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Motorsport Magazin Vettels großer Wurf (Vorschau)

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18<br />

Kolumne.schoklitsch<br />

unter der Aschewolke<br />

Die Formel 1 hing fest, die MotoGP stand still und alles nur, weil ein Vulkan Asche<br />

ausspuckte. Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie und regte zum Nachdenken an.<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

Wir Menschen sind eigentlich so<br />

gestrickt, dass uns weit entfernte<br />

Dinge weitestgehend egal sind,<br />

solange sie uns nicht wirklich<br />

betreffen. Wenn also irgendwo in<br />

Island ein Vulkan ausbricht, sind<br />

das für uns im Normalfall nur ein<br />

paar spektakuläre Bilder, die wir so in den Nachrichten<br />

schon öfter gesehen haben und die Sache ist<br />

erledigt. Diese relative Gleichgültigkeit lässt sich<br />

aber wohl nicht jeder Vulkan gefallen und deswegen<br />

dachte sich der Eyjafjallajökull: »Euch werde<br />

ich es zeigen.«<br />

Und wie er es uns gezeigt hat. »Wenn der Vulkan<br />

rausbläst, dann macht er das. Wenn es dann nicht<br />

sicher ist, in der Luft zu reisen, gibt es ein Chaos.<br />

Da sehen wir, wie sich diese industrielle Welt entwickelt<br />

hat und es zeigt uns einfach Grenzen, wie<br />

weit wir Menschen kommen, wenn die Natur nicht<br />

mitspielt«, meinte Ex-F1-Pilot Alex Wurz gegenüber<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>, als er sich gerade fragte,<br />

wie er nach dem Formel 1 Grand Prix von China<br />

wieder nach Hause kommen soll.<br />

Der MotoGP erging es noch schlechter, denn die<br />

kam nicht bis nach Japan, weswegen das Rennen dort<br />

gleich auf den 3. Oktober verschoben wurde. Das<br />

zeigte, wie recht Wurz doch hatte. Die MotoGP bezeichnet<br />

sich als Königsklasse des Motorradsports, technisch<br />

wird dort auf höchstem Niveau operiert, es wird nichts<br />

dem Zufall überlassen und alles ist genau geplant. Wenn<br />

aber ein Vulkan ausbricht - und sei es eigentlich weitab<br />

der Team-Hauptquartiere - dann steht alles still.<br />

Die Natur hat damit wieder einmal über die Menschheit gewonnen und<br />

ihr gezeigt, was sie mit ihren ganzen technischen Errungenschaften auszurichten<br />

vermag, wenn ihr das nicht recht ist. Die Motorräder standen still,<br />

weil der Flugverkehr still stand, weil irgendwo in ein paar tausend Kilometern<br />

Verschiebung wegen Vulkanasche: Die MotoGP<br />

fliegt erst im Oktober zum Japan GP nach Motegi<br />

Entfernung der Eyjafjallajökull Asche in die Atmosphäre<br />

blies. Da kann dann auch ein Valentino Rossi<br />

nichts machen, der im Normalfall seinen Willen immer<br />

durchsetzt - oder bekam er auch hier Schützenhilfe,<br />

damit er sich besser von den Prellungen erholen konnte,<br />

die er eine Woche vor dem geplanten Japan Grand Prix<br />

bei einem Trainingsunfall erlitt?<br />

Derlei sehr untragbare Hypothesen einmal beiseite<br />

gestellt, rückt so ein Ereignis nicht nur das MotoGP-<br />

Weltbild für viele wieder einmal gerade. CERN mag<br />

in seinem Teilchenbeschleuniger vielleicht bald die<br />

Bedingungen kurz nach dem Urknall simulieren können,<br />

Formel-1-Autos mögen beim Bremsen Verzögerungswerte<br />

jenseits von Gut und Böse erreichen und MotoGP-<br />

Motorräder mögen die wildesten Schräglagen erlauben,<br />

gegen eine überdimensionale Aschewolke können sie<br />

alle nichts ausrichten.<br />

Letztendlich bleibt die Erkenntnis, die bereits im Film<br />

»Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit« zwar<br />

simpel, aber doch treffend aufgestellt wurde: »Alles,<br />

was wir sind, ist Sand im Wind, Hoschi.« In diesem<br />

Fall waren wir zwar nicht die Asche in der Atmosphäre,<br />

aber machen konnte niemand etwas dagegen.<br />

Vielleicht war das auch ein Zeichen für den <strong>Motorsport</strong>,<br />

manchmal eine etwas bescheidenere Perspektive<br />

einzunehmen, immerhin war selbst F1-Boss<br />

Bernie Ecclestone in Shanghai gefangen, weil sein<br />

Privatjet ebenso erst mit Verzögerung nach Europa<br />

fliegen konnte wie der Rest der Welt.<br />

Bevor wir also darüber stöhnen, dass uns ein<br />

MotoGP-Wochenende abhanden gekommen ist - und<br />

ohnehin später in der Saison nachgeholt wird -, amüsieren<br />

wir uns einerseits darüber, dass auch die mächtigsten Menschen nicht<br />

immer alles so haben können, wie sie es wollen und denken andererseits<br />

daran, wie schnell wir vor echte Grenzen gestellt werden. Vielleicht macht<br />

es den einen oder anderen ja weiser.<br />

Fotos: milagro, adrivo/Sutton

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