Der GMOfinder - DLR Online: Deutsche Lebensmittel Rundschau
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626 Interview «<br />
Wenn Theorie auf Praxis trifft<br />
<strong>Lebensmittel</strong>chemie aus einer anderen Perspektive<br />
Von Jörg Häseler<br />
Nur wenigen Lesern dürfte das Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim ein Begriff<br />
sein. Dass dort auch Themen bearbeitet werden, die für die <strong>Lebensmittel</strong>chemie relevant<br />
sind, wird manchen überraschen. Einen Einblick in das Institut und speziell in ihre Arbeit<br />
erläutert die diesjährige Gerhard-Billek-Preisträgerin, Dr. Franziska Grzegorzewski, die sich<br />
als Chemikerin bisher intensiv mit der theoretischen und physikalischen Chemie befasst hat.<br />
Dr. Franziska<br />
Grzegorzewski<br />
»<br />
Zur Person<br />
Chemikerin, FU Berlin<br />
mit den Schwerpunkten<br />
theoretische und (bio-)-<br />
physikalische Chemie;<br />
Promotion an der TU<br />
Berlin im AK Prof. Dr.<br />
Lothar W. Kroh, Gerhard-<br />
Billek-Preis 2012«<br />
Welche Wege führten Sie zur <strong>Lebensmittel</strong>chemie?<br />
<strong>Der</strong> reine Zufall! Zwar hatte ich als<br />
Kind schon einmal <strong>Lebensmittel</strong>chemiker<br />
als Berufswunsch in Betracht gezogen,<br />
aber das war ziemlich schnell wieder<br />
vom Tisch. Später schien mir die „sogenannte<br />
reine Lehre“ weitaus spannender.<br />
Die <strong>Lebensmittel</strong>chemie selbst habe ich<br />
erst durch mein Promotionsthema wieder<br />
für mich neu entdeckt. Die Stabilität<br />
und Reaktivität chemischer Verbindungen<br />
aufgrund ihrer strukturellen und elektronischen<br />
Eigenschaften zu verstehen und<br />
vorhersagen zu können, fasziniert mich<br />
aber immer noch, auch wenn sich diese<br />
Aspekte leider kaum noch in meiner täglichen<br />
Arbeit widerspiegeln.<br />
Bitte erläutern Sie das Thema Ihrer Promotion<br />
Das Thema war die Untersuchung<br />
von Wechselwirkungen von ionisierten<br />
Gasen – sogenannten Plasmen – mit Phytochemikalien,<br />
isoliert und gebunden in<br />
der Pflanzenmatrix. Das Plasma ist ein<br />
hoch komplexes System, bei dem viele<br />
reaktive Spezies, die ROS, wie atomarer<br />
Sauerstoff, Ozon oder Singulett-Sauerstoff,<br />
aber auch Ionen und energiereiche<br />
Strahlung, nebeneinander gebildet wer-<br />
den und abreagieren. Die Frage stellte<br />
sich daher, ob es durch die Plasma-Behandlung<br />
von Kultur-und Nutzpflanzen<br />
zu selektiven bzw. nicht-selektiven Oxidationsreaktionen<br />
von Benzopyron- und<br />
Phenolsäurederivaten kommt und inwieweit<br />
bestimmte Strukturelemente antioxidative<br />
Eigenschaften begünstigen bzw. inwieweit<br />
diese Form von abiotischem Stress<br />
in planta Sekundärreaktionen auf zellulärer<br />
Ebene hervorrufen.<br />
Wem dienen Ihre Forschungsergebnisse?<br />
Ein direkter Nutzen ist momentan<br />
noch nicht absehbar, da die Plasmen, mit<br />
denen wir uns beschäftigen, noch recht<br />
schwer zu charakterisieren sind und Effekte<br />
bislang nur indirekt nachgewiesen<br />
werden können. Darüber hinaus ist eine<br />
industrielle Anwendung aufgrund der Geometrie<br />
der bei Atmosphärendruck arbeitenden<br />
Plasmaanlagen häufig noch nicht<br />
unmittelbar realisierbar. Dies wird sich<br />
aber mit dem in den vergangenen Jahren<br />
deutlich gestiegenen Forschungsund<br />
Entwicklungsfortschritt sicher in absehbarer<br />
Zeit ändern. Tatsächlich sollen<br />
kalte Plasmen konventionelle thermische<br />
Entkeimungsverfahren in der <strong>Lebensmittel</strong>be-<br />
und -verarbeitung in Zukunft teilweise<br />
ersetzen. Dadurch könnten frische<br />
» Dezember 2012 | <strong>DLR</strong>