Freiheits- und Schutzrechte der UN-Behindertenrechtskonvention ...
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Wie lässt sich Zwang vermeiden o<strong>der</strong> reduzieren <strong>und</strong> wie geht die Psychiatrie mit Zwang um? Diakonie Texte 02.2013 35<br />
Die Aktivitäten, die im Vorfeld ergriffen werden um Zwangsmaßnahmen<br />
zu vermeide n, die Versuche, eine Zustimmung<br />
zu erreichen, <strong>und</strong> die Zwangsmaßnahmen selbst sollten<br />
ausführlich dokumentiert <strong>und</strong> in den Qualitätsberichten<br />
auch veröffentlicht werden. Zwangsbehandlungen sollen<br />
darüber hinaus, soweit Betroffene sich nicht dagegen aussprechen,<br />
nachbesprochen werden.<br />
Die Diakonie spricht sich darüber hinaus für ein internes<br />
Beschwerdemanagement in den Diensten <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
aus.<br />
Umfassende Behandlungswege umsetzen<br />
Ausgehend von einem umfassenden Menschenbild <strong>und</strong><br />
Verständnis von Genesung <strong>und</strong> Krankheit, sind in den<br />
Diensten <strong>und</strong> Einrichtungen ganzheitliche Behandlungswege<br />
<strong>und</strong> entsprechende Modelle zu erproben <strong>und</strong> umzusetzen.<br />
Sinnverstehende Zugänge <strong>und</strong> die Selbstbestimmung<br />
för<strong>der</strong>nde Elemente sind gerade auch bei Menschen<br />
mit schweren <strong>und</strong> chronisch verlaufenden psychischen<br />
Erkrankungen mehr als bisher in die Hilfen aufzunehmen.<br />
Dies erhöht nicht nur die Lebensqualität <strong>der</strong> betroffenen<br />
Menschen <strong>und</strong> för<strong>der</strong>t eine aktive Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
sowohl mit <strong>der</strong> Erkrankung als auch mit <strong>der</strong> Biographie,<br />
son<strong>der</strong>n kann auch einen substantiellen Beitrag zur Reduzierung<br />
von Zwangsmaßnahmen liefern.<br />
Beispielgebend sind hier für Kliniken das Soteria-Konzept<br />
beziehungsweise Elemente daraus sowie Home-Treatment-Teams,<br />
die aufsuchend <strong>und</strong> stark psychotherapeutisch<br />
arbeiten. Für Träger von psychiatrischen Krankenhäusern<br />
<strong>und</strong> von gemeindepsychiatrischen Diensten <strong>und</strong><br />
Einrichtungen empfehlen sich mehr gemeinsame Initiativen<br />
zur sektorenübergreifenden, integrierten Versorgung.<br />
Trialog als gr<strong>und</strong>legende Kommunikations- <strong>und</strong><br />
Handlungskultur stärken <strong>und</strong> in den Diensten <strong>und</strong><br />
Einrichtungen mit Leben füllen<br />
Die zentrale For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>UN</strong>-BRK, dass in allen Bereichen<br />
<strong>der</strong> psychosozialen Versorgung Erfahrene <strong>und</strong><br />
Angehörige beteiligt werden müssen <strong>und</strong> dass das Recht<br />
auf Selbst- <strong>und</strong> Mitbestimmung zentraler Bestandteil<br />
eines jeglichen psychosozialen Hilfesystems sein muss,<br />
lässt sich nur durch eine trialogische Kommunikations<strong>und</strong><br />
Handlungskultur realisieren.<br />
Wie dies im Rahmen von Qualitätsentwicklungsprozessen<br />
in diakonischen Diensten <strong>und</strong> Einrichtungen konzeptualisiert<br />
werden kann, ist mit ProPsychiatrieQualität (PPQ) ausführlich<br />
beschrieben <strong>und</strong> dargestellt worden. 86<br />
Die konsequente Beteiligung <strong>der</strong> Psychiatrie-Erfahrenen<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Angehöriger muss auf allen Ebenen gewährleistet<br />
sein: Bei den Behandlungs- <strong>und</strong> Genesungsprozessen,<br />
bei <strong>der</strong> Ausgestaltung des Hilfesystems, durch die Partizipation<br />
im Arbeitsleben sowie bei politischen Prozessen.<br />
Darüber hinaus sollten sozialpsychiatrische Träger die<br />
Gründung von Psychoseseminaren <strong>und</strong> Trialog-Foren in<br />
Kooperation mit <strong>der</strong> Selbsthilfe unterstützen, falls es diese<br />
Angebote vor Ort noch nicht gibt.<br />
Aktive Rolle bei <strong>der</strong> Übernahme regionaler<br />
Versorgungsverpflichtung für alle Menschen mit<br />
psychischen Erkrankungen<br />
Unabhängig von <strong>der</strong> Schwere <strong>und</strong> Dauer <strong>der</strong> Erkrankung<br />
haben alle Menschen mit psychischer Erkrankung Anspruch<br />
auf personenorientierte <strong>und</strong> gemeindenahe Unterstützung.<br />
Dies gilt gerade auch für die sogenannten „Systemsprenger“<br />
o<strong>der</strong> „Schwierigsten“. In Regionen, in denen es keine<br />
Gemeindepsychiatrischen Verbünde mit gemeinsamen<br />
Qualitätsstandards <strong>und</strong> <strong>der</strong> Übernahme regionaler Versorgungsverantwortung<br />
gibt, sind diese zu initiieren <strong>und</strong> voranzubringen.<br />
Die Themen Zwangsmaßnahmen, geschlossene Unterbringung<br />
<strong>und</strong> „Verschiebung“ in weit entfernte Pflegeeinrichtungen<br />
sind durch eine aussagekräftige Ges<strong>und</strong>heitsberichterstattung<br />
in die öffentliche Wahrnehmung zu<br />
rücken, um die lokale Situation zu analysieren <strong>und</strong> das<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystem vor Ort weiterzuentwickeln.<br />
86 Vergleiche B<strong>und</strong>esverband evangelische Behin<strong>der</strong>tenhilfe <strong>und</strong> Caritas<br />
Behin<strong>der</strong>tenhilfe <strong>und</strong> Psychiatrie (HG): PPQ: ProPsychiatrieQualität.<br />
Leitzielorientiertes Qualitätsmanagement, Bonn, 2009.