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Lektüreautobiographie hat gezeigt, dass auch bei einem geradezu prototypischen positivem Familienklima die Zuordnung zu einer Gruppe von Lesern und Leserinnen nicht notgedrungen eindeutig ausfällt. Die Studienergebnisse von Bettina Hurrelmann (1993) reichen als Erklärungsmuster nicht aus, um die wiedersprüchliche Lesehaltung von Hannah hinreichend zu erklären, auch wenn sich über die Bedeutung von Leistungsdruck zumindest Erklärungshinweise finden lassen. Trotzdem kann man auch im Hinblick auf die weitere Leseentwicklung der Autorin, die These, dass es sich um eine „erwartete Leserin“ (B. Hurrelmann 1993, S. 53f) handelt, als hinreichend bestätigt, betrachten. Im Rahmen des Medienutzungsverhaltens hat sich gezeigt, dass es zwischen der Mediennutzung der Eltern und der Tochter viele Ebenen der Überschneidung gibt und sich diese lediglich auf der Ebene des Films unterscheidet. Hier finden sich auch Prozesse der „Sozialisation der Eltern durch das Kind“ (B. Hurrelmann 1993, S. 56). Die gesamte Kindheitsgeschichte der Autorin weist alle Ebenen einer gelungenen Leseförderung auf, sowohl, was die „primäre literarische Initiation“ (Graf 1995, S.100) als auch, was die alltägliche Vorlesepraxis in der Kindheit (vgl. Wieler 1997) anbelangt. Die Besonderheit der Lektürepräferenz in der Kindheit sowie die ambivalente Haltung zu Literatur ist literaturwissenschaftlich nicht hinreichend erklärbar und verlangt wohl eher nach psychologischen Deutungsmustern. Auch das Ausbleiben einer Lesekrise scheint so außergewöhnlich zu sein, dass sich hierfür keine hinreichende Erklärung aus der verwendeten Literatur ergibt. Es sollte außerdem belegt werden, dass Hannah zu verschiedenen Lebensphasen und -zeiten über unterschiedliche Lesemodi nach Graf (1995, 2002, 2004, 2007) verfügt und diese situationsspezifisch einzusetzen vermag. Wie gezeigt werden konnte, lässt Hannahs Lektürebiographie die Zuordnung zum „Konzeptmodus“ (Graf 2004, S. 124), „Intimen Lesemodus“ (ebd.), „partizipativen Lesemodus“ (ebd., S. 123) und begrenzt auch zum „ästhetischen Lesemodus“ (ebd., S. 124f) zu, was als hinreichende Bestätigung der unterschiedlichen Verwendung von Lesemodi gelten kann. Der Hinweis, dass eine strikte LeserInnentypologie in dieser Leseautobiographie zu kurz greift, ist durch die Vielzahl genannter „Lesemodi“ (Graf 2004, S.120) hinreichend dargestellt und von Graf (2004, S. 128) selbst bestätigt worden. Die Entwicklung eines Modells, das eine Darstellung im Sinne eines Kontinuums erlaubt (z.B. ein Achsenmodell), bleibt ein offener Forschungsauftrag. 34
Literaturverzeichnis De Beauvoir, Simone (1998): Memoiren einer Tochter aus gutem Hause. Hamburg: Rowohlt Eggert, Hartmut; Garbe, Christine (1995): Literarische Sozialisation. Stuttgart: Metzler Graf, Werner (1995): Graf, Werner (2002): Graf, Werner (2004): Graf, Werner (2007): Hurrelmann, Bettina et al. (1993): Fiktionales Lesen und Lebensgeschichte. Lektürebiographien der Fernsehrgeneration. In: Rosebrock, Cornelia, Lesen im Medienzeitalter. Biographische und historische Aspekte literarische Sozialisation. Weinheim: Juventa, S.97-125 Literarische Sozialisation. In: Bogdal, Klaus-Michael; Korte, Hermann (Hrsg.): Grundzüge der Literaturdidaktik. München: dtv, S.49-60 Der Sinn des Lesens. Münster: Lit Verlag Lesegenese in Kindheit und Jugend. Einführung in die literarische Sozialisation. Hohengehren: Schneider Verlag Leseklima in der Familie. Gütersloh: Verl. Bertelsmann Stiftung Philipp, Maik; Garbe, Christine (2007): Lesen und Geschlecht – empirisch beobachtbare Achsen der Differenz. Grundlagen, Modelle und Materialien. In: Bertschi- Kaufmann, Andrea (Hrsg.): Lesekompetenz – Leseleistung – Leseförderung. Seelze-Velber: Friedrich Verlag (CD-ROM) Schön, Erich (1993): Wieler, Petra (1997): Jugendliche Leser und ihr Deutschunterricht. In: Balhorn, Heiko; Brügelmann, Hans (Hrsg.): Lesesozialisation in der Mediengesellschaft. Ein Forschungsüberblick. Weinheim: Juventa, S. 220-226. Vorlesen in der Familie. Fallstudien zur literarisch-kulturellen Sozialisation von Vierjährigen. Weinheim: Juventa 35
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