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Freiheits- und Schutzrechte der UN-Behindertenrechtskonvention ...

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30 Diakonie Texte 02.2013 Wie lässt sich Zwang vermeiden o<strong>der</strong> reduzieren <strong>und</strong> wie geht die Psychiatrie mit Zwang um?<br />

Die Ausgestaltung von IV-Modellen bergen die Risiken, dass<br />

immer mehr davon abhängt, in welcher Kasse <strong>der</strong> Versicherte<br />

ist. Nicht je<strong>der</strong> Versicherte hat Anspruch auf die gleiche Leistung.<br />

Auch kann es dazu führen, dass die Form des Einschreibens<br />

in ein Modell für den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Versicherten<br />

eine zu hohe Schwelle ist, <strong>und</strong> ihm dadurch die Leistungen<br />

nicht zur Verfügung stehen. Es ist zu befürchten, dass die freie<br />

Arztwahl beziehungsweise das Wahlrecht bei nicht-ärztlichen<br />

Leistungen, für den Versicherten eingeschränkt wird. Für<br />

Patientinnen <strong>und</strong> Patienten, die ein Angebot <strong>der</strong> integrierten<br />

Versorgung nicht nutzen, darf es keine Angebots-/Leistungsverschlechterungen<br />

geben. Auf diese Entwicklungen ist bei<br />

<strong>der</strong> Implementierung <strong>und</strong> Weiterentwicklung von IV-Modellen<br />

zu achten <strong>und</strong> gegebenenfalls politisch gegenzusteuern. Zu<br />

unterstützen ist <strong>der</strong> Zusammenschluss möglichst vieler Kassen,<br />

um den Erkrankten einer Region den gleichen Zugang zu<br />

Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen zu gewährleisten.<br />

Regionale Psychiatriebudgets<br />

In vereinzelten Regionen in Deutschland wurden für psychiatrische<br />

Versorgungskliniken Psychiatriebudgets vereinbart.<br />

Das heißt, die Kliniken erhalten einen festgelegten Betrag, in<br />

etwa <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> letzten Jahre <strong>und</strong> behandeln die Patientinnen<br />

<strong>und</strong> Patienten einer definierten Region bedarfsgerecht<br />

ambulant, aufsuchend, stationär o<strong>der</strong> teilstationär. Es wird<br />

eine bestimmte Anzahl von Behandlungen vereinbart <strong>und</strong><br />

nicht von Behandlungstagen. Bisherige sektorale Grenzen<br />

<strong>der</strong> Behandlung werden dadurch aufgelöst, die Kliniken können<br />

bedarfsgerecht den Klientinnen <strong>und</strong> Klienten auf ihre<br />

Erkrankung, Wünsche <strong>und</strong> sozialen Bedingungsfaktoren<br />

abgestimmte Behandlungsangebote unterbreiten. Durch<br />

diese fl exible Angebotsgestaltung können auch Patienten<br />

erreicht werden, die eine stationäre Behandlung bisher abgelehnt<br />

haben. Eine weitere Begleiterscheinung ist, dass Home-<br />

Treatment angeboten werden kann, deutlich mehr ambulant<br />

<strong>und</strong> teilstationär behandelt werden kann <strong>und</strong> die Bettenzahl<br />

reduziert wird. Tagesklinische Plätze wurden erhöht <strong>und</strong> die<br />

Behandlungstage <strong>und</strong> Verweildauern deutlich reduziert. 69<br />

Patientinnen <strong>und</strong> Patienten profitieren von deutlich verkürzten<br />

vollstationären Aufenthalten, einer verbesserten Behandlungs<strong>und</strong><br />

Beziehungskonstanz, einer integrativen settingübergreifenden<br />

Behandlung, von flexiblen individuellen Behandlungskonzepten<br />

<strong>und</strong> einer verbesserten sozialen Integration (ebd.).<br />

„Das RPB (Regionale Psychiatrie Budget) schafft die Voraus-<br />

setzungen dafür, dass Patienten mit hoher Kontinuität <strong>und</strong><br />

Flexibilität betreut werden können.“ 70<br />

Psychiatrisch-psychotherapeutische Angebote <strong>und</strong><br />

Teams in nichtpsychiatrischen Arbeitsfel<strong>der</strong>n<br />

In verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind deutlich höhere<br />

Raten an psychischen Erkrankungen zu verzeichnen als in<br />

<strong>der</strong> Durchschnittsbevölkerung. Das trifft beispielsweise auf<br />

Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche, die in <strong>der</strong> Jugendhilfe betreut werden<br />

aber auch auf Menschen, die in Alters- <strong>und</strong> Pfl egeheimen<br />

leben sowie auf Personen, die von <strong>der</strong> Wohnungslosenhilfe<br />

betreut werden, zu.<br />

Durch eine frühe Einbindung psychiatrisch-psychotherapeutischer<br />

Kompetenz in an<strong>der</strong>e Arbeitsfel<strong>der</strong> können chronische<br />

<strong>und</strong> eskalierende Krankheitsverläufe gegebenenfalls verhin<strong>der</strong>t<br />

auch Zwangsmaßnahmen reduziert werden.<br />

Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche mit psychischen Erkrankungen finden<br />

sich überproportional oft in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> ersten Ulmer Heimkin<strong>der</strong>studie 71 belegen,<br />

dass bei über 70 Prozent <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen in<br />

einer stationären Jugendhilfemaßnahme Auffälligkeiten, die<br />

auf eine psychische Erkrankung hinweisen, zu verzeichnen sind.<br />

30 Prozent davon sind klinisch hoch auffällig. Beson<strong>der</strong>s<br />

häufig leiden diese Kin<strong>der</strong> unter Symptomen, die auf eine<br />

Störung des Sozialverhaltens <strong>und</strong> hyperkinetische Störungen<br />

hinweisen. Aber auch Depression, Enuresis <strong>und</strong> Substanzmissbrauch<br />

liegen um ein vielfaches höher als in <strong>der</strong> Normalbevölkerung.<br />

Sehr häufig gab es Hinweise auf mehrere Verhaltensstörungen<br />

gleichzeitig, zusätzlich ist für diese Kin<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Jugendlichen ein extrem belasteter sozialer Hintergr<strong>und</strong><br />

charakteristisch. Der Unterstützungs- <strong>und</strong> Hilfebedarf dieser<br />

Kin<strong>der</strong> kann nur durch ein Zusammengreifen von pädagogischen<br />

<strong>und</strong> psychiatrisch/ psychotherapeutischen Methoden<br />

<strong>und</strong> Hilfen gedeckt werden. „Bei „beson<strong>der</strong>s schwierigen“<br />

Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen kann es sich also um „Grenzgängerinnen“<br />

<strong>und</strong> „Grenzgänger“ handeln, die dringend einer<br />

gut ineinan<strong>der</strong> greifenden Hilfe von Seiten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe wie <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>-<strong>und</strong> Jugendpsychiatrie bedürfen,<br />

ohne diese immer zu bekommen.“ 72<br />

69 www.kh-itzehoe.de/deutsch/unsere kliniken/zentrumfuerpsychosozialemedizinpsychiatrie-psychotherapie-psychosomatik/RegionalesPsychiatrieBudget/page.html.<br />

70 Petersen, H-P; Hejnal,T: Regionales Psychiatriebudget, In: Psychiatrische<br />

Pflege 2010, 16, S. 40-43<br />

71 Schmid, Marc, Psychische Ges<strong>und</strong>heit von Heimkin<strong>der</strong>n, Weinheim,<br />

Juventa, 2007<br />

72 13. Kin<strong>der</strong>-<strong>und</strong> Jugendbericht; BT-Drucksache 16/12860, S. 217

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