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Freiheits- und Schutzrechte der UN-Behindertenrechtskonvention ...

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Zusammenfassung Diakonie Texte 02.2013 3<br />

Zusammenfassung<br />

Obwohl die Zahl <strong>der</strong> Menschen mit psychischen Erkrankungen<br />

o<strong>der</strong> seelischer Behin<strong>der</strong>ung, die untergebracht o<strong>der</strong> zwangsweise<br />

mit Medikamenten behandelt werden, seit Jahren steigt,<br />

nimmt die Gesellschaft von diesen – für die Betroffenen häufig<br />

traumatischen – Vorgängen kaum Notiz.<br />

Die <strong>UN</strong>-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention (<strong>UN</strong>-BRK), die in Deutschland<br />

2009 in Kraft getreten ist, bietet die beson<strong>der</strong>e Chance,<br />

ein neues Bewusstsein im Umgang mit Zwang in <strong>der</strong> Psychiatrie<br />

zu entwickeln. Die <strong>UN</strong>-BRK umfasst nach mehrheitlicher<br />

Auffassung – auch <strong>der</strong> Psychiatrieerfahrenen – neben den in<br />

Deutschland anerkannten Behin<strong>der</strong>ungen auch chronische<br />

Erkrankungen o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ungen, die bei älteren Menschen<br />

beziehungsweise bei Menschen mit psychosozialen Problemen<br />

auftreten. 1<br />

Die Diakonie Deutschland hat dies zum Anlass genommen,<br />

die Umsetzung <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>rechtlich geschützten <strong>Freiheits</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Schutzrechte</strong> im psychiatrischen Hilfesystem kritisch in den<br />

Blick zu nehmen. Im Rahmen einer Projektgruppe wurde <strong>der</strong><br />

Frage nachgegangen, inwieweit einzelne Artikel <strong>der</strong> <strong>UN</strong>-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

(<strong>UN</strong>-BRK) Impulse setzen können für<br />

eine menschenrechtsbasierte Weiterentwicklung <strong>der</strong> psychosozialen<br />

Unterstützungssysteme.<br />

Es gibt in Deutschland zu viele vermeidbare <strong>und</strong> unzulässige<br />

Zwangsmaßnahmen in <strong>der</strong> Psychiatrie. Gleichzeitig besteht<br />

das Risiko, dass im Namen <strong>der</strong> Selbstbestimmung Menschen,<br />

die aufgr<strong>und</strong> ihrer Erkrankung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Gründe nicht<br />

aktiv nach Hilfe suchen o<strong>der</strong> diese ablehnen, in großer seelischer<br />

Not <strong>und</strong> schwierigen Lebenslagen sich selbst überlassen<br />

werden.<br />

Dieses Spannungsfeld wahrzunehmen <strong>und</strong> auszuhalten, bei<br />

<strong>der</strong> Suche nach guten Lösungen Unsicherheiten zuzulassen,<br />

dazu lädt diese Handreichung ein. Sie richtet sich in erster<br />

Linie an die gemeindepsychiatrischen Dienste <strong>und</strong> Einrichtungen,<br />

an die psychiatrischen Kliniken <strong>und</strong> Fachabteilungen<br />

sowie die Betreuungsvereine in diakonischer Trägerschaft.<br />

Aber auch die Politik <strong>und</strong> öffentlichen Stellen, die mit Zwangsbehandlungen<br />

<strong>und</strong> Unterbringungen von Menschen mit psychischen<br />

Erkrankungen zu tun haben, sind Adressaten. Alle<br />

sind aufgefor<strong>der</strong>t, sich offen mit <strong>der</strong> Zwangsthematik auseinan<strong>der</strong>zusetzen<br />

<strong>und</strong> wo immer dies möglich ist, gemeinsam<br />

Alternativen zu entwickeln auf dem Weg zu einer weitestgehend<br />

zwangsfreien Psychiatrie.<br />

Ausgangspunkt <strong>der</strong> Handreichung sind das christliche Menschenbild<br />

<strong>und</strong> das daraus folgende umfassende Verständnis<br />

von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit sowie <strong>der</strong> Menschenrechtsansatz<br />

<strong>der</strong> <strong>UN</strong>-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention.<br />

Aus juristischer Perspektive wird dargestellt, inwiefern die<br />

Unantastbarkeit <strong>der</strong> Menschenwürde <strong>und</strong> das daraus abgeleitete<br />

Selbstbestimmungsrecht, die auch in den <strong>Freiheits</strong><strong>und</strong><br />

<strong>Schutzrechte</strong>n <strong>der</strong> <strong>UN</strong>-Behin<strong>der</strong>tenrechtkonvention zum<br />

Ausdruck kommen, die Frage nach <strong>der</strong> Zulässigkeit von<br />

Zwangsanwendungen aufwirft. Zwangsbehandlungen gegen<br />

den Willen <strong>der</strong> Betroffenen können – wenn überhaupt – nur<br />

als letztes Mittel <strong>und</strong> unter sehr engen konkret defi nierten<br />

Voraussetzungen angewandt werden <strong>und</strong> nur wenn dadurch<br />

ein an<strong>der</strong>es Gr<strong>und</strong>recht geschützt wird. Dabei sind die Angemessenheit,<br />

Erfor<strong>der</strong>lichkeit <strong>und</strong> Verhältnismäßigkeit von<br />

Zwangsmaßnahmen zu beachten.<br />

Erfahrungen aus dem In- <strong>und</strong> Ausland zeigen, dass nur bei<br />

einer sehr kleinen Anzahl von Menschen Zwangsbehandlungen<br />

in Betracht kommen, wenn zuvor ernsthaft alle zur Verfügung<br />

stehenden Alternativen ausgeschöpft worden sind.<br />

Dies allerdings braucht Zeit <strong>und</strong> Raum.<br />

1 Vergleiche dazu auch das Deutsche Institut für Menschenrechte,<br />

Monitoring-Stelle zur <strong>UN</strong>-BRK

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