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aber wie. Lebenskunst nach R.L., H.S. und W.S..pdf - OPUS ...

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gehen, stellen eine aktuelle Version der antiken Seelenprüfung <strong>und</strong> des christlichen examen<br />

conscientiae dar. 78<br />

Fraglich ist, ob Lay mit seiner Art, zum richtigen Leben anzuleiten, noch zum Gros der<br />

<strong>Lebenskunst</strong>philosophen der Gegenwart zählt. Denn vorzugehen <strong>wie</strong> er, ist für einen heutigen<br />

Autoren der <strong>Lebenskunst</strong> nicht selbstverständlich. So ist bezweifelt worden, ob es überhaupt Sache<br />

eines <strong>Lebenskunst</strong>-Philosophen sei, dem Leser mit Selbstbesinnungs-Appellen nahezurücken.<br />

Ferdinand Fellmann erklärt:<br />

„Selbstbesinnung ist eine permanente Arbeit an der eigenen Lebensgeschichte, zu der es<br />

keiner Aufforderung bedarf. Nur in bestimmten Fällen, etwa wenn jemand gescheitert<br />

ist, macht es Sinn, ihn dazu aufzufordern […].“ 79<br />

Ohne entscheiden zu wollen, <strong>wie</strong> angemessen der Verweis ist, fällt auf, <strong>wie</strong> hoch Lays Anspruch ist.<br />

Fragereihen zur Selbsterkenntnis mit einem Kapitel einzuleiten, das überschrieben ist mit „Wenn das<br />

innere Moralgesetz versagt“, mutet kaum besonders milde an. In jedem Fall ist Lays bisweilen<br />

imperatives Vorgehen ungewöhnlich für einen Philosophen der Gegenwart, dessen Gegenstand das<br />

richtige Leben ist. Ungewöhnlich ist es vor allem, weil ein durchschnittlicher <strong>Lebenskunst</strong>-Autor des<br />

frühen 21. Jahrh<strong>und</strong>erts seine Leser fre<strong>und</strong>lich-vorsichtig an die Hand zu nehmen pflegt – ein<br />

Prototyp dieses Stils ist Wilhelm Schmid. Lays Duktus ist dagegen häufig der des Moralisten. Der<br />

Unterschied zwischen beiden Fraktionen ist schlagend, <strong>wie</strong> Wolfgang Kersting unterstreicht:<br />

„Schon im Stil, im Auftreten unterscheiden sie sich: die Moral befiehlt, oft herrisch <strong>und</strong><br />

un<strong>nach</strong>giebig; die <strong>Lebenskunst</strong> rät, zumeist fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> zurückhaltend. Die Moral<br />

richtet sich an den Allgemeinheitsmenschen, will von dem einzelnen Individuum, daß es<br />

sich so verhält, <strong>wie</strong> sich jeder in vergleichbarer Situation verhalten sollte, paktiert mit<br />

seiner Vernunft <strong>und</strong> mit seiner Rationalität. Ihre Sache ist die Sache von jedermann, ist<br />

die Sache aller, ihr Pathos gründet in der Banalität des Guten.“ 80<br />

Nimmt man die beiden letzten Differenzierungen ernst, dann spielt Lays Auftreten in einem<br />

Zwischenbereich. Einerseits versucht er als „Deutschlands Moralphilosoph Nummer eins“ 81 , scharfe<br />

ethische Maßstäbe aufzustellen, die für jedermann verbindlich sein sollen, transkulturell <strong>und</strong><br />

international. Bei solchen Gelegenheiten tritt er als genuiner Moralist auf, der viele seiner Appelle an<br />

den Selbstüberprüfungen der Antike orientiert. Andererseits <strong>und</strong> bei anderen Gelegenheiten<br />

adressiert er gerade nicht den „Allgemeinheitsmenschen“, sondern den individuellen Leser, etwa,<br />

78 Lay ist nicht der einzige, der solche Selbstprüfungen qua Selbstgespräch für sinnvoll hält. Die Rational-<br />

Emotive Therapie arbeitet mit dem Mittel des „Disputierens“, um unangemessenen Denkmustern auf die Spur<br />

zu kommen <strong>und</strong> sie im Dialog mit sich selbst durch angemessene zu ersetzen. Vgl. Ellis 2006; Ellis / Jacobi /<br />

Schwartz 2004; Schelp / Gravemeier / Maluck 1997. In einer psychologischen Untersuchung wurde beobachtet,<br />

dass man eigene Ziele motivierter verfolge, wenn man sich über diese Ziele mit sich selbst im stillen<br />

Selbstgespräch verständige. Dabei sei es besonders wirksam, wenn man sich hierbei selbst Fragen stelle –<br />

ähnlich <strong>wie</strong> bei Ellis <strong>und</strong> in den zitierten Beispielen Lays. Vgl. Senay / Albarracín / Noguchi 2010; Willmann<br />

2010.<br />

79 Fellmann 2009, S. 159 f.<br />

80 Kersting / Langbehn 2007, S. 10.<br />

81 S.o., S. 22, Anmerkung 41.

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