Freiheits- und Schutzrechte der UN-Behindertenrechtskonvention ...
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32 Diakonie Texte 02.2013 Wie lässt sich Zwang vermeiden o<strong>der</strong> reduzieren <strong>und</strong> wie geht die Psychiatrie mit Zwang um?<br />
Im Alter erleben sich viele Menschen bedingt durch das körperliche<br />
Altern, die Zunahme an Erkrankungen <strong>und</strong> Schmerzen,<br />
die Einschränkung <strong>der</strong> Sinnesfunktionen <strong>und</strong> die eingeschränkte<br />
Mobilität oft hilfl os <strong>und</strong> ausgeliefert. Dadurch<br />
werden traumatische Erlebnisse, auch wenn sie bisher gut<br />
kompensiert waren, reaktiviert, nicht zuletzt begünstigt durch<br />
mediale Trigger. Ein altersgerechtes Kurzzeittherapieprogramm<br />
angeboten dort, wo die Menschen leben, in den Heimen, muss<br />
ein Standardangebot werden. 81<br />
Die Versorgung alter Menschen mit psychischen Erkrankungen<br />
wird insgesamt als mangelhaft eingeschätzt <strong>und</strong> ist deutlich<br />
verbesserungsbedürftig. Ein Ausbau von Angeboten sowohl<br />
im ambulanten wie auch im stationären Bereich erscheint<br />
gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> demografi schen Entwicklung<br />
als vordringliche Aufgabe.<br />
Wohnungslosenhilfe<br />
Nach den Schätzungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />
Wohnungslosenhilfe sind die Zahlen <strong>der</strong> wohnungslosen<br />
Personen seit einigen Jahren wie<strong>der</strong> im Steigen begriffen,<br />
beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Altersgruppe bis 30 Jahren. 82 Nach diesen<br />
Studien sind zwischen 30 <strong>und</strong> 50 Prozent <strong>der</strong> Menschen, die<br />
auf <strong>der</strong> Straße, in Notunterkünften leben o<strong>der</strong> sich in Einrichtungen<br />
<strong>der</strong> Wohnungslosenhilfe aufhalten, psychisch krank.<br />
Es liegen oft mehrere psychische Erkrankungen <strong>und</strong> zusätzlich<br />
eine Abhängigkeitserkrankung vor. Häufig betroffen sind<br />
Menschen, die keinen Zugang zu hochschwelligen Behandlungsangeboten<br />
<strong>der</strong> Psychiatrie haben. Sie können <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />
wollen sich nicht an Terminvorgaben <strong>und</strong> Regularien halten,<br />
sind sozial unangepasst, erleben sich nicht als psychisch<br />
krank, haben Erfahrungen aus <strong>der</strong> Psychiatrie, die sie ängstigen<br />
<strong>und</strong> lehnen demzufolge das Hilfesystem ab. Der Zugang<br />
dieser Personen zu psychiatrischen Hilfen ist somit sehr<br />
schwierig. Bei dieser Kumulation des Problems kommt es<br />
unweigerlich zur Überfor<strong>der</strong>ungssituation <strong>der</strong> betreuenden<br />
Personen, zumal die Wohungslosenhilfe auf die Arbeit <strong>der</strong><br />
Ehrenamtlichen angewiesen ist. Krisenhafte Entwicklungen,<br />
anhaltende schwerwiegende psychiatrische Symptomatik<br />
<strong>und</strong> Gewalt führen dann zu Einweisungen in Kliniken mit<br />
freiheitsbeschränkenden Maßnahmen.<br />
Um dies zu verhin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> eine optimale bedarfsgerechte<br />
Versorgung sicherzustellen, sind verschiedene differenzierte<br />
Hilfeangebote <strong>und</strong> Strukturanpassungen notwendig. (BAG<br />
Wohnungslosenhilfe, ebd.)<br />
<br />
<br />
<br />
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<br />
Kooperationen zwischen Wohnungslosenhilfe, Psychiatrie<br />
<strong>und</strong> Suchtkrankenhilfe, aktive Bearbeitung von Schnittstellenproblemen<br />
auf <strong>der</strong> administrativen <strong>und</strong> Versorgungsebene<br />
spezielle Ausrichtung auf psychisch kranke Menschen in<br />
den Wohnformen, Beachtung von personellen <strong>und</strong> räumlichen<br />
Strukturanfor<strong>der</strong>ungen<br />
medizinische Versorgung durch Einrichtung eines Liaisondienstes,<br />
Schaffung eines leichteren Zugangs zu psychiatrischen<br />
Hilfen über die medizinische Gr<strong>und</strong>versorgung,<br />
Hinzuziehung von ambulanter psychiatrischer Pfl ege<br />
Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
sowie <strong>der</strong> ehrenamtlichen Helferinnen <strong>und</strong> Helfer<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> personenbedingten Beson<strong>der</strong>heiten,<br />
um Unterstützungs- <strong>und</strong> Hilfeleistungen bedarfsgerecht zu<br />
gestalten <strong>und</strong> Betreuungsabbrüche o<strong>der</strong> Entlassungen zu<br />
vermeiden.<br />
Geschlossene Unterbringung in Wohnheimen als<br />
letztes Mittel<br />
Das Thema „Geschlossene Unterbringung in Wohnheimen<br />
<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pflege“ ist Gegenstand einer<br />
kontroversen Diskussion, die sich am zahlenmäßigen Ausbau<br />
geschlossener Einrichtungen entzündet.<br />
Sowohl von den Leistungsträgern als auch den Leistungserbringern<br />
wird vielfach auf die wachsende Nachfrage nach<br />
geschlossenen Wohnheimplätzen für bestimmte Personengruppen<br />
hingewiesen. Allerdings sollte diese postulierte<br />
wachsende Nachfrage nicht ohne weiteres mit einem wachsenden<br />
Bedarf dieser Personen gleichgesetzt werden. 83 Und<br />
es ist auch nicht das Risiko von <strong>der</strong> Hand zu weisen, dass<br />
erst einmal bestehende Einrichtungen weitere Nach- <strong>und</strong><br />
Anfragen nach sich ziehen.<br />
Die Themen Zwang, Gewalt <strong>und</strong> geschlossene Unterbringung<br />
für Menschen mit psychischen Erkrankungen gehören in die<br />
Verantwortung psychiatrischer Leistungserbringer, die sich im<br />
81 Grisard, T; Notwendigkeiten <strong>und</strong> Möglichkeit einer Psychotherapie im<br />
höheren Lebensalter. Ein Pilotprojekt, In: Trauma <strong>und</strong> Gewalt, 6. Jahrgang,<br />
S. 72–77, 1/2012,<br />
82 Trabert, G, Wohnungslose Menschen mit psychischen Erkrankungen<br />
Inklusion bei einer existentiell bedrohlichen Lebenssituation, Kerbe, 3/2012<br />
83 Vergleiche Vortrag von Wolfgang Bayer auf <strong>der</strong> Tagung <strong>der</strong> Deutschen<br />
Gesellschaft für Sozialpsychiatrie (DGSP) „Verantwortung übernehmen<br />
für die „Schwierigsten““ 2012.