Möglichkeiten und Grenzen
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Angemessene ambulante Notfallversorgung von Palliativpatienten 7<br />
Die Notwendigkeit einer Überlassung von Betäubungsmitteln manifestiert sich<br />
zunächst in der Akutheit der Problemsituation: Diese erlaubt keinen Aufschub <strong>und</strong><br />
kein Zögern in der Reaktion. Den Klassiker stellt dabei die freitagabendliche Kontaktaufnahme<br />
durch einen Hausarzt mit dem Palliativ-Care-Team dar, mit der Bitte<br />
um Übernahme der SAPV-Versorgung eines Patienten, der vor drei Tagen aus<br />
dem Krankenhaus entlassen wurde, metastasiertes Bronchialkarzinom, heute erstmaliger<br />
Kontakt. Auf Nachfrage wird schließlich deutlich, dass im Krankenhaus<br />
bereits die Entscheidung getroffen wurde, dass er zum Sterben nach Hause gehen<br />
solle, allerdings ohne die Bahnung einer entsprechenden Struktur, die den Patienten<br />
in dieser Situation hätte auffangen können. Es gibt also akuten Handlungs- <strong>und</strong><br />
Behandlungsbedarf. Üblicherweise entspricht dies einer Situation, in der man gegen<br />
neun Uhr abends zum Erstbesuch bei dem Patienten eintrifft. Die Lage des<br />
Patienten stellt sich folgendermaßen dar: Er ist ansprechbar, er ist deutlich reduziert,<br />
er ist delirant, motorische Unruhe, kaltschweißig, beginnende Rasselatmung,<br />
abgeschwächter Hustenreflex, ein ausgeprägtes Tumorschmerzsyndrom, Abwehrbewegungen<br />
bei Lagerungsversuchen, Mukositis, M<strong>und</strong>trockenheit. Das ist ein<br />
schwerkranker Patient, der sich am Übergang in die unmittelbare Sterbephase befindet.<br />
Die Pflegesituation: Der Patient ist im Wohnzimmer untergebracht. Die<br />
Familie ist um ihn herum am Bett versammelt <strong>und</strong> versucht, ihm beizustehen. Er<br />
hat seit einem Tag keine Medikamente mehr eingenommen, weil er dazu gar nicht<br />
mehr in der Lage ist, hat am Vorabend erbrochen. Der Arzt findet einen Arzneimittelvorrat,<br />
der in keiner Weise geeignet scheint, diese Situation zu befrieden, <strong>und</strong><br />
muss eine Diagnose <strong>und</strong> Arbeitshypothese formulieren, was in diesem Moment<br />
hier konkret benötigt wird: Eine klare Indikationsstellung gibt vor, welches palliativmedizinische<br />
Portfolio hier zur Anwendung kommen muss. Es ist offensichtlich,<br />
dass sich der Patient nahe der unmittelbaren Sterbephase bei infauster Tumorerkrankung<br />
befindet, mit einer Prognose von St<strong>und</strong>en bis zu wenigen Tagen.<br />
Es besteht eine insuffiziente Symptomkontrolle <strong>und</strong> es liegt eine hochgradig drohende<br />
häusliche Dekompensation mit Überforderung der Angehörigen vor. Den<br />
ersten Schritt der beginnenden Akuttherapie stellt die Bestimmung des Therapieziels<br />
dar. In diesem Beispiel wird deutlich: Ja, es besteht der unbedingte Wunsch,<br />
zu Hause zu bleiben. Andernfalls könnte durchaus über Alternativen diskutiert<br />
werden, wenn eine Überforderung der Angehörigen droht, aber in diesem Fall sind<br />
derartige Überlegungen ausgeschlossen worden.<br />
Eine Akutbehandlung, sei es mit subkutaner Morphinapplikation oder aber<br />
auch mit einer transnasalen/transmukosalen Applikation von Fentanyl, war auch<br />
schon vor der BtMG-Reform zulässig, da indiziert <strong>und</strong> durch den Arzt unmittelbar<br />
<strong>und</strong> vor Ort angewendet. In der Folge kommt es zu einer deutlichen Besserung im<br />
Allgemeinbefinden durch die Abnahme der Atemarbeit <strong>und</strong> eine verbesserte<br />
Schmerzkontrolle. Und jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Wie geht es weiter?<br />
Bei erneuter Luftnot ist eine neuerliche subkutane beziehungsweise transnasale<br />
Opioidgabe sofort erforderlich. Eine solche kann jederzeit auftreten, jede Veränderung<br />
kann dieses fragile System absolut gefährden. Und die Überlegungen, gemein-