Juli 2013 Jahresgabe
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Hat sich das Eintrittsalter im Laufe der<br />
Jahrzehnte verändert?<br />
Das ist stark nach oben gegangen. Derzeit<br />
sind unsere Postulanten um die 30 Jahre alt.<br />
Warum ist das so?<br />
Vor 60 Jahren hatte man einfach nicht so<br />
viele Alternativen. Heute gehen die jungen<br />
Menschen während ihrer Schulzeit zunächst<br />
mal einen relativ vorgezeichneten<br />
Weg. Mit dem Schulabschluss sind sie das<br />
erste Mal gefordert, ihr Leben selbst in die<br />
Hand zu nehmen. Die ersten Erfahrungen<br />
werden gesammelt, Denkprozesse kommen<br />
in Gang. Es gibt heute eine ungeheure Vielfalt<br />
an Möglichkeiten, die herausfordernd,<br />
aber auch verwirrend wirkt. Diese Fülle an<br />
Optionen macht es so schwer, sich jetzt<br />
konkret für etwas zu entscheiden.<br />
Wie gestaltet sich das Zusammenleben<br />
der Generationen im Klosteralltag?<br />
Insgesamt erlebe ich unser Zusammenleben<br />
als sehr homogen. Unser Leben ist<br />
vor allem durch die gemeinsamen Gebetsund<br />
Mahlzeiten geregelt. Hier kommen<br />
die Generationen miteinander in Berührung.<br />
Die Mahlzeiten werden zwar schweigend<br />
eingenommen, doch ich bekomme<br />
hier Fühlung mit den anderen. Von Zeit<br />
zu Zeit wird in Konventsgesprächen über<br />
Themen gesprochen, die das Leben in Kloster<br />
und Welt betreffen. Dabei wird sehr<br />
offen geredet und manchmal auch kontrovers<br />
diskutiert, um nach tragfähigen<br />
Lösungen zu suchen. Mehr individuellen<br />
Kontakt gibt es im Leben der Dekanien;<br />
das sind Kleingruppen von zehn bis 14<br />
Mönchen. Während die jüngsten und die<br />
ältesten Mitbrüder bewusst zusammenbleiben,<br />
werden die anderen Dekanien<br />
alle drei Jahre neu ausgelost. Gemeinsam<br />
veranstaltet man Gesprächsrunden oder<br />
gesellige Abende, feiert Namenstage oder<br />
unternimmt Ausfl üge. Alles in allem ist das<br />
sehr bereichernd, weil der Einzelne in dieser<br />
kleineren Zelle der Gemeinschaft noch<br />
einmal stärker vorkommt und sich persönlich<br />
ausdrücken kann.<br />
Was bringt ein „alter Mitbruder“ in die<br />
Gemeinschaft ein, was trägt ein dreißig-<br />
Jähriger bei?<br />
Ganz egal, ob jung oder alt: Jeder, der hier<br />
eintritt und bleibt, formt und prägt unsere<br />
Gemeinschaft. Ein älterer Mitbruder bringt<br />
natürlich eine Fülle an Erfahrungen mit.<br />
Damit meine ich nicht nur die persönliche<br />
Lebensgeschichte, sondern auch alle Höhen<br />
und Tiefen auf dem geistlichen Weg. Diese<br />
Erfahrungen sind ein kostbarer Schatz. Allein<br />
die Tatsache, dass da jemand neben mir<br />
und mit mir lebt, der einen ähnlichen Weg<br />
geht, tut gut. Oft können die Erfahrungen<br />
der Älteren mir auch in meinen eigenen<br />
Fragen helfen. Bei ihnen kann ich mir abgucken,<br />
etwas durchzutragen und nicht auszusteigen.<br />
Ältere Mitbrüder sind Vorbilder und<br />
Garanten für ein stabiles Dasein und ein<br />
verlässliches Miteinander. Jüngere bringen<br />
die Welt ins Kloster. Durch sie begegnen<br />
wir allen Fragen und Themen, die sich die<br />
Welt stellt, auch im Kloster. Die modernen<br />
Kommunikationsmittel zum Beispiel berühren<br />
sehr intensiv die Frage der Klausur: So<br />
kann ich heute die Klausur zwar rein räumlich<br />
halten, aber via Internet verlassen.<br />
Hat die veränderte Lebenswelt Auswirkungen<br />
auf das monastische Leben?<br />
Auf jeden Fall. Die Welt ist übersichtlicher,<br />
spannender und interessanter geworden.<br />
Durch das Internet haben wir unerschöpfliche<br />
Möglichkeiten, uns zu bilden und zu<br />
informieren. Zugleich ist das Leben schneller<br />
und hektischer geworden. Die Themen Stress<br />
und Arbeitsbelastung betreffen auch uns.<br />
Was verbindet die einzelnen Generationen<br />
von Mönchen?<br />
Unser rhythmisierter Tagesablauf. Die gemeinsamen<br />
Gebets- und Mahlzeiten sind<br />
P. Pascal Herold<br />
wurde 1964 geboren<br />
und wuchs<br />
in Rothmannsthal<br />
(Landkreis Lichtenfels)<br />
auf. Nach dem<br />
Abitur war er als<br />
Panzerschütze bei<br />
der Bundeswehr<br />
und durchlief eine<br />
Ausbildung zum Krankenpfl eger. 1991 trat<br />
er in die Abtei Münsterschwarzach ein. Es<br />
folgten Theologie-Studium an der Universität<br />
Würzburg (1993 – 1998), Ewige Profess<br />
(1998) und Priesterweihe (1999). Von<br />
1999 bis 2002 war Pater Pascal als Missionar<br />
in der Abtei Ndanda (Tansania) tätig,<br />
von 2002 bis 2006 leitete er das Gästehaus<br />
der Abtei Münsterschwarzach. Nach<br />
sechs Jahren als Novizenmeister (2006 bis<br />
2012) wurde Pater Pascal im Dezember<br />
2012 zum Prior der Abtei ernannt.<br />
ein gesunder Gegenpol zur modernen<br />
Schnelllebigkeit und brechen den Alltag<br />
auf. Sie sind Teil unserer Gemeinschaft und<br />
sorgen für Kontinuität.<br />
Wird der Spagat zwischen Welt und<br />
Kloster damit größer?<br />
Ich erlebe das nicht als Spagat. Der Spagat<br />
besteht eher darin, sich verbindlich zu zeigen:<br />
im persönlichen Engagement, im Mittun,<br />
in der persönlichen Verfügbarkeit. Angesichts<br />
der unglaublichen Möglichkeiten<br />
und Freiheiten, die junge Menschen heute<br />
haben, ist es nicht leicht, in ein Kloster<br />
einzutreten, wo ich scheinbar auf so vieles<br />
verzichten muss. Hier angekommen erleben<br />
viele aber plötzlich, welche überraschenden<br />
Möglichkeiten das monastische Leben bietet.<br />
Hinter dem oberfl ächlichen Verzicht eröffnet<br />
sich eine ungeahnte Tiefe und Weite.<br />
Das Interview führte Anja Legge