Kurzfilm - Kommunales Kino guckloch
Kurzfilm - Kommunales Kino guckloch
Kurzfilm - Kommunales Kino guckloch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
VS-Villingen Mittwoch 23.10.2013 | nur in <strong>guckloch</strong> VS-Villingen<br />
Filmreihe Theaterträume (1) Sein oder Nichtsein<br />
Beginn: 20:15 Uhr<br />
USA, 1942<br />
Regie<br />
Ernst Lubitsch<br />
Buch<br />
Melchior Lengyel und Edwin Justus<br />
Mayer nach dem Bühnenstück<br />
»Noch ist Polen nicht verloren« von<br />
Melchior Lengyel<br />
Sein oder Nichtsein<br />
Kamera<br />
Rudolph Maté<br />
Musik<br />
Werner R. Heymann<br />
Produktionsdesign<br />
Vincent Korda<br />
Darsteller<br />
Carole Lombard, Jack Benny,<br />
Stanley Ridges<br />
Produktion<br />
Ernst Lubitsch (United Artists)<br />
Laufzeit<br />
99 Minuten<br />
S/W, Format: 1 : 1,37<br />
FSK: ab 12<br />
„Heil Hamlet“<br />
Im Sommer 1939 probt ein Warschauer<br />
Theater ein antifaschistisches<br />
Zeitstück, in dem auch die<br />
wesentlichen Nazi-Größen auftreten.<br />
Natürlich ist auch Hitler dabei,<br />
dessen Darsteller sich bei den Proben<br />
den Kalauer nicht verkneifen<br />
kann, auf jede Begrüßung mit „Ich<br />
heil mich selber“ zu antworten, bis<br />
der Regisseur einschreitet und das<br />
Ensemble diskutiert, wie der „Führer“<br />
wohl antworten müsse. Ebenfalls<br />
„Heil Hitler“ könne er ja<br />
schlecht erwidern.<br />
Diese kurze Szene macht bereits<br />
deutlich wie „Sein oder Nichtsein“<br />
funktioniert. Lubitsch macht nicht<br />
einfach nur eine Witzfigur aus Hitler,<br />
er karikiert das ganze System<br />
zuerst als Zerrbild, indem er es auf<br />
eine Theaterbühne verlegt. Auf<br />
diese Weise macht er das System<br />
deutlich als ein despotisches Räderwerk<br />
aus nicht hinterfragten Ideologien<br />
und Mechanismen, die aber<br />
dann, bei näherer Betrachtung als<br />
das erscheinen, was sie sind: ebenso<br />
hohl wie die Kalauer der polnischen<br />
Schauspieler. Wenn er dann, im<br />
weiteren Verlauf dieser extrem ver-<br />
schachtelten Verwechselungskomödie<br />
die originalen Nazis durch die<br />
polnischen Schauspieler in Wehrmachtsuniformen<br />
ersetzt, funktioniert<br />
das deswegen so gut, weil<br />
Original und Zerrbild wirklich<br />
nicht mehr zu unterscheiden sind.<br />
Weder für den Zuschauer noch für<br />
die Nazis im Film.<br />
Und dass selbst die Kalauer in diesem<br />
Film von allererster Qualität sind,<br />
beweist die Tatsache, dass der Film<br />
auch 70 Jahre nach seiner Entstehung<br />
noch immer unglaublich lustig ist.<br />
Er hat eben den „Lubitsch-Touch“.<br />
Mit dem deutschen Überfall auf<br />
Polen wird das Stück nur wenige<br />
Tage vor der Premiere abgesetzt<br />
und durch den unverfänglicheren<br />
„Hamlet“ ersetzt. Jetzt macht<br />
Lubitsch aus der Eifersuchtssequenz<br />
zwischen Hamlet-Darsteller<br />
Josef Tura, seiner Frau Maria<br />
(Ophelia) und einem jungen polnischen<br />
Offizier im Publikum eine<br />
der großartigsten Persiflagen auf<br />
den legendären Sein-oder-Nichtsein-Monolog,<br />
sondern zieht<br />
daraus auch den Impuls für die<br />
eigentliche Handlung des Films, die<br />
3 Jahre später einsetzt. Durch das<br />
kleine Eifersuchtsdrama kommt es<br />
1942 zur Enttarnung eines deutschen<br />
Spions in London, der sich<br />
jedoch schon auf dem Weg nach<br />
Warschau befindet, um dort die<br />
polnische Untergrundbewegung zu<br />
enttarnen. Jetzt bleibt Josef Tura<br />
nur eins – er muss nicht nur seiner<br />
Frau die ebenfalls erst durch diesen<br />
Vorfall entdeckte angebliche Affaire<br />
nachsehen, er muss auch mit ihr<br />
zusammen, dem jungen Offizier<br />
und dem Rest der Truppe den deutschen<br />
Spion aufhalten. Beim Eindringen<br />
ins Warschauer Gestapo-<br />
Hauptquartier erweisen sich die<br />
alten Uniformen aus dem abgesetzten<br />
Stück als überaus nützlich und<br />
bald weiß niemand mehr wer wer<br />
ist. Selbst der ewige Nebendarsteller<br />
bekommt endlich Gelegenheit<br />
seinen Shylock-Monolog, den er<br />
niemals auf der Bühne sprechen<br />
durfte, vor einer Nazi-Größe einzusetzen,<br />
als die Lage kritisch wird.<br />
„Sein oder Nichtsein“ ist nicht so<br />
poetisch und melodramatisch wie<br />
„Der große Diktator“ von Chaplin,<br />
mit dem er immer wieder verglichen<br />
wird, allein schon wegen<br />
Thema und Entstehungszeit. „Sein<br />
oder Nichtsein“ ist schnell, spritzig,<br />
bösartig sarkastisch und manchmal<br />
24 25