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Der GMOfinder - DLR Online: Deutsche Lebensmittel Rundschau

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624 Standpunkt «<br />

lorienzähler vor einer leckeren Mahlzeit?<br />

Wie viel wir wann essen, hängt<br />

ab von vielen Faktoren, wie Hungergefühl,<br />

Gelegenheiten, Gewohnheiten,<br />

Zielvorstellungen vom „Idealgewicht“,<br />

Willensstärke und dem<br />

Sättigungswert der Speisen, und<br />

ist so vielseitig beeinflussbar. Jeder<br />

muss sein persönliches „Wohlfühl-<br />

Gewicht“ finden und ausbalancieren,<br />

aber sollte nicht einem vorgenormten<br />

„Idealgewicht“ nachlaufen.<br />

Die <strong>Lebensmittel</strong>industrie vermittelt<br />

dagegen „viel Genuss pro Kalorie“<br />

als „Schlankheitskost“. Sie benennt<br />

das meist als irgendeine „xxx-Diät“.<br />

Dieses Wort sollte jedoch nur den<br />

speziellen <strong>Lebensmittel</strong>n bei Verdauungs-<br />

und Verwertungsstörungen,<br />

also für eine Krankenkost vorbehalten<br />

bleiben.<br />

Die Überinformation<br />

Zu den sinnvollen und nötigen Pflichtkennzeichnungen<br />

sind – auf Drängen<br />

der Ernährungsberater – jetzt auch<br />

ausgefeilte Nährwerttabellen auf<br />

jede <strong>Lebensmittel</strong>packung geraten.<br />

Dazu tragen die meisten <strong>Lebensmittel</strong><br />

noch eine Flut von zusätzlichen,<br />

freiwillig angebrachten Informationen<br />

oder Lobpreisungen über Mikronährstoffe,<br />

Herkunft, Aufzuchtbedingungen,<br />

Eignung, „was nicht<br />

drin ist“ und so weiter. Problematisch<br />

ist nur, kaum einer liest es, nur wenige<br />

verstehen es und noch viel weniger<br />

Verbraucher können es sinnvoll<br />

nutzen.<br />

Was nützt der ganze Zahlensalat<br />

einem Verbraucher, der sich nicht<br />

klarmacht, ob seine Nachtischportion<br />

nun 87 oder 211 Gramm schwer<br />

war? Was nützen Warnungen denen,<br />

die gar nicht betroffen sind?<br />

Zum Schutz eines Allergikers werden<br />

hunderte Gesunde verängstigt und<br />

Zigtausende dazu gebracht, den Etiketten<br />

nicht mehr zu trauen, sie gar<br />

nicht mehr zu lesen.<br />

Ein Musterbeispiel ist das neue<br />

Warnlabel bei einigen Azo-Farbstoffen:<br />

Das haben „Natur“-Politiker<br />

für die Natur (-farbstoff)-Lobbyisten<br />

im Europarlament – entgegen der<br />

Meinung der Wissenschaft – durchgedrückt.<br />

Wozu brauchen wir dann<br />

noch eine EFSA?<br />

Brüssel hat im Oktober 2011 alle<br />

Pflichtkennzeichnungen in einer „<strong>Lebensmittel</strong>informationsverordnung“<br />

zusammengeführt. Wenn dort alle<br />

Sonderwünsche der sog. Verbraucherschützer<br />

mit eingebettet werden,<br />

verkommt dieses schöne Ziel zu<br />

einer „<strong>Lebensmittel</strong>-Indoktrinations-<br />

Verordnung“.<br />

Wer schützt uns vor diesen<br />

gefährlichen Zutaten?<br />

Die <strong>Lebensmittel</strong>industrie stützt die<br />

Ängste und die Bedenken und nützt<br />

sie aus; sie bietet in großer Vielfalt<br />

Öko-, Bio-, Fair Trade-, funktionelle,<br />

angereicherte, ergänzende, aufbauende,<br />

kalorienreduzierte, schlankmachende<br />

und sonst noch was bietende<br />

Spezialnahrungen an. Denn<br />

jedes Argument erhöht den Preis.<br />

Die Verbraucherberater und<br />

-schützer, die bilden nur einen Chor<br />

der Bedenkenträger und Warner. Sie<br />

verbreiten immer neue Warnungen<br />

und fordern zu immer mehr Informationen<br />

und Warnhinweisen auf.<br />

So verstärken diese – oft selbsternannten<br />

– „Schützer“ ganz massiv<br />

die Angstmacherei und die Gewissensbisse<br />

beim Essen. Was zur Frage<br />

führt, gibt es auch gegen sie einen<br />

Schutz?<br />

<strong>Der</strong> Staat in Gestalt des Gesetzgebers<br />

kann und darf nur verbieten,<br />

was real gesundheitsschädlich oder<br />

eindeutig unwahr ist, also Gifte und<br />

Lügen.<br />

Aber all die unnötigen Nahrungsergänzungen<br />

sind per se nicht schädlich<br />

und die Angst machenden Aussagen<br />

treffen auf irgendwelche<br />

Minigruppen in Extremsituationen<br />

zu. Also kann und darf das <strong>Lebensmittel</strong>recht<br />

diese Entwicklungen nur<br />

vorsichtig lenken, nicht aber – laut<br />

Grundgesetz – stoppen. <strong>Der</strong> Gesetzgeber<br />

regelt mit dem <strong>Lebensmittel</strong>recht<br />

nur den Verkehr mit <strong>Lebensmittel</strong>n,<br />

nicht aber deren Verzehr!<br />

Da bleiben nur wir selber. Deshalb<br />

ein paar recht hilfreiche Punkte, die<br />

man im Blick haben sollte:<br />

• Das reichhaltige Angebot bewusst,<br />

lustvoll und angstfrei genießen;<br />

auf Zunge und Gaumen<br />

hören, sie melden dem Unverbildeten,<br />

was ihm gut tut.<br />

• Sich Zeit lassen für bewährte Rituale<br />

wie Vor-, Haupt- und Nachspeise.<br />

<strong>Der</strong> Doppel-Whopper<br />

und anderes „Fast Food“ werden<br />

nur deshalb gefährlich, weil<br />

sie so glatt und so schnell hineinrutschen,<br />

dass das normale Sättigungsgefühl<br />

„zu spät“ eintritt.<br />

• Darauf vertrauen, dass eine normale<br />

gemischte Kost alle nötigen<br />

Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente<br />

u. Ä. enthält.<br />

• Die moralisierenden Argumente<br />

abwägen und ob wir sie wirklich<br />

beeinflussen können und wollen;<br />

uns weder zum Opfer noch zum<br />

Ausführungsorgan irgendwelcher<br />

Idealisten oder Interessen manipulieren<br />

lassen.<br />

• Bedenken, dass unser Körpergewicht<br />

allein zu lenken ist durch<br />

die Gleichung: Energieaufnahme<br />

minus Energieverbrauch = Mehrgewicht.<br />

Dann sind wir auch einigermaßen geschützt<br />

vor der Esssünde oder Modekrankheit,<br />

der Orthorexie, dem manischen<br />

Immer-richtig-essen-Müssen.<br />

Denn damit fühlt man sich vielleicht<br />

gewappnet vor der Angst, vor den<br />

Gewissensbissen und vor dem Übergewicht.<br />

Man bezahlt diese angebotene<br />

„Sicherheit“ mit einer gewaltigen<br />

Einengung nicht nur des<br />

eigenen Speisenzettels, sondern al-<br />

» Dezember 2012 | <strong>DLR</strong>

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