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Freiheits- und Schutzrechte der UN-Behindertenrechtskonvention ...

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Wie lässt sich Zwang vermeiden o<strong>der</strong> reduzieren <strong>und</strong> wie geht die Psychiatrie mit Zwang um? Diakonie Texte 02.2013 23<br />

Methoden <strong>der</strong> Deeskalation <strong>und</strong> Krisenpläne<br />

In persönlich schwierigen Situationen zwischen Menschen<br />

mit o<strong>der</strong> auch ohne psychische Erkrankung o<strong>der</strong> seelischer<br />

Behin<strong>der</strong>ung ist es oft die Wahl des richtigen Tones <strong>und</strong> des<br />

richtigen Wortes, die zu einer Entspannung <strong>der</strong> Situation führen.<br />

Umgekehrt kann natürlich auch eine Eskalation bis hin<br />

zu Zwangsmaßnahmen durch eine inadäquate Intervention<br />

begünstigt werden. Deeskalationstrainings aller professioneller<br />

Helferinnen <strong>und</strong> Helfer können ebenso wie aufsuchende<br />

Hilfen dazu beitragen, dass psychiatrisches Handeln in Zukunft<br />

häufiger auf Zwangsmaßnahmen verzichten kann. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> ist es erfor<strong>der</strong>lich, dass alle psychiatrisch Tätigen<br />

im stationären <strong>und</strong> im gemeindepsychiatrischen Bereich in<br />

Deeskalationsmaßnahmen fortgebildet werden.<br />

Der „Werdenfelser Weg“, ursprünglich eine Initiative aus Garmisch-Patenkirchen,<br />

wird zunehmend von Amtsgerichten<br />

aufgegriffen, um freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) zu<br />

reduzieren. Dies wird erreicht, indem pfl egewissenschaftlich<br />

geschulte Verfahrenspflegerinnen <strong>und</strong> -pfleger in das Genehmigungsverfahren<br />

einbezogen werden (www.leitlinie-fem.de/<br />

werdenfelser-weg). Auch das Projekt ReduFix (www.redufi x.<br />

de) trägt das Wissen über die Reduzierung von Fixierungsmaßnahmen<br />

in interessierte Einrichtungen <strong>und</strong> schult Mitarbeitende.<br />

Keine wissenschaftliche Studie konnte bislang einen<br />

positiven Effekt von Fixierungen zeigen, im Gegenteil sind<br />

Daten über negative Folgen (Verletzungen, Stress) alarmierend.<br />

Die ReduFix Studie konnte nachweisen, dass bewegungseinschränkende<br />

Maßnahmen reduziert werden können <strong>und</strong><br />

Verhaltensauffälligkeiten bei nicht länger fixierten Bewohnerinnen<br />

<strong>und</strong> Bewohnern tendenziell abnehmen.<br />

In Krisensituationen ist es oft für Menschen mit seelischer<br />

Behin<strong>der</strong>ung schockierend <strong>und</strong> durchaus traumatisierend,<br />

dass sie den Maßnahmen <strong>der</strong> betreuenden Institutionen hilflos<br />

ausgeliefert sind. Die direkte Kommunikation ist durch<br />

psychiatrische Symptome erschwert <strong>und</strong> oft verfallen Institutionen<br />

in alt vertraute Routinen, die durchaus suboptimal sein<br />

können. Sinnvoll ist in guten Zeiten jede Gelegenheit zu nutzen,<br />

um sich mit Betroffenen darüber auseinan<strong>der</strong>zusetzen,<br />

wie im individuellen Fall eine gute Krisenversorgung aussehen<br />

kann. Erste Mittel hierzu bieten ein gemeinsam erarbeiteter<br />

Krisenplan <strong>und</strong> auch ein Krisenpass.<br />

Der mit den Betroffenen erarbeitete Krisenplan enthält sowohl<br />

eigenverantwortliche erste Maßnahmen in Stresssituationen<br />

<strong>und</strong> sich anbahnenden Krisen als auch, welche Art von pflegerischer<br />

o<strong>der</strong> betreuerischer Zuwendung in welchen Situationen<br />

als wohltuend erlebt wird. Er sagt auch, ab welchen<br />

Krisenzeichen ärztliche Hilfe hinzugezogen werden soll sowie<br />

welche Medikation in früheren Krisen als hilfreich erlebt wurde.<br />

Ein Krisenplan sollte Bestandteil je<strong>der</strong> Pflege- <strong>und</strong> Betreuungsplanung<br />

sein <strong>und</strong> ist ein Hilfsmittel, um in schwierigeren Situationen<br />

vorschnelle Krankenhauseinweisungen zu vermeiden.<br />

Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten <strong>und</strong><br />

Behandlungsvereinbarungen<br />

Im Folgenden werden kurz verschiedene Verfügungsformen<br />

vorgestellt, mit <strong>der</strong>en Hilfe nicht nur Menschen mit seelischer<br />

Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> psychischer Erkrankung ihren Willen <strong>und</strong><br />

ihre Wünsche an eine psychiatrische Behandlung nie<strong>der</strong>legen<br />

<strong>und</strong> rechtlich durchsetzen können.<br />

Patientenverfügung<br />

Seit 1. September 2009 ist das 3. Betreuungsrechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz<br />

in Kraft. Das Gesetz definiert in § 1901a Absatz 1 BGB<br />

die Patientenverfügung als schriftliche Festlegung eines einwilligungsfähigen<br />

Volljährigen, ob er „in bestimmte, zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende<br />

Untersuchungen seines Ges<strong>und</strong>heitszustandes, Heilbehand-<br />

Zurückhaltende Bewertung <strong>der</strong><br />

Institution<br />

Bei Frau T., 45 Jahre, ist langjährig eine autistische Behin<strong>der</strong>ung<br />

bekannt. Frau T. lebt noch im Elternhaus, ihr<br />

75-jähriger Vater hat die gesetzliche Betreuung übernommen.<br />

Tagsüber ist sie in einer Werkstatt für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung beschäftigt. Frau T. wird nach dem Psychisch-<br />

Krankengesetz (PsychKG) aufgenommen, nachdem sie in<br />

<strong>der</strong> Nacht versucht haben soll, ihren schlafenden Vater mit<br />

einem Messer anzugreifen. In <strong>der</strong> Falldiskussion zwischen<br />

Klinikmitarbeitenden, Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Besuchskommission<br />

<strong>und</strong> dem Vertreter des zuständigen sozialpsychiatrischen<br />

Dienstes liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt auf <strong>der</strong> Abschätzung <strong>der</strong><br />

Gefährlichkeit ihres Tuns <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> häuslichen<br />

Situation. Auffallend dabei ist die zurückhaltende<br />

Bewertung <strong>der</strong> Institutionen, ein strafverfolgungspflichtiges<br />

Offizialdelikt läge nicht vor. Auch sei keinesfalls ein Betreuerwechsel<br />

nötig. Die Patientin würde nach dem Aufenthalt<br />

wie<strong>der</strong> in das vertraute Elternhaus zurückkehren.<br />

Als Aufnahmediagnose wird eine schizophrene Diagnose<br />

verzeichnet. Im Gespräch mit <strong>der</strong> Patientin erklärt diese,<br />

bei geordnetem Gedankengang <strong>und</strong> deutlich schüchtern<br />

zurückhaltendem Verhalten, dass sie gerne noch lange in<br />

<strong>der</strong> Klinik bleiben möchte, sie möchte auch nicht, dass <strong>der</strong><br />

Unterbringungsbeschluss aufgehoben wird.

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