Juli 2013 Jahresgabe
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… und strahlende junge Mönche<br />
und arbeiten voll mit! Das ist auch schon<br />
die erste Erklärung der oben genannten<br />
Fragen. In unseren Klöstern arbeiten die<br />
Mönche ganz unabhängig vom Alter in<br />
der Gemeinschaft mit. Der bestimmende<br />
Faktor ist die Arbeitsfähigkeit. Die meisten<br />
Mönche sind bereit, entsprechend<br />
ihren Kräften auch andere Aufgaben<br />
zu übernehmen als die, für die sie ausgebildet<br />
wurden. So können Dienste an<br />
der Pforte, bei der Gebäudereinigung,<br />
im Speisesaal übernommen werden.<br />
Andere sind aber auch noch lange im<br />
angestammten Beruf tätig wie in der Verwaltung,<br />
beim Schreiben von Büchern, in<br />
der Leitung von Betrieben. Dabei gibt es<br />
natürlich die Aufsicht des Abtes, der darauf<br />
achten muss, dass der einzelne nicht<br />
überfordert wird und der Verantwortung<br />
in seinem Arbeitsbereich gerecht wird. So<br />
können die Funktionen des Klosters voll<br />
aufrechterhalten werden.<br />
Kranke pflegen<br />
in gewohnter Umgebung<br />
Auch im Kloster bleiben nicht alle Mönche<br />
arbeitsfähig, selbst für einfachste Arbeiten<br />
nicht. Die klösterliche Gemeinschaft wird<br />
von Demenz und Gebrechlichkeit nicht verschont.<br />
Dies ist und bleibt eine große Herausforderung<br />
der Gemeinschaft. In allen<br />
unseren Klöstern wird es als eine wichtige<br />
Aufgabe gesehen, die alten und kranken<br />
Brüder zu pfl egen. Sie werden fast immer<br />
im Kloster behalten. In den kommenden<br />
zehn Jahren wird es besonders viele pfl e-<br />
gebedürftige Mitbrüder geben, weil die<br />
Jahrgänge alt werden, die besonders stark<br />
vertreten sind. Dabei zeigt sich, dass die<br />
meisten Mitbrüder im Kloster bleiben wollen,<br />
auch wenn die Pfl ege nicht immer optimal<br />
sein kann. Menschliche Wärme und<br />
eine gewohnte Umgebung sind wichtiger<br />
als rein pfl egerische Gesichtspunkte.<br />
Die Alten müssen<br />
auf die Jungen hören<br />
Eine klösterliche Gemeinschaft kommt<br />
gemeinsam zu Entscheidungen. Bei der<br />
herrschenden Altersstruktur besteht die<br />
Gefahr, dass Entscheidungen vor allem<br />
aus dem Blickwinkel der Älteren getroffen<br />
werden. Hier steht die Zukunftsfähigkeit<br />
auf dem Spiel. So kommt es sehr darauf<br />
an, Entscheidungsprozesse durch gemeinschaftliche<br />
Gespräche zu fördern. Die jungen<br />
Brüder müssen darauf aufmerksam<br />
machen, was aus ihrer Sicht zukunftsfähig<br />
ist und was nicht. Die jungen Mitbrüder<br />
müssen die Konsequenzen von Entscheidungen<br />
tragen und nicht die Alten. Daher<br />
müssen die Älteren bereit sein, auf die<br />
Jungen zu hören, auch wenn sie selbst in<br />
der Mehrheitsposition sind. Hier kommen<br />
demokratische Prozesse, die nur auf das<br />
Mehrheitsprinzip bauen, an ihre Grenzen.<br />
In häufi gen Gesprächen kann das Verständnis<br />
zwischen Alt und Jung wachsen.<br />
Dazu wurden von den Gemeinschaften<br />
neue Methoden der Moderation und der<br />
Diskussion gelernt. Bisher ist dieser Prozess<br />
in unseren Klöstern ganz gut gelungen. Es<br />
gibt aber immer neue Herausforderungen.<br />
Es ist äußerst wichtig, dass junge Menschen<br />
an den Entscheidungen beteiligt<br />
werden, die wesentliche Aufgaben des Klosters<br />
betreffen. Letztlich hängt davon auch<br />
die Frage des klösterlichen Nachwuchses<br />
ab. Gemeinschaften ziehen junge Leute<br />
nur dann an, wenn sie Möglichkeiten zur<br />
Lebensgestaltung bekommen.<br />
Das Leben geht weiter<br />
Diese Frage der Mitgestaltung wird für die<br />
Gesellschaft insgesamt von ganz entscheidender<br />
Bedeutung sein. Das Mehrheitsprinzip<br />
bringt die Gefahr mit sich, dass<br />
Entscheidungen aus der Sicht der Älteren<br />
getroffen werden. Politiker wollen Wahlen<br />
gewinnen. Ältere Menschen wollen nicht<br />
mehr viele Veränderungen. Aber das Leben<br />
geht weiter. Wer sich dem Fluss des Lebens<br />
entgegen stemmt, ist schon verloren. Klöster<br />
leben vor, wie Zukunft in einer solchen<br />
Situation gestaltet werden kann. Auch hier<br />
klappt das nicht immer und sicher auch<br />
nicht ohne Reibungen. Modellhaft spiegelt<br />
sich aber im Kloster, wie die Gesellschaft<br />
in 25 Jahren auch in Deutschland zusammengesetzt<br />
sein wird.<br />
Br. Dr. Ansgar Stüfe OSB<br />
Geboren 1952 in Bad Mergentheim<br />
• Profess 1980 • Missionar<br />
seit 1987 in Tansania • Direktor<br />
des Krankenhauses Peramiho<br />
• Kongregationsprokurator seit<br />
2003