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Langskript Perioperatives Transfusionskonzept - Transfusionsmedizin

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Teil IV <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong><br />

Inhaltübersicht: <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong><br />

1 Einleitung: Urteil VI ZR 40/91 vom 17.12.1991 des Bundesgerichtshofes<br />

2 Hauptteil:<br />

2.1 Fremdblutsparende Maßnahmen - Übersicht und Ziele<br />

2.2 Rechtliche Grundlagen für die praktische Durchführung autologer<br />

Transfusionsverfahren: Präoperative Eigenblutspende<br />

2.3 Verantwortungsträger: Operateure und Anästhesisten<br />

2.4 Normothermie und restriktiver Einsatz von Fremdblut<br />

2.5 Kontrollierte Hypotension<br />

2.6 DDAVP als perioperativ hämostatisch wirksames<br />

2.7 Antifibrinolytika<br />

2.8 Fibrinkleber<br />

2.9 Künstliche Sauerstoffträger<br />

2.10 Akute normovolämische Hämodilution (ANH)<br />

2.11 Maschinelle Autotransfusion<br />

2.12 Autologe Direktretransfusion<br />

2.13 Anwendung und Dokumentation perioperativ hergestellter autologer<br />

Blutpräparationen<br />

2.14 Anwendung und Dokumentation perioperativ hergestellter autologer<br />

Blutpräparationen<br />

2.15 Besonderheiten der präoperativen Eigenblut- oder<br />

Eigenblutkomponentenherstellung bei Kindern<br />

2.16 Eigenblut – Risikoabwägung im Einzelfall<br />

2.17 Eigenblut – Spezialpräparationen<br />

2.18 Qualitätskriterien für präoperativ hergestellte Eigenblutpräparate<br />

2.19 Anwendung und Dokumentation präoperativ hergestellter autologer<br />

Blutpräparationen<br />

2.20 Qualitätssicherung der Herstellung und Anwendung autologer Blutprodukte<br />

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2.21 Rekombinante hämatopoetische Wachstumsfaktoren bei der Vermeidung von<br />

Fremdbluttransfusionen<br />

2.22 Wo finden Sie weitere Informationen?<br />

3 Zusammenfassung<br />

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1 Einleitung: Urteil VI ZR 40/91 vom 17.12.1991 des Bundesgerichtshofes<br />

Im Jahre 1987 unterzog sich eine Patientin einer elektiven Hysterektomie, bei der sie<br />

Erythrozytenkonzentrate und Frischplasmakonserven erhielt. Hierbei kam es<br />

vermutlich zur Infektion sowohl mit HIV als auch mit einem Non-A-Non-B-<br />

Hepatitisvirus.<br />

Am 17.12.1991 kam der Bundesgerichtshof auf Grund dieses Falles zu folgendem<br />

Entscheid:<br />

Patienten sind immer dann über das Risiko allogener Bluttransfusionen aufzuklären,<br />

wenn es für den Arzt ernsthaft in Betracht kommt, dass bei ihnen intra- oder<br />

postoperativ eine Bluttransfusionerforderlich werden kann. Darüber hinaus sind<br />

solche Patienten auf den Weg der Eigenblutspende als Alternative zur Transfusion<br />

von fremdem Spenderblut hinzuweisen, soweit für sie diese Möglichkeit besteht.<br />

Dieses Urteil verhalf den autologen Transfusionsverfahren zu einem ungeheuren<br />

Aufschwung und führte zur Aufnahme dieser Formulierungen in das<br />

Transfusionsgesetz (§ 13 Abs. 1 S. 5) und die Richtlinien zur Gewinnung von Blut<br />

und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) der<br />

Bundesärztekammer und des PEI (Abschnitt 4.3).<br />

Nach Bekanntwerden dieses BGH-Urteils brach geradezu eine Eigenblut-Euphorie<br />

aus, autologe Transfusion wurde vielfach um ihrer selbst willen durchgeführt.<br />

Präoperative Eigenblutspenden wurden vielerorts selbst vor Bagatelleingriffen mit<br />

verschwindend geringem Transfusionsrisiko durchgeführt.<br />

Angesichts der seit Anfang der 90iger Jahre des 20. Jahrhunderts ständig<br />

abnehmenden Übertragungsrisiken der drei wichtigsten, durch Blut übertragbaren<br />

Viren, HBV, HCV und HIV, aber auch weil das Bewusstsein für die spezifischen<br />

Risiken der autologen Transfusionsverfahren deutlich zugenommen hat, herrscht seit<br />

einigen Jahren das allgemeine Bestreben vor, die autologe Bluttransfusion auf das<br />

notwendige Maß zu beschränken. Sie soll vielmehr in ein für die jeweilige<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 3/47


Einrichtung und die jeweilige klinische Situation des Patienten adäquates<br />

Gesamtkonzept der fremdblutsparenden Maßnahmen eingepasst werden:<br />

Sowenig Eigenbluttransfusion wie möglich, aber soviel wie nötig<br />

Das Auftreten neuer Erreger, die durch Blutprodukte übertragen werden könnten,<br />

kann jederzeit eine erhebliche Veränderung in der Einschätzung der Wertigkeit<br />

fremdblutsparender Maßnahmen herbeiführen.<br />

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2 Hauptteil:<br />

2.1 Fremdblutsparende Maßnahmen - Übersicht und Ziele<br />

Wichtigste Maßgabe für den Einsatz fremdblutsparender Maßnahmen ist nicht<br />

die Vermeidung von Fremdbluttransfusionen um jeden Preis, sondern die für<br />

den Patienten möglichst risikoarme perioperative Aufrechterhaltung einer für<br />

die vitalen Funktionen (vor allem Gastransport und Hämostase) erforderlichen<br />

Zusammensetzung des Blutes.<br />

Eine zentrale Rolle in diesem Gesamtkonzept spielt der adäquate, das heißt<br />

zurückhaltende Einsatz von Fremdblut. Eine möglichst wenig traumatisierende,<br />

„blutarme“ Operationstechnik trägt wesentlich zur Vermeidung von<br />

Bluttransfusionen bei.<br />

Die Frage, wann es gemäß dem eingangs erwähnten BGH-Urteil „ernsthaft in<br />

Betracht kommt, dass intra- oder postoperativ Bluttransfusionen erforderlich<br />

werden“, wird nach den „Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen<br />

und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie)“ der Bundesärztekammer<br />

und des PEI mit einer Transfusionswahr-scheinlichkeit von mindestens 10%<br />

beantwortet. Die Transfusions-wahrscheinlichkeit und der Regelbedarf sind dabei auf<br />

der Grundlage krankenhauseigener Bedarfslisten zu ermitteln (Hyperlink zu RiLi<br />

2.7.1). Für die Praxis bedeutet dies, das mindestens für jede Art eines planbaren<br />

operativen Eingriffes, der in einer Klinik bzw Krankenhausabteilung vorgenommen<br />

wird, eine hausinterne Transfusionsstatistik zu führen und fortzuschreiben ist, um die<br />

Transfusionswahrscheinlichkeit abschätzen zu können. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

dass es komplizierte Sonderfälle ansonsten im Durchschnitt ohne jede<br />

Bluttransfusion durchführbarer Eingriffe geben kann, die eine<br />

Transfusionswahrscheinklichkeit von weit über 10% mit sich bringen.<br />

Ab einer Transfusionswahrscheinlichkeit von mindestens 10% vor planbaren<br />

Eingriffen sind die Verfahren der Eigenbluttransfusion oder rekombinantes<br />

Erythropoietin in einer optimierten Kombination einzusetzen, sofern beim einzelnen<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 5/47


Patienten die entsprechenden gesundheitlichen Voraussetzungen hierfür gegeben<br />

sind:<br />

• Eigenbluttransfusion<br />

– akute normovolämische Hämodilution (ANH)<br />

– Retransfusion von intra- und/oder postoperativ gewonnenem<br />

Wund/Drainageblut<br />

– präoperative Eigenblut- oder Eigenblutkomponentenherstellung<br />

• Erythropoietin<br />

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2.2 Kurze Übersicht zu den rechtliche Rahmenbedingungen für die<br />

praktische Durchführung autologer Transfusionsverfahren:<br />

Präoperative Eigenblutspende<br />

Bzgl. der rechtlichen Rahmenbedingungen sei auf den entsprechenden Abschnitt<br />

2.8.5. der aktuellen Richtlinien der Bundesärztekammer verwiesen (Richtlinien zur<br />

Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten<br />

(Hämotherapie) gemäß §§ 12 und 18 des Transfusionsgesetzes (Novelle 2005):<br />

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2.3 Verantwortungsträger: Operateure und Anästhesisten<br />

Angesichts der zur Herstellung der Eigenblutkonserven benötigten Zeit vor der<br />

Operation liegt es nahe, dem einweisenden Arzt bei elektiven Eingriffen, die Aufgabe<br />

zuzuweisen, die Vorstellung seines Patienten beim Operateur so rechtzeitig zu<br />

veranlassen, dass auch die Frage der Eigenblutanwendung zeitgerecht geklärt werden<br />

kann .<br />

Gemäß der Vereinbarung zwischen dem Berufsverband der Deutschen Anästhesisten<br />

und dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen (Anästhesiol. u. Intensivmed. 89,<br />

375) prüfen Chirurg und Anästhesist gemeinsam, ob und für welche Fälle sich die<br />

Eigenblutspende in ihrem Krankenhaus realisieren lässt. Sie einigen sich, falls die<br />

organisatorischen Voraussetzungen von Krankenhausträger und Kostenträgern<br />

geschaffen werden, über die Aufteilung der Aufgaben.<br />

Der Anästhesist trägt in der intraoperativen Phase die ärztliche und rechtliche<br />

Verantwortung für die Entscheidung, ob und zu welchem Zeitpunkt eine<br />

intraoperative Bluttransfusion angezeigt ist. Die präoperative Aufklärung des<br />

Patienten „über die Notwendigkeit oder Wahrscheinlichkeit einer intraoperativen<br />

Bluttransfusion gehört zu den Aufgaben des Chirurgen (4.2 der Vereinbarung der<br />

Berufsverbände). Damit ist auch die Aufklärung über die Möglichkeit einer<br />

Eigenblutanwendung (und die rechtzeitige Veranlassung der erforderlichen<br />

Maßnahmen) eine Aufgabe des Operateurs. Eine Absprache zwischen Operateur<br />

und Anästhesist hinsichtlich der präoperativen Patientenaufklärung durch den<br />

Anästhesisten ist zulässig, entlässt aber den Chirurgen wegen der Grundregel in 4.2<br />

der Vereinbarung der Berufsverbände nicht völlig aus der Haftung, denn bei ihm<br />

verbleibt eine eingeschränkte Kontrollpflicht.<br />

Diese Regelungen sollten sinngemäß für alle autologen Transfusionsverfahren<br />

Anwendung finden.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 8/47


Alle Vereinbarungen über die Zuständigkeiten sollten für die jeweilige Einrichtung<br />

unbedingt schriftlich festgelegt werden und allen beteiligten gegen schriftliches<br />

Empfangsbekenntnis bekannt gegeben werden.<br />

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2.4 Normothermie und restriktiver Einsatz von Fremdblut<br />

Durch Absinken der Körpertemperatur kommt es zu einer Störung sowohl der<br />

Thrombozytenfunktion als auch der plasmatischen Gerinnung, da die Enzyme der<br />

Hämostase ihr Reaktionsoptimum bei 37°C haben. Ein besonderes Risiko für<br />

Hypothermie besteht vor allem bei offener Chirurgie des Thorax und Abdomens<br />

sowie bei prolongiertem Schock oder bei sehr jungen oder sehr alten Patienten. Der<br />

Effekt der Hypothermie auf die Hämostase kann im Labor nicht erfasst werden, da<br />

die Tests dort unter Standardbedingungen bei 37°C erfolgen.<br />

Zur Vermeidung hoher Fremdblutverluste infolge von durch Hypothermie gestörter<br />

Gerinnung ist ein gewissenhaftes Warmhalten des Patienten sowie das Erwärmen von<br />

Infusionslösungen und Blutprodukten bei schneller und umfangreicher Applikation<br />

erforderlich.<br />

Eine sorgsame Feststellung der Indikation zur Transfusion von Blutprodukten ist von<br />

zentraler Bedeutung zur Vermeidung unnötiger Fremdblutgaben. Informationen zum<br />

aktuellen Kenntnisstand über die Indikation zur Bluttransfusion finden sich in den<br />

folgenden Beiträgen:<br />

2.5 Kontrollierte Hypotension<br />

Unter kontrollierter Hypotension (KH) versteht man die absichtliche,<br />

pharmakologische Senkung des systolischen arteriellen Blutdruckes auf 80 mm Hg,<br />

bzw. des mittleren arteriellen Druckes auf 50 mm Hg. Dies kann mittels<br />

Vasodilatation durch Inhalationsanästhetika, intravenös verabreichten vasoaktiven<br />

Substanzen (Nitroprussid-Natrium, Nitroglycerin, Hydralazine, Urapidil, Esmolol,<br />

Labetalol, Nicardipin, Prostaglandin E1, Magnesiumsulfat, Adenosin) oder durch<br />

Periduralanästhesie erreicht werden. Durch Verringerung des arteriellen Blutdrucks<br />

kommt es zu geringeren intraoperativen Blutverlusten. Wegen der spezifischen<br />

Risiken wird das Verfahren selten eingesetzt.<br />

Grundvoraussetzung für die gefahrlose Anwendung der KH ist die Aufrechterhaltung<br />

eines normalen intravasalen Blutvolumens (Normovolämie). Sowohl kontrollierte<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 10/47


Hypotension als auch normovolämische Anämie lösen identische vaskuläre<br />

Kompensationsmechanismen aus (periphere Vasodilatation, Ausschöpfung der<br />

vaskulären Reserve), weshalb bei Kombination beider Zustände eine<br />

Verschlechterung der Gewebeoxygenierung bei deutlich höheren<br />

Hämoglobinkonzentrationen als bei Normotonie auftritt. Dieser Effekt ist besonders<br />

ausgeprägt, wenn zur Induktion der kontrollierten Hypotension Substanzen<br />

verwendet werden, die neben peripherer Vasodilatation zu einer Abnahme des<br />

Herzzeitvolumens (wie beispielsweise Beta-Blocker) führen. Während kontrollierter<br />

Hypotenison sollte die Hämoglobinkonzentration daher nicht unter 10 g/dl abfallen.<br />

Eine gefürchtete Komplikation während kontrollierter Hypotension und<br />

normovolämischer Anämie (Hb


2.6 DDAVP als perioperativ hämostatisch wirksames Arzneimittel<br />

DDAVP-Ampullen<br />

Der ungezielte Einsatz des synthetischen Vasopressin-Analogon DDAVP (1-<br />

deamino-8-D-Arginin Vasopressin, Desmopressin) zur perioperativen<br />

Blutungsvermeidung ist nicht sinnvoll.<br />

DDAVP ist indiziert zur Blutungsprophylaxe und –therapie (nicht bei bedrohlichen<br />

Blutungen oder größeren operativen Eingriffen) bei leichter Hämophilie A (FVIII<br />

> 10%) und bei von Willebrand Syndrom Typ 1. Weiterhin kann DDAVP auch bei<br />

anderen Formen des von-Willebrand-Syndroms (z.B. Typ 2 cave: rel. KI bei 2B)<br />

sowie bei diversen Thrombozytopathien wirksam sein; hier sollte die Wirksamkeit<br />

jedoch einige Tage vor der Operation mittels eines „Minirintestes“ überprüft werden.<br />

DDAVP aktiviert neben der Freisetzung von Faktor VIII und von Willebrand-Faktor<br />

aus Gefässendothelien auch die Fibrinolyse durch Freisetzung von<br />

Plasminogenaktivator. Diese Aktivierung klingt ab, bevor Faktor VIII und von<br />

Willebrand-Faktor VWF ihren Maximalspiegel erreichen. Deshalb soll bei<br />

prophylaktischer Anwendung ein Zeitintervall von 1 Stunde zwischen Ende der<br />

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DDAVP-Infusion und dem vorgesehenen Eingriff eingehalten werden. Es empfiehlt<br />

sich eine Kontrolle des Faktorenanstiegs vor Beginn des operativen Eingriffs. Die<br />

Wirkung unterliegt einer starken Tachyphylaxie, d.h. nachfolgende Gaben von<br />

DDAVP erzielen immer geringere Effekte aufgrund zunehmender Entleerung der<br />

Speicherorganellen (Weibel-Palade-Bodies), falls höhere Faktorenaktivitäten für<br />

längere Zeit erforderlich sind, müssen entsprechende Faktorenkonzentrate substituiert<br />

werden.<br />

DDAVP führt zu massiver Wasserretention, deshalb sollte es bei Säuglingen,<br />

Kleinkindern unter 4 Jahren, zerebralem Anfallsleiden, koronarer Herzkrankheit oder<br />

Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Zudem kann es einen arteriellen<br />

Hypertonus verursachen.<br />

Dosierung: 0.3μg/kg; für i.v. Infusion verdünnen mit 50 ml NaCl, Kurzinfusion über<br />

40 Minuten.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 13/47


Es gibt ernsthafte Hinweise, dass der Einsatz von DDAVP zur Blutungsprophylaxe<br />

bei Thrombozytopathien (siehe Tabelle) sinnvoll sein kann. Unter strenger<br />

Beachtung der Kontraindikationen von DDAVP kann mitunter die ansonsten<br />

erforderliche Transfusion von Thrombozytenkonzentraten vermieden oder<br />

hinausgeschoben werden.<br />

Indikationen für DDAVP bei der Behandlung von Blutungserkrankungen<br />

Gesichert Leichte Hämophilie A (FVIII > 10%)<br />

von Willebrand Jürgens Syndrom Typ 1, evtl. Typ 2A<br />

Möglich Angeborene Störungen der Thrombozytenfunktion<br />

Urämie<br />

Leberzirrhose<br />

Thrombozytopathie durch Medikamente (Heparin, Hirudin,<br />

Thrombozytenaggregationshemmer, Dextran, Streptokinase)<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 14/47


2.7 Antifibrinolytika<br />

Der Proteinaseinhibitor Tranexamsäure (trans-4-(Aminomethyl)cyclohexan-1-<br />

carbonsäure) kann im Rahmen der Herzchirurgie offenbar effektiv den<br />

perioperativen Blutverlust und die Rate homologer Erythrozytentransfusionen<br />

reduzieren. Tranexamsäure weist dabei eine akzeptable Sicherheit auf, insbesondere<br />

mit Blick auf thromboembolische Komplikationen. Der Nutzen von Tranexamsäure<br />

in der Herzchirurgie ist am größten bei Patienten mit erheblichem<br />

Transfusionsbedarf.<br />

Tranexamsäure<br />

Tranexamsäure wird kurz vor Anschluß an die Herz-Lungen-Maschine als Bolus 10<br />

mg/kg KG appliziert; anschließend folgt eine kontinuierliche Erhaltungsdosis von 2<br />

mg pro kg KG pro Stunde bis zum Ende der OP. Bei Vorliegen einer postoperativen<br />

Gerinnungstörung unklarer Ursache kann Tranexamsäure auch postoperativ weiter<br />

appliziert werden.<br />

Das früher eingesetzte Aprotinin (ein Polypeptid) gilt derzeit als obsolet, nachdem im<br />

Januar 2006 im New England Journal of Medicine die Ergebnisse einer<br />

Beobachtungsstudie veröffentlicht wurden, nach denen Aprotinin mit einer erhöhten<br />

Rate postoperativen Nierenversagens einhergeht Im Februar 2008 erschienen in der<br />

gleichen Zeitschrift zwei weitere Studien, die bei Verwendung von Aprotinin eine<br />

erhöhte Mortalität nach Koronararterien-Bypass-Operation zeigten. Die Substanz<br />

wird als Arzneimitel nicht mehr vermarktet<br />

2.8 Fibrinkleber<br />

Fibrinkleber wird aus menschlichem Plasma gewonnen. Die Fibrinklebung<br />

führt analog zur letzten Stufe der Blutgerinnung zur Polymerisation des<br />

Fibrinmonomers durch Zugabe von Thrombinlösung und Calciumchlorid. Zur<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 15/47


Stabilisierung dieses Fibringerüstes wird dem Kleber der Fibrinolyseinhibitor<br />

Aprotinin (als Bestandteil des Fibrinklebers noch zugelassen) zugefügt. Das bei der<br />

Klebung entsehende Fibringerüst wird vom Körper vollständig abgebaut. Bei<br />

Patienten mit Koagulopathien kann die Fibrinklebung zur Verringerung des<br />

Bedarfs an Faktorenkonzentraten führen.<br />

Einige Untersuchungen weisen darauf hin, dass der Einsatz von Fibrinkleber vor<br />

allem in der Prostata-, Leber- und orthopädisch-unfallchurgischen Chirurgie einen<br />

gewissen, begrenzten Beitrag zur Verringerung perioperativer Blutverluste und<br />

Transfusionen leisten könnte. Überzeugende Studienergebnisse liegen hierzu<br />

allerdings noch nicht vor. Die derzeitig kommerziell verfügbaren Fibrinkleber sind<br />

zudem nicht preiswert und haben ein gewisses, wenn auch geringes Risiko der<br />

Virusübertragung, da sie aus menschlichem Blut hergestellt sind. Ferner enthalten sie<br />

den aus Rinderlunge gewonnenen Proteinaseinhibitor Aprotinin, sodass<br />

grundsätzliche Bedenken mit Blick auf die Übertragung der neuen Variante der<br />

Creutzfeldt-Jakob Erkrankung nicht auszuschliessen sind.<br />

Der Einsatz autologen Fibrinklebers wird derzeit im Rahmen klinischer Studien<br />

erprobt.<br />

Der Fibrinkleber hat, außer bei Patienten mit Koagulopathien, derzeit keinen<br />

gesicherter Platz im Arsenal der fremdblutsparenden Massnahmen. Vielmehr ist er<br />

ein Instrument zur lokalen Blutstillung.<br />

2.9 Künstliche Sauerstoffträger<br />

Seit etwa 2 Jahrzehnten werden Lösungen chemisch modifizierten tierischen oder<br />

menschlichen Hämoglobins sowie Fluorocarbonemulsionen als künstliche<br />

Sauerstoffträger evaluiert. Bisher hat keines dieser Produkt die Zulassung für den<br />

klinischen Einsatz erreicht.<br />

2.10 Akute normovolämische Hämodilution (ANH)<br />

Die präoperative normovolämische Hämodilution oder akute normovolämische<br />

Hämodilution (ANH) wird unmittelbar präoperativ durchgeführt. Dabei wird dem<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 16/47


Patienten Vollblut entnommen, welches durch kristalloide oder kolloidale Lösungen<br />

zur Erlangung der Normovolämie ersetzt wird. Der Gewinn liegt darin, dass so<br />

intraoperativ Blut niedrigeren Hämatokrits verloren wird. Das intra- oder<br />

postoperativ transfundierte Vollblut enthält neben den Erythrozyten und dem Plasma,<br />

da es bei Raumtemperatur aufbewahrt wird, auch die entsprechende Menge<br />

funktionsfähiger Thrombozyten und damit das volle Gerinnungspotential bezogen auf<br />

das präoperativ entnommene Vollblutvolumen. In der Herzchirurgie werden so Teile<br />

des Plasmas und der Thrombozyten dem störenden Einfluss des extracorporalen<br />

Kreislaufs entzogen und tragen nach Retransfusion möglicherweise spezifisch zur<br />

Verringerung von Blutverlusten bei.<br />

Die Vollbluteinheiten werden in der umgekehrten Reihenfolge der Entnahme<br />

retransfundiert. Die erste gesammelte Einheit weist den höchsten Hämatokrit und die<br />

höchste Konzentration von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten auf, diese wird<br />

zuletzt retransfundiert.<br />

Der fremdblutsparende Effekt der ANH ist stark abhängig von der<br />

Hämatokritdifferenz, die der Patient mit Rücksicht auf seinen gesundheitlichen<br />

Zustand tolerieren kann. Je höher der praeoperative Hämatokrit und je niedriger der<br />

intraoperativ tolerierte Hämatokritwert liegen, umso größere intraoperative<br />

Blutverluste können mit der ANH ausgeglichen werden. Bei Patienten mit<br />

kardiopulmonalen Vorerankungen ist die ANH somit wenig effektiv, da diese eine<br />

Verdünnungsanämie nur in sehr begrenztem Umfang tolerieren können.<br />

Die ANH kommt vor allem für Patienten mit hochnormalen präoperativen<br />

Hämatokritwerten in Frage, bei denen ein intraoperativer Blutverlust von<br />

> 50 % des Blutvolumens zu erwarten ist. Der maximale Einspareffekt liegt bei<br />

höchstens 1-1,5 homologen Erythrozytenkonzentraten.<br />

Durch den präoperativen Einsatz von rekombinantem Erythropoietin (EPO) lässt sich<br />

grundsätzlich der präoperative Hämatokrit anheben und damit die Effektivität der<br />

ANH steigern (Näheres zur perioperativen Anwendung von EPO in Abschnitt 2.23).<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 17/47


Hinweise zur Anwendung perioperativ hergestellter Eigenblutpräparationen finden<br />

sich in Abschnitt 2.14.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 18/47


2.11. Maschinelle Autotransfusion (MAT)<br />

Separationsglocke in einem Gerät zur maschinellen Autotransfusion<br />

Die MAT beruht auf der Sammlung und Reinfusion von intra- oder postoperativ im<br />

Wundblut verlorener Erythrozyten. Dabei werden mittels geeigneter Zellwaschgeräte<br />

die unerwünschten Bestandteile des Wundblutes wie aktivierte und nicht aktivierte<br />

Gerinnungsfaktoren, Produkte der Thrombozytenaktivierung, Zelltrümmer, Zytokine<br />

und andere proinflammatorisch wirksame Substanzen entfernt. Retransfundiert wird<br />

ein „autologes, gewaschenes Erythrozytenkonzentrat (AGEK)“.<br />

Mit Hilfe geeigneter Zellwaschgeräte ist es bei massiven Blutungen möglich, pro<br />

Stunde das Äquivalent von bis zu 10 Erythrozytenkonzentraten (EK) zu<br />

retransfundieren. Kosteneffizient ist die MAT in etwa ab der Retransfusion von zwei<br />

EK-Äquivalenten. Falls hohe Blutverluste nicht von vornherein absehbar sind, wird<br />

das Wundblut in der Regel zunächst nur in einem preiswerten Reservoirbeutel<br />

angesammelt, das hochwertige Einmalschlauchsystem und damit die MAT selbst<br />

wird dann erst ab einem entsprechenden Blutverlust eingesetzt.<br />

Mittels MAT ist es möglich, etwa 50% der im Wundblut befindlichen Erythroyzten<br />

wiederzugewinnen, allerdings variiert die Rückgewinnungsrate so erheblich, dass<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 19/47


eine regelhafte Berücksichtigung des MAT-Blutes bei der Transfusionsplanung nicht<br />

möglich ist.<br />

Die MAT ist absolut kontraindiziert, wenn der erdacht einer bakteriellen<br />

Kontamination des abgesaugten Wundblutes besteht, wie etwa in der Magen-<br />

Darm-Chirurgie, da durch den Waschvorgang und die Filtration bei der<br />

Aufarbeitung des Blutes die Bakterien nicht eliminiert werden.<br />

Die Tumorchirurgie stellt grundsätzlich ebenfalls eine Kontraindikation für die MAT<br />

dar! Das vielversprechende Verfahren zur Bestrahlung des bei onkologischchirurgischen<br />

Eingriffen anfallenden Wundblutes mit 50 Gy, womit eine<br />

Proliferationsunfähigkeit von im AGEK befindlichen Tumorzellen erreicht werden<br />

kann, ist Gegenstand klinischer Studien.<br />

Hinweise zur Anwendung perioperativ hergestellter Eigenblutpräparationen finden<br />

sich in Abschnitt 2.14.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 20/47


2.12 Autologe Direktretransfusion<br />

Im Gegensatz zur MAT erfolgt bei der autologen Direktretransfusion kein Waschen<br />

des Wundblutes, bevor dieses in den Kreislauf des Patienten zurückgelangt. Es<br />

erfolgt lediglich eine mechanische Filtration, die größere Gewebstrümmer oder<br />

Koagel zurückhält, die eigentliche Retransfusion muss dann über ein Filter von<br />

mindestens 40 µm Porengröße erfolgen.<br />

Die Rate unerwünschter Nebenwirkungen bei der autologen Direktretransfusion<br />

insbesondere von postoperativ nach endoprothetischen Operationen gesammeltem<br />

Drainageblut ist teilweise erschreckend hoch und liegt bei bis zu 54%. Am häufigsten<br />

werden febrile Reaktionen beschrieben, die bereits während der Retransfusion oder<br />

innerhalb weniger Stunden nach Retransfusion auftreten. Andere Nebenwirkungen<br />

sind hämodynamische<br />

Instabilität mit Hypotension, Tachykardie und Hypothermie. Die Häufigkeit von<br />

Nebenwirkungen scheint unabhängig von der Menge zu sein.<br />

Die Nebenwirkungsrate bei der autologen Direktretransfusion mediastinalen<br />

Wundblutes im Rahmen kardiochirurgischer Eingriffe scheint im Vergleich geringer<br />

zu sein.<br />

Unter Berücksichtigung des hohen Qualitätsstandards der derzeit verfügbaren<br />

homologen EK ist mehr als zweifelhaft, ob die autologe Direktretransfusion einen<br />

Sicherheitsgewinn für den Patienten bringt. Dies gilt insbesondere für die<br />

Retransfusion ungewaschenen, postoperativ gesammelten Drainageblutes nach<br />

endoprothetischen Eingriffen<br />

Hinweise zur Anwendung perioperativ hergestellter Eigenblutpräparationen finden<br />

sich in Abschnitt 2.14.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 21/47


2.13 Anwendung und Dokumentation perioperativ hergestellter autologer<br />

Blutpräparationen<br />

Der Patient ist über die Möglichkeit und Risiken der perioperativen autologen<br />

Transfusionsverfahren (ANH, MAT, falls durchgeführt: autologe<br />

Direktretransfusion) aufzuklären.<br />

Alle perioperativen autologen Transfusionsverfahren haben den Vorzug, auch<br />

bei nicht-elektiven Eingriffen einsetzbar zu sein.<br />

Alle verwendeten Blutkonservenbeutel sind mit den Patientendaten (Name, Vorname,<br />

Geburtsdatum) sowie Entnahmedatum und -zeit und dem Hinweis „Eigenblut“ zu<br />

versehen.<br />

Alle im Rahmen perioperativer Verfahren gewonnenen Eigenblutprä-parationen sind<br />

nicht lagerungsfähig und indikationsbezogen baldmöglichst, spätestens innerhalb von<br />

6 Stunden nach Beginn der Entnahme, zu transfundieren.<br />

Die Indikationen zur Transfusion aller perioperativ gewonnenen<br />

Eigenblutpräparationen entsprechen denen homologer Präparate. Eine liberalere<br />

Indikation für autologe Blutprodukte kommt angesichts der möglichen<br />

unerwünschten Wirkungen auch der autologen Produkte keinesfalls in Frage.<br />

Auf einen AB0-Identitätstest kann verzichtet werden, wenn die Präparate<br />

unmittelbar am Patienten verbleiben und zwischen Entnahme und Rückgabe<br />

kein personeller Wechsel stattfindet. Die Blutkonserven sind vor der Anwendung<br />

einer visuellen Kontrolle (Unversehrtheit, Hämolyse, Koagelbildung) zu<br />

unterziehen, das Ergebnis dieser Kontrolle sollte dokumentiert werden.<br />

Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Herstellung trägt der entnehmende Arzt.<br />

Die Dokumentation der Anwendung erfolgt gemäß § 14 Absatz 2 TFG analog zur<br />

Dokumentation homologer Blutprodukte:<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 22/47


Es sind unverzüglich zu dokumentieren:<br />

- Patientendaten<br />

- Konservennummer<br />

- Bezeichnung des Präparates und Menge<br />

- Datum und Uhrzeit der Anwendung<br />

- ggf. unerwünschte Wirkungen<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 23/47


Eigenblut-Erythrozytenkonzentrat<br />

Anhand der in Abschnitt 2.2 diskutierten eingriffsbezogenen Bedarfslisten für<br />

perioperative Transfusionen ist festzulegen, ob und wenn ja welche Verfahren der<br />

autologen Transfusion bei planbaren Eingriffen zur Anwendung kommen. ANH und<br />

MAT können bei gezielter Anwendung preiswerter als die präoperative<br />

Eigenblutspende durchgeführt werden und vermeiden, da sie unter der optimierten<br />

perioperativen Überwachung des Patienten durchgeführt werden, wohl auch einen<br />

Teil des Spenderisikos. Die in Tabelle 1 genannten Kontraindikationen gelten für<br />

diese Verfahren deshalb nur teilweise.<br />

Fällt unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten eines Patienten<br />

(Hb/Hämatokrit, minimal akzeptabler intra- und postoperativer Hb/Hämatokrit,<br />

Blutvolumen, voraussichtlicher Blutverlust bei der vorgesehenen Operation anhand<br />

der aktuellen krankenhauseigenen Bedarfslisten, Zahl der benötigten<br />

Eigenbluteinheiten) die Entscheidung zur präoperativen Eigenblutspende, so ist diese<br />

so effektiv als irgend möglich zu gestalten.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 24/47


Eine der ersten Eigenblutentnahme vorausgehende Eignungsuntersuchung sollte<br />

idealerweise spätestens 1 Woche vor der ersten Eigenblutentnahme erfolgen.<br />

Grundsätzlich wird die Eignung zur Eigenblutspende analog dem Vorgehen bei<br />

Fremdspendern durchgeführt, Abweichungen sind, soweit hierdurch keine<br />

Gefährdung des Patienten resultiert, entsprechend den Vorgaben der Richtlinien<br />

möglich. Absolute Kontraindikationen der präoperativen Eigenblutspende sind in<br />

Tabelle 1 gelistet.<br />

Patienten mit kardiopulmonalen Erkrankungen oder Stenosen der Herz- oder Hirn<br />

versorgenden Arterien sind bei den nicht seltenen vaso-vagalen Reaktionen bei der<br />

Eigenblutentnahme einem hohen, schwer quantifizierbaren Risiko gefährlicher<br />

Komplikationen ausgesetzt. Hierüber muss ausdrücklich aufgeklärt werden, im<br />

Zweifel sollte solchen Patienten eher geraten werden, auf die Eigenblutspende zu<br />

verzichten.<br />

Tabelle 1: Kontraindikationen für Eigenblutentnahmen<br />

• akute Infektionen mit der Möglichkeit der hämatogenen Streuung<br />

• Verdacht auf infektiöse Magen-Darm-Erkrankungen<br />

• akute Erkrankungen ungeklärter Genese<br />

• Herzinfarkt innerhalb der letzten 3 Monate<br />

• instabile Angina pectoris<br />

• Hauptstammstenose der Koronararterien<br />

• klinisch wirksame Aortenstenose<br />

• dekompensierte Herzinsuffizienz<br />

• Synkopen unklarer Genese<br />

• Verdacht auf fokale Infektionen<br />

Integraler Bestandteil der Voruntersuchung sollte die Testung auf anti-HIV, anti-<br />

HCV und HBsAg sein. Für diese Untersuchungen ist ein ausdrückliches schriftliches<br />

Einverständnis einzuholen. Positive Befunde in diesen Tests sollten entsprechend den<br />

Vorgaben des Votum 24 des AK Blut abgeklärt werden. Patienten mit positiven<br />

Infektionsmarkern sollten nur in begründeten Ausnahmefällen zur präoperativen<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 25/47


Eigenblutspende zugelassen werden. Dabei sind Vorkehrungen zu treffen, die eine<br />

Verwechslung dieser potentiell infektiösen Blutprodukte weitestgehend unmöglich<br />

machen.<br />

Zur Voruntersuchung aller Patienten, die für einen elektiven Eingriff vorgesehen<br />

sind, für den grundsätzlich eine Eigenblutspende beabsichtigt wird, sollte die<br />

Bestimmung des Blutbildes und des Ferritinwertes gehören. Damit kann ein<br />

eventueller Eisenmangel oder gar eine Eisenmangelanämie, insbesondere auch bei<br />

den Patienten, die nicht für die Eigenblutspende qualifizieren, frühzeitig erkannt und<br />

behandelt werden!<br />

Die Neubildung von Erythrozyten nach der Spende ist umso größer, je größer der<br />

hierfür bis zur Operation zur Verfügung stehende Zeitraum ist. Dies bedeutet, dass<br />

erythrozytenhaltige Eigenblutprodukte mit möglichst langer Laufzeit hergestellt<br />

werden sollten.<br />

Das Ideal sind derzeit EK in additiver Lösung PAGGS-M, diese sind 7 Wochen<br />

lagerbar. Die Herstellung dieser EK erfordert die Fraktionierung des Vollblutes in EK<br />

und GFP (gefrorenes Frischplasma). In-line Filtration ist hierzu nicht erforderlich. Inline<br />

filtriertes Vollblut kann derzeit maximal 6 Wochen gelagert werden,<br />

möglicherweise wird nach Einführung eines neuen Stabilisators zukünftig auch eine 7<br />

Wochen lange Lagerung möglich sein.<br />

Die erste Eigenblutspende sollte unter Berücksichtigung eines Sicherheitsspielraumes<br />

einiger Tage, falls der OP-Termin sich etwas verzögern sollte, etwa 6 oder 5<br />

(filtriertes Vollblut) Wochen präoperativ stattfinden. Weitere Entnahmen sollten in<br />

wöchentlichen Abständen erfolgen. Kürzere Abstände (mindestens 3 bis 4 Tage)<br />

beschleunigen zwar die Erythropoese, werden aber oft schlechter vertragen.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 26/47


2.14 Präoperative Eigenblut- oder Eigenblutkomponentenherstellung<br />

Zentrifugenraum einer Blutbeutelzentrifuge<br />

Separator zur automatisierten Auftrennung von zentrifugiertem Vollblut in EK und<br />

GFP<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 27/47


Der Hb-Wert vor Eigenblutentnahme sollte mindestens 11,5 ± 0,5 g/dL (7,13 ±<br />

0,31 mmol/L) betragen. Bei niedrigen Hb-Werten ist die erythropoetische<br />

Regeneration nach Entnahme wegen der überproportionalen endogenen<br />

Erythropoietinantwort besonders stark. Deshalb sollte besonderes Augenmerk auf<br />

Eigenblutkandidaten mit niedrigen Hb-Werten gelegt werden – diese sollten nicht<br />

leichtfertig von der weiteren Eigenblutentnahme ausgeschlossen werden, sondern<br />

nach verfügbarer zusätzlicher Regenerationszeit (evtl. Hb-Kontrolle beim Hausarzt<br />

zur Ersparnis von Wegstrecken) erneut einbestellt werden. Dies gilt in besonderem<br />

Maße für Patienten mit kleinem Blutvolumen (also vor allem Frauen), die ohnehin<br />

ein erhöhtes Transfusionsrisiko aufweisen.<br />

Die Beurteilung der Spendefähigkeit ist vor jeder Entnahme zu Überprüfen, dies<br />

obliegt dem für die Entnahme verantwortlichen Arzt.<br />

Patienten mit Leukozytenwerten über 10,5 x 10 9 /l sollten nur dann Eigenblut<br />

spenden, wenn eine Infektion als Ursache unwahrscheinlich ist oder ausgeschlossen<br />

werden kann.<br />

Eine sorgfältige Überwachung bei sowie 30 Minuten nach der Eigenblutentnahme ist<br />

selbstverständlich. Soweit ärztlich indiziert, sollte zur Prophylaxe gefährlicher<br />

Kreislaufreaktionen eine adäquate Volumen-substitution erfolgen. Die unmittelbare<br />

personelle und apparative Verfügbarkeit notfallmedizinischer Maßnahmen ist<br />

unabdingbar.<br />

Pro Entnahme sollten nicht mehr als 450 bis 500 ml Blut in einem<br />

Standardblutbeutelsystem oder mittels eines Zellseparators entsprechend dem<br />

Volumen des vorgelegten Antikoagulans und Stabilisators entnommen werden. Bei<br />

der Herstellung sind die für homologe Produkte geltenden Vorgaben anzuwenden<br />

(siehe Abschnitt 2.2)<br />

Da dem Organismus mit 500 ml Vollblut etwa 250 mg Eisen entzogen werden,<br />

sollte bei Ferritinwerten unter 50 ng/ml und geplanter Entnahme von 2 oder mehr<br />

Einheiten frühzeitig eine orale Eisensubstitutionstherapie eingeleitet werden. Diese<br />

muss gegebenenfalls postoperativ fortgeführt werden. Eine intravenöse<br />

Eisensubstitution ist bis auf wenige Spezialfälle mit gestörter enteraler<br />

Eisenresorption nicht sinnvoll.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 28/47


In seltenen Einzelfällen kann eine Gabe von EPO zur Stimulation der Erythropoese<br />

notwendig sein (Abschnitt 2.23).<br />

Die Transfusion von nicht benötigtem Eigenblut an andere Patienten oder als<br />

Ausgangsmaterial für andere Blutprodukte ist strengstens untersagt, die<br />

Vernichtung ist zu dokumentieren.<br />

Eigenblutprodukte sind neben der üblichen Arzneimittelbeschriftung<br />

(Konservennummer, Entnahme- und Verfallsdatum, Bezeichnung der<br />

Blutkomponente) mit Namen, Vornamen und Geburtsdatum des Patienten sowie der<br />

Bezeichnung „Eigenblut“ zu kennzeichnen. Die Angabe der Blutgruppe kann<br />

entfallen.<br />

Die Kryokonservierung von Eigenblut ist sehr aufwendig und nur in speziellen<br />

Einrichtungen möglich. Die Indikation ist auf Patienten beschränkt, die wegen<br />

bestimmter Blutgruppen- oder Antikörperkonstellationen nur unzulänglich mit<br />

Fremdblut versorgt werden können.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 29/47


2.15 Besonderheiten der präoperativen Eigenblut- oder Eigenblutkomponentenherstellung<br />

bei Kindern<br />

Die Möglichkeit zur präoperativen Eigenblutspende bei Kindern wird einerseits<br />

durch das Kaliber der Cubitalvenen, andererseits durch das mögliche<br />

Entnahmevolumen (höchstens 10,5 ml Blut pro kg Körpergewicht) begrenzt. Die<br />

durch das Spendeverfahren hervorgerufene Irritation insbesondere kleinerer Kinder<br />

ist in einem einfühlsamen Aufklärungsgespräch mit den Eltern gegenüber dem<br />

realistisch erreichbaren Nutzen abzuwägen.<br />

Eine frühzeitige aktive Impfung gegen Hepatitis A und B und Diagnostik und<br />

Therapie eines Eisenmangels sind insbesondere bei Kindern oftmals einer<br />

präoperativen Eigenblutspende vorzuziehen.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 30/47


2.16 Eigenblut – Risikoabwägung im Einzelfall<br />

Anforderungsschein zur präoperativen Eigenblutspende<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 31/47


Die Indikationsstellung zur präoperativen Eigenblutspende ist Ergebnis einer<br />

Risikoabwägung, deren wesentliche Eckpunkte auf der folgenden Abbildung<br />

dargestellt sind.<br />

Als weiterer kleiner Vorteil der Eigenblutspende lässt sich – z.B. bei jungen Frauen<br />

im gebärfähigen Alter – anführen, dass durch Eigenblut keine irregulären Antikörper<br />

antransfundiert werden können.<br />

Da eine genaue Quantifizierung der angegeben Vor- und Nachteile, insbesondere des<br />

Risikos bedrohlicher Durchblutungsstörungen wichtiger Organe durch<br />

Kreislaufdepression im Zusammenhang mit der Entnahme, nicht möglich ist, muss<br />

die Entscheidung notgedrungen auf der Basis klinischer Erfahrungswerte getroffen<br />

werden.<br />

Der Patient ist neben den Risiken der Fremdbluttransfusion auch über die Risiken der<br />

fremdblutsparenden bzw. autologen Transfusionsverfahren aufzuklären. Dies<br />

geschieht am sinnvollsten unter Zuhilfenahme entsprechend vorbereiteter<br />

Aufklärungsbögen.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 32/47


2.17 Eigenblut – Spezialpräparationen<br />

Autologe Thrombozytenpräparationen, die 24 Stunden prae- oder intraoperativ aus<br />

Vollblut oder mittels Zellseparatoren hergestellt werden sind Gegenstand<br />

wissenschaftlicher Untersuchungen, zum Beispiel in der Augenheilkunde, bei<br />

kardiochirurgischen Operationen, und bei Hochdosis-Chemotherpie. Derartige<br />

Präparationen sollten, da gesicherte Aussagen über Nutzen und Risiken nicht<br />

vorliegen, derzeit in der Regel nicht ausserhalb kontrollierter Studien eingesetzt<br />

werden.<br />

Autologes Gefrorenes Frischplasma (AGFP) fällt gleichsam als Nebenprodukt bei<br />

der Fraktionierung Autologen Vollblutes zur Herstellung von EK in additiver Lösung<br />

an. Da die Indikation zur Transfusion von AGFP analog zu der des homologen<br />

Produkts zu stellen ist, wird dieses AGFP in der Regel verworfen. Aus diesem Grund<br />

wird die alleinige präoperative Plasmapherese nur für sehr wenige planbare Eingriffe<br />

mit absehbar sehr großem Blutverlust indiziert sein.<br />

Autologer Fibrinkleber (siehe Abschnitt 2.9)<br />

Autologes Plättchenreiches Plasma wird aus etwa 10 bis 80 ml Eigenblut<br />

hergestellt und bisher vor allem in der Zahnmedizin zur Anregung beschleunigter<br />

Knochenheilung eingesetzt. Derartige Präparationen sollten, da gesicherte Aussagen<br />

über Nutzen und Risiken nicht vorliegen, derzeit in der Regel nicht ausserhalb<br />

kontrollierter Studien eingesetzt werden.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 33/47


2.18 Qualitätskriterien für präoperativ hergestellte Eigenblutpräparate<br />

Ausschnitt aus dem Wägeprotokoll<br />

Prinzipiell sind, um die Kosten-Nutzen-Relation nicht zu ungunsten autologer<br />

Produkte zu verschieben, alle Anforderungen die auch an homologe Blutprodukte<br />

gestellt werden, zu erfüllen.<br />

Im Einzelfall kann von den Anforderungen an homologe Blutspender,<br />

beispielsweise was den Erythrozytengehalt angeht, der bei niedrigerem<br />

Entnahmegrenzwert des Hb-Wertes bei autologer Blutentnahme zwangsläufig nicht<br />

dem der homologen Blutprodukte entsprechen kann, auf Grund ärztlicher<br />

Entscheidung abgewichen werden. Oberste Priorität hat dabei die Vermeidung von<br />

Nachteilen für den Patienten.<br />

Entsprechend Abschnitt 2.8.1.7 der Richtlinien sind für erythrozytenhaltige<br />

Eigenblutpräparate die folgenden Qualitätskontrollen durchzuführen, das Ergebnis ist<br />

zu dokumentieren. Die Ergebnisse sind regelmäßig auszuwerten und entsprechende<br />

Schlußfolgerungen und Maßnahmen bei Abweichungen festzuhalten:<br />

- Visuelle Kontrolle an allen Präparaten (Unversehrtheit des Behältnisses,<br />

Hämolyse, Schaumbildung oder Verfärbung als Hinweis auf mikrobielle<br />

Kontamination)<br />

- An wenigstens 1% der Einheiten, mindestens jedoch 4 pro Monat (nicht<br />

verwendete Produkte am Ende ihrer Laufzeit):<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 34/47


- Hämolyserate (< 0,8%)<br />

- Sterilität<br />

Falls AGFP hergestellt wird, ist neben der Sterilität mindestens der Faktor VIII-<br />

Gehalt nach Auftauen zu messen. Dieser soll mindestens 70% des Ausgangswertes<br />

betragen.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 35/47


2.19 Anwendung und Dokumentation präoperativ hergestellter autologer<br />

Blutpräparationen<br />

Bedsidetest<br />

Autologe EK und Vollblut sind grundsätzlich bei +2 - +6°C, autologes GFP bei –<br />

30°C oder kälter, jeweils temperaturüberwacht und getrennt (mindestens separates<br />

Schubfach) von homologen Produkten zu lagern.<br />

Praeoperativ hergestellte autologe EK, GFP oder Vollblutkonserven sind<br />

Arzneimittel, die einer schriftlichen Verordnung bedürfen (Anforderungs-schein<br />

entspricht Rezept). Die Indikationen entsprechen denen für homologe Präparate, eine<br />

liberalere Anwendung ist nicht angezeigt.<br />

Vor der Transfusion autologer erythrozytenhaltiger Präparate (EK und<br />

Vollblut) ist der Bedsidetest nicht nur beim Patienten, sondern auch bei der<br />

Konserve durchzuführen.<br />

Die Dokumentation der Anwendung erfolgt wie in Abschnitt 2.14 beschrieben.<br />

2.20 Qualitätssicherung der Herstellung und Anwendung autologer<br />

Blutprodukte<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 36/47


Die autologe Hämotherapie und die angewandten sonstigen fremdblutsparenden<br />

Maßnahmen sind in das Qualitätsmanagementsystem der jeweiligen Einrichtung für<br />

die Hämotherapie aufzunehmen.<br />

Falls autologe Blutprodukte hergestellt werden, ist auch ein<br />

Qualitätsmanagementsystem für die Herstellung einzurichten. Dieses sollte auch die<br />

perioperativ hergestellten Blutpräparationen einbeziehen. Die Grundzüge eines<br />

derartigen Systems sind in Kapitel 4 der Richtlinien dargestellt.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 37/47


2.21 Rekombinante hämatopoetische Wachstumsfaktoren bei der Vermeidung<br />

von Fremdbluttransfusionen<br />

Grundsätzlich können rekombinantes Erythropoietin (EPO) und seine Analoga<br />

perioperativ zur Vermeidung von Fremdbluttransfusionen eingesetzt werden. Dies ist<br />

in Kombination mit der präoperativen Eigenblutspende oder zur Anhebung des<br />

präoperativen Hämatokrits, um die ANH effektiver zu gestalten möglich. Die<br />

Anwendung von EPO ist durch die Zulassungsformulierung beschränkt:<br />

Darbepoetin alfa:<br />

Keine Zulassung für den perioperativen Einsatz.<br />

Erythropoietin alpha:<br />

Zugelassen zur Steigerung der autologen Blutgewinnung bei Patienten, die an einem<br />

Spendeprogramm zur Vermeidung von Fremdblutkonserven teilnehmen, nur bei<br />

Patienten mit mittelschwerer Anämie (Hb 10-13 g/dl [6,21-8,07 mmol/l], kein<br />

Eisenmangel) durchführen, falls blutgewinnende Maßnahmen nicht verfügbar oder<br />

insuffizient sind, bei geplanten größeren operativen Eingriffen, die einen großen<br />

Blutvolumenersatz fordern (≥ 4 Einheiten Blut bei Frauen; ≥ 5 Einheiten Blut bei<br />

Männern).<br />

Anwendung zur Reduktion von Fremdblut vor einem großen orthopädischen Eingriff<br />

bei Erwachsenen ohne Eisenmangel angewendet werden, bei denen ein hohes Risiko<br />

von Transfusionskomplikationen zu erwarten ist. Es sollte nur bei Patienten mit<br />

mittelschwerer Anämie (z. B. Hb 10-13 g/dl) u. einem erwarteten Blutverlust von<br />

900-1800 ml angewendet werden, die nicht an einem autologen Blutspendeprogramm<br />

teilnehmen können. Fremdblutsparende Maßnahmen sollten immer bei operativen<br />

Eingriffen zur Anwendung kommen.<br />

Erythropoietin beta<br />

Hat die offenste Zulassungsformulierung: Steigerung der Menge an Eigenblut bei<br />

Patienten in einem Eigenblutspendeprogramm.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 38/47


Wegen der hohen Kosten sollte EPO nur nach Ausschöpfung aller anderen<br />

fremdblutsparenden verfahren eingesetzt werden. Wird es im Ausnahmefall<br />

ausserhalb der Zulassungsformulierungen eingesetzt, ist der Patient hierüber speziell<br />

aufzuklären. Wegen des Risikos langdauernder aplastischen Anämien durch<br />

Auslösung von mit autologem EPO kreuzreagierenden EPO-Antikörpern vor allem<br />

nach EPO alpha (bisher praktisch nur bei terminal Niereninsuffizienten), sollte<br />

sicherheitshalber bis auf weiteres zur Fremdblutvermeidung bevorzugt EPO beta<br />

eingesetzt werden.<br />

In jedem Fall ist bei Einsatz von EPO auf eine ausreichende Versorgung der<br />

Erythropoese mit Eisen zu achten. Dies setzt eine tiefergehende Diagnostik des<br />

Eisenhaushaltes voraus (Ferritin, Transferrinsättigung). In Ausnahmefällen kann<br />

hierzu eine intravenöse Eisensubstitution sinnvoll sein. Diese muss als Kurzinfusion<br />

gegeben werden.<br />

Der Effekt der EPO-Behandlung sollte durch Hb- und Retikulozytenzählungen<br />

überwacht werden.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 39/47


2.22 Wo finden Sie weitere Informationen?<br />

Institutionen<br />

• Paul Ehrlich Institut (http://www.pei.de/)<br />

• Robert Koch Institut /http://www.rki.de/)<br />

• Arbeitskreis Blut (http://www.rki.de/GESUND/AKBLUT/BLUT.HTM)<br />

• Berufsverband Deutscher <strong>Transfusionsmedizin</strong>er e.V. (http://www.bdtev.de/)<br />

• Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und<br />

Medizinprodukten (http://www.zlg.de/)<br />

Dokumente<br />

• Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln<br />

(http://www.pei.de/downloads/10amg.pdf)<br />

• Text des Transfusionsgesetzes<br />

(http://www.bdtev.de/Dokumente/Transfusionsgesetz_BDT.pdf)<br />

• Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur<br />

Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie)<br />

(http://www.pei.de/downloads/haemotherapie_richtlinien.pdf)<br />

• Votum 24 (http://www.rki.de/GESUND/AKBLUT/Votum24.PDF und<br />

http://www.rki.de/GESUND/AKBLUT/Votum24-Anhang.PDF<br />

• Querschnitts-Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und<br />

Plasmaderivaten 4. Auflage<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 40/47


3 Zusammenfassung<br />

Im folgenden sind nochmals die wichtigsten Inhalte dieses Kapitels in<br />

Stichpunkten dargestellt:<br />

Ab einer Transfusionswahrscheinlichkeit von 10% sind Patienten über die Risiken<br />

allogener Bluttransfusionen aufzuklären. Vor planbaren Eingriffen ist über die<br />

Möglichkeit autologer Transfusionsverfahren aufzuklären, sofern für den<br />

betreffenden Patienten die Möglichkeit hierzu besteht.<br />

Wichtigste Maßgabe für den Einsatz fremdblutsparender Maßnahmen ist nicht die<br />

Vermeidung von Fremdbluttransfusionen um jeden Preis, sondern die für den<br />

Patienten möglichst risikoarme perioperative Aufrechterhaltung einer für die vitalen<br />

Funktionen (vor allem Gastransport und Hämostase) erforderlichen<br />

Zusammensetzung des Blutes.<br />

Liegen Herstellung und Anwendung präoperativ entnommener Eigenblutpräparate<br />

nicht in der Hand eines einzigen Arztes, so ist mindestens eine kleine<br />

Herstellungserlaubnis erforderlich.<br />

Der fremdblutsparende Effekt der akuten normovolämischen Hämodilution ist<br />

begrenzt. Dieses Verfahren ist nur effektiv bei Patienten mit hohen intraoperativen<br />

Blutverlusten, die perioperativ eine hohe Hämatokritdifferenz tolerieren können.<br />

Mittels Maschineller Autotransfusion ist es möglich, etwa 50% der im Wundblut<br />

befindlichen Erythroyzten wiederzugewinnen, allerdings variiert die<br />

Rückgewinnungsrate so erheblich, dass eine regelhafte Berücksichtigung des<br />

MAT-Blutes bei der Transfusionsplanung nicht möglich ist.<br />

Die Autologe Direktretransfusion von postoperativ gesammeltem Drainageblut sollte<br />

nicht eingesetzt werden.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 41/47


Patienten mit kardiopulmonalen Erkrankungen oder Stenosen der Herz- oder Hirn<br />

versorgenden Arterien sind bei den nicht seltenen vaso-vagalen Reaktionen bei der<br />

Eigenblutentnahme einem hohen, schwer quantifizierbaren Risiko gefährlicher<br />

Komplikationen ausgesetzt. Hierüber muss ausdrücklich aufgeklärt werden, im<br />

Zweifel sollte solchen Patienten eher geraten werden, auf die Eigenblutspende zu<br />

verzichten.<br />

Wenn präoperative Eigenblutspende durchgeführt wird, dann sollten Präparate mit<br />

möglichst langer Laufzeit hergestellt werden. Die Entnahme sollte so organisiert<br />

werden, dass diese Laufzeit dem Patienten für eine möglichst regenerative<br />

Erythropoese zur Verfügung gestellt wird.<br />

Die Indikation zur Transfusion autologer Blutpräparate wird analog zu der für<br />

homologe Blutprodukte gestellt.<br />

Alle Schritte der Herstellung und Anwendung autologer Blutpräparationen sind im<br />

Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems zu erfassen und zu regeln.<br />

4 <strong>Perioperatives</strong> <strong>Transfusionskonzept</strong>.doc, zuletzt geändert am 8.4.2009 42/47

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