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Freiheits- und Schutzrechte der UN-Behindertenrechtskonvention ...

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Wie lässt sich Zwang vermeiden o<strong>der</strong> reduzieren <strong>und</strong> wie geht die Psychiatrie mit Zwang um? Diakonie Texte 02.2013 27<br />

die dazu beitragen können, in ihrer Differenziertheit sowie <strong>der</strong><br />

Ausrichtung auf die individuellen Bedürfnisse <strong>der</strong> erkrankten<br />

Menschen Zwangsmaßnahmen zu verhin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> auf ein<br />

Mindestmaß zu minimieren.<br />

Versorgungsverpflichtung im Verb<strong>und</strong>/gemeinsame<br />

Verantwortung für personenorientierte Hilfen<br />

Menschen mit psychischen Erkrankungen haben unterschiedliche<br />

Bedarfe <strong>und</strong> Wünsche an Hilfen, teilweise müssen diese<br />

schnell <strong>und</strong> flexibel zur Verfügung gestellt werden. Gelingt<br />

das nicht, besteht die Gefahr, dass auf krisenhafte Verläufe<br />

zu spät o<strong>der</strong> nicht adäquat reagiert wird, was letztendlich zu<br />

Zwangseinweisungen führen kann. Von daher sind Zwangseinweisungen<br />

in dem Zusammenhang mit <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong><br />

regionalen Versorgung zu betrachten. Häufig fehlt es an <strong>der</strong><br />

Vernetzung <strong>der</strong> verschiedenen Angebote <strong>und</strong> Leistungserbringer<br />

miteinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> einer umfassend medizinischen<br />

Begleitung, um Menschen ambulant in Krisensituationen zu<br />

versorgen sowie lange <strong>und</strong> teure stationäre Aufenthalte zu<br />

vermeiden. 60 Zusätzlich fehlt in vielen Regionen ein klares<br />

Bekenntnis zur Versorgungsverpflichtung. Das führt dazu,<br />

dass psychisch kranke Menschen nicht selten weitab von<br />

ihrer Heimat untergebracht werden, weil es kein Angebot für<br />

sie in ihrer Region gibt.<br />

Notwendig ist ein regionales Versorgungssystem, das die<br />

Bedarfe <strong>der</strong> psychisch erkrankten Bevölkerung decken kann.<br />

Dabei muss ein ausreichen<strong>der</strong> Spielraum für individuelle<br />

Lösungen gegeben sein. Im Idealfall gibt es in einer Region<br />

Behandlungs-<strong>und</strong> Betreuungsmöglichkeiten von <strong>der</strong> vollstationären<br />

klinischen Versorgung bis zur ambulanten Behandlung/Betreuung<br />

im persönlichen Umfeld <strong>und</strong> dies unabhängig<br />

vom Schweregrad <strong>der</strong> Erkrankung. Handlungsleitend sind die<br />

individuellen Bedürfnisse <strong>und</strong> Vorstellungen des Betroffenen.<br />

Eine personenorientierte Hilfegestaltung – geleitet vom individuellen<br />

Bedarf <strong>und</strong> den Wünschen des betroffenen Menschen<br />

<strong>und</strong> seines Umfelds – macht einen Hilfemix über Einrichtungs-,<br />

Träger- <strong>und</strong> Finanzierungsgrenzen hinweg notwendig. Hier<br />

bedarf es des Engagements aller Akteure, um die Schnittstellen<br />

reibungsarm <strong>und</strong> immer im Sinne <strong>der</strong> Menschen mit psychischer<br />

Erkrankung zu gestalten.<br />

Die Ziele <strong>der</strong> Personenorientierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Versorgungsverpflichtung<br />

in einer Region können nicht dem Engagement<br />

Einzelner überlassen werden. Es bedarf einer klaren politischen<br />

Willensbek<strong>und</strong>ung, die alle Akteure in die Pflicht nimmt<br />

<strong>und</strong> Verbindlichkeit herstellt. Die Initiierung von Gemeindepsychiatrischen<br />

Verbünden kann an dieser Stelle je<strong>der</strong> Region<br />

dringend empfohlen werden. 61<br />

Die Schnittstellen zwischen den Leistungsangeboten <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Sozialgesetzbücher sind teilweise mit hohen Reibungsverlusten<br />

verb<strong>und</strong>en. Um diese Schnittstellenarbeit im<br />

Sinne <strong>der</strong> Betroffenen zu leisten, bedarf es neben einer prokooperativen<br />

Haltung <strong>der</strong> beteiligten Akteure auch <strong>der</strong> Bereitstellung<br />

ausreichen<strong>der</strong> Ressourcen. „Wenn Therapie nachhaltig<br />

sein soll, müssen Strategien aus dem SGB V-Bereich<br />

mit solchen aus dem SGB XII-, dem SGB II- o<strong>der</strong> dem SGB<br />

XI-Bereich kombiniert werden <strong>und</strong> die Behandlungskonzepte<br />

müssen nahtlos ineinan<strong>der</strong> übergehen.“ 62<br />

Flächendeckende ambulante <strong>und</strong> aufsuchende<br />

Hilfen auch in Krisensituationen/Krisendienste<br />

Krisen können an 24 St<strong>und</strong>en, an 365 Tagen im Jahr auftreten.<br />

Krisen haben eine „Vorgeschichte“ o<strong>der</strong> treten plötzlich auf.<br />

Gestalt, Intensität <strong>und</strong> Verlauf einer Krise sind höchst individuell.<br />

Einige Betroffene haben für Krisenfälle Vorkehrungen<br />

getroffen, was <strong>und</strong> wer ihnen dann wie helfen kann <strong>und</strong> soll<br />

(siehe oben). Die meisten Menschen haben dies nicht, zumal<br />

eine Krise auch am Anfang einer psychischen Erkrankung<br />

stehen kann. Eine Krisenbegleitung muss sich, wenn sie hilfreich<br />

sein will, an den individuellen Wünschen <strong>und</strong> Bedürfnissen<br />

des betroffenen Menschen orientieren <strong>und</strong> bietet eine<br />

kontinuierliche Beziehung.<br />

Von daher ist es notwendig, dass in je<strong>der</strong> Region, jenseits<br />

einer Klinik, ein Krisenangebot r<strong>und</strong> um die Uhr vorgehalten<br />

wird. Die Ausgestaltung ist von einer vorausgegangenen<br />

Analyse abhängig, die Auftretenshäufigkeiten, Bedingungen<br />

im Sozialraum sowie Verfügbarkeit des Sozialpsychiatrischen<br />

Dienstes umfasst.<br />

Gerade in ländlichen Regionen müssen ambulant aufsuchende<br />

Krisen(bereitschafts)dienste installiert werden. Krisendienste<br />

arbeiten niedrigschwellig <strong>und</strong> begleiten vor Ort unter Einbeziehung<br />

des sozialen Umfelds. Diese können von Trägern<br />

gemeindepsychiatrischer Angebote unter Einbeziehung von<br />

Genesungsbegleiterinnen <strong>und</strong> -begleitern übernommen werden.<br />

Not(krisen)betten komplettieren das Angebot. Der Auf-<br />

60 Stellungnahme <strong>der</strong> Verbände des Kontaktgespräches Psychiatrie<br />

61 www.bag-gpv.de<br />

62 Krüger,U.: Ein Krankenhaus macht mobil, in: Psychosoziale Umschau<br />

3/2010, Psychiatrie Verlag Bonn

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