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Kein Schweigen, das nicht endet - Verlagsgruppe Droemer Knaur

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ihr Bild von sich selbst, <strong>das</strong> mir zum Verhängnis geworden<br />

war.<br />

Jemand sprach mich an, und ich zuckte erschrocken zusammen.<br />

Der Guerillero stand vor mir. Ich hatte ihn <strong>nicht</strong> kommen<br />

hören. Verständnislos sah ich ihm dabei zu, wie er <strong>das</strong><br />

Vorhängeschloss löste. Er kniete sich vor mich hin und schlang<br />

die Kette in einer Acht um meine Fußgelenke, dann machte er<br />

<strong>das</strong> Ende mit dem Vorhängeschloss um meinen Hals fest. Gereizt<br />

weigerte ich mich aufzustehen. Mein Unverständnis<br />

schien ihn zu ärgern, dennoch ließ er sich dazu herab, mich<br />

darüber zu informieren, <strong>das</strong>s der Comandante mich sehen<br />

wollte. Ich sah ihn mit großen Augen an und fragte ihn, wie<br />

ich denn wohl mit all dem Eisen um meine Beine laufen sollte.<br />

Er packte mich am Arm, zog mich hoch und schubste mich<br />

aus dem Käfig. Da bemerkte ich, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> gesamte Lager sich<br />

gleichsam in die erste Reihe gesetzt hatte, um <strong>das</strong> Schauspiel<br />

zu verfolgen.<br />

Ich sah auf meine Füße, um <strong>nicht</strong> zu stolpern und den Blicken<br />

<strong>nicht</strong> begegnen zu müssen. Der Wächter bedeutete mir,<br />

schneller zu gehen, um sich vor seinen Genossen aufzuspielen.<br />

Ich reagierte <strong>nicht</strong>, und da ich <strong>nicht</strong> einmal so tat, als würde ich<br />

seinen Befehl befolgen, wurde er wirklich wütend, weil er<br />

Angst hatte, <strong>das</strong>s er sich vor seinen Kumpanen zum Trottel<br />

machen lassen würde.<br />

Schließlich kam ich am anderen Ende des Lagers an, wo Comandante<br />

Andrés sein Zelt hatte. Ich versuchte abzuschätzen,<br />

welchen Ton er für diese Privataudienz anschlagen würde.<br />

Andrés war ein noch sehr junger Mann, mit den feinen Gesichtszügen<br />

eines Spaniers und kupferfarbener Haut. Ich hatte<br />

ihn nie wirklich unsympathisch gefunden, obwohl er vom ersten<br />

Tag an, als er den Oberbefehl über diese Mission übernommen<br />

hatte, äußerst unzugänglich gewesen war. Ich vermutete,<br />

<strong>das</strong>s er einen starken Minderwertigkeitskomplex hatte. Dieses<br />

pathologische Misstrauen verließ ihn jedoch, wenn sich <strong>das</strong><br />

Gespräch alltäglichen Dingen zuwandte. Er war bis über beide<br />

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