Ausgabe 05/2013 - BDF
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FORSTPOLITIK<br />
Statement des <strong>BDF</strong> zur Bedeutung und Umsetzung<br />
der Waldstrategie 2020<br />
Die Waldstrategie 2020 der Bundesregierung<br />
wurde mit dem politischen<br />
Ziel entwickelt, eine umfassende,<br />
alle unterschiedlichen Anforderungen<br />
an den Wald und seine Nutzung berücksichtigende<br />
Politikstrategie und<br />
auch auf dem Hintergrund bereits bestehender<br />
Strategien wie der Nationalen<br />
Biodiversitätsstrategie einen fachlich<br />
abgestimmten Maßnahmen- und Lösungsansatz<br />
zu schaffen.<br />
Diesen Politikansatz hat der <strong>BDF</strong><br />
ausdrücklich begrüßt und vor allem<br />
Aspekte der sozialen Waldfunktionen<br />
thematisiert.<br />
Die Waldstrategie schafft viele<br />
sinnvolle Ansätze, deren Umsetzung<br />
jedoch an nach wie vor bestehenden<br />
Hürden zu scheitern drohen.<br />
1. Es findet noch immer keine wirklich<br />
zielgerichtete inhaltliche Abstimmung<br />
zwischen den Zielen der<br />
Nationalen Biodiversitätsstrategie<br />
und denen der Waldstrategie statt.<br />
Die in diesem Jahr zu erwartenden<br />
Ergebnisse der durch das BfN in<br />
Auftrag gegebenen Studie zu den<br />
bereits bestehenden Nullnutzungsflächen<br />
sind nur der erste<br />
Schritt hin zu einer gemeinsamen<br />
Zieldefinition. Es wird höchste Zeit,<br />
dass damit begonnen wird, gemeinsame<br />
Ziele und Maßnahmen<br />
zu formulieren, anstatt sich permanent<br />
um pauschale Nullnutzungsprozente<br />
zu streiten.<br />
2. In der Umsetzung der Waldstrategie<br />
schafft der Föderalismus in Deutschland<br />
hohe Hürden für die Umsetzung.<br />
Wie bereits in der NBS praktiziert,<br />
wird auch die Waldstrategie<br />
ohne grundlegende Darstellung der<br />
Verantwortlichkeiten und Finanzierungsmöglichkeiten<br />
erstellt. Mit<br />
Ausnahme der Verwendung bundeseigener<br />
Flächen werden Ziele<br />
und Ansprüche formuliert, deren<br />
Umsetzung in der Verantwortung<br />
der Länder, Kommunen oder der<br />
Vielzahl privater Waldeigentümer<br />
liegt. Diese inhaltliche Lücke muss<br />
unbedingt geschlossen werden, zumindest<br />
indem ein Lösungspfad<br />
aufgezeigt wird. Hier kann auch ein<br />
stetig mit sinkender Mittelausstattung<br />
kämpfender Waldklimafonds<br />
nicht substanziell entlasten.<br />
3. Die Umsetzung der Ziele der Waldstrategie<br />
auf der Fläche kann nur<br />
mit forstlichem Fachpersonal geschehen,<br />
dieses wird aber seit Jahren<br />
auch im öffentlichen Waldbesitz<br />
ständig reduziert und an den wirtschaftlichen<br />
Refinanzierungsmöglichkeiten<br />
ausgerichtet. Für gesellschaftliche<br />
Gemeinwohlleistungen<br />
bleibt zu wenig Raum und Geld.<br />
Hier sind vor allem die Parlamente<br />
gefordert, ihrer gesamtheitlichen<br />
Verantwortung in Bezug auf die<br />
Vielzahl der gesellschaftlichen Anforderungen<br />
an den Wald gerecht<br />
zu werden und die Grundlagen für<br />
eine Aufgaben- und Zielgerechte<br />
Personalausstattung zu schaffen<br />
4. Die zunehmenden Anforderungen an<br />
den Wald sind nicht mehr in Gänze<br />
ohne Abstriche zu erfüllen. Diese Erkenntnis<br />
muss sich auch im politischen<br />
Handeln niederschlagen. Der<br />
Ausbau der erneuerbaren Energien<br />
schafft beispielsweise im Bereich der<br />
energetischen Holznutzung mittlerweile<br />
Nachfrageüberschüsse, die allein<br />
durch die Anpassung forstlicher<br />
Wirtschaftsweisen nicht mehr abzubauen<br />
sind. Aufgrund der relativ hohen<br />
Preiselastizität der vor allem privaten<br />
Brennholznutzer verliert die<br />
Holz verarbeitende Industrie zunehmend<br />
die Basis der Rohstoffversorgung.<br />
Die wesentliche Herausforderung<br />
ist, unter Marktbedingungen<br />
möglichst eine umfassende Kaskadennutzung<br />
von Holz durchzusetzen!<br />
5. Holz wird überwiegend regional verarbeitet<br />
und stärkt damit die lokale<br />
Wertschöpfung. Kurze Transportwege<br />
sorgen im Vergleich zu anderen<br />
Rohstoffen für ein gute Energie- und<br />
CO 2<br />
-Bilanz bei der Verarbeitung und<br />
Verwendung von Holz. Dieser zusätzliche<br />
Vorteil muss in der Gesamtbilanz<br />
bei der Bewertung von Substitutionsprodukten<br />
gegenüber Holz<br />
berücksichtigt werden.<br />
6. Wald und Forstwirtschaft spielen<br />
eine wichtige Rolle bei der Bildung<br />
für eine nachhaltige Entwicklung:<br />
Um die Welt für unsere Kinder und<br />
Enkelkinder lebenswert zu gestalten,<br />
müssen wir lernen, nachhaltig<br />
zu denken und zu handeln. Die Vereinten<br />
Nationen haben deshalb die<br />
UN-Dekade Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung (20<strong>05</strong>–2014) ausgerufen.<br />
Die Bildungsoffensive trägt<br />
nachhaltiges Denken und Handeln<br />
in Schulen, andere Bildungseinrichtungen<br />
und setzt das Thema ganz<br />
oben auf die politische Agenda.<br />
Der Wald ist für dieses Ziel die geeignete<br />
Plattform: Vor genau 300<br />
Jahren wurde der Begriff der Nachhaltigkeit<br />
für die Forstwirtschaft<br />
erstmals als Prinzip benannt, geprägt<br />
und ständig weiterentwickelt.<br />
Forstwirtschaft ist quasi ein erprobtes<br />
Erfolgsmodell und kann beispielgebend<br />
sein für die Gesellschaft<br />
und andere Branchen, wie<br />
mit begrenzten Ressourcen nachhaltig<br />
und verantwortungsvoll umgegangen<br />
werden kann.<br />
7. Der Wald ist der bedeutendste Freizeitraum<br />
für die Bevölkerung. Als<br />
Freizeitkulisse steht er der Bevölkerung<br />
in Deutschland, unabhängig<br />
von der Eigentumsart, zeitlich und<br />
räumlich fast uneingeschränkt für die<br />
Erholung zur Verfügung, ohne dass<br />
für diese Sozialleistung ein direktes<br />
Entgelt zu bezahlen ist. 1,5 Milliarden<br />
Waldbesucher nutzen jährlich den<br />
hohen Freizeitwert des Waldes.<br />
Fazit<br />
Forstwirtschaft hat gemäß dem<br />
Dreisäulenmodell der Nachhaltigkeit<br />
(Ökonomie, Ökologie, soziale Aspekte)<br />
nicht nur einen erwerbswirtschaftlichen<br />
Ansatz, sondern auch einen<br />
sehr ausgeprägten bedarfswirtschaftlichen<br />
Aspekt! Der unter dem Spardiktat<br />
der öffentlichen Haushalte<br />
durchgeführte Personalabbau der<br />
vergangenen 20 Jahre (etwa 40 Prozent<br />
des Forstpersonals wurden abgebaut)<br />
hat dazu geführt, dass Elemente<br />
der Daseinsvorsorge nicht<br />
mehr in der gesellschaftlich und politisch<br />
erwünschten Qualität und Quantität<br />
erbracht werden können. <br />
Hans Jacobs, Bundesvorsitzender<br />
10 <strong>BDF</strong>aktuell 5•<strong>2013</strong>