atp edition Gamification in Kollaborationsnetzwerken (Vorschau)
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PRAXIS<br />
Britischer Chemiehersteller „erntet“ Energie für<br />
dezentrale Sensoren aus Wärmeunterschieden<br />
Praxiserfahrungen mit Temperatur-Messung ohne externe Stromversorgung<br />
eim britischen Chemiehersteller Rob<strong>in</strong>son Brothers<br />
B wurde e<strong>in</strong> drahtloser Temperaturmesser e<strong>in</strong>gesetzt,<br />
der sich über „Energy Harvest<strong>in</strong>g“ selbstständig mit<br />
Strom versorgt. Seit 2011 arbeitet der Hersteller ABB mit<br />
se<strong>in</strong>en Kunden an der Lösung, die <strong>in</strong>dustrielle Energieversorgung<br />
und Wireless verb<strong>in</strong>det und dabei Netzwerkzuverlässigkeit<br />
bietet.<br />
VERMASCHTE NETZWERKE SIND ENERGIEINTENSIVER<br />
Drahtlose Lösungen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Neuigkeit <strong>in</strong> der Prozess<strong>in</strong>dustrie.<br />
Tatsächlich wurden die ersten Systeme bereits<br />
<strong>in</strong> den 1960er Jahren e<strong>in</strong>gesetzt. Wie bei der Feldbustechnologie<br />
benötigt auch die Wireless-Technologie globale<br />
Standards, die von möglichst vielen Geräteherstellern<br />
unterstützt werden, um sich zu etablieren.<br />
E<strong>in</strong> solcher (Kommunikations-)Standard ist Wireless<br />
Hart. Die Netzwerkzuverlässigkeit ist e<strong>in</strong> Hauptschwerpunkt<br />
der Prozessautomatisierung. Vermaschte Netzwerke<br />
<strong>in</strong>nerhalb drahtloser Kommunikation sorgen für die<br />
Zuverlässigkeit. Sie bieten räumlich redundante Kanäle<br />
zwischen zwei Knoten <strong>in</strong>nerhalb des Netzes durch Weiterleitung<br />
von Nachrichten über verschiedene Wege. Dies<br />
erhöht die Fehlertoleranz der Kommunikation und ermöglicht<br />
die Realisierung von Netzwerken, die gegen<br />
den Ausfall von Kommunikationsverb<strong>in</strong>dungen und<br />
Routergeräten tolerant s<strong>in</strong>d. Die räumliche Redundanz<br />
von vermaschten Netzwerken sichert auch <strong>in</strong> ISM-Bändern<br />
(Industrial, Scientific, Medical) die zuverlässige<br />
Kommunikation. Jedoch s<strong>in</strong>d die Weiterleitung von<br />
Nachrichten (<strong>in</strong>folge der vermaschten Netzstruktur) und<br />
die erhöhten Anforderungen an die Datensicherheit mit<br />
zusätzlichem Energiebedarf verbunden, der durch Energieoptimierung<br />
ausgeglichen werden muss.<br />
ENERGY HARVESTING STATT BATTERIEAUSTAUSCH<br />
Der regelmäßige Austausch von Batterien ist ke<strong>in</strong>e Lösung,<br />
da, je nach Konfiguration der Anlage, die durch<br />
den E<strong>in</strong>satz drahtloser Geräte erzielten E<strong>in</strong>sparungen<br />
schnell relativiert werden. Stattdessen gilt Energy Harvest<strong>in</strong>g<br />
als mögliche Antwort bei der Realisierung (energie-)autarker<br />
Geräte. Beim Energy Harvest<strong>in</strong>g (wörtlich:<br />
„Energie-Ernten“) wird Energie aus der Prozessumgebung<br />
<strong>in</strong> nutzbare elektrische Energie umgewandelt. Diese<br />
Energie wird dann zur Versorgung drahtloser Geräte<br />
genutzt wird. Die am häufigsten e<strong>in</strong>gesetzten Mechanismen<br />
s<strong>in</strong>d photovoltaische, thermoelektrische und k<strong>in</strong>etische<br />
Wandler.<br />
Thermoelektrische Generatoren (TEG) nutzen den<br />
Temperaturunterschied zwischen heißen oder kalten<br />
Prozessen und der Umgebung, um Wärmeenergie mithilfe<br />
des Seebeck-Effekts <strong>in</strong> elektrische Energie umzuwandeln.<br />
Der Wirkungsgrad von TEGs ist zwar recht<br />
niedrig, die Technologie jedoch robust. Besonders <strong>in</strong> der<br />
Prozess<strong>in</strong>dustrie stehen häufig große Temperaturreservoire<br />
und damit große Wärmemengen zur Verfügung.<br />
Die von handelsüblichen TEGs bereitgestellte Leistung<br />
reicht aus, um viele drahtlosen Sensorknoten <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Szenarios zu versorgen.<br />
DRAHTLOSES THERMOMETER MIT<br />
ENERGIEAUTARKER VERSORGUNG<br />
Dem <strong>in</strong>ternationalen Team von Entwicklern und Wissenschaftlern<br />
bei ABB ist es gelungen, e<strong>in</strong>en autarken Temperatur-Messumformer<br />
mit e<strong>in</strong>em vollständig <strong>in</strong>tegrierten<br />
Energy-Harvest<strong>in</strong>g-System auf Basis thermoelektrischer<br />
Generatoren zu realisieren. Die TEGs wurden so <strong>in</strong><br />
das Gerät <strong>in</strong>tegriert, dass die Handhabung, Stabilität und<br />
der Formfaktor des Thermometers unverändert bleiben.<br />
Die Lebensdauer und die Messwertaktualisierungsrate<br />
werden gegenüber batteriegespeisten Geräten verbessert.<br />
Der Energy Harvester verfügt über e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Pufferlösung,<br />
die e<strong>in</strong>e Versorgung sicherstellt, wenn die<br />
Temperaturdifferenz e<strong>in</strong>mal nicht ausreicht, um daraus<br />
genügend Energie „abzuzweigen“. Aufgrund der vorgegebenen<br />
Größe des gewählten Thermometers war e<strong>in</strong>e Integration<br />
herkömmlicher TEGs, die normalerweise e<strong>in</strong>e<br />
Größe von 10 cm² bis 20 cm² haben, nicht möglich.<br />
Stattdessen wurden mikrothermoelektrische Generatoren<br />
(Mikro-TEGs) e<strong>in</strong>gesetzt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em waferbasierten<br />
Fertigungsverfahren hergestellt werden. Die größte<br />
Herausforderung bei der Integration beider Geräte bestand<br />
dar<strong>in</strong>, die Stabilität und Robustheit des Messumformers<br />
zu erhalten. In den meisten Fällen ist der Prozess<br />
wärmer als die Umgebungsluft, sodass die „heiße“ Seite<br />
der TEGs mit möglichst optimaler thermischer Leitfähigkeit<br />
an den Prozess gekoppelt werden muss. Um den Wärmestrom<br />
durch die TEGs zu maximieren, wurden umfangreiche<br />
numerische Simulationen durchgeführt. Die<br />
andere („kalte“) Seite muss gekühlt werden und ist daher<br />
über e<strong>in</strong>en Kühlkörper mit der Umgebungsluft gekoppelt.<br />
Um Anwendungen gerecht zu werden, <strong>in</strong> denen das<br />
Prozessrohr von e<strong>in</strong>er dicken Isolierung umgeben ist,<br />
muss der Kühlkörper <strong>in</strong> ausreichendem Abstand positioniert<br />
werden. Bei e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>desttemperaturunterschied<br />
zwischen dem Prozess und der Umgebung von etwa 30 K<br />
ist das System <strong>in</strong> der Lage, genügend Energie sowohl für<br />
die Messtechnik als auch die drahtlose Kommunikation<br />
zu liefern. Bei Temperaturgefällen von mehr als 30 K<br />
wird mehr Energie gewonnen als benötigt wird. Dieser<br />
Überschuss könnte zum Beispiel genutzt werden, um<br />
schnellere Aktualisierungsraten zu ermöglichen.<br />
IN DER PRAXIS GEPRÜFT<br />
Seit 2011 arbeitet ABB mit Kunden zusammen, um zu<br />
e<strong>in</strong>em möglichst früh Praxiserfahrungen zu sammeln<br />
und Anwenderwünsche bei weiteren Produktentwicklungen<br />
zu berücksichtigen. Als e<strong>in</strong>er der ersten setzte<br />
der britische Hersteller von Spezialchemikalien Rob<strong>in</strong>son<br />
Brothers auf Wireless-Technologie komb<strong>in</strong>iert mit<br />
autarker Energieversorgung von ABB. E<strong>in</strong>gesetzt werden<br />
die Thermometer zur Temperaturmessung im Pipel<strong>in</strong>enetz<br />
der zentralen Dampfversorgung. Das Powermanagement<br />
der Geräte erlaubt die pausenlose Auswertung<br />
der momentan aktiven Energiequelle (Pufferbatterie oder<br />
TEG). Zusammen mit der primären Messgröße Mediumstemperatur<br />
und der sekundären Messgröße Elektroniktemperatur<br />
s<strong>in</strong>d Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit<br />
20<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
3 / 2013