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aber wie. Lebenskunst nach R.L., H.S. und W.S..pdf - OPUS ...

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„Der Held der folgenden Geschichte, der homo immunologicus, der seinem Leben<br />

mitsamt dessen Gefährdungen <strong>und</strong> Überschüssen eine symbolische Fassung geben<br />

muss, ist der mit sich selbst ringende, der um seine Form besorgte Mensch, der Mensch<br />

im Training.“ 14<br />

Noch bevor man überlegt, welchen Übungen sich der Mensch im Training unterziehen sollte, liegt es<br />

hier bereits nahe, die Frage <strong>nach</strong> seiner Autonomie zu stellen: <strong>wie</strong> autonom ist ein Mensch, wenn es<br />

um seine Selbstgestaltung geht? Wie sehr kann er sein Leben <strong>nach</strong> eigenen Formvorstellungen<br />

bestimmen? Wie groß ist also die Aussicht auf Erfolg, wenn er mit dem Ziel übt oder trainiert, ein<br />

richtiges Leben zu führen? Kurz: Ist er überhaupt in der Lage dazu, es bewusst <strong>und</strong> sogar<br />

selbstbestimmt zu ändern?<br />

In der Diskussion dieser Frage lassen sich ein Pro- <strong>und</strong> ein Contra-Standpunkt beobachten. Sloterdijk<br />

selbst führt die Fraktion derer an, die davon überzeugt sind, dass der Mensch beträchtliche<br />

Möglichkeiten habe, sich selbst durch Training zu gestalten. Das ist der Sinn seines Wortes von den<br />

„Anthropotechniken“. Der Begriff bezeichnet all jene Übungen, die autoplastischen Charakter haben,<br />

mit denen der Mensch also an seiner eigenen Form arbeiten kann, d.h. auch an der seines Lebens.<br />

Insofern ist die Botschaft seines Buches in dessen Haupt- <strong>und</strong> Untertitel schon enthalten. Wenn es im<br />

Haupttitel heißt: Du musst dein Leben ändern, so ist dies eine zwar dringende <strong>und</strong> persönlich<br />

adressierte, <strong>aber</strong> doch unspezifische Forderung. Sie wird mit dem Untertitel präzisiert. Dieser lautet:<br />

Über Anthropotechnik, <strong>und</strong> man kann das über nicht nur als Inhaltsindikator, sondern auch im Sinne<br />

eines qua verstehen: Du musst dein Leben mit Hilfe von Anthropotechniken ändern. Die Belege, die<br />

Sloterdijk anführt, um zu zeigen, <strong>wie</strong> sehr man sein Leben tatsächlich durch Übungen ändern könne,<br />

sind Legion, <strong>und</strong> mit ihnen ist der Appell seines Buches um eine Lesart zu ergänzen. Es gilt dann nicht<br />

nur: Du musst dein Leben ändern, sondern ebenso: Du kannst es auch.<br />

In der medizinischen <strong>und</strong> besonders der physiologischen <strong>und</strong> biochemischen Forschung ist man<br />

heute ähnlich zuversichtlich <strong>wie</strong> Sloterdijk. Ein Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ führt unter der<br />

Überschrift „Fitness für das Erbgut. Sport macht sich schon <strong>nach</strong> 20 Minuten in der DNA<br />

bemerkbar“ 15 entsprechende schwedische <strong>und</strong> spanische Bef<strong>und</strong>e an, die Sloterdijks Einsicht, dass<br />

der Mensch üben müsse, unterstreichen. Zum Ende des Berichtes heißt es:<br />

„Womöglich können Menschen so manche Prägung <strong>wie</strong>der loswerden. ‚Unser Erbgut ist<br />

viel dynamischer, als man angenommen hat‘, sagt Juleen Zierath. Das sei auch wichtig,<br />

damit sich der Mensch an seine Umwelt anpassen könne. […] Die Gene sind also<br />

formbar. Und Menschen sind ihnen weniger ausgesetzt, als sie lange gedacht haben. Sie<br />

haben die Macht, ihr Erbe zu verändern.“ 16<br />

14 Sloterdijk 2009a, S. 24.<br />

15 Berndt 2012, S. 18.<br />

16 Ebd. Die Autorin berichtet von Experimenten, bei denen ungeübte Versuchspersonen auf einem Fahrrad-<br />

Ergometer in die Pedale traten. „Schon <strong>nach</strong> 20 Minuten hatte der Sport das Erbgut in den Muskelzellen<br />

verändert: Es fanden sich dort weniger chemische Markierungen (sogenannte Methylgruppen) als vor dem<br />

Fahrradfahren. ‚Unsere Muskeln sind wirklich plastisch‘, sagt Juleen Zierath, die selbst von ihrer Entdeckung<br />

überrascht ist. Auch Wolfgang Fischle vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen staunt:

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