangs<br />

-1 -1<br />

C1<br />

C2<br />

Abbildung 5.1: Hysterese der Phasenübergänge als Funktion der Temperatur T ∝ Γ −1 . Ordnungsparameter<br />

s<strong>in</strong>d die reziproken Korrelationslängen ξ G , ξ 6 . Für ξ i = 0 s<strong>in</strong>d die jeweiligen Ordnungen<br />

erhalten. Die Pfeile zeigen den zeitlichen Verlauf an; e<strong>in</strong> Kristall wurde geschmolzen, danach wurde die<br />

Flüssigkeit wieder abgekühlt. Als rote Balken s<strong>in</strong>d die Übergangstemperaturen kristall<strong>in</strong> → hexatisch<br />

bei Γ C1 <strong>und</strong> hexatisch → flüssig bei Γ C2 e<strong>in</strong>gezeichnet (aus [64]).<br />

Abbildung 5.2: Die Fläche der Hysteresekurve der Orientierungskorrelationslänge als Funktion der<br />

Kühlrate. Für beliebig kle<strong>in</strong>e Kühlraten bleibt e<strong>in</strong>e endliche Hysterese (aus [64]).<br />

57


Existenz der hexatischen Phasen beim E<strong>in</strong>frieren Kapitel 5<br />

von Γ −1 = 0, 026 die Systemtemperatur wieder reduziert (die Pfeile kennzeichnen die<br />

Richtung der Temperaturänderung), fallen die reziproken Korrelationslängen erst deutlich<br />

unterhalb der Phasenübergangstemperatur fest → hexatisch auf Werte ≪ 1 ab.<br />

Der Phasenübergang zeigt e<strong>in</strong>e deutliche Hysterese. Die Temperatur, bei denen ξ −1<br />

G<br />

<strong>und</strong><br />

ξ6 −1 auf die Hälfte ihrer Maximalwerte gefallen s<strong>in</strong>d, liegt für beide Korrelationslängen<br />

bei Γ −1 ≃ 0, 0166. Die hexatische Phase ist von K. Zahn beim Abkühlen nicht verifizierbar<br />

gewesen [65]. Die Messungen bei s<strong>in</strong>kender Systemtemperatur s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> [64]<br />

für verschiedene Kühlraten wiederholt worden. Abbildung (5.2) zeigt die Fläche der<br />

Hysterese der Orientierungskorrelationslänge als Funktion der Kühlrate. Wird ∂Γ/∂t<br />

gegen null <strong>in</strong>terpoliert, bleibt e<strong>in</strong>e endliche Breite der Hysterese.<br />

5.2 Hexatische Phase beim Abkühlen<br />

Wird die hexatische Phase beim E<strong>in</strong>frieren nicht beobachtet, hat das Konsequenzen für<br />

die Interpretation des KTHNY-Szenarios. Anderson <strong>und</strong> Lekkerkerker berichten, dass<br />

die Phasendiagramme dreidimensionaler Kolloidsysteme signifikant von der Präparation<br />

der Systeme abhängen [66]. In vielen Fällen ist der resultierende Zustand nicht<br />

derjenige mit der niedrigsten kalkulierten Energie. Entweder muß davon ausgegangen<br />

werden, dass das System den Gleichgewichtszustand noch nicht erreicht hat oder die<br />

Energiehyperfläche im Phasenraum mehrere lokale M<strong>in</strong>ima aufweist, die durch h<strong>in</strong>reichende<br />

Energiebarrieren vone<strong>in</strong>ander getrennt s<strong>in</strong>d; das System wäre nicht ergodisch.<br />

Die <strong>in</strong> [66] beschriebenen Kolloidsysteme s<strong>in</strong>d jedoch ausnahmslos ladungsstabilisiert<br />

oder haben harte Kugelwechselwirkung; die Partikelwechselwirkung ist konstant <strong>und</strong><br />

kann nicht <strong>in</strong> situ variiert werden. Die Kolloidsysteme werden durch mechanische<br />

Störung geschmolzen, bis sie e<strong>in</strong>e unterkühlte Flüssigkeit bilden <strong>und</strong> anschließend<br />

schockgefroren ( gequencht“). Das 2d-Kolloidsystem mit Dipolwechselwirkung ist <strong>in</strong> [64]<br />

”<br />

jedoch nicht gequencht worden. Die bisherige Annahme war, dass das System über<br />

Gleichgewichtszustände von e<strong>in</strong>er Phase <strong>in</strong> die andere überführt werden kann. Dann<br />

sollte entsprechend der Zeitumkehr<strong>in</strong>varianz die hexatische Phase auch beim E<strong>in</strong>frieren<br />

verifizierbar se<strong>in</strong>, um von e<strong>in</strong>em echten thermodynamischen Zustand sprechen zu<br />

können.<br />

Mit dem <strong>in</strong> Kapitel (1) <strong>und</strong> (2) beschriebenen Aufbau wurden neue Messungen bei<br />

s<strong>in</strong>kender Systemtemperatur durchgeführt. Als Ordnungsparameter wurde e<strong>in</strong>erseits<br />

die Orientierungskorrelationsfunktion G 6 <strong>und</strong> andererseits der 2d-L<strong>in</strong>demannparameter<br />

bzw. alternativ die Translationskorrelationsfunktion G g benutzt [4];<br />

58


5.2 Hexatische Phase beim Abkühlen<br />

Abbildung 5.3: Orientierungskorrelationsfunktion G 6 als Funktion von Γ. Für η = 0, 25 ist der<br />

kritische Exponent e<strong>in</strong>gezeichnet, unterhalb zerfällt G 6 exponentiell.<br />

5.2.1 Orientierungskorrelationsfunktion G 6 (r)<br />

Abbildung (5.3) zeigt die Orientierungskorrelationsfunktion für verschiedene Γ-Werte<br />

zwischen Γ = 54, 1 <strong>in</strong> der isotropen Flüssigkeit bis Γ = 156, 3 im harten Kristall. Es<br />

ist der gesamte Datensatz der jeweiligen Temperatur zur Analyse verwendet worden.<br />

Die Messzeit betrug für jede Wechselwirkungsstärke 1 h. Wurde die Systemtemperatur<br />

reduziert, ist nach 10 m<strong>in</strong> mit der Messung begonnen worden. Für Γ ≤ 55, 9 zerfällt<br />

G 6 exponentiell (violette <strong>und</strong> dunkelblaue Kurve), für Γ ≥ 57, 7 algebraisch. Die Werte<br />

s<strong>in</strong>d absolut <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit [4, 5] für das Schmelzszenario. Der kritische<br />

Exponent des algebraischen Zerfalls ist mit η = 0, 25 als dunkelgraue Kurve <strong>in</strong> der<br />

doppeltlogarithmischen Darstellung e<strong>in</strong>gezeichnet.<br />

Für Γ > 60 sollte G 6 konstant se<strong>in</strong>. Das ist <strong>in</strong>sbesondere für die Werte von Γ = 156, 3<br />

(schwarz), Γ = 65, 8 (rot) <strong>und</strong> Γ = 65, 3 (grün) nicht der Fall. Es konnte vor der<br />

Messung ke<strong>in</strong> Ausschnitt des <strong>zwei</strong>dimensionalen Systems gef<strong>und</strong>en werden, der frei<br />

von Korngrenzen oder isolierten Dislokationen war. Für Γ = 65, 8 <strong>und</strong> Γ = 65, 3 ist<br />

bei gleicher Magnetfeldstärke direkt h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander gemessen worden. Die Differenz <strong>in</strong><br />

59


Existenz der hexatischen Phasen beim E<strong>in</strong>frieren Kapitel 5<br />

Abbildung 5.4: Kolloidkoord<strong>in</strong>aten der ersten h<strong>und</strong>ert Zeitschritt der <strong>in</strong> Abbildung (5.3) dargestellten<br />

Messungen mit fünf bzw. sieben nächsten Nachbarn. Oben bei Γ = 61, 1 <strong>und</strong> unten bei Γ = 65, 8.<br />

Deutlich ist unten e<strong>in</strong>e Korngrenze auszumachen.<br />

60


5.2 Hexatische Phase beim Abkühlen<br />

Γ ist Folge e<strong>in</strong>er Fluktuation der Teilchenanzahl <strong>und</strong> bed<strong>in</strong>gt den Fehler <strong>in</strong> Γ von ±0, 5.<br />

Die reziproke Kühlrate vergleicht sich mit jenen aus Abbildung (5.2) zu 10 −3 /s, wenn<br />

die 10 m<strong>in</strong> Wartezeit als Equilibrierungsphase zugr<strong>und</strong>e gelegt wird. Wird die Messzeit<br />

> 2 h e<strong>in</strong>bezogen, liegt sie wenigstens e<strong>in</strong>e Größenordnung unter der kle<strong>in</strong>sten Kühlrate<br />

aus [42]. Es ist für Γ = 65, 3 (grün) zu Γ = 65, 8 (rot) ke<strong>in</strong> Effekt e<strong>in</strong>es Ausheilens von<br />

symmetriebrechenden Fehlstellen zu sehen. Im Gegenteil wird aufgr<strong>und</strong> von Dichtefluktuationen,<br />

die Scherspannungen erzeugten, e<strong>in</strong>e Zunahme von Fehlstellen beobachtet.<br />

Die blaue Kurve für Γ = 61, 1 kurz oberhalb der Phasenübergangswechselwirkungsstärke<br />

Γ C1 hexatisch → fest ist <strong>in</strong> guter Genauigkeit <strong>in</strong> der doppeltlogarithmischen Darstellung<br />

als Gerade mit verschw<strong>in</strong>dender Steigung anzunehmen, entsprechend langreichweitiger<br />

Orientierungskorrelation. Für Γ = 59, 5 (hellblau), Γ = 58, 3 (gelb) sowie Γ = 57, 7<br />

(türkis) ist das Kolloidsystem <strong>in</strong> der hexatischen Phase; G 6 zeigt algebraischen Zerfall.<br />

Festzustellen ist, dass für Γ = 57, 7 die Symmetrie besser erhalten ist, als für<br />

Γ = 58, 3 (vergleiche exemplarisch Abbildung (5.4)). Dies wird auf Korngrenzen <strong>und</strong><br />

durch Scherspannung getriebene Dislokationen zurückgeführt. Zu bemerken ist, dass<br />

die Wartezeit von 10 m<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichend zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, um das System im thermischen<br />

Gleichgewicht vorzuf<strong>in</strong>den.<br />

In Abbildung (5.4) s<strong>in</strong>d für die ersten h<strong>und</strong>ert Zeitschritte die Kolloide mit fünf (grün),<br />

sieben (orange) <strong>und</strong> sechs (schwarz) nächsten Nachbarn dargestellt. Für Γ = 61, 1<br />

(blau) aus Abbildung (5.3), s<strong>in</strong>d weniger Fehlstellen zu sehen als für Γ = 65, 8 (rot <strong>in</strong><br />

Abbildung (5.3)), <strong>in</strong>sbesondere zieht sich bei Γ = 65, 8 e<strong>in</strong>e Korngrenze diagonal durch<br />

den Probenausschnitt, die zu e<strong>in</strong>em Zerfall der Korrelation führt. Der verstärkte Zerfall<br />

wegen e<strong>in</strong>er Korngrenze ist jedoch gut von dem algebraischen der flüssigen Phase zu<br />

unterscheiden, da er erst bei zunehmendem Abstand der Partikel statistisch relevant<br />

wird; die Anfangssteigung für r < 4a wird nur leicht modifiziert.<br />

Zusammenfassend liegt der Übergang isotrop flüssig → anisotrop zwischen Γ = 55, 9<br />

<strong>und</strong> Γ = 57, 7.<br />

5.2.2 Translationskorrelationsfunktion G g (r)<br />

Für die Berechnung der Translationskorrelationsfunktion ist wieder der gesamte zu<br />

Verfügung stehende Bildausschnitt verwendet worden. Die Kurve mit dem kritischen<br />

Exponent η = 0, 33 ist <strong>in</strong> der doppeltlogarithmischen Darstellung <strong>in</strong> Abbildung (5.5)<br />

als Gerade e<strong>in</strong>gezeichnet; unterhalb geht der algebraische Zerfall <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en exponenti-<br />

61


Existenz der hexatischen Phasen beim E<strong>in</strong>frieren Kapitel 5<br />

Abbildung 5.5: Translationskorrelationsfunktion G g als Funktion von Γ. Für η = 0, 33 ist der<br />

kritische Exponent e<strong>in</strong>gezeichnet, unterhalb soll der Zerfall von G g der KTHNY-Theorie entsprechend<br />

exponentiell se<strong>in</strong>.<br />

ellen über [4]. Für Γ = 59, 5 (hellblau) wird dieser Wert annähernd reproduziert, für<br />

Γ = 61, 1 (blau) liegt die Kurve darüber, so dass der Übergang anisotrop fluid → kristall<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> diesem Temperaturbereich liegt, konsistent mit [4]. Die Änderungen <strong>in</strong> den<br />

Steigungen der Kurven mit der Temperatur s<strong>in</strong>d jedoch kle<strong>in</strong> <strong>und</strong> ab r = 6a s<strong>in</strong>d die<br />

Kurven nicht mehr glatt, entsprechend der Tatsache, dass die Mittelung der Kurven für<br />

große Abstände e<strong>in</strong>e deutlich schlechtere Statistik hat. Auch <strong>in</strong> [4] ist ab r = 8a e<strong>in</strong>e<br />

Abweichung vom e<strong>in</strong>fach algebraischen Verhalten der Translationskorrelationsfunktion<br />

<strong>in</strong> der kristall<strong>in</strong>en Phase festzustellen. Der Kristall hat für die Messung bei Γ = 61, 1<br />

(blau) e<strong>in</strong>e höhere Symmetrie als für Γ = 65 (rot <strong>und</strong> grün), wie schon an G 6 festgestellt<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> 5.2.1 diskutiert worden ist.<br />

5.2.3 Zeitabhängiger L<strong>in</strong>demannparameter γ L (t)<br />

Abbildung (5.6) zeigt den 2d-L<strong>in</strong>demannparameter γ L (t). Er ist für e<strong>in</strong>e Zeit von<br />

20 m<strong>in</strong> berechnet <strong>und</strong> bleibt im Kristall endlich, während er <strong>in</strong> der fluiden Phase<br />

62


5.2 Hexatische Phase beim Abkühlen<br />

Abbildung 5.6: 2d-L<strong>in</strong>demannparameter γ L als Funktion der Zeit. Im Kristall ist γ L auch für große<br />

Zeiten endlich, <strong>in</strong> der Flüssigkeit divergiert γ L . Der asymptotische Wert const. = 0, 033 am Phasenübergang<br />

fluid → fest ist e<strong>in</strong>gezeichnet.<br />

divergiert. Der Phasenübergang fluid → kristall<strong>in</strong> liegt zwischen Γ ≥ 59, 5 (hellblau)<br />

<strong>und</strong> Γ ≤ 61, 1 (blau) <strong>und</strong> bestätigt die Werte, die sich aus der Translationskorrelationsfunktion<br />

ergeben.<br />

Für die Berechnung des L<strong>in</strong>demannparameters wurde e<strong>in</strong> Unterfenster des zu Verfügung<br />

stehenden Datensatzes gewählt, das frei von Korngrenzen ist. Werden Korngrenzen<br />

bei der Mittelung nicht ausgeschlossen, konvergiert γ L auch <strong>in</strong> der kristall<strong>in</strong>en Phase<br />

nicht. Qualitativ wird die Asymptote const. = 0, 033 erst bei späteren Zeiten geschnitten<br />

(Abbildung (5.7)). Dividiert man die Asymptote mit der auf die Gitterkonstante<br />

a normierten Selbstdiffusionskonstante 1 D 0 /a 2 erhält man e<strong>in</strong>e charakteristische Zeit<br />

von τ ≈ 50 s. Der L<strong>in</strong>demannparameter des Unterfensters für Γ ≤ 61, 1 schneidet<br />

die Asymptote ausnahmslos < 2τ, analog dem Schmelzszenario [5]. Abbildung (5.7)<br />

zeigt für Γ = 65, 3 den L<strong>in</strong>demannparameter für den gesamten Datensatz sowie für<br />

e<strong>in</strong> Unterfenster, das <strong>in</strong> Abbildung (5.8) durch das blaue Rechteck gekennzeichnet<br />

1 D 0 = 0, 11 µm 2 /sec, a = 12, 7 µm<br />

63


Existenz der hexatischen Phasen beim E<strong>in</strong>frieren Kapitel 5<br />

Abbildung 5.7: Der 2d-L<strong>in</strong>demannparameter γ L als Funktion der Zeit für den komplett ausgewerteten<br />

Datensatz sowie e<strong>in</strong> Unterfenster, das frei von Korngrenzen war. Er ist für Γ = 65, 3 (blau <strong>und</strong><br />

grün) sowie für Γ = 65, 8 (hellblau <strong>und</strong> rot) berechnet. Mit Korngrenze konvergiert der L<strong>in</strong>demannparameter<br />

im Kristall nicht.<br />

Abbildung 5.8: Als blaues Rechteck ist der Bereich e<strong>in</strong>gezeichnet, für den <strong>in</strong> Abbildung (5.7) der<br />

L<strong>in</strong>demannparamter für Γ = 65, 3 konvergiert. Für den gesamten Bildausschnitt konvergiert γ L nicht,<br />

analoges gilt für Γ = 65, 8<br />

64


5.3 Quenchen des 2d-Kolloidsystems<br />

<strong>in</strong>cl. Korngrenze<br />

ist. Die Asymptote wird von γL<br />

bei ≈ 8τ geschnitten, was mit der langsamen<br />

Dynamik der Korngrenzen e<strong>in</strong>hergeht. Entsprechend der schlechteren Statistik des<br />

kle<strong>in</strong>eren ausgewerteten Bereiches ist das Rauschen von γ<br />

von γ<br />

<strong>in</strong>cl. Korngrenze<br />

L<br />

excl. Korngrenze<br />

L<br />

größer als das<br />

; es ist jedoch völlig h<strong>in</strong>reichend, um das Verhalten für lange Zeiten<br />

zu kennzeichnen. Werden isolierte, scherspannunggetriebene Dislokationen sowie Korngrenzen<br />

ausgeschlossen, ist lim t→∞ γ L < 0, 033. Thermisch angeregte Dislokationspaare<br />

s<strong>in</strong>d im beobachteten Bereich enthalten <strong>und</strong> nicht explizit ausgeschlossen worden.<br />

5.2.4 Interpretation der Ordnungsparameter<br />

Die Berechnung des L<strong>in</strong>demannparameters ergibt, dass das Kolloidsystem für Γ ≤ 59, 5<br />

nicht mehr <strong>in</strong> der kristall<strong>in</strong>en Phase ist. Die Korrelationsfunktionen zeigen, dass ab<br />

Wechselwirkungsstärken Γ ≥ 59, 5 ke<strong>in</strong>e Translationssymmetrie, wohl aber Orientierungssymmetrie<br />

im System herrscht. Ab Γ ≤ 55, 9 ist auch die Orientierungssymmetrie<br />

gebrochen. Die Existenz der hexatischen Phase ist auch für das E<strong>in</strong>frieren<br />

des Systems gezeigt. Die Übergangstemperatur flüssig → hexatisch liegt zwischen<br />

55, 9 < Γ C2 < 57, 7 <strong>und</strong> die Übergangstemperatur hexatisch → kristall<strong>in</strong> zwischen<br />

59, 5 < Γ C1 < 61, 1, <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Werten des Schmelzszenarios.<br />

5.3 Quenchen des 2d-Kolloidsystems<br />

Mittels des äußeren Magnetfeldes, das <strong>in</strong> den Wechselwirkungsparameter e<strong>in</strong>geht, kann<br />

die Systemtemperatur mit drastischen Änderungsraten variiert werden. Das Kolloidsystem<br />

kann nicht über Gleichgewichtszustände aus der flüssigen <strong>in</strong> die feste Phase<br />

gelangen. Nach e<strong>in</strong>em solchen Quench s<strong>in</strong>d Kristallite zu beobachten, die durch Korngrenzen<br />

vone<strong>in</strong>ander separiert s<strong>in</strong>d. Mit zunehmender Zeit wachsen größere Kristallite<br />

auf Kosten kle<strong>in</strong>erer an. Abbildungen (5.9) <strong>und</strong> (5.10) zeigen das Kolloidsystem vor<br />

e<strong>in</strong>em Quench <strong>und</strong> 14 m<strong>in</strong> nach e<strong>in</strong>em Quench von Γ = 50 auf Γ = 110. Als schwarze<br />

Punkte s<strong>in</strong>d kristallartige Kolloide, als blaue <strong>und</strong> grüne Kolloide s<strong>in</strong>d jene mit 5 respektive<br />

7 nächsten Nachbarn gekennzeichnet. Ob e<strong>in</strong> Kolloid kristallartig ist, entscheidet<br />

sich aus der sechszähligen Koord<strong>in</strong>ationszahl <strong>und</strong> dem Mittel der bond-orientation“<br />

”<br />

der benachbarten Kolloide.<br />

Abbildung (5.10) zeigt den zeitlichen Verlauf der kristallartigen (x-tal) Kolloide <strong>und</strong><br />

jener, die zu e<strong>in</strong>er Korngrenze gehören. Es ist e<strong>in</strong>e ausführliche Reihe von Messungen<br />

mit verschiedenen Abkühlraten durchgeführt worden. Die Kolloidmonolage wurde <strong>in</strong><br />

der isotrop fluiden Phase bei Γ ≈ 20 oder Γ ≈ 50 equilibriert <strong>und</strong> dann auf verschiedene<br />

Werte 61 < Γ Quensch < 300, entsprechend unterschiedlich harter Kristalle, gequencht.<br />

65


Existenz der hexatischen Phasen beim E<strong>in</strong>frieren Kapitel 5<br />

Abbildung 5.9: Partikel mit 5 nächsten Nachbarn (blau) <strong>und</strong> Partikel mit 7 nächsten Nachbarn<br />

(grün) bei Γ = 50 vor dem Quench.<br />

Abbildung 5.10: Partikel mit 5 nächsten Nachbarn (blau) <strong>und</strong> Partikel mit 7 nächsten Nachbarn<br />

(grün), 14 m<strong>in</strong> nach dem Quench auf Γ = 110. Große Kristallite wachsen auf Kosten kle<strong>in</strong>erer.<br />

66


5.3 Quenchen des 2d-Kolloidsystems<br />

Abbildung 5.11: Zeitlicher Verlauf der Anzahl der Partikel mit unterschiedlichen Koord<strong>in</strong>ationszahlen.<br />

Die Anzahl der kristallartigen Partikel nimmt <strong>in</strong> dem Maße zu, wie die Anzahl der Partikel mit<br />

von sechs abweichender Koord<strong>in</strong>ationszahl abnimmt.<br />

E<strong>in</strong>e Analyse, <strong>in</strong>wieweit die Phasenübergangsdynamik unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen homogener<br />

Nukleation entspricht <strong>und</strong> ob gegebenenfalls e<strong>in</strong>e kritische Keimgröße, wie<br />

von U. Gasser für dreidimensionale Kolloidsysteme, angegeben werden kann [67], steht<br />

ebenso aus, wie die Klärung der Frage, ob gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em re<strong>in</strong> repulsiven 2d-<br />

Kolloidsystem e<strong>in</strong> Phasengleichgewicht zwischen flüssiger <strong>und</strong> kristall<strong>in</strong>er Phase gef<strong>und</strong>en<br />

werden kann. Abbildung (5.9) suggeriert, dass schon <strong>in</strong> der flüssigen Phase die<br />

Mehrheit der Kolloide kristallartig vorliegen. Kristallite s<strong>in</strong>d von Ketten aus Dislokationspaaren<br />

vone<strong>in</strong>ander getrennt, die wegen des verschw<strong>in</strong>denden Schermoduls e<strong>in</strong>e<br />

große Mobilität haben. Die Interpretation, ob fluide <strong>und</strong> kristall<strong>in</strong>e Bereiche nebene<strong>in</strong>ander<br />

existieren <strong>und</strong> der Phasenübergang 1. Ordnung ist, ist jedoch sehr sensitiv <strong>in</strong> dem<br />

Kriterium für kristallartige Partikel. Qualitativ kann gesagt werden, dass auch mit den<br />

größten Abkühlraten 2 nie e<strong>in</strong> glasartiger Zustand des monodispersen Kolloidsystems<br />

beobachtet wurde.<br />

2 Die Schaltzeit des Stromkonstanters liegt bei 0, 3 ms, die Zeitkonstante der Spule bei τ I = L/R =<br />

40ms. Da der Strom aktiv geregelt wird <strong>und</strong> im unteren Lastbereich des Stromkonstanters liegt,<br />

lässt sich die Abkühlrate zu ˙Γ ≈ 300/3ms = 10 5 /s abschätzen.<br />

67


6<br />

Kolloidale Masken<br />

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeiten vorgestellt, wie sie im Rahmen<br />

des Sonderforschungsbereiches SFB-513 mit dem Titel Nanostrukturen an Grenz- <strong>und</strong><br />

”<br />

Oberflächen“ durchgeführt wurden. Ziel dieses Teil-Projektes ist die Strukturierung von<br />

Oberflächen mittels selbstorganisierter Anordnung kolloidaler Partikel; e<strong>in</strong>e Monolage<br />

dichtgepackter Kolloide bildet e<strong>in</strong>e hexagonale Struktur, die sich als Maske für weitere<br />

Strukturierungsprozesse, wie beispielsweise das Aufdampfen von metallisch dünnen<br />

Schichten oder für selektive Ätzprozesse, eignet. Erste Arbeiten gehen auf Fischer <strong>und</strong><br />

Z<strong>in</strong>gsheim [68] sowie Deckman <strong>und</strong> Dunsmuir [69] zurück. Sie beruhen darauf, dass<br />

beim E<strong>in</strong>trocknen von Kolloidsuspensionen Kapillarkräfte zu dicht gepackten Strukturen<br />

am Tropfenrand führen [70, 71, 72] <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d ausführlich beschrieben <strong>in</strong> [73].<br />

Da es <strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionalen Systemen bei endlicher Temperatur ke<strong>in</strong>e langreichweitige<br />

Ordnung kristall<strong>in</strong>er Systeme gibt [12], war die Idee, magnetische Kolloide zu verwenden,<br />

deren Wechselwirkung <strong>in</strong> Betrag <strong>und</strong> Richtung vom äußeren Magnetfeld abhängt.<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Ebene des <strong>zwei</strong>dimensionalen Systems liegendes Feld prägt e<strong>in</strong>e langreichweitige<br />

Vorzugsrichtung auf. Mehrere Ansätze wurden verfolgt.<br />

6.1 Anlagerung von Kolloidketten<br />

Trägt man e<strong>in</strong>en Tropfen kolloidaler Suspension auf e<strong>in</strong> Substrat auf, so sedimentieren<br />

die Kolloide zu e<strong>in</strong>er Monolage; die Dichte der Kolloide <strong>in</strong> der Suspension wurde<br />

derart gewählt, dass der Abstand der Kolloide auf dem Substrat im Mittel 1-3 Partikeldurchmesser<br />

beträgt. E<strong>in</strong> Magnetfeld <strong>in</strong> der Ebene der Kolloidmonolage angelegt,<br />

führte zu Kettenbildung der Kolloide. Das Fernfeld der Kolloidketten ist e<strong>in</strong> Dipolfeld,<br />

dessen Achse parallel zur Kettenachse liegt; die Ketten haben e<strong>in</strong>e repulsive Wechsel-<br />

68


6.1 Anlagerung von Kolloidketten<br />

wirkung zwischene<strong>in</strong>ander. Im Nahfeld ist jedoch die Struktur der Kette zu beachten;<br />

die Signatur der e<strong>in</strong>zelnen Kolloide moduliert das Nahfeld der Kette. Haben die Ketten<br />

e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>eren Abstand als 2-3 Partikeldurchmesser <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d sie e<strong>in</strong>en halben Partikeldurchmesser<br />

längs ihrer Achse gegene<strong>in</strong>ander verschoben, besitzen sie e<strong>in</strong>e attraktive<br />

Wechselwirkung. In Abbildung (6.1 l<strong>in</strong>ks) ist die Wechselwirkung <strong>zwei</strong>er Kolloidketten<br />

skizziert. Als Substrat wurde e<strong>in</strong> 1 mm dickes Glasplättchen verwendet, das mit ei-<br />

B(r)<br />

B<br />

weiss: repulsiv<br />

Blau: attraktiv<br />

PMMA<br />

Glas<br />

Abbildung 6.1: Wechselwirkung zwischen Kolloidketten, Schema der Anordnung.<br />

ner PMMA-Schicht 1 kle<strong>in</strong>er 1 µm Dicke versehen war. Die PMMA-Schicht sollte die<br />

Wechselwirkung zwischen Kolloid <strong>und</strong> Substrat m<strong>in</strong>imieren <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbesondere verh<strong>in</strong>dern,<br />

dass die Kolloide adhäsieren. Die Schicht wurde mittels e<strong>in</strong>es Sp<strong>in</strong>coaters 2 aus<br />

10 prozentiger Lösung PMMA <strong>in</strong> Toluol bei ≈ 5000 U/m<strong>in</strong> hergestellt. Die Länge der<br />

Ketten hängt von der Konzentration der Kolloidsuspension ab. Legt man statt e<strong>in</strong>es homogenen<br />

Feldes e<strong>in</strong> Gradientenfeld an, erfahren die Kolloidketten e<strong>in</strong>e zu ihrer Länge<br />

proportionale Kraft; sie driften mit unterschiedlichen Geschw<strong>in</strong>digkeiten zu höheren<br />

Feldstärken h<strong>in</strong>. Lange Ketten können kurze e<strong>in</strong>fangen (Abbildung (6.1 rechts)) <strong>und</strong><br />

Abbildung 6.2: Kolloidale Ketten auf Substrat bei unterschiedlichen Dichten der Kolloidsuspension.<br />

Adhäsion der Ketten am Substrat verh<strong>in</strong>dert e<strong>in</strong>e wohldef<strong>in</strong>ierte Längenverteilung.<br />

sich, wenn sie an Orten großer Gradienten e<strong>in</strong>en kritischen Abstand unterschreiten,<br />

reißverschlußartig ane<strong>in</strong>anderlagern. Allerd<strong>in</strong>gs steigt mit der Kettenlänge die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

dass sie am Substrat adhäsieren; <strong>in</strong> der Regel s<strong>in</strong>d lange Ketten immobil,<br />

1 Polymethylmetacrylat, bzw. Plexiglas R<br />

2 Sp<strong>in</strong> Coater SC-30, Novocontrol GmbH, H<strong>und</strong>sangen; www.novocontrol.com<br />

69


Kolloidale Masken Kapitel 6<br />

weshalb sich die Methode nicht eignet, um e<strong>in</strong>e dichtgepackte Monolage von Kolloiden<br />

zu erzeugen (vergleiche Abbildung (6.2)). Als Vergleich s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abbildung (6.3)<br />

Kolloidketten gezeigt, die im Versuchsaufbau von K. Zahn [4, 74] an e<strong>in</strong>er Wasser-Luft<br />

Grenzfläche erzeugt wurden. Die Ketten s<strong>in</strong>d aus e<strong>in</strong>em hexagonalen Kristall gezogen<br />

<strong>und</strong> äquidistant. Ihre Mobilität wird nicht durch e<strong>in</strong> Substrat beh<strong>in</strong>dert.<br />

Abbildung 6.3: Kolloidketten<br />

an e<strong>in</strong>er Wasser-Luft<br />

Grenzfläche, aus e<strong>in</strong>em hexagonalen<br />

Kristall gezogen.<br />

6.1.1 Anlagerung von Kolloiden im rotierenden B-Feld<br />

Werden vertikale <strong>und</strong> horizontale Magnetfelder superponiert, lassen sich räumlich detailreichere<br />

Wechselwirkungen realisieren. Abbildung (6.4 rechts) zeigt die Energiefläche<br />

für e<strong>in</strong> Kolloid <strong>in</strong> der Umgebung e<strong>in</strong>es weiteren Kolloids bei verkippten Magnetfeldern.<br />

Je stärker die Horizontalkomponente ist, desto tiefer s<strong>in</strong>d die Energiem<strong>in</strong>ima. Läßt<br />

man die Horizontalkomponente mittels <strong>zwei</strong>er Helmholzspulenpaare mit e<strong>in</strong>er h<strong>in</strong>reichend<br />

hohen Frequenz rotieren, sehen die Kolloide e<strong>in</strong> isotropes Potentialm<strong>in</strong>imum <strong>in</strong><br />

der Nähe e<strong>in</strong>es weiteren Kolloides; die Kolloide ziehen sich gegenseitig an (Abbildung<br />

(6.4)). Da jedoch auch Helmholzspulenpaare über e<strong>in</strong> ausgedehntes Volumen zwischen<br />

den Spulen e<strong>in</strong>en Feldgradienten haben, der aus der Mitte des Spulenpaares heraus<br />

zeigt, drifteten die Kolloide aus der Probenmitte heraus an den Rand der Probenzelle.<br />

Es ließ sich mit dieser Methode ke<strong>in</strong>e dichtgepackte Monolage von Kolloiden erzeugen.<br />

B( t)<br />

Abbildung 6.4: Potentialfläche <strong>in</strong> der <strong>zwei</strong>dimensionalen Ebene um e<strong>in</strong> Kolloid herum bei Überlagerung<br />

e<strong>in</strong>es vertikalen <strong>und</strong> horizontalen Magnetfeldes (rechts). Rotiert die Horizontalkomponente<br />

h<strong>in</strong>reichend schnell, erfahren die Kolloide e<strong>in</strong>e attraktive Wechselwirkung (l<strong>in</strong>ks).<br />

70


6.2 Kompression auf gekrümmtem Substrat<br />

6.2 Kompression auf gekrümmtem Substrat<br />

Ziel dieser Methode war, die Gewichtskraft der verwendeten Kolloide auszunutzen. Dazu<br />

wurde e<strong>in</strong> hexagonaler Kristall auf e<strong>in</strong>em konkav gekrümmten Substrat gezüchtet.<br />

Als Substrat fand e<strong>in</strong> 20 · 20 mm 2 großes Plexiglasplättchen von 2 mm Dicke Verwendung.<br />

Die konkave Form wurde mittels e<strong>in</strong>er bikonvexen optischen Glasl<strong>in</strong>se, die<br />

als Stempel diente, erzeugt; die L<strong>in</strong>se wurde mittig auf das Plexiglasplättchen gelegt,<br />

mit ≈ 100 N belastet <strong>und</strong> für 30 m<strong>in</strong> auf 150 ◦ C (<strong>in</strong> die Nähe der Glastemperatur<br />

des Plexiglases) erhitzt. Die Form der L<strong>in</strong>se prägt sich als Negativ dem Substrat auf,<br />

F g<br />

F t<br />

PMMA<br />

B<br />

Skizze des konkaven Substrates <strong>und</strong> der isotropen Kompression der Kolloidmono-<br />

Abbildung 6.5:<br />

lage.<br />

dabei bleibt die Oberfläche optisch glatt. Nach dem Aufbr<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>es Tropfens Kolloidsuspension<br />

wurde e<strong>in</strong> vertikales Magnetfeld angelegt, um e<strong>in</strong>en kolloidalen Kristall zu<br />

züchten. Die Krümmung der Substratoberfläche führte dazu, dass bei Reduktion des<br />

Magnetfeldes <strong>und</strong> damit abnehmender repulsiver Wechselwirkung der Kristall isotrop<br />

komprimiert wurde (Abbildung (6.5)).<br />

In der Horizontalen wurde e<strong>in</strong> magnetisches Wechselfeld angelegt, um den Kolloidkristall<br />

zu tempern <strong>und</strong> um e<strong>in</strong>e Vorzugsrichtung aufzuprägen. Nachteilig wirkte sich<br />

dabei allerd<strong>in</strong>gs aus, dass sich die Kristallordnung entsprechend der Vorzugsrichtung<br />

erst ausbildet, wenn die Gitterachsen des Kristalls anisotrop s<strong>in</strong>d. Bei Reduktion des<br />

Horizontalfeldes ist e<strong>in</strong>e makroskopische Verformung des Kristalls die Folge (vergleiche<br />

[75]), die zu e<strong>in</strong>em Teilchenfluß <strong>in</strong>sbesondere am Rand des Kolloidkristalls führt,<br />

der die langreichweitige kristall<strong>in</strong>e Ordnung dort zerstört <strong>und</strong> bis <strong>in</strong> die Probenmitte<br />

Korngrenzen erzeugt.<br />

Der große Vorteil der Methode ist jedoch, dass Fehlstellen des hexagonalen Kristalls,<br />

wie Diskl<strong>in</strong>ationen <strong>und</strong> Dislokationen e<strong>in</strong>e endliche Mobilität haben <strong>und</strong> ausheilen<br />

können, solange die Monolage noch nicht dicht gepackt ist. Bei e<strong>in</strong>er dichtgepackten<br />

Monolage s<strong>in</strong>d die Fehlstellen e<strong>in</strong>gefroren. Darüberh<strong>in</strong>aus ist die Kolloiddichte am<br />

tiefsten Punkt, <strong>in</strong> der Mitte der Probe größer als am Rand; Kristallite <strong>in</strong> der Mitte<br />

wachsen auf Kosten ihrer Nachbarn, Korngrenzen wandern zu Orten kle<strong>in</strong>erer Kolloid-<br />

71


Kolloidale Masken Kapitel 6<br />

dichte. Abbildung (6.6) zeigt e<strong>in</strong>e kolloidale Maske auf e<strong>in</strong>em gekrümmten PMMA-<br />

Substrat. Deutlich ist die Vorzugsrichtung entlang der Bilddiagonalen zu sehen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

enthält der Kristall viele Fehlstellen. Diese s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits auf den Substrate<strong>in</strong>fluß<br />

zurückzuführen, andererseits auf die Stärke der Krümmung des Substrates (es wurden<br />

Bikonvexl<strong>in</strong>sen zwischen 50 mm bis 250 mm Brennweite als Stempel verwendet). Selbst<br />

m<br />

50m<br />

Abbildung 6.6: Kolloidale Maske auf e<strong>in</strong>em gekrümmten PMMA-Substrat. Die hellen Punkte s<strong>in</strong>d<br />

nichtbesetzte Gitterplätze.<br />

bei der kle<strong>in</strong>sten verwendeten Krümmung (250 mm Brennweite des Stempels) war die<br />

gravitative Wechselwirkung der Kolloide <strong>und</strong> damit die Kompressionsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

des Kristalls so groß, dass die repulsive magnetische Wechselwirkung schnell von der<br />

hard-core Wechselwirkung abgelöst wurde. Häufigste Fehlstellen s<strong>in</strong>d denn auch die<br />

unbesetzten Gitterplätze (helle Punkte <strong>in</strong> Abbildung (6.6)), wie sie <strong>in</strong> hard-core <strong>und</strong><br />

Lennard-Jones Kolloidsystemen typisch s<strong>in</strong>d [38].<br />

6.3 Kompression auf Wasser-Luft Grenzfläche<br />

Um den Substrate<strong>in</strong>fluß zu m<strong>in</strong>imieren, sowie um die Krümmung der Monolage zu<br />

kontrollieren, wurde auf die Wasser-Luft Grenzfläche des hängenden Tropfens zurück-<br />

72


6.3 Kompression auf Wasser-Luft Grenzfläche<br />

gegriffen (Kapitel 1, 2). Die Grenzfläche ist atomar glatt <strong>und</strong> ihre Position kann auf<br />

± 250 nm e<strong>in</strong>gestellt werden. Damit ist die Kompressionsgeschw<strong>in</strong>digkeit e<strong>in</strong>stellbar<br />

<strong>und</strong> kann so langsam gewählt werden, dass Fehlstellen ausheilen können. Abbildung<br />

(6.7) zeigt e<strong>in</strong>e Skizze der Probengeometrie, Abbildung (6.8) e<strong>in</strong>e Mikroskopaufnahme<br />

e<strong>in</strong>er fehlstellenfreien kolloidalen Maske. Der Bildausschnitt beträgt 130 · 130 µm 2 ,<br />

Wasser<br />

H<br />

Luft<br />

m<br />

F g<br />

Abbildung 6.7: Skizze der Wechselwirkungen der Kolloide an e<strong>in</strong>er gekrümmten Wasser-Luft Grenzfläche.<br />

Repulsiv aufgr<strong>und</strong> des vertikalen Magnetfeldes, attraktiv durch Sedimentation an gekrümmter<br />

Grenzfläche.<br />

die Größe der Maske hängt von der Größe der zyl<strong>in</strong>drischen Bohrung der Glasküvette<br />

(Durchmesser 8 mm) <strong>und</strong> der Dichte der Kolloide <strong>in</strong> der Suspension ab. Die Dichte<br />

wurde derart gewählt, dass der Partikelabstand im Kristall vor der Komprimierung<br />

≈ 12 µm betrug, um h<strong>in</strong>reichende Mobilität der Fehlstellen zu gewährleisten <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

Übere<strong>in</strong>anderspr<strong>in</strong>gen der Kolloide zu verh<strong>in</strong>dern (entspricht ca. 3 · 10 5 Kolloiden <strong>in</strong><br />

der gesamten Probe). Nach Kompression der Kolloide (Partikeldurchmesser 4, 5 µm)<br />

kann daraus e<strong>in</strong>e Maske von ca. 2 mm erzeugt werden. Zum Tempern wurde ke<strong>in</strong><br />

horizontales Wechselfeld verwendet, sondern der Wechselwirkungsparameter Γ bzw.<br />

die Teilchenzahl im beobachteten Bildausschnitt um e<strong>in</strong>ige Prozent variiert (vergleiche<br />

Kapitel 1). Die Methode stellt e<strong>in</strong>e Möglichkeit dar, selbstorganisiert Grenzflächen<br />

im Mikrometerbereich zu strukturieren. Nach Transfer auf e<strong>in</strong> festes Substrat bietet<br />

sie die Möglichkeit, e<strong>in</strong>e Oberfläche parallel zu beschreiben, im Gegensatz zu sequenziellen<br />

Schreibmethoden wie Elektronen- oder Ionenlithographie. Die Herstellung e<strong>in</strong>er<br />

Maske ist jedoch aufwendig <strong>und</strong> benötigte e<strong>in</strong>e Zeitspanne von mehreren Tagen,<br />

bis e<strong>in</strong> fehlstellenfreier Kristall entsprechender Größe gewachsen ist. Die M<strong>in</strong>iaturisierung<br />

des Systems Richtung Submikrometerstrukturen gestaltet sich schwierig, da<br />

gravitative Kräfte zu Bildung e<strong>in</strong>es <strong>zwei</strong>dimensionalen Systems benutzt werden. Zwar<br />

ist es möglich, geladene Kolloide mittels geladener Lipidmonolagen an e<strong>in</strong>er Wasser-<br />

73


Kolloidale Masken Kapitel 6<br />

Luft Grenzfläche zu b<strong>in</strong>den [76], um e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionales System zu erzeugen, als<br />

komprimierende Wechselwirkung scheidet sie aber aus. Der Aufwand rechtfertigt sich<br />

nur, falls ke<strong>in</strong>e Serienfertigung von Masken das Ziel ist, sondern wenige Masken für<br />

sehr spezielle Anwendung benötigt werden. Als Beispiel sei die Fertigung e<strong>in</strong>es dreidimensionalen<br />

dichtgepackten Kolloidkristalls, welcher aus mehreren <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Kolloidmasken aufgebaut ist, genannt. Dieser ist zum Beispiel für die Herstellung Photonischer<br />

Kristalle von Interesse.<br />

Abbildung 6.8: 125 · 125 µm 2 großer, fehlstellenfreier Bildausschnitt e<strong>in</strong>er kolloidalen Maske an<br />

e<strong>in</strong>er Wasser-Luft Grenzfläche; die dunklen R<strong>in</strong>ge mit dem großen hellen Punkte s<strong>in</strong>d die Kolloide<br />

<strong>in</strong> Durchlichtgeometrie beobachtet, die kle<strong>in</strong>en hellen Punkte s<strong>in</strong>d die freien Zwickel zwischen den<br />

Kolloiden.<br />

74


7<br />

Ferrofluide<br />

Die <strong>in</strong> diesem Kapitel beschriebenen Arbeiten s<strong>in</strong>d im Rahmen des Schwerpunktprogramms<br />

SPP-1104 Ferrofluide entstanden. Zielsetzung zur Zeit der Antragstellung<br />

war, e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionales kolloidales System zu etablieren, bei dem man nicht auf<br />

die superparamagnetischen Kolloide e<strong>in</strong>es Herstellers angewiesen ist. Insbesonders für<br />

Untersuchungen an b<strong>in</strong>ären Mischungen von Kolloiden, bei denen <strong>zwei</strong> verschiedene<br />

Partikelarten verwendet werden, ist es von Interesse, e<strong>in</strong>e Vielzahl von verschiedenen<br />

Verhältnissen der Wechselwirkungsstärke <strong>und</strong> Radien der Kolloide zur Verfügung zu<br />

haben.<br />

Luft<br />

Ferrofluid<br />

Abbildung 7.1: Kolloide schwimmen im wasserbasierten Ferrofluid obenauf.<br />

B<strong>in</strong>äre <strong>zwei</strong>dimensionale kolloidale Systeme haben e<strong>in</strong> reichhaltiges Phasendiagramm;<br />

bei großen Wechselwirkungsstärken verhalten sie sich glasartig [77] Ist das Verhältnis<br />

der Anzahl der Kolloide 1 : 1, bilden flächenzentriert quadratische Kristallgitter den<br />

energetisch günstigsten Zustand, quasikristall<strong>in</strong>e Strukturen mit fünfzähliger Rotationssymmetrie<br />

[78], die nicht mit e<strong>in</strong>er Translationssysmmetrie kompatibel s<strong>in</strong>d, sollten<br />

bei e<strong>in</strong>em Anzahlverhältnis von ≈ 1 : 1, 237 auftreten. Superparamagnetische Kol-<br />

75


Ferrofluide Kapitel 7<br />

loide h<strong>in</strong>reichender Monodispersität <strong>in</strong> Radius <strong>und</strong> Suszeptibilität der Firma Dynal 1<br />

wurden <strong>in</strong> [7] zur Untersuchung des 2D-Glasübergangs verwendet. Kolloide anderer<br />

Hersteller entsprechender Qualität s<strong>in</strong>d nicht bekannt. Die zentrale Idee ist, das System<br />

magnetisch zu <strong>in</strong>vertieren [79, 80, 81, 82]. Diamagnetische sphärische E<strong>in</strong>schlüsse<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er paramagnetischen Umgebung wechselwirken entsprechend Gleichung (1.1). E<strong>in</strong>em<br />

Loch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er magnetisierten Umgebung läßt sich e<strong>in</strong> magnetisches Moment mit<br />

umgekehrtem Vorzeichen zuordnen; die magnetischen Momente mehrerer dieser Löcher<br />

verhalten sich wie die magnetischen Momente von paramagnetischen Sphären <strong>in</strong> diamagnetischer<br />

Umgebung. Abbildung (7.1) zeigt e<strong>in</strong>e schematische Darstellung dieser<br />

Situation. Als paramagnetische Umgebung wurde e<strong>in</strong> Ferrofluid 2 benutzt, Polystyrol-<br />

Kolloide bilden die diamagnetischen E<strong>in</strong>schlüsse. Die translatorischen Freiheitsgrade<br />

der Kolloide bleiben erhalten mit dem Vorteil, daß nichtmagnetische Kolloide von e<strong>in</strong>er<br />

Vielzahl von Herstellern <strong>in</strong> nahezu kont<strong>in</strong>uierlicher Größenverteilung von e<strong>in</strong>igen<br />

Nanometern bis h<strong>in</strong>auf zu wenigen Micrometern zu Verfügung stehen. Die magnetische<br />

Wechselwirkung ist proportional zum Volumen der Kolloide, so daß mit <strong>zwei</strong> verschiedenen<br />

Kolloidgrößen e<strong>in</strong> <strong>in</strong> den magnetischen Eigenschaften b<strong>in</strong>äres kolloidales System<br />

gebildet wird.<br />

7.1 Kolloide an der Grenzfläche e<strong>in</strong>er dicken Ferrofluidschicht<br />

Polystyrol-Kolloide haben e<strong>in</strong>e Dichte von 1, 05 g/cm 3 , wasserbasierte Magnetitferrofluide<br />

je nach Sättigungsmagnetisierung e<strong>in</strong>e Dichte bis zu 1, 4 g/cm 3 . Der Auftrieb<br />

wurde benutzt, um die Kolloide <strong>in</strong> <strong>zwei</strong> <strong>Dimensionen</strong> e<strong>in</strong>zufangen; sie schwimmen <strong>in</strong><br />

Bulk-Ferrofluid an der oberen Ferrofluid-Luft Grenzfläche <strong>und</strong> bilden e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionales<br />

Kolloidsystem, das frei von Substrate<strong>in</strong>flüssen ist. In Abbildung (7.2) s<strong>in</strong>d<br />

Polystyrol-Kolloide 3 mit 6, 2 µm Durchmesser <strong>in</strong> wasserbasiertem Ferrofluid 4 zu sehen.<br />

Für die Beleuchtung wurde der <strong>in</strong> Kapitel (2.1) beschriebene, diffus strahlende<br />

Diodentubus benutzt. Mit den stark absorbierenden Ferrofluiden war es die e<strong>in</strong>zige<br />

Möglichkeit, die Kolloide zu visualisieren; Fluoreszenzmikroskopie, Polarisationsmikroskopie<br />

oder Beleuchtung mit vertikaler Inzidenz funktionierten nicht. Es wurde e<strong>in</strong>e<br />

rotationssymmetrische Glasküvette benutzt, mit e<strong>in</strong>er Kapillare mittig am Zellenboden<br />

angekoppelt, um das Volumen des Ferrofluidtropfens <strong>und</strong> folglich die Krümmung<br />

der Grenzfläche zu regeln. E<strong>in</strong>e Zelle mit seitlichem Zufluß verbot sich, da die Magne-<br />

1 2, 8µm <strong>und</strong> 4, 5µm Radius<br />

2 Vergleiche Anhang C<br />

3 MoBiTec cytrometric reference beads, Gött<strong>in</strong>gen<br />

4 Buske, Berl<strong>in</strong> Heart, 46 mT Sättigungsmagnetisierung<br />

76


7.1 Kolloide an der Grenzfläche e<strong>in</strong>er dicken Ferrofluidschicht<br />

tisierung des Ferrofluides <strong>in</strong> diesem Zufluß das Magnetfeld stark genug verzerrt um die<br />

Ferrofluid-Luft Grenzfläche des Systems anisotrop zu deformieren. Selbst bei rotationssymmetrischer<br />

Geometrie ist die Krümmung der Ferrofluid-Luft Grenzfläche magnetfeldabhängig.<br />

Vor Auftreten der Rosensweig<strong>in</strong>stabilität [83, 84], die als Bifurkation erst<br />

ab e<strong>in</strong>em Schwellwert des äußeren Feldes auftritt, deformiert die Feldüberhöhung aufgr<strong>und</strong><br />

des Geometriefaktors an den Kantenl<strong>in</strong>ien des zyl<strong>in</strong>drischen Ferrofluidtropfens<br />

die Ferrofluidgrenzfläche;<br />

Abbildung 7.2: Kolloide (6, 2 µm Durchmesser) auf Ferrofluid, bei 3 mT (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong> 10 mT (rechts)<br />

orthogonalem Magnetfeld; es ist derselbe Bildausschnitt zu sehen. Die Kolloide tauchen bei höherem<br />

Feld von der Grenzfläche weg <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d nicht mehr darstellbar. Wird das Feld weiter erhöht, tauchen<br />

alle Kolloide ab.<br />

steht das äußere homogene Magnetfeld vertikal zur Grenzfläche, erzeugt die Magnetisierung<br />

des Ferrofluides e<strong>in</strong>en Gradienten mit radial nach außen zeigender Komponente.<br />

Das Ferrofluid fließt <strong>in</strong> Richtung Zellenrand, die Grenzfläche zeigte dort e<strong>in</strong>e<br />

Überhöhung, die aufgr<strong>und</strong> der Volumenerhaltung des Fluides zu e<strong>in</strong>er Absenkung der<br />

Grenzfläche <strong>in</strong> der Mitte der Zelle führte. Diese Absenkung lag bei verwendeter Zellengeometrie<br />

<strong>und</strong> verwendeten Ferrofluiden <strong>in</strong> der Größenordnung 1 µm/mT . Die magnetische<br />

Invertierung ist nur für unendlich ausgedehnte Systeme <strong>in</strong>variant bezüglich<br />

der Wechselwirkung der Kolloide, die Anwesenheit der nichtmagnetischen Halbebene<br />

jenseits der Grenzfläche bricht die Symmetrie. Die Geometriefaktoren e<strong>in</strong>es Körpers<br />

mit Suszeptibilitätsdifferenz zu se<strong>in</strong>er Umgebung führen noch zu weiteren Effekten.<br />

Abbildung (7.2 l<strong>in</strong>ks) zeigt das <strong>zwei</strong>dimensionale Kolloidsystem bei 3 mT vertikalem<br />

äußerem Feld. Die Kolloide schwammen an der oberen Grenzfläche, hatten e<strong>in</strong>e leicht<br />

repulsive Wechselwirkung <strong>und</strong> waren ansonsten isotrop <strong>und</strong> homogen <strong>in</strong> der <strong>zwei</strong>dimensionalen<br />

Ebene verteilt; sie waren <strong>in</strong> der fluiden Phase. Abbildung (7.2 rechts)<br />

zeigt denselben Bildausschnitt, 20 sec. nach Erhöhung des äußeren Feldes auf 10 mT .<br />

Die Kolloide erfuhren e<strong>in</strong>e Repulsion von der Grenzfläche <strong>und</strong> tauchten ab, bevor die<br />

Wechselwirkung untere<strong>in</strong>ander zu kristall<strong>in</strong>en Strukturen führte. Wurde das Magnet-<br />

77


Ferrofluide Kapitel 7<br />

feld weiter erhöht, tauchten alle Kolloide so tief ab, daß sie nicht mehr visualisierbar<br />

waren. Dieser Effekt ist auf den ersten Blick kontra<strong>in</strong>tuitiv, da energetisch betrachtet<br />

diamagnetische Kolloide im Ferrofluid die Energie des Systems m<strong>in</strong>imieren könnten,<br />

wenn sie aus dem Ferrofluid <strong>in</strong> den nichtmagnetischen Halbraum über der Grenzfläche<br />

gedrückt würden <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> das Ferrofluid h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gezogen würden. Zwei Szenarien<br />

für das Abtauchen s<strong>in</strong>d plausibel: Das Ferrofluid ist nicht als homogene Flüssigkeit zu<br />

betrachten; wird e<strong>in</strong> Magnetfeld angelegt, bilden sich Strukturen im Fluid aus Aggregaten<br />

der magnetischen Nanopartikel [85]. S<strong>in</strong>d diese von derselben Größenordnung<br />

wie die Kolloide, erfahren jene ke<strong>in</strong>en hydrostatischen Auftrieb mehr <strong>und</strong> tauchen<br />

ab (vergleiche Abbildung (7.3 rechts)). E<strong>in</strong>e andere Möglichkeit ist die Betrachtung<br />

des geometrischen Entmagnetisierungsfaktors e<strong>in</strong>er Kugel. (vergleiche Abbildung (7.3<br />

l<strong>in</strong>ks)). Die Anwesenheit der diamagnetischen Sphäre an der Grenzfläche führt zu e<strong>in</strong>er<br />

Feldüberhöhung an der Kontaktstelle von Sphäre <strong>und</strong> Grenzfläche; der resultierende<br />

Gradient im Magnetfeld zieht Ferrofluid zu größeren Feldstärken h<strong>in</strong>, das Kolloid wird<br />

von der Grenzfläche verdrängt. Dieses Szenario hätte im Gegensatz zum Ersten e<strong>in</strong>e<br />

Gleichgewichtslage der Kolloide <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Feldstärke zur Folge. Laufzeitexperimente<br />

der Abtauchgeschw<strong>in</strong>digkeit konnten allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>en Aufschluß liefern.<br />

Untersuchungen <strong>in</strong> [86] an keros<strong>in</strong>basierten Ferrofluiden, <strong>in</strong> denen die Kolloide sedimentieren<br />

<strong>und</strong> im Feld von der unteren Grenzfläche e<strong>in</strong>e Repulsion erfahren, schließen<br />

das Szenario des verm<strong>in</strong>derten Auftriebes aufgr<strong>und</strong> von Aggregation des Ferrofluides<br />

aus. Des weiteren s<strong>in</strong>d quasikristall<strong>in</strong>e Strukturen aus Penrose-til<strong>in</strong>gs, die zu f<strong>in</strong>den<br />

F<br />

grad (m*B)<br />

ferrofluid<br />

ferrofluid<br />

Abbildung 7.3: Zwei Szenarien für das Abtauchen der Kolloide s<strong>in</strong>d vorstellbar; l<strong>in</strong>ks führt die<br />

Feldüberhöhung zwischen Kolloid <strong>und</strong> Grenzfläche zu e<strong>in</strong>er Verdrängung des Kolloides, rechts geht<br />

der Auftrieb aufgr<strong>und</strong> von Strukturbildung im Fluid verloren.<br />

e<strong>in</strong>e Hauptmotivation zur Etablierung dieses Systems war, nach neueren theoretischen<br />

Arbeiten thermodynamisch nicht stabil [87]; der Versuch, e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>dimensionales kolloidales<br />

System auf Bulk-Ferrofluid zu etablieren wurde nicht weiter verfolgt.<br />

78


7.2 Strukturbildung <strong>in</strong> dünnen Ferrofluidschichten<br />

7.2 Strukturbildung <strong>in</strong> dünnen Ferrofluidschichten<br />

E<strong>in</strong>e zentrale Fragestellung bei der Untersuchung von Ferrofluiden ist jene der Strukturbildung<br />

im Fluid. Abbildung (7.4) zeigt dünne Schichten von Ferrofluiden bei verschiedenen<br />

Feldstärken <strong>und</strong> Feldkonfigurationen. Das Ferrofluid 5 ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ≈ 10 − 30 µm<br />

dicken Schicht zwischen <strong>zwei</strong> gläsernen Mikroskopobjekträgern e<strong>in</strong>geschlossen. Abgebildet<br />

wurde <strong>in</strong> Durchlichtgeometrie mittels e<strong>in</strong>es Inversionsmikroskops 6 mit 64-facher<br />

Vergrößerung, die Bildausschnitte messen jeweils 62·47 µm 2 . Bei e<strong>in</strong>er Magnetfeldkon-<br />

Abbildung 7.4: Oben: Ferrofluidschicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 25 mT Magnetfeld parallel zur Schicht nach<br />

30 sec (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong> 60 sec (rechts). Unten: Schicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 7 mT Feld orthogonal zur Schicht, nach<br />

45 sec (l<strong>in</strong>ks) <strong>und</strong> 90 sec (rechts). Die Strukturen der Bilder auf der rechten Seite ändern sich mit<br />

weiterschreitender Zeit nur mehr unwesentlich.<br />

figuration parallel zur Ferrofluidschicht bilden sich L<strong>in</strong>ien parallel zum äußeren Feld aus<br />

(Abbildung (7.4 oben)), mit vertikalem Feld zur Ferrofluidschicht bilden sich säulenartige<br />

Strukturen (Abbildung (7.4 unten)). Die Intensität des Kontrastes ist dabei von<br />

5 Buske, Berl<strong>in</strong> Heart 46 mT Sättigungsmagnetisierung<br />

6 Zeiss, Axiovert 100<br />

79


Ferrofluide Kapitel 7<br />

der Feldstärke abhängig, die Periodizität bzw. Größe der Strukturen ist e<strong>in</strong>e Funktion<br />

der Dicke der Ferrofluidschicht [88]. Flores [89], Wang [90], Hong [91]<strong>und</strong> Ytrebert [92]<br />

haben diese Strukturbildung anhand von thermodynamischen Betrachtungen quantifiziert.<br />

Nach 30 m<strong>in</strong> Wartezeit wurde e<strong>in</strong>e Struktur, wie sie <strong>in</strong> Abbildung (7.5) dargestellt<br />

ist, gef<strong>und</strong>en. Auch diese wurde schon beobachtet <strong>und</strong> wird <strong>in</strong> [93, 92] als Bereich<br />

im Phasendiagramm identifiziert, <strong>in</strong> dem das M<strong>in</strong>imum der Freien Energie imag<strong>in</strong>är<br />

wird. Der Mechanismus ist ähnlich wie <strong>in</strong> Typ-II Supraleitern, wenn Oberflächenterme<br />

mit Volumentermen magnetisierter Bereiche konkurrieren. Die Lage dieses Bereiches im<br />

Phasendiagramm ist e<strong>in</strong>e Funktion der Temperatur; im hiesigen Fall hat die Mikroskopbeleuchtung<br />

die stark absorbierende Probe erhitzt, bis die labyr<strong>in</strong>thartigen Strukturen<br />

auftraten. Die Strukturbildung an dünnen Schichten kann nicht als Erklärung des Abtauchens<br />

der Kolloide (vergleiche Kapitel (7.1)) dienen; die Strukturen s<strong>in</strong>d explizit<br />

schichtdickenabhängig <strong>und</strong> verschw<strong>in</strong>den beim Übergang zu Bulk-Ferrofluid.<br />

Abbildung 7.5: Labyr<strong>in</strong>thartige Strukturen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 10 µm dicken Ferrofluidschicht; der Bildausschnitt<br />

mißt 62 · 47 µm 2 .<br />

7.3 Kolloide als Tracerpartikel<br />

Im Folgenden wird auf das Ferrofluid selbst fokussiert 7 ; die viskosen Eigenschaften e<strong>in</strong>es<br />

Ferrofluides <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Mikrostuktur der Ferritpartikel bei Anlegen<br />

e<strong>in</strong>es Magnetfeldes zu Untersuchen ist e<strong>in</strong> Leitmotiv des Schwerpunkprogramms SPP<br />

7 Typische Eigenschaften von Ferrofluiden s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anhang C zusammengefaßt<br />

80


7.3 Kolloide als Tracerpartikel<br />

1104. Es wurden Messungen durchgeführt, welche die Diffusion von Kolloiden als Tracerpartikel<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ferrofluidschicht bestimmten. Die Geometrie geht auf Skjeltorp [80]<br />

zurück, Helgesen [94] hat damit Rotationsdiffusion von Kolloid-Dimeren gemessen, an<br />

nichtmagnetischen Suspensionen ist die Methode der Viskositätsbestimmung mittels<br />

Tracerpartikel von L<strong>in</strong> [95] etabliert. Kolloide 8 , im Folgenden 4, 2 µm im Durchmesser<br />

messend, wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 10 µm dicken Ferrofluidschicht 9 zwischen <strong>zwei</strong> Glasplättchen<br />

10 e<strong>in</strong>gefangen. Die Dichte der Kolloide <strong>in</strong> der Schicht wurde so ger<strong>in</strong>g gewählt,<br />

daß auch bei angelegtem Magnetfeld davon auszugehen war, daß zwischen den Kolloiden<br />

e<strong>in</strong>e vernachlässigbare Wechselwirkung bestand. Die Kolloide diff<strong>und</strong>ieren <strong>in</strong><br />

der Ferrofluidschicht <strong>und</strong> über die Stokes-E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Gleichung kann Rückschluß auf die<br />

Viskosität des Ferrofluides gezogen werden. Die mittlere quadratische Verschiebung ist<br />

dem Diffusionskoeffizienten D 0 proportional, im <strong>zwei</strong>dimensioalen Fall gilt<br />

〈∆x 2 + ∆y 2 〉 = 4D 0 · t , (7.1)<br />

wobei D 0 durch<br />

D 0 = k bT<br />

, (7.2)<br />

6πηa<br />

gegeben ist, wenn a der Radius der Kolloide, η die Viskosität des fluiden Mediums <strong>und</strong><br />

T dessen Temperatur ist. Für quantitative Analysen muß aufgr<strong>und</strong> der reduzierten<br />

Geometrie der E<strong>in</strong>fluß der Wand auf die Selbstdiffusion der Kolloide als Funktion des<br />

Abstandes entsprechend der Arbeiten von Brenner [96, 97, 98] berücksichtigt werden;<br />

im Folgenden seien die qualitativen Ergebnisse diskutiert. Bei Anlegen e<strong>in</strong>es Magnetfeldes<br />

an e<strong>in</strong> Ferrofluid wird dessen Viskosität verändert; die magnetischen Partikel<br />

koppeln an das äußere Feld <strong>und</strong> ihre Rotation ist e<strong>in</strong>geschränkt. Über die viskose<br />

Kopplung an das Lösungsmittel der Suspension modifizieren sich dessen Strömungseigenschaften,<br />

<strong>in</strong>sbesonders wird die Viskosität anisotrop. Abbildung (7.6) zeigt das<br />

mittlere Verschiebungsquadrat der Kolloide <strong>in</strong> der Ebene <strong>in</strong> Anwesenheit e<strong>in</strong>es Magnetfeldes<br />

orthogonal zur Ferrofluidschicht. Im Rahmen der Messgenauigkeit ist 〈⃗x 2 (t)〉<br />

e<strong>in</strong>e Gerade, es muß nicht zwischen Kurz- <strong>und</strong> Langzeitdiffusion unterschieden werden.<br />

Deutlich ist die Abnahme des Verschiebungsquadrates der Kolloide <strong>und</strong> damit die Zunahme<br />

der Viskosität des Ferrofluids zu sehen. Wurde bei absteigendem Magnetfeld<br />

gemessen, waren die Verschiebungsquadrate jeweils kle<strong>in</strong>er als bei aufsteigendem Feld.<br />

Es ist anzunehmen, daß das Ferrofluid im Feld e<strong>in</strong>e Strukturänderung vornahm <strong>und</strong><br />

zunehmend irreversibel aggregierte (vergleiche Kapitel (7.4)). Desweiteren adhäsierten<br />

während der Messzeit Kolloide an der Glasküvette; sie wurden bei der Mittelung jedoch<br />

e<strong>in</strong>bezogen <strong>und</strong> erniedrigten zusätzlich die Diffusionskonstante. Es wurde e<strong>in</strong> Experiment<br />

entwickelt, das e<strong>in</strong>e quantitative Analyse ermöglicht; <strong>in</strong> der Staatsexamensarbeit<br />

8 BangsLabs, Fishers; www.bangslabs.com<br />

9 Buske, Berl<strong>in</strong> Heart, 46 mT Sättigungsmagnetisierung<br />

10 Küvetten von Helma<br />

81


Ferrofluide Kapitel 7<br />

1000<br />

800<br />

0 mT<br />

10 mT<br />

20 mT<br />

30 mT<br />

2<br />

<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

0 200 400 600<br />

time [s]<br />

Abbildung 7.6: Verschiebungsquadrat der Kolloide für verschiedene Feldstärken orthogonal zur Ferrofluidschicht.<br />

Die Diffusion wird mit zunehmendem Feld kle<strong>in</strong>er.<br />

0.4<br />

,<br />

0.2<br />

0<br />

-0.2<br />

<br />

<br />

-0.4<br />

0 10 20 30<br />

time [s]<br />

Abbildung 7.7: Verschiebung parallel (X-Richtung) <strong>und</strong> orthogonal (Y-Richtung) zum Feld; die<br />

Amplitude des thermischen Rauschens ist parallel zum Feld größer.<br />

von S. Bregenzer [86] s<strong>in</strong>d diese Ergebnisse zusammengefasst. Abbildung (7.7) zeigt<br />

82


7.4 Dynamische Lichtstreuung an Ferrofluiden<br />

die mittlere Verschiebung 11 der Kolloide bei e<strong>in</strong>em Magnetfeld von 2, 8 mT , das <strong>in</strong><br />

der Ebene der Ferrofluidschicht <strong>in</strong> X-Richtung angelegt war. 〈⃗x(t)〉 ist die Verschiebung,<br />

das thermische Rauschen der Position der Kolloide, parallel zum Magnetfeld,<br />

〈⃗y(t)〉 ist die Verschiebung orthogonal zum Feld. Die Amplitude der dem Feld parallelen<br />

Verschiebung ist 2 − 3 mal so groß wie im orthogonalen Fall. Dieser Effekt ist e<strong>in</strong>e<br />

deutliche Signatur der anisotropen Viskosität des Ferrofluids parallel <strong>und</strong> orthogonal<br />

zum äußeren Feld.<br />

7.4 Dynamische Lichtstreuung an Ferrofluiden<br />

In diesem Abschnitt wird die Möglichkeit diskutiert, an konzentrierten Ferrofluiden<br />

Dynamische Lichtstreuung (DLS) zu betreiben [99]. Der zeitliche Zerfall der Autokorrelation<br />

der Intensität e<strong>in</strong>es Speckles 12 gibt Aufschluß über die Dynamik des streuenden<br />

Mediums. Im Falle monodisperser Streuer kann bei gegebenem Streuw<strong>in</strong>kel über die<br />

Autokorrelationsfunktion der Radius der streuenden Partikel e<strong>in</strong>deutig bestimmt werden.<br />

g(τ) ist die Autokorrelation der Intensitäten J(t) am Korrelator 13 , sie wird für<br />

t −→ ∞ auf e<strong>in</strong>s normiert (vergleiche Gleichung 7.4):<br />

g δ (τ) =<br />

〈δJ(t)δJ(t + τ)〉<br />

〈J〉 2 , (7.3)<br />

g(τ) = 1 + g δ (τ) . (7.4)<br />

Die Diffusion D 0 der Streuer zerstört die Korrelation der Speckles <strong>und</strong> führt zum Zerfall<br />

der zeitlichen Autokorrelation. Q ⃗ ist der Streuvektor, der durch den W<strong>in</strong>kel zwischen<br />

e<strong>in</strong>fallenden <strong>und</strong> detektierten Photonen bestimmt ist. Für monodisperse Partikel ist<br />

die Korrelationsfunktion mit e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>exponentenzerfall zu beschreiben. Die Diffusionskonstante<br />

D 0 ist über die Stokes-E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>-Gleichung mit dem Radius der Partikel<br />

verknüpft:<br />

g(τ) = e −2Q2 D 0 τ + 1 . (7.5)<br />

Damit die starke Absorption des Ferrofluids die Intensität des gestreuten Lichtes nicht<br />

unterb<strong>in</strong>det, wurde im nahen Infrarot mit e<strong>in</strong>em Festkörperlaser mit 800 nm Wellenlänge<br />

illum<strong>in</strong>iert. Abbildung (7.8) zeigt die Autokorrelationsfunktion an e<strong>in</strong>em auf<br />

1 : 500 verdünnten Ferrofluid 14 . Die Analyse der Zerfallskonstante liefert e<strong>in</strong>en Radius<br />

der Magnetitpartikel von 50 nm.<br />

11 (nicht das Verschiebungsquadrat)<br />

12 E<strong>in</strong> Speckle ist der Ort konstruktiver Interferenz des kohärenten gestreuten Lichtes auf e<strong>in</strong>em Schirm<br />

(Braggpeak e<strong>in</strong>es diffusen Mediums)<br />

13 ALV5000<br />

14 Buske, Berl<strong>in</strong> Heart 46 mT Sättigungsmagnetisierung im unverdünnten Fall<br />

83


Ferrofluide Kapitel 7<br />

1.65<br />

1.50<br />

g( )<br />

1.35<br />

1.20<br />

1.05<br />

0.90<br />

0.00001 0.001 0.1 10 1000<br />

time [ms]<br />

Abbildung 7.8: DLS an e<strong>in</strong>em 1:500 verdünnten Ferrofluid.<br />

Dieser ist um e<strong>in</strong>en Faktor 5 − 10 größer als der von Herstellern für diese Art von<br />

Fluid angegebene Wert, so daß davon auszugehen ist, daß dieses Ferrofluid aggregiert<br />

ist (vergleiche [100]).<br />

In Abbildung (7.9) ist die Korrelationsfunktion des unverdünnten Ferrofluides zu sehen.<br />

Die Zerfallskonstante ist im Rahmen der Messgenauigkeit derer im verdünnten<br />

Fall vergleichbar. Zu bemerken ist der Y-Achsenabschnitt, der stark von dem für ideale<br />

Systeme erwarteten Wert 2 abweicht. Da die Autokorrelationsfunktion mit der gesamten<br />

mittleren gestreuten Intensität normiert wird, muß angenommen werden, daß dem<br />

dynamischen Specklemuster e<strong>in</strong> statisches überlagert ist, welches von der Aggregation<br />

der Magnetitpartikel an der Küvettenoberfläche herrührt. Aufgr<strong>und</strong> der starken Absorption<br />

kann der Detektorstrahl jedoch nicht tiefer im Fluid fokussiert werden. Weiterführend<br />

liegt die Verwendung von freien Oberflächen nahe, wobei jedoch der E<strong>in</strong>fluß<br />

von Oberflächenwellen auf den Zerfall des Specklemusters beachtet werden muß. Alternativ<br />

bietet sich die Verwendung von keros<strong>in</strong>basierten Ferrofluiden an, die e<strong>in</strong> weniger<br />

starkes Aggregationsverhalten zeigen [86].<br />

84


7.4 Dynamische Lichtstreuung an Ferrofluiden<br />

1.3<br />

1.2<br />

g( )<br />

1.1<br />

1.0<br />

0.9<br />

10 -4 10 -2 10 0 10 2 10 4<br />

time [ms]<br />

Abbildung 7.9: DLS an konzentriertem Ferrofluid (Buske, 46 mT ) Sättigungsmagnetisierung.<br />

Bei Verwendung von l<strong>in</strong>ear polarisiertem Laserlicht konnte dessen Streulicht mit e<strong>in</strong>em<br />

gekreuzten Analysator auf verschw<strong>in</strong>dende Intensität reduziert werden. Da Vielfachstreuung<br />

im Medium die Polarisation zerstört, e<strong>in</strong>e Drehung des Analysators somit<br />

ke<strong>in</strong>en Effekt hat, kann geschlossen werden, daß auch im konzentrierten Ferrofluid<br />

E<strong>in</strong>fachstreuung im Messsignal dom<strong>in</strong>iert. Da die Absorptionslänge im konzentrierten<br />

Ferrofluid sehr kurz ist, können nur e<strong>in</strong>fachgestreute Photonen die Probe verlassen;<br />

bevor sie mehrfach gestreut die Probe verlassen, werden sie absorbiert.<br />

85


Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Ziel dieser Arbeit war die Erforschung der Renormierung der elastischen Module e<strong>in</strong>es<br />

<strong>zwei</strong>dimensionalen Systems <strong>in</strong> der Nähe des Phasenübergangs fest → fluid. Dazu<br />

wurde e<strong>in</strong> Experiment aufgebaut, mit dem sich das Phasenverhalten <strong>zwei</strong>dimensionaler<br />

Kolloidsysteme untersuchen lässt. Die Kolloide sedimentieren an der Wasser-Luft<br />

Grenzfläche e<strong>in</strong>es Tropfens, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zyl<strong>in</strong>drischen Glasküvette mit 8 mm Durchmesser<br />

eben aufgespannt ist. Sie haben e<strong>in</strong>en Durchmesser von 4, 5 µm <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d mit<br />

Eisenoxid dotiert, so daß sie superparamagnetisches Verhalten zeigen; durch e<strong>in</strong> äußeres<br />

Magnetfeld wird e<strong>in</strong> magnetisches Moment <strong>in</strong> den Kolloiden <strong>in</strong>duziert, das je nach<br />

Richtung e<strong>in</strong>e repulsive oder attraktive Wechselwirkung vermittelt. Abhängig von der<br />

Stärke des Feldes arrangieren sich die Kolloide <strong>in</strong> verschiedenen thermodynamischen<br />

Phasen, isotrop fluid, hexatisch oder kristall<strong>in</strong>. Mittels Videomikroskopie <strong>und</strong> digitaler<br />

Bildverarbeitung können die Trajektorien der Kolloide auf allen relevanten Zeitskalen<br />

gemessen <strong>und</strong> gespeichert werden. Um die Datenmenge auf handliche Größe zu reduzieren,<br />

werden nicht die Videobilder gespeichert, sondern <strong>in</strong> Echtzeit ausgewertet <strong>und</strong><br />

als Koord<strong>in</strong>atensatz aller Partikel aufgenommen.<br />

Besondere Beachtung wurde der Langzeitstabilität <strong>und</strong> Präzision des Versuchsaufbaus<br />

gewidmet, um äußere E<strong>in</strong>flüsse auf das <strong>zwei</strong>dimensionale Kolloidsystem, das <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> der Nähe des Phasenübergangs sensibel auf Störungen reagiert, zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

Die Wasser-Luft Grenzfläche kann <strong>in</strong> der Mitte der Probe <strong>in</strong> der vertikalen Position mit<br />

e<strong>in</strong>er Genauigkeit von 250 nm justiert werden. Die Verkippung der Probe, relativ zur<br />

Richtung der Erdbeschleunigung, ist auf weniger als 5 µrad genau kontrollierbar. Um<br />

die Statistik der Messungen zu optimieren, wurde entsprechend der technologischen<br />

Möglichkeiten bei der Entwicklung des Versuchsaufbaus, e<strong>in</strong>e möglichst große Probenfläche<br />

von 835 × 620 µm 2 analysiert, ohne die nötige Genauigkeit <strong>in</strong> der Bestimmung<br />

der Schwerpunkte der Kolloide zu verlieren. Die Anzahl der im beobachteten Bildausschnitt<br />

liegenden Kolloide wurde typischerweise zwischen 2000 <strong>und</strong> 3000 gewählt <strong>und</strong><br />

konnte über Tage auf ±0, 5% Abweichung genau aktiv geregelt werden.<br />

86


Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Isotrope Kristalle<br />

Mit dem Versuchsaufbau wurden die Fluktuationen e<strong>in</strong>es <strong>zwei</strong>dimensionalen Kristalls<br />

gemessen <strong>und</strong> über das Äquipartitionstheorem auf die elementaren Anregungen des<br />

Kolloidsystems im festen Aggregatzustand abgebildet. Die Messung der Dispersionsrelation<br />

spiegelt sehr gut die Bandstruktur wider, wie sie bei bekanntem Paarpotential<br />

<strong>und</strong> gegebener Gitterkonstante für den <strong>zwei</strong>dimensionalen Festkörper von Herz [19] berechnet<br />

wurde. Andere Messungen der Dispersionsrelation <strong>zwei</strong>dimensionaler Kristalle<br />

bei exakt def<strong>in</strong>ierter Systemtemperatur als <strong>in</strong> Kapitel (3), zusammengefasst <strong>in</strong> [25],<br />

s<strong>in</strong>d nicht bekannt.<br />

Aus der Dispersionsrelation e<strong>in</strong>es Kristalls mit Rotationssymmetrie lassen sich auf<br />

e<strong>in</strong>fache Weise die <strong>zwei</strong> Lamé-Koeffizienten isotroper Medien der elastischen Kont<strong>in</strong>uumstheorie<br />

im Limes unendlicher Wellenlänge der Phononen bestimmen. Weitere<br />

Messmethoden zur Bestimmung der elastischen Module am gleichen System superparamagnetischer<br />

Kolloide s<strong>in</strong>d von A. Wille <strong>und</strong> K. Zahn [6, 63] vorgestellt worden.<br />

Der große Vorteil der Bestimmung mittels der Dispersionsrelationen ist, daß sie auch<br />

<strong>in</strong> der Nähe des Phasenübergangs kristall<strong>in</strong> → hexatisch funktioniert. Das ermöglicht<br />

erstmals, e<strong>in</strong>e zentrale Aussage der Schmelztheorie von Kosterlitz, Thouless, Halper<strong>in</strong>,<br />

Nelson <strong>und</strong> Young [1, 3, 2] zu überprüfen. Das Auftreten thermisch angeregter topologischer<br />

Defekte, die den Symmetriebruch am Phasenübergang <strong>in</strong>duzieren, führt bereits<br />

<strong>in</strong> der kristall<strong>in</strong>en Phase dazu, daß die elastischen Module renormiert werden müssen.<br />

Youngs-Modul soll am Phasenübergang den universellen Wert 16π annehmen. Die Ergebnisse<br />

<strong>in</strong> Kapitel (4) sowie [43] verifizieren diese Vorhersage der KTHNY-Theorie.<br />

Ebenso ist der <strong>zwei</strong>stufige Übergang für das superparamagnetische Kolloidsystem nun<br />

auch für das E<strong>in</strong>frieren des Systems aus der isotrop flüssigen über die hexatische <strong>in</strong> die<br />

kristall<strong>in</strong>e Phase gezeigt worden. Es war mit dem Versuchsaufbau möglich, die Kolloidmonolage<br />

über Gleichgewichtszustände h<strong>in</strong>reichend langsam abzukühlen. Die Existenz<br />

der hexatischen Phase für beide Richtungen der Temperaturänderungen untermauert<br />

ihr Wesen als echte thermodynamische Phase.<br />

Anisotrope Kristalle<br />

Der Versuchsaufbau wurde von vornhere<strong>in</strong> so entwickelt, daß das äußere Magnetfeld aus<br />

der Vertikalen gekippt werden kann, um dem Kolloidsystem e<strong>in</strong>e anisotrope Wechselwirkung<br />

aufzuprägen, so daß im System e<strong>in</strong>e Vorzugsrichtung ausgezeichnet wird. Die<br />

Tieftemperaturphase hat nicht hexagonale sondern rechteckige Symmetrie. Für Ver-<br />

87


Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

kippungen des Feldes < 20 ◦ wird e<strong>in</strong> KTHNY-artiger Schmelzprozess beobachtet, mit<br />

e<strong>in</strong>er Verbreiterung der hexatischen Phase gegenüber isotroper Wechselwirkung [75].<br />

Für Verkippungen > 23, 7 ◦ schmilzt das System zuerst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e smektisch-artige Phase.<br />

Der 2d-L<strong>in</strong>demannparameter divergiert längs der Vorzugsrichtung, orthogonal dazu<br />

bleibt er endlich [101]. Diese Messungen wurden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit C. Eisenmann<br />

durchgeführt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d im Rahmen se<strong>in</strong>er <strong>Dissertation</strong> dargestellt [102]. In der kristall<strong>in</strong>en<br />

Phase, ist die Anisotropie des L<strong>in</strong>demannparameters <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit analytischen Berechnungen [103].<br />

Konformale Kristalle<br />

Für die Diplomarbeit von P. Dillmann [104], wurde e<strong>in</strong> <strong>zwei</strong>ter Versuchsaufbau mit der<br />

gleichen Langzeitstabilität entwickelt. Der Aufbau unterscheidet sich <strong>in</strong> der Möglichkeit,<br />

die gesamte Probe im Gravitationsfeld kontrolliert um bis zu 10 ◦ zu verkippen,<br />

was zu e<strong>in</strong>em Dichtegradienten <strong>in</strong> der Verteilung der Kolloide führt. Bei logarithmischem<br />

Dichteverlauf s<strong>in</strong>d konformale Kristalle die Folge; der Zusammenhang zwischen<br />

periodischen <strong>und</strong> konformalen Gittern wird über holomorphe Abbildungen vermittelt<br />

(Abbildung 7.10).<br />

Abbildung 7.10: Videomikroskopische Aufnahme e<strong>in</strong>es konformalen Kolloidkristalls. L<strong>in</strong>ks unten ist<br />

die Begrenzung der Messzelle zu sehen, an der sich Aggregate von Kolloiden gebildet haben.<br />

88


Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Kolloidale Masken<br />

Im Rahmen des Sonderforschungsbereiches SFB-513 wurden verschiedene Möglichkeiten<br />

selbstorganisierter Strukturierungsprozesse untersucht. Ziel war die Herstellung<br />

dichtgepackter kolloidaler Masken. Methoden, die auf festen Substraten angewendet<br />

wurden, zeigten e<strong>in</strong>e große Fehlstellendichte. Gute Ergebnisse wurden <strong>in</strong> dem oben<br />

beschriebenen Versuchsaufbau an der Wasser-Luft Grenzfläche erzielt. Der große Aufwand<br />

der Präparation <strong>und</strong> die lange Präparationsdauer rechtfertigen sich jedoch nicht<br />

für e<strong>in</strong>e technologische Anwendung.<br />

Ferrofluide<br />

E<strong>in</strong>e andere Art von kolloidaler Suspension mit magnetischer Wechselwirkung stellen<br />

Ferrofluide dar, die aus magnetischen Partikeln von Nanometergröße, dispergiert<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lösungsmittel, bestehen. Ziel des Schwerpunktprogramms SPP-1104 ist, die<br />

magnetorheologischen Eigenschaften der Ferrofluide auf mikroskopischer Ebene zu untersuchen.<br />

Es wurde gezeigt, daß Dynamische Lichtstreuung an den stark absorbierenden<br />

Ferrofluiden pr<strong>in</strong>zipiell möglich ist. Mittels mesoskopischer Kolloide, die dem<br />

Ferrofluid zugegeben <strong>und</strong> deren Trajektorien videomikroskopisch untersucht wurden,<br />

konnte gezeigt werden, daß die Viskosität im Betrag vom Magnetfeld abhängt <strong>und</strong> je<br />

nach Richtung des Feldes anisotrop wird. Weitere Untersuchungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Staatsexamensarbeit<br />

von S. Bregenzer zusammengefasst [86].<br />

Ausblick<br />

Die Messung der Fourierkomponenten der Verrückung der Kolloide aus der Gleichgewichtslage<br />

hat sich als mächtiges Werkzeug zur Verifizierung der Renormierung der<br />

elastischen Module am Phasenübergang kristall<strong>in</strong> → hexatisch erwiesen. In der hexatischen<br />

Phase existieren Rückstellkräfte für die Orientierung der Verb<strong>in</strong>dungsachsen<br />

zwischen Kolloiden; die assoziierte elastische Konstante wird <strong>in</strong> Anlehnung an die Theorie<br />

der flüssigen Kristalle Frank-Konstante K A genannt. Am Phasenübergang hexatisch<br />

→ isotrop flüssig muß die Frank-Konstante wegen des Auftretens e<strong>in</strong>er <strong>zwei</strong>ten Klasse<br />

von topologischen Defekten renormiert werden. Sie muß bei der kritischen Temperatur<br />

T C2 den Wert 72/π annehmen [3], während sie <strong>in</strong> der flüssigen Phase verschw<strong>in</strong>det. Die<br />

Renormierung der Frank-Konstante ist bisher nicht gemessen worden <strong>und</strong> stellt e<strong>in</strong>e<br />

wichtige Überprüfung der <strong>zwei</strong>ten Renormierung des KTHNY-Szenarios am hexatisch<br />

→ flüssig Phasenübergang dar.<br />

Mit den Koord<strong>in</strong>aten der Kolloide kann bei bekanntem Paarpotential die <strong>in</strong>nere Energie<br />

89


Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

des Kolloidsystems berechnet werden. Differentiation nach der Temperatur liefert die<br />

spezifische Wärme. Sollten die Nichtanalytizitäten der spezifischen Wärme signifikant<br />

messbar se<strong>in</strong>, könnte die Ordnung des Phasenübergangs e<strong>in</strong>deutig identifiziert <strong>und</strong><br />

ebenfalls zur Überprüfung des KTHNY-Szenarios benutzt werden.<br />

B<strong>in</strong>äre Kolloidsysteme erstarren beim Abkühlen glasartig. Es bietet sich an, den Formalismus<br />

der Messung des Schermoduls aus den Fluktuationen auf die b<strong>in</strong>ären Kolloidsysteme<br />

anzuwenden. Dazu müsste der frequenzabhängige Schermodul µ(ω) im<br />

Grenzwert niedriger Frequenzen unter Umständen als Funktion der Messzeit <strong>in</strong>terpoliert<br />

werden. Am Glasübergang fest → flüssig sollte der Schermodul verschw<strong>in</strong>den.<br />

E<strong>in</strong>e weitere <strong>in</strong>teressante Fragestellung ist die nach dem E<strong>in</strong>fluss der Systemgröße e<strong>in</strong>erseits<br />

auf den Phasenübergang der monodispersen Kolloidsysteme, andererseits auf den<br />

Glasübergang b<strong>in</strong>ärer Kolloidmonolagen. Als Wand im Kolloidsystem kann hierbei e<strong>in</strong><br />

repulsiv fokussierter Tweezer benutzt werden, der mittels piezogesteuerter Spiegel e<strong>in</strong>e<br />

Fläche im <strong>zwei</strong>dimensionalen System umfasst. E<strong>in</strong> Versuchsaufbau hierzu mit <strong>zwei</strong>tem<br />

optischen Zugang wird derzeit im Rahmen des SFB-513 von P. Dillmann <strong>und</strong> F. Ebert<br />

entwickelt.<br />

Um die Übergangstemperaturen exakter zu bestimmen wäre es von Vorteil, signifikante<br />

Ordnungsparameter zu f<strong>in</strong>den, die weniger sensibel als Korrelationsfunktionen auf isolierte<br />

Dislokationen reagieren. M<strong>in</strong>kowskifunktionale [105, 106, 107] könnten diese Rolle<br />

übernehmen. Erste Versuche zeigten vielversprechende Ergebnisse [108].<br />

Es s<strong>in</strong>d Messungen durchgeführt worden, <strong>in</strong> denen das Kolloidsystem mit großen Abkühlraten<br />

gequencht wurde. Unter ke<strong>in</strong>en Umständen wurde e<strong>in</strong> glasartiger Übergang gef<strong>und</strong>en,<br />

ansonsten steht die differenzierte Analyse dieser Experimente noch aus. Ziel<br />

sollte es se<strong>in</strong>, bei homogener Nukleation die kritischen Nukleusradien zu bestimmen.<br />

Schlussendlich ist die Bestimmung der elastischen Module aus den Dispersionsrelationen<br />

nicht an die Dimensionalität geknüpft. Sie sollte <strong>in</strong> dreidimensionalen Kolloidsystemen,<br />

<strong>in</strong> denen die Trajektorien der Kolloide mittels konfokaler Mikroskopie ermittelt<br />

werden können, ebenso anwendbar se<strong>in</strong>.<br />

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effects <strong>in</strong> ferrofluids: a dynamic method, Jour. of Mag. and Mag. Mat. 162, 69 (1996).<br />

[113] C. Hong, H. Horng, I. Jang, J. Wu, S. Lee, W. Yeung and H. Yang: Magnetochromatic<br />

effects of tunable magnetic fluid grat<strong>in</strong>g, Jour. of Appl. Phys. 83, 6771<br />

(1998).<br />

[114] H. Horng, C. Hong, W. Yeung and H. Yang: Magnetochromatic effects <strong>in</strong> magnetic<br />

fluid th<strong>in</strong> films, App. Opt. 37, 2674 (1998).<br />

[115] B. Payet, F. Donat<strong>in</strong>i and G. Noyel: Longitud<strong>in</strong>al magneto-optical study of<br />

Brown relaxation <strong>in</strong> ferrofluids: dynamic and transient methods, Jour. of Mag. and<br />

Mag. Mat. 201, 207 (1999).<br />

[116] B. Berkovsky and V. Bashtovoy: Magnetic fluids and applications handbook (begell<br />

house, <strong>in</strong>c., New York, Wall<strong>in</strong>gford (UK), 1996).<br />

[117] S. Odenbach: Magnetoviscous Effects <strong>in</strong> Ferrofluids (Spr<strong>in</strong>ger, Berl<strong>in</strong> Heidelberg,<br />

2002).<br />

[118] A. Haase: Anfängerzahlen im Physikstudioum auf hohem Niveau stabil, Phys. Jour.<br />

3, 31 (2004).<br />

97


A<br />

Berechnung der Dynamischen Matrix<br />

Für e<strong>in</strong> bekanntes Paarpotential läßt sich die dynamische Matrix explizit berechnen.<br />

Dazu benutzt man e<strong>in</strong>e Basis aus Gittervektoren, wie <strong>in</strong> Abbildung (A.1). Die im Experiment<br />

durch die Kamera festgelegte Basis ist durch (⃗x ′ , ⃗y ′ ) dargestellt, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache<br />

Drehung ( ⃗ R) führt auf (⃗x, ⃗y). Als erstes stellt man die Vektoren ⃗ b 0 <strong>und</strong> ⃗ b 1 im System<br />

(⃗x, ⃗y) dar (aus [19]).<br />

⃗ b0 = a⃗y (A.1)<br />

√<br />

⃗ 3<br />

b1 =<br />

2 a⃗x − 1 2 a⃗y .<br />

Daraus erhält man die Matrix des Basiswechsels von der Basis sowie für die Ableitung:<br />

⃗ bi nach (⃗x, ⃗y) zu:<br />

( ( √<br />

x 0<br />

3<br />

= 2<br />

y)<br />

a<br />

) ( )<br />

b0<br />

a − 1a . (A.2)<br />

b<br />

2 1<br />

√<br />

∂ 3 ∂ ∂<br />

= a<br />

= − a ∂<br />

+ a ∂ .<br />

(A.3)<br />

∂x 1 2 ∂b 0 ∂x 2 2 ∂b 0 ∂b 1<br />

Das Potential zwischen den zentralen Teilchen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Teilchen bei (b 0 , b 1 ) <strong>in</strong> diesen<br />

Koord<strong>in</strong>aten lautet dann:<br />

˜ϕ(⃗r ′ ) =<br />

Γ<br />

. (A.4)<br />

(b 2 0 − b 0 b 1 + b 2 1) 3 2<br />

Damit f<strong>in</strong>det man für die Kraftkonstanten aus Gleichung (3.9) <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten von k B T /a 2 :<br />

(<br />

)<br />

˜ϕ µν (b 0 , b 1 ) = a2<br />

k B T ϕ µν(b 0 , b 1 ) =<br />

=<br />

15Γ<br />

·<br />

4(b 2 0 − b 0 b 1 + b 2 1) 7 2<br />

(<br />

√<br />

3<br />

2<br />

3 ∂ 2 ˜ϕ<br />

4 ∂b 2 0<br />

∂ 2 ˜ϕ<br />

∂b 0 ∂b 1<br />

− 1 2<br />

∂ 2 ˜ϕ<br />

∂b 2 0<br />

√<br />

3<br />

2<br />

∂ 2 ˜ϕ<br />

∂b 0 ∂b 1<br />

− 1 2<br />

∂ 2 ˜ϕ<br />

∂b 2 0<br />

∂ 2 ˜ϕ<br />

∂b ′ 2<br />

1<br />

− ∂2 ˜ϕ<br />

∂b 0 ∂b 1<br />

+ 1 4<br />

3<br />

(2b 4 0 − b 1 ) 2 √ )<br />

3<br />

(2b 2 0 − b1)(2b 1 − b 0 ) − 1(2b 2 0 − b 1 ) 2<br />

√<br />

3<br />

(2b 2 0 − b1)(2b 1 − b 0 ) − 1(2b 2 0 − b 1 ) 2 1(5b 4 1 − 4b 0 ) 2<br />

98<br />

∂ 2 ˜ϕ<br />

∂b 2 0<br />

.


Anhang A<br />

Dies ist e<strong>in</strong>e symmetrische Matrix <strong>in</strong> den Komponenten µν <strong>und</strong> abhängig von den Koord<strong>in</strong>aten<br />

der N betrachteten Gitterpunkte. Wird als Koord<strong>in</strong>atenursprung der Punkt<br />

(0, 0) gewählt, erhält man für jeden Gitterpunkt <strong>in</strong> Abbildung (A.1) e<strong>in</strong>e 2 × 2 Matrix,<br />

die nur noch von Γ abhängt. Für wenige Schalen läßt sich die Summation <strong>in</strong> Gleichung<br />

(3.8) leicht ausführen <strong>und</strong> man erhält für jedes ⃗ R ′ die Matrix D(⃗0 − ⃗ R ′ ), die nötig ist,<br />

um die dynamische Matrix zu bestimmen. Die für die Fouriertransformation benötig-<br />

Abbildung A.1: Die Def<strong>in</strong>ition der E<strong>in</strong>heitsvektoren des Gitters. Zur Berechnung der Dynamischen<br />

Marix wird von e<strong>in</strong>er Basis <strong>in</strong> x-y Koord<strong>in</strong>aten auf e<strong>in</strong>e Basis <strong>in</strong> den Gittervektoren transformiert.<br />

ten Skalarprodukte ⃗q · ⃗R werden mit reziproken Gittervektoren als Basis im reziproken<br />

Raum bestimmt,<br />

⃗G i ·⃗b j = 2πδ ij .<br />

In kartesischen Koord<strong>in</strong>aten ergibt sich:<br />

⃗G 0 = 2π a<br />

( ) 1 √3 ⃗x + ⃗y<br />

⃗G 1 = 2π a<br />

2<br />

√<br />

3<br />

⃗x,<br />

(A.5)<br />

99


Anhang A<br />

woraus sich die Matrix des Basiswechsels T von der Basis aus reziproken Gittervektoren<br />

auf kartesische Koord<strong>in</strong>aten konstruieren läßt. Die Inverse zu dieser Matrix wird<br />

benutzt, um die Koeffizienten der Vektoren q <strong>in</strong> der neuen Basis angeben zu können.<br />

( 0<br />

a<br />

) ( )<br />

2π qx<br />

=<br />

q y<br />

√<br />

3a<br />

4π<br />

−a<br />

4π<br />

(<br />

a<br />

q )<br />

√ 2π y<br />

3a<br />

q 4π x − a q . (A.6)<br />

4π y<br />

Wegen der Def<strong>in</strong>ition der reziproken Gittervektoren nimmt das Skalarprodukt ⃗ R·⃗q e<strong>in</strong>e<br />

besonders e<strong>in</strong>fache Form an:<br />

(m ⃗ G 0 + n ⃗ G 1 )(k ⃗ b 0 + l ⃗ b 1 ) = 2π(mk + nl). (A.7)<br />

Die dynamische Matrix hängt nun von den Koeffizienten von ⃗q <strong>in</strong> der Basis der reziproken<br />

Gittervektoren ab. Die Basis, <strong>in</strong> der diese Matrix dargestellt ist, ist die Basis<br />

( ⃗ b 0 , ⃗ b 1 ). Es muß zum Vergleich mit den experimentellen Daten die Koeffizienten der ⃗q-<br />

Vektoren mit T wieder durch kartesische Komponenten ausgedrückt werden, während<br />

die Basis, <strong>in</strong> der die Matrix dargestellt ist, nicht beachtet werden muß, da Invarianten<br />

der Matrix verglichen werden.<br />

A.1 Expliziter Ausdruck der ersten Schale<br />

Gleichung (A.8) zeigt explizit das Ergebnis der Diagonalisierung für die erste Schale.<br />

Der Ausdruck (3.12) reduziert sich <strong>in</strong> diesem Fall zu:<br />

D µν (⃗q) = D µν (0, 0) (A.8)<br />

+ D µν (1, 0) ( e −2πiq 1<br />

+ e 2πiq 1 )<br />

+ D µν (1, 1) ( e −2πi(q 1+q 2 ) + e 2πi(q 1+q 2 ) )<br />

+ D µν (0, 1) ( e −2πiq 2<br />

+ e 2πiq 2 )<br />

= D µν (0, 0)<br />

+ D µν (1, 0)2 cos (2πq 1 )<br />

+ D µν (1, 1)2 cos (2π(q 1 + q 2 ))<br />

+ D µν (0, 1)2 cos (2πq 2 ) .<br />

D µν (1, 0) ist dabei die Matrix für den Punkt (1, 0) aus Abbildung (A.1). Die Matrix<br />

D(⃗q) läßt sich analytisch diagonalisieren, die Wurzeln der beiden Eigenwerte ergeben,<br />

bis auf die Masse, die Dispersionsrelation. In Abbildung (3.4) ist die Lösung für e<strong>in</strong>e<br />

verschiedene Anzahl von Schalen dargestellt.<br />

100


B<br />

Die Elastischen Module bei T=0<br />

B.1 Kompressionsmodul<br />

Am absoluten Nullpunkt T = 0 K ist die <strong>in</strong>nere Energie gegeben durch dU = −pdV .<br />

Die thermodynamische Def<strong>in</strong>ition des Kompressionsmoduls lautet (aus [109])<br />

( ) ∂p<br />

K = −V<br />

∂V<br />

Die <strong>in</strong>nere Energie e<strong>in</strong>es perfekten hexagonalen Kristalls mit e<strong>in</strong>em repulsiven Dipol-<br />

Dipol Potential ist:<br />

U = µ 0<br />

4π χ2 B 2 1 ∑ 1<br />

. (B.1)<br />

2 r 3 i≠j ij<br />

Hier ist χ die Suszeptibilität e<strong>in</strong>es Teilchens, B das angelegte Magnetfeld <strong>und</strong> r ij der<br />

Abstand zwischen Teilchen i <strong>und</strong> j. Die Summe über die Teilchenabstände kann <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>heiten der Gitterkonstanten a ausgedrückt werden. Führt man die Summation über<br />

alle N Teilchen durch, ergibt sich:<br />

U = µ 0 χ 2 B 2<br />

· 11, 03 · N .<br />

4π 2a 3<br />

Mit der Dichte ρ = N/V = 1/(a 2√ 3/2) kann die <strong>in</strong>nere Energie geschrieben werden<br />

als<br />

(√ )<br />

U = µ 3/2 ( )<br />

0 χ 2 B 2<br />

3/2 3 N<br />

· 11, 03 · N ·<br />

.<br />

4π 2<br />

2 V<br />

Nun kann der Druck p über p = − (∂U/∂V ) berechnet werden:<br />

p = 3 U<br />

2 V<br />

<strong>und</strong> K = 15 4<br />

Wenn wir die Energie U <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten von Γ (Gleichung 1.4) ausdrücken, erhält man:<br />

K ·<br />

a 2<br />

k B T<br />

= 3, 46 · Γ<br />

(B.2)<br />

U<br />

V<br />

.<br />

101


Anhang B<br />

B.2 Schermodul<br />

Ausgehend von Gleichung (B.1) läßt sich auch der Schermodul µ e<strong>in</strong>es hexagonalen Kristalls<br />

am absoluten Nullpunkt berechnen. Die Energie e<strong>in</strong>er Scherung um den W<strong>in</strong>kel<br />

α beträgt<br />

U(α) = µV α 2 .<br />

(B.3)<br />

V ist das berücksichtigte Volumen des Kristalls. Berechnet man die Energiedifferenz<br />

zwischen dem gescherten <strong>und</strong> dem ungescherten Kristall <strong>und</strong> vergleicht das Ergebnis<br />

mit Gleichung (B.3), läßt sich daraus µ bestimmen.<br />

Wird der Kristall parallel zur y-Achse um den W<strong>in</strong>kel α geschert, verändert sich die<br />

x-Koord<strong>in</strong>ate der Teilchen nicht; y i transformiert sich zu y i + αx i . Mit r 2 ij = x 2 ij + y 2 ij<br />

beträgt die <strong>in</strong>nere Energie (vergleiche Gleichung (B.1):<br />

U(α) = µ 0<br />

4π χ2 B 2 1 2 } {{ }<br />

C<br />

∑<br />

(x 2 ij + (y i + αx i ) 2 ) − 3 2 .<br />

Dieser Ausdruck wird bis zur 2. Ordnung nach Taylor entwickelt:<br />

i≠j<br />

U(α) = U(0) + ∂U(0)<br />

∂α α + 1 ∂ 2 U(0)<br />

α 2 (B.4)<br />

2 ∂α 2<br />

∂U(α)<br />

= C · ∑ [<br />

3(x ij y ij + αx 2 ]<br />

ij)<br />

−<br />

∂α<br />

(x 2 i≠j ij + (y ij + αx ij ) 2 ) 5/2<br />

∂ 2 U(α)<br />

= C · ∑ [<br />

15(x ij y ij + αx 2 ij) 2<br />

∂α 2 (x 2 ij + (y ij + αx ij ) 2 ) − 3x 2 ]<br />

ij<br />

7/2 (x 2 ij + (y .<br />

ij + αx ij ) 2 ) 5/2<br />

i≠j<br />

Alle Terme x m ij y n ij mit m oder n ungerade fallen aus Symmetriegründen weg, da <strong>in</strong> der<br />

Summe zu jedem x ij e<strong>in</strong> −x ji existiert; analog für die y ij . Der Term 1. Ordnung der<br />

Taylorentwicklung = 0 <strong>und</strong> es bleibt:<br />

U(α) = C · ∑ [ 1<br />

i≠j<br />

r 3 ij<br />

( 15x<br />

2<br />

ij yij<br />

2 +<br />

r 7 ij<br />

− 3x2 ij<br />

r 5 ij<br />

) ] α<br />

2<br />

2<br />

. (B.5)<br />

Der erste Term <strong>in</strong> der eckigen Klammer entspricht U(0). Die übrigen Terme s<strong>in</strong>d damit<br />

zusätzliche Gitterenergie aufgr<strong>und</strong> der Scherung. Die gesamte Kristallenergie ist<br />

<strong>in</strong>variant unter Rotation um 60 ◦ Die Teilchenkoord<strong>in</strong>aten ändern sich bei e<strong>in</strong>er solchen<br />

Drehung wie folgt (cos 60 ◦ = 1 2 , s<strong>in</strong> 60◦ = √ 3<br />

2 ):<br />

x ′ ij = 1 2 x ij +<br />

√ √<br />

3<br />

3<br />

2 y ij y ij ′ = −<br />

2 x ij + 1 2 y ij .<br />

102


Anhang B<br />

Zunächst wird der letzte Term aus Gleichung (B.5) vere<strong>in</strong>facht:<br />

⇒<br />

∑<br />

i≠j<br />

∑<br />

i≠j<br />

x 2 ij<br />

rij<br />

5<br />

x 2 ij<br />

rij<br />

5<br />

= ∑ i≠j<br />

= ∑ i≠j<br />

( 1 2 x ij + √ 3<br />

2 y ij) 2<br />

r 5 ij<br />

y 2 ij<br />

r 5 ij<br />

= 1 2<br />

∑<br />

i≠j<br />

= ∑ i≠j<br />

x 2 ij + y 2 ij<br />

r 5 ij<br />

1 x 2 ij + 3yij<br />

2<br />

4 rij<br />

5<br />

= 1 2<br />

∑<br />

i≠j<br />

1<br />

r 3 ij<br />

.<br />

Bei dem r −7<br />

ij -Term wird genauso vorgegangen.<br />

⇒<br />

∑<br />

i≠j<br />

24 ∑ i≠j<br />

∑<br />

i≠j<br />

x 2 ijy 2 ij<br />

r 7 ij<br />

x 2 ijy 2 ij<br />

r 7 ij<br />

x 2 ijy 2 ij<br />

r 7 ij<br />

= ∑ i≠j<br />

= 1 ∑<br />

16<br />

= 1 16<br />

( 1 2 x ij + √ 3<br />

2 y ij) 2 (− √ 3<br />

2 x ij + 1 2 y ij) 2<br />

i≠j<br />

∑<br />

i≠j<br />

= 3 ∑ i≠j<br />

= 1 ∑<br />

8<br />

i≠j<br />

r 7 ij<br />

3x 4 ij + 3y 4 ij − 2x 2 ijy 2 ij<br />

r 7 ij<br />

3 x4 ij + y 4 ij + 2x 2 ijy 2 ij<br />

r 7 ij<br />

(x 2 ij + y 2 ij) 2<br />

1<br />

r 3 ij<br />

r 7 ij<br />

.<br />

− 8 x2 ijy 2 ij<br />

r 7 ij<br />

E<strong>in</strong>setzen <strong>in</strong> Gleichung (B.5) ergibt:<br />

U(α) = U(0) + C · ∑ 3 1<br />

8<br />

i≠j<br />

r 3 ij<br />

α 2<br />

2 . (B.6)<br />

Durch Vergleich mit der Def<strong>in</strong>ition von µ (Gl. (B.3)) <strong>und</strong> dem Ergebnis für den Kompressionsmodul<br />

(Gl. (B.2)) ergibt sich:<br />

Da K = λ + µ ist, muss λ = 9<br />

10 K se<strong>in</strong>. 103<br />

µ = 1<br />

10 K . (B.7)


C<br />

Gr<strong>und</strong>legendes zu Ferrofluiden<br />

Ferrofluide s<strong>in</strong>d magnetische Flüssigkeiten, deren Eigenschaften durch Magnetfelder<br />

entscheidend verändert werden können. Durch die Entwicklung derartiger Flüssigkeiten<br />

eröffnet sich e<strong>in</strong> neues Forschungsgebiet, die Ferrohydrodynamik, aus dem sich<br />

zahlreiche Anwendungen <strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong> <strong>und</strong> Technik ergeben.<br />

Solche magnetischen Flüssigkeiten bestehen aus kolloidal suspendierten Teilchen ferromagnetischer<br />

Substanzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Trägerflüssigkeit. In der Regel werden Magnetit 1 -<br />

Partikel, deren Durchmesser ca. 5−10 nm betragen, <strong>in</strong> Wasser oder Öl suspendiert. Die<br />

magnetischen Partikel dürfen <strong>in</strong> der Trägerflüssigkeit weder im Gravitationsfeld bzw.<br />

<strong>in</strong>homogenen Magnetfeld sedimentieren, noch aufgr<strong>und</strong> der van-der-Waals-Wechselwirkung<br />

bzw. Dipol-Dipol-Wechselwirkung aggregieren. Die Synthese stabiler magnetischer<br />

Flüssigkeiten gelang erstmals 1965 S. Papell [110].<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf technische <strong>und</strong> mediz<strong>in</strong>ische Applikationen stellen neben magnetochromatischen<br />

<strong>und</strong> faradayaktiven Effekten [111, 112, 113, 114, 115] die magnetfeldabhängige<br />

Viskosität die entscheidenden physikalischen Eigenschaften e<strong>in</strong>es Ferrofluids dar.<br />

Technische Anwendungen, wie gasdichte oder staubdichte Drehdurchführungen beispielsweise<br />

bei Festplattenlaufwerken oder rotierenden Röntgenröhren basieren auf der<br />

exakten, dauerhaften Positionierbarkeit des Ferrofluids <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em magnetischen Gradientenfeld.<br />

Des Weiteren besitzen Ferrofluide e<strong>in</strong>e sehr hohe thermische Leitfähigkeit,<br />

weshalb sie hervorragend zur Kühlung, zum Beispiel von Lautsprecherspulen, geeignet<br />

s<strong>in</strong>d [116]. Darüber h<strong>in</strong>aus werden die rheologischen Eigenschaften der magnetischen<br />

Flüssigkeit durch Magnetfelder bee<strong>in</strong>flusst, woraus weitere Anwendungsbereiche resultieren.<br />

Lässt sich die Viskosität e<strong>in</strong>er Flüssigkeit aktiv verändern, ist sie z.B. für den<br />

E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Dämpfungssystemen prädest<strong>in</strong>iert. E<strong>in</strong> genaueres Verständnis der Viskosität<br />

e<strong>in</strong>es Ferrofluids ist für viele Anwendungen von gr<strong>und</strong>legender Bedeutung (aus [86]).<br />

1 Magnetit = F e 3 O 4<br />

104


Anhang C<br />

C.1 Magnetische Eigenschaften<br />

Magnetisierung e<strong>in</strong>es Ferrofluids<br />

Die suspendierten magnetischen Partikel s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>domänenteilchen <strong>und</strong> verhalten sich<br />

<strong>in</strong> der Trägerflüssigkeit wie isotrop verteilte Dipole. Betrachtet man e<strong>in</strong> Ferrofluid als<br />

e<strong>in</strong> System von nicht wechselwirkenden, thermisch fluktuierenden magnetischen Dipolen,<br />

so ergibt sich für die Magnetisierung M des Ferrofluides <strong>in</strong> Abhängigkeit vom<br />

Magnetfeld H folgende Relation<br />

(<br />

M = M s coth α − 1 )<br />

(C.1)<br />

α<br />

α = µ 0mH<br />

k B T .<br />

M s = φM 0 ist die Sättigungsmagnetisierung des Ferrofluids, welche sich aus dem Volumenbruch<br />

φ der magnetischen Partikel <strong>und</strong> ihrer spontanen Magnetisierung M 0 ergibt;<br />

das Ferrofluid zeigt Langev<strong>in</strong>-Verhalten.<br />

Relaxation des magnetischen Momentes<br />

Wird das äußere Feld abgeschaltet, bewirkt die thermische Fluktuation e<strong>in</strong>e isotrope<br />

Verteilung der magnetischen Momente. Dabei ist zwischen Brownscher <strong>und</strong> Neelscher<br />

Relaxation zu unterscheiden. Bei Brownscher Relaxation dreht sich das Partikel mit<br />

magnetischem Moment relativ zum Atomgitter fixiert, während bei Neelscher Relaxation<br />

das magnetische Moment relativ zum Atomgitter fluktuiert. Für große Partikel ist<br />

Brownsche Relaxation dom<strong>in</strong>ierend, für kle<strong>in</strong>e Partikel überwiegt Neelsche Relaxation<br />

(vergleiche Abbildung C.1).<br />

Abbildung C.1: Brown’sche <strong>und</strong> Néelsche Relaxationszeit der Magnetisierung e<strong>in</strong>es magnetisierten<br />

Ferrofluids als Funktion des Partikeldurchmessers [117].<br />

105


Anhang C<br />

Nullfeld-Viskosität von Ferrofluiden<br />

Die Viskosität e<strong>in</strong>es Ferrofluids <strong>in</strong> Abwesenheit e<strong>in</strong>es Magnetfelds weicht von der Viskosität<br />

der Trägerflüssigkeit auf Gr<strong>und</strong> der <strong>in</strong> ihr suspendierten Partikel ab. Bezeichnet<br />

η c die Viskosität der Trägerflüssigkeit, so gilt für die Viskosität η 0 des Ferrofluids <strong>in</strong><br />

Abwesenheit e<strong>in</strong>es Magnetfelds folgende Relation [117]:<br />

η 0 = η c<br />

(1 − 5 2 φ + ( 5<br />

2 φ c − 1) ( φ<br />

φ c<br />

) 2<br />

) −1<br />

. (C.2)<br />

φ ist dabei der Volumenbruch der suspendierten Teilchen <strong>und</strong> φ c steht für den kritischen<br />

Volumenbruch, für den die Viskosität η 0 divergiert.<br />

Rosensweig-Instabilität<br />

Überschreitet das Magnetfeld an e<strong>in</strong>er freien Oberfläche e<strong>in</strong>es Ferrofluids e<strong>in</strong>en Schwellwert,<br />

bricht die glatte Oberfläche der Flüssigkeitsgrenzfläche zugunsten e<strong>in</strong>er igelartigen<br />

Struktur der Oberfläche auf. Das Fluid folgt den Feldl<strong>in</strong>ien (vergleiche Abbildung C.2)<br />

Abbildung C.2: Die Oberfläche e<strong>in</strong>es Ferrofluidstropfens auf e<strong>in</strong>er Plastikfolie über e<strong>in</strong>em Magneten<br />

wird entsprechend den Feldl<strong>in</strong>ien deformiert.<br />

106


Danksagung<br />

Die Dauer dieser Promotion war mit fast sechs Jahren länger als der Median für Physik<br />

aller B<strong>und</strong>esdeutschen Hochschulen im Abschlußjahr 03/04 von 4, 89 Jahren [118]. Naja<br />

- G<strong>und</strong>lagenforschung ist manchmal mühsam. Nach fünf Jahren me<strong>in</strong>er Promotion<br />

hätte ich erst wenige zufrieden stellende Zeilen schreiben können; von den Rohdaten<br />

für Kapitel (3-5), auf deren Qualität ich, wie ich glaube zu Recht, stolz b<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />

älter als 15 Monate. E<strong>in</strong>e Menge Menschen kreuzten während dieser sechs Jahre me<strong>in</strong>en<br />

Weg, vielen möchte ich herzlich danken!<br />

Allen voran, me<strong>in</strong>en Eltern Gerda <strong>und</strong> Roland Keim, die mir die nötige Ausdauer <strong>und</strong><br />

Sturheit mitgegeben haben <strong>und</strong> nie an mir <strong>zwei</strong>felten.<br />

Me<strong>in</strong>en Mitbewohner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitbewohnern aus diversen Wohngeme<strong>in</strong>schaften, Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en: Angelika, Katr<strong>in</strong> aus dem kle<strong>in</strong>en Haus am See, Tobi, Katha,<br />

Alicia, Anja, Muck, Christian, Mira, T<strong>in</strong>a, Eva-Maria, Natascha fürs Korrekturlesen,<br />

Lothar <strong>und</strong> Ralph. Lenka :-)<br />

Ganz besonders Steffi Iskra; ich habe viel Kraft <strong>und</strong> Nähe von ihr erhalten.<br />

Der alten Garde von Doktoranden; Axel Wille für die guten Jahre der geme<strong>in</strong>samen<br />

Laborzeit, Ralf Tweer für se<strong>in</strong>e unermüdliche Hilfsbereitschaft. Beiden für die vielen<br />

Gespräche <strong>in</strong> <strong>und</strong> ausserhalb der Physik, die Grill- <strong>und</strong> sonstigen Feste, die wir feierten.<br />

Me<strong>in</strong>er Staatsexamenskandidat<strong>in</strong> Sarah Bregenzer - es hat e<strong>in</strong>en Heidenspass gemacht,<br />

mit ihr zu arbeiten.<br />

Mart<strong>in</strong> Clausen für den hervorragenden Stromkonstanter, den er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hiwizeit bei<br />

uns konstruierte.<br />

Roman Lehner, Ralf Weissenborn, Juha Koota, Thomas Gisler <strong>und</strong> allen anderen auf<br />

P10 für das gute Arbeitsklima <strong>und</strong> ihre Diskussionsfreudigkeit.<br />

Gerd Haller für alles. Ich wünsche Ihm von ganzem Herzen, dass se<strong>in</strong>e Prote<strong>in</strong>e endlich<br />

fliegen.<br />

108


Danksagung<br />

Me<strong>in</strong>em ehemaligen Betreuer Klaus Zahn, der leider <strong>in</strong> die Industrie abwanderte, mich<br />

vorher aber noch für das Experiment begeisterte, sowie unserem neuen Assistenten der<br />

Gruppe, Urs Gasser, für se<strong>in</strong> großartiges Software-Tool IDL.<br />

Patrik Dillmann, der an dem <strong>zwei</strong>ten Aufbau die konformalen Kristalle vermessen<br />

hat <strong>und</strong> Christoph Eisenmann, der mit me<strong>in</strong>em Setup an den anisotropen Kristallen<br />

arbeitete. Es war schön, endlich wieder e<strong>in</strong> Team zu se<strong>in</strong>! Ich hoffe, dass ich all me<strong>in</strong>e<br />

Erfahrungen über das Experiment weitergeben konnte.<br />

Uli Herz für die Berechnung der Bandstrukturen des <strong>zwei</strong>dimensionalen hexagonalen<br />

Kristalls während se<strong>in</strong>er Diplomarbeit.<br />

Hans Hennig von Grünberg für die w<strong>und</strong>erbare Zusammenarbeit gegen Ende der Arbeit,<br />

die motivierenden physikalischen Diskussionen <strong>und</strong> im Namen vermutlich aller<br />

Studenten für se<strong>in</strong>e hervorragenden Vorlesungen, die ich e<strong>in</strong>mal als Übungsgruppenleiter<br />

betreute.<br />

Georg Maret, dass er mich an se<strong>in</strong>em Lehrstuhl aufgenommen hat. Dass er großes Vertrauen<br />

<strong>in</strong> mich hatte <strong>und</strong> wirklich alle Anschaffungen, die ich für nötig hielt, genehmigte<br />

sowie dass er mich lange f<strong>in</strong>anzierte <strong>und</strong> immer sehr selbständig arbeiten ließ.<br />

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