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Kein Schweigen, das nicht endet - Verlagsgruppe Droemer Knaur

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Ohren verliebt in eine hübsche junge Frau, die sehr machthungrig<br />

war, und sie hatte ihn um den kleinen Finger gewickelt.<br />

Es war deutlich zu sehen, <strong>das</strong>s er sie langweilte, aber als<br />

Geliebte des Anführers genoss sie einige Vorzüge des Urwaldlebens:<br />

Sie herrschte über die anderen, und als gehöre <strong>das</strong> irgendwie<br />

zusammen, nahm sie förmlich vor unseren Augen zu.<br />

Vielleicht dachte er, ich könne ihm dabei von Nutzen sein, die<br />

Geheimnisse dieses weiblichen Herzens zu ergründen, <strong>das</strong> er<br />

so sehr begehrte. Jedenfalls war er mehrmals gekommen, um<br />

mit mir zu sprechen. Anfangs hatte er um den heißen Brei herumgeredet<br />

und sich <strong>nicht</strong> getraut, mit seinem eigentlichen Anliegen<br />

herauszurücken. Doch ich hatte ihm geholfen, sich zu<br />

entspannen, so <strong>das</strong>s er über sein Leben und persönliche Dinge<br />

sprechen konnte. In gewisser Weise hatte es mir <strong>das</strong> Gefühl<br />

gegeben, nützlich zu sein.<br />

Doch in erster Linie war Andrés ein Bauer. Sein größter<br />

Stolz war, <strong>das</strong>s er es geschafft hatte, sich den Anforderungen<br />

des Guerilla-Lebens anzupassen. Klein, aber kräftig, war er<br />

besser als jeder andere darin, zu tun, was er von seinen Männern<br />

verlangte. Er verdiente sich ihren Respekt, indem er die<br />

schlampige Arbeit seiner Untergebenen selbst ausbesserte.<br />

Seine Überlegenheit resultierte aus der Bewunderung, die er<br />

seinen Männern einflößte. Doch er hatte zwei Schwächen: Alkohol<br />

und Frauen.<br />

Als ich eintrat, lag er auf seinem Feldbett und amüsierte sich<br />

damit, Jessica, seine Geliebte, durchzukitzeln. Ihre übermütigen<br />

Schreie waren vermutlich noch jenseits des Flusses zu hören.<br />

Die beiden wussten, <strong>das</strong>s ich da war, aber sie hatten ganz<br />

offensichtlich <strong>nicht</strong> die geringste Absicht, meinetwegen ihr<br />

Spiel zu unterbrechen. Also wartete ich, bis sie sich dazu herabließen,<br />

mich zur Kenntnis zu nehmen. Schließlich drehte<br />

Andrés sich herum, warf mir einen Blick zu, der verächtlich<br />

sein sollte, und fragte, was ich wolle.<br />

»Ich möchte mit Ihnen reden, aber ich denke, es wäre besser,<br />

wenn wir allein wären.« Er setzte sich auf, fuhr sich durch die<br />

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