Möglichkeiten und Grenzen
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Ruth Rissing-van Saan<br />
regelt werden müsste, dass er den Patienten <strong>und</strong> die zur Betreuung anwesenden<br />
Personen dann auch über die ordnungsgemäße Anwendung aufklären <strong>und</strong> dazu<br />
anleiten muss. Sowohl der Arzt als auch die Apotheke, bei der hinsichtlich der<br />
Verfügbarkeit des Betäubungsmittels angefragt wurde, haben die Vorgänge zu<br />
dokumentieren.<br />
Schließlich wird diese neue Umgangsform des Überlassens von Betäubungsmitteln<br />
in palliativmedizinischen Krisensituationen von einer ebenso neuen Strafvorschrift<br />
flankiert, die im Rahmen des strafrechtlichen Gr<strong>und</strong>tatbestandes als § 29<br />
Abs. 1 S. 1 Nr. 6a BtMG denjenigen mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren<br />
bedroht, der „entgegen § 13 Abs. 1a Satz 1 <strong>und</strong> 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel<br />
überlässt“. Diese Strafnorm sanktioniert – vergleichbar den Vorschriften des<br />
§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 <strong>und</strong> 7 BtMG für Verstöße gegen die Voraussetzungen der<br />
Erlaubnistatbestände der § 4 Abs. 1 BtMG <strong>und</strong> § 13 Abs. 1 BtMG – die Nichteinhaltung<br />
der materiellen <strong>und</strong> formalen Voraussetzungen für ein „Überlassen“ i.S.d.<br />
§ 13 Abs. 1a BtMG. Verstöße gegen die Dokumentationspflichten werden als<br />
Ordnungswidrigkeiten behandelt.<br />
III. (Straf-)Rechtliches Resümee<br />
Mit den betäubungsmittelrechtlichen Neuregelungen des „Zweiten Gesetzes zur<br />
Änderung arzneimittelrechtlicher <strong>und</strong> anderer Vorschriften“ wird ein dringendes<br />
<strong>und</strong> wichtiges Anliegen der Hospiz- <strong>und</strong> Palliativverbände realisiert. Obgleich insbesondere<br />
§ 13 Abs. 1a BtMG n.F. den ambulant im palliativmedizinischen Bereich<br />
tätigen Ärzten <strong>und</strong> den Apotheken einiges an weiterem bürokratischem Aufwand<br />
zumutet, was aber offenbar der Sorge um die allgemeine Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs<br />
geschuldet ist, 28 wurde damit jedoch auch viel an zusätzlicher<br />
medizinischer Hilfe <strong>und</strong> adäquater Versorgung für schwerstkranke, sterbende<br />
<strong>und</strong> in ihrem häuslichen Umfeld betreute Menschen erreicht, ohne dass die<br />
behandelnden Ärzte gegen geltendes Recht verstoßen müssen <strong>und</strong> Gefahr laufen,<br />
wie ein Drogendealer strafrechtlich verfolgt zu werden.<br />
Diese <strong>Möglichkeiten</strong> müssen aber auch genutzt werden. Ein Problem stellt sich<br />
nicht nur dann, wenn der behandelnde Arzt trotz vorhandener medizinischer Indikation<br />
aus welchen Gründen auch immer nicht den Mut hat, ein Betäubungsmittel<br />
zu verschreiben, sondern den leidenden Patienten mit sonst gängigen, aber für<br />
dessen besondere Situation wirkungslosen Schmerzmitteln versorgt. Oder es fehlt<br />
ihm ohnehin an dem nötigen, für die palliativmedizinische Versorgung erforderlichen<br />
Fachwissen <strong>und</strong> den notwendigen medizinischen <strong>und</strong> rechtlichen Kenntnis-<br />
28 Eine Sorge, die sich in den USA <strong>und</strong> unter den dortigen Rahmenbedingungen als nicht ganz unbegründet<br />
erwiesen hat, da dort in den letzten Jahren eine steigende Zahl von Todesfällen nach der<br />
Verwendung von Opioid-Schmerzmitteln registriert wurde, die offenbar sowohl auf ärztliche Behandlungsfehler<br />
als auch auf Missbrauch der Betäubungsmittel zurückzuführen ist, vgl. Newsletter<br />
Deutsches Ärzteblatt v. 11.7.2012, abrufbar unter: www.aerzteblatt.de/nachrichten/50840.