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Kurzfilm - Kommunales Kino guckloch

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Un Amore – Eine Liebe fürs Leben Un Amore – Eine Liebe fürs Leben<br />

in das idyllisch an einem Fluss gelegene<br />

Dorf Victoria gekommen ist<br />

und mit ihrer frechen und direkten<br />

Art das Leben der Teenager gehörig<br />

durcheinandergewirbelt hat. Lisa<br />

kann beiden, dem draufgängerischen<br />

Lalo wie dem schüchternen<br />

Bruno, etwas abgewinnen, und<br />

natürlich wird sie auch von beiden<br />

begehrt. Doch die tieferen Blicke<br />

werden sich von den gegenüberliegenden<br />

Seiten des Autos zugeworfen<br />

– während Bruno in der Mitte<br />

sitzt und nicht so recht weiß, wie er<br />

von dort aus in das Flirtspiel einsteigen<br />

kann.<br />

Der Großteil von „ Un Amor para<br />

toda la vida – Eine Liebe für’s<br />

Leben“ – dem dritten Langfilm<br />

von Paula Hernández (Im Regen<br />

des Südens, Lluvia 2008), wird<br />

schließlich nicht in diesem Dorf in<br />

den 1970er Jahren spielen, sondern<br />

in der großstädtischen Gegenwart.<br />

Und doch sind Szenen wie die eingangs<br />

geschilderte keine einfachen<br />

Rückblenden, die uns Hintergrundinformationen<br />

liefern, sie bilden<br />

eher eine zweite Ebene, auf die<br />

Hernández immer wieder wechselt,<br />

während sie von einem schmerzhaften<br />

Wiedersehen dieser drei Teenager<br />

dreißig Jahre später erzählt:<br />

Lisa (Elena Roger) lebt mittlerweile<br />

in Caracas, das zur Zeit der Militärdiktatur<br />

von ihrer politisch<br />

aktiven Familie gewählte Exil, bei<br />

einem Besuch in Buenos Aires sucht<br />

sie den in die Hauptstadt gezogenen<br />

Bruno auf, der mittlerweile verheiratet<br />

und Vater ist. Lalo (Luis<br />

Ziembrowski) wohnt dagegen noch<br />

immer in Victoria, ohne die lockige<br />

Haarpracht und mit einem Sohn<br />

aus einer gescheiterten Beziehung,<br />

für den er liebevoll sorgt. Als er<br />

Lisas Stimme auf seinem Anrufbeantworter<br />

hört, dauert es ein paar<br />

Tage, bis er zurückruft.<br />

Diese Zeit nutzt Hernández, um<br />

den jugendlichen Sommer nach und<br />

nach in die Gegenwart zu holen, ins<br />

Bewusstsein ihrer Figuren und<br />

damit auf die Leinwand. Zwar irritiert<br />

ihr Ansatz zunächst, im ersten<br />

Teil des Films vergangene und<br />

gegenwärtige Handlung gleichberechtigt<br />

gegenüberzustellen, weil<br />

wir uns doch an einer der beiden<br />

Ebenen festklammern wollen, um<br />

von einem sicheren Boden aus die<br />

Reise in eine andere Zeit zu unternehmen.<br />

Doch schon bald sind wir<br />

Hernández’ leiser und stimmiger<br />

Inszenierung erlegen – und lassen<br />

uns auch nicht von den nicht in<br />

allen drei Fällen stimmigen Schauspieler-Paarungen<br />

stören, mit denen<br />

die Figuren verkörpert werden.<br />

Dass die Zeitsprünge alles ignorieren,<br />

was zwischen den beiden<br />

gezeigten Lebensphasen stattgefunden<br />

hat, ist stimmig, denn auch für<br />

Bruno und Lalo ruft Lisas plötzliches<br />

Auftauchen eher abrupte<br />

Erinnerungen an einen ganz<br />

bestimmten Moment ihrer Jugend<br />

hervor, als gleich eine ganze Refle-<br />

xion über die verpassten Chancen<br />

der Jugend in Gang zu setzen.<br />

Überhaupt stellt Hernández hier<br />

höchstens beiläufig die großen Fragen<br />

oder sinniert gar über die<br />

Flüchtigkeit des Lebens. Ihr durchaus<br />

gewagtes Experiment, zwei<br />

weit auseinander liegende Momente<br />

innerhalb des Lebens ihrer drei Protagonisten<br />

gegenüberzustellen,<br />

funktioniert gerade deshalb so gut,<br />

weil diese in der Gegenwart nicht<br />

nur über das gelebte Leben nachdenken,<br />

sondern vor allem handeln<br />

müssen, mit der Situation des Wiedersehens<br />

umgehen, miteinander<br />

sprechen. Ebenso wenig wie ein<br />

Midlife-Drama mit ein paar Rückblenden<br />

ist „Un Amor“ daher die<br />

Geschichte eines unbeschwerten<br />

Sommers mit einem zwischengeschnittenen<br />

Was-aus-ihnen-geworden-ist-Epilog.<br />

Wenn der Film im<br />

letzten Teil den Schwerpunkt doch<br />

klar in der Gegenwart setzt, das<br />

Trinken auf die gemeinsame Vergangenheit<br />

zu seinem schmerzlichen<br />

Höhepunkt macht, in dem<br />

die Last der dreißig vergangenen<br />

Jahre doch noch spürbar wird,<br />

dann nicht nur, weil diese Gegenwart<br />

zur Lebensrückschau einlädt,<br />

sondern vor allem, weil sie weiter<br />

gelebt werden muss.<br />

Trotz einer vorsichtig optimistischen<br />

Note zum Schluss hat „Un<br />

Amor“ einen melancholischen<br />

Nachklang. Denn wenn der Film<br />

als „Dreiecksgeschichte“ angepriesen<br />

wird, dann wird man doch<br />

schnell gewahr, dass man hier höchstens<br />

der Dekonstruktion einer solchen<br />

beiwohnt. Indem Hernández<br />

die Zuneigung zwischen den<br />

Figuren vor allem über ihre Blicke<br />

vermittelt, erschwert sie jede Hoffnung<br />

auf ein Glück zu dritt. Denn<br />

Blicke als intensivste Momente der<br />

Liebe, das bedeutet zunächst Zweisamkeit.<br />

Bruno hat weder als Teenager<br />

noch als unglücklicher Ehemann<br />

einen Platz zwischen diesen<br />

leidend-liebenden Blicken, die sich<br />

Lalo und Lisa zuwerfen.<br />

Auch wenn Hernández also auf<br />

Aussagen verzichtet, weil zu jeder<br />

Zeit klar ist, dass wir keiner Reflexion<br />

über die menschliche Liebe<br />

beiwohnen, sondern einer ganz spezifischen<br />

Lebenssituation, ist „Un<br />

Amor“ doch auch darüber hinaus<br />

anregend. Es scheint, als könne das<br />

<strong>Kino</strong> auf der Suche nach dem Glück<br />

zu dritt zwar Geschichten und<br />

Figuren finden. Aber die Herstellung<br />

entsprechender Bilder wird es<br />

womöglich immer wieder mit der<br />

schmerzlichen Erkenntnis zu tun<br />

bekommen, dass man nicht zwei<br />

Menschen zur selben Zeit tief in die<br />

Augen sehen kann. <<br />

Zusammengestellt von Dörthe<br />

Rothenhäusler<br />

Quellen: central-programmkino.<br />

de, filmstarts.de, critic.de<br />

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