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Kein Schweigen, das nicht endet - Verlagsgruppe Droemer Knaur

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weil sie gut schmeckte, sondern weil sie warm war. »Noch<br />

mehr Tage wie diese überstehe ich <strong>nicht</strong>«, sagte ich laut vor<br />

mich hin. Ich musste mich schützen, sogar vor mir selbst, denn<br />

ich würde die Behandlung, der sie mich unterzogen, <strong>nicht</strong> lange<br />

durchhalten. Ich schloss die Augen, obwohl es noch <strong>nicht</strong><br />

dunkel war, atmete kaum und wartete darauf, <strong>das</strong>s sich alles<br />

auflöste: mein Leiden und meine Angst, meine Einsamkeit und<br />

meine Verzweiflung. Während dieser schlaflosen Nacht und<br />

der Tage, die darauf folgten, begab sich mein ganzes Wesen,<br />

<strong>das</strong> den Willen zu leben verloren hatte, auf einen seltsamen<br />

Pfad. Mein Körper und meine Seele versanken in einer Art<br />

Winterschlaf und warteten auf die Freiheit wie auf die Ankunft<br />

des Frühlings.<br />

Der nächste Morgen dämmerte wie an allen Tagen meines<br />

bisherigen Lebens. Doch ich war tot. Ich versuchte, die endlosen<br />

Stunden zu füllen, indem ich meinen Verstand mit allem<br />

Möglichen beschäftigte, nur <strong>nicht</strong> mit mir selbst. Die Welt<br />

interessierte mich <strong>nicht</strong> mehr.<br />

Sie kamen vom anderen Ende des Lagers. Sie hatten es<br />

schweigend durchquert, einer hinter dem anderen oder vielmehr<br />

einer geschubst vom anderen.<br />

Als sie bei der Wachstation ankamen, flüsterte Yiseth der<br />

Wache etwas zu. Der Mann bedeutete den beiden mit einer<br />

Kopfbewegung, durchzugehen. Sie kamen näher, die Frau ging<br />

hinter dem Mann und sagte etwas, was ihm <strong>nicht</strong> zu behagen<br />

schien, und stieß ihn voran.<br />

»Wir möchten mit Ihnen reden«, sagte sie, während ich mich<br />

bemühte, gleichgültig zu wirken.<br />

Sie trug dieselbe ärmellose Tarnweste wie in der Nacht zuvor.<br />

Und dieselbe harte, verschlossene Miene, die sie älter wirken<br />

ließ.<br />

Ich sah zu ihr auf, die Augen voller Verbitterung. Ihr Begleiter<br />

war einer der drei Männer, die mich in den Sümpfen misshandelt<br />

hatten. Allein seine Gegenwart erfüllte mich mit Abscheu.<br />

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