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stereoplay Der Verstärker der Zukunft? (Vorschau)

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SINFONIK<br />

AUDIOPHILE SACD<br />

KLANGTIPP<br />

Musik:<br />

Klang:<br />

KLANGDETAILS:<br />

Räumlichkeit:<br />

Bass:<br />

Transparenz:<br />

Georg Friedrich Händel: Concerti grossi Al Ayre Espanol, Banzo (2011)<br />

Spanisches Feuer für Händel<br />

Musik ist eine Weltsprache. Und die großen Komponisten<br />

gehören <strong>der</strong> ganzen Welt. Gerade ein solcher<br />

„Europäer“ wie Georg Friedrich Händel ist nicht nur<br />

auf die nördliche Hemisphäre beschränkt. Und welche<br />

Urkräfte <strong>der</strong> Leidenschaft, des starken Gefühls in<br />

seiner Musik schlummern, das zeigt jetzt eine mit Herzblut<br />

und sagenhafter Präzision agierende spanische<br />

Truppe. Unter <strong>der</strong> Leitung des schon seit vielen Jahren<br />

in Spaniens Barockszene erfolgreichen Cembalisten<br />

Eduardo López Banzo holte das Streicherensemble<br />

Al Ayre Espagnol sechs Concerti grossi des britisch-deutschen<br />

Barockmeisters ans Tageslicht. Unterstützt<br />

wurden sie dabei von <strong>der</strong> fantastisch präsenten<br />

und haptisch-greifbaren Mehrkanalbühne des holländischen<br />

Northstar-Recording-Teams unter <strong>der</strong> Leitung<br />

von Bert van <strong>der</strong> Wolf.<br />

„Händels Erinnerungen“ („Los Recuerdos de Handel“)<br />

betitelt <strong>der</strong> 1961 in Saragossa geborene<br />

López Banzo seine Auswahl aus<br />

Händels späten Orchestersuiten op. 6. Er<br />

betrachtet sie gewissermaßen als instrumentale<br />

Quintessenz eines jahrzehntelangen<br />

Bühnenschaffens und eines umfassenden<br />

musikalischen Erfahrungsschatzes.<br />

Und Banzos Ensemble durchglüht diese<br />

Londoner Werke mit einem spanischen<br />

Feuer und einer mediterranen Gefühlsintensität, die<br />

an Goyas späte Arbeiten erinnern. Über weite Strecken<br />

hat man sogar das Gefühl, diese hochdramatisch<br />

stolze, ganz und gar uncoole Musik hier zum allerersten<br />

Mal zu hören.<br />

Wer den Instrumentalmusiker Händel noch immer hinter<br />

Bach und Vivaldi ansiedelt, wird hier umgestimmt.<br />

López Banzo und seine exzellenten Musiker entfachen<br />

mit unglaublicher Intensität vor allem die sinnlichen<br />

Urkräfte dieser Musik, verweisen auf das enorme kreative<br />

Potenzial, das <strong>der</strong> reife Händel hier auf engstem<br />

Raum abrufen und bündeln konnte.<br />

So glutvoll und zugleich so mo<strong>der</strong>n klang diese grandiose<br />

orchestrale Lebensrückschau noch nie. Die wirklich<br />

audiophile, abgrundtief präzise Klangqualität <strong>der</strong><br />

DSD-Produktion verleiht dem Doppelalbum endgültig Referenzstatus.<br />

Challenge CC72548 (94:25, 2 SACDs)<br />

Unerhörte Intensität: das<br />

Instrumentalensemble Al Ayre<br />

Espagnol mit seinem Dirigenten<br />

Eduardo López Banzo.<br />

Attila Csampai<br />

EDITION<br />

Musik:<br />

Klang:<br />

EMI 4 40471 2 2 (450 Min., 6 CDs)<br />

Gustav Holst. The Collector’s Edition Diverse Solisten, Orchester und Dirigenten (1966-94)<br />

Die Popularität von Gustav Holsts<br />

„Planeten“ hat den Blick auf weitere<br />

Werke des Komponisten vollkommen<br />

verstellt. Eine sechs CDs umfassende<br />

„Collector’s Edition“ zeigt<br />

anhand klanglich überarbeiteter Aufnahmen<br />

aus dem EMI-Katalog die<br />

Vielseitigkeit von Holsts Musik. „The<br />

Planets“ dürfen da nicht fehlen und<br />

sind in <strong>der</strong> 1978-er Aufnahme von<br />

Adrian Bolt zu hören, <strong>der</strong> das astrologisch<br />

inspirierte Riesenwerk sechs<br />

Jahrzehnte zuvor uraufgeführt hatte:<br />

Immer noch eine klassische Einspielung!<br />

Ein weiterer Höhepunkt <strong>der</strong><br />

Sammlung ist <strong>der</strong> glanzvoll von Sängern<br />

des St. Paul’s Cathedral Choirs,<br />

dem London Symphony Chorus und<br />

dem London Philharmonic Orchestra<br />

unter Charles Groves zelebrierte<br />

„Hymn of Jesus“.<br />

Für Holsts intensive Beschäftigung<br />

mit indischer Mystik stehen unter<br />

an<strong>der</strong>em die geradezu makellos von<br />

den Baccholian Singers of London<br />

gesungenen „Hymns of the Rig Veda“.<br />

Yehudi Menuhin verleiht „A Fugal<br />

Concerto“ mit den Solisten Jonathan<br />

Snowden (Flöte) und David<br />

Theodore (Oboe) klassische Ausgeglichenheit.<br />

Holsts erstaunlich elegante<br />

„Suites for Military Band“<br />

werden von <strong>der</strong> Central Band of the<br />

Royal Air Force auf Hochglanz<br />

poliert.<br />

Die Kammeroper „The Wan<strong>der</strong>ing<br />

Scholar“ und das Musikalische Zwischenspiel<br />

„At the Boar’s Head“ sind<br />

mit Sängern wie Michael Rippon,<br />

Robert Tear, Norma Burrowes, Philip<br />

Langridge und John Tomlinson<br />

zu erleben.<br />

Ein Plädoyer für das Gesamtwerk von<br />

Gustav Holst: Diese Box liefert viele<br />

spannende Entdeckungen.<br />

Miquel Cabruja<br />

SINFONIK<br />

Musik:<br />

Klang:<br />

Profil Edition Günter Hänssler PH12021 (64:36)<br />

Arnold Schönberg: Pelleas und Melisande, Erwartung Charbonnet, WDR Sinfonieorchester Köln, Saraste (2011)<br />

Gepresstes Übermaß: Das ist die Formel<br />

von Arnold Schönbergs Tondichtung<br />

„Pelleas und Melisande“. Gedämpftes<br />

Blech und sordinierte Streicher<br />

prägen über weite Strecken ein<br />

Klangbild, das sich ungedämpft in gellenden<br />

Eruptionen Luft machen würde,<br />

so aber wie ein erstickter Vulkan<br />

klingt: Spiegel <strong>der</strong> bleiernen Zeit in<br />

Maeterlincks Drama, zugleich musikalische<br />

Hochdruckverdichtung ohne Ventil.<br />

Als quasi physikalische Folge rumort<br />

im Kessel <strong>der</strong> Tonalität gärende Polyphonie.<br />

All diese wi<strong>der</strong>strebenden Fügungen<br />

hat Jukka-Pekka Saraste mit<br />

dem Kölner WDR-Orchester gut im<br />

Griff. Röntgenartige Transparenz fächert<br />

die Kontrapunktik auf, ohne den<br />

aus <strong>der</strong> Spätromantik noch herüberragenden<br />

Massiven die Spitze zu kappen.<br />

Selbst Echos Richard Straussschen<br />

Überschwangs dürfen in Momenten<br />

sinnlicher Opulenz schwelgen.<br />

Im Albtraum-Monodram „Erwartung“<br />

ist dann das tonale Gehäuse gesprengt,<br />

die Partitur gleicht einem Geflecht vibrieren<strong>der</strong>,<br />

elektrisieren<strong>der</strong> o<strong>der</strong> ostinat<br />

insistieren<strong>der</strong> Nervenströme. Lei<strong>der</strong><br />

verliert das zwar dezent, aber unnötig<br />

heruntergepegelte Orchester hier<br />

eine Spur an Präsenz. Ansonsten bewährt<br />

sich Sarastes mikroskopische Beleuchtung,<br />

verbunden mit emotional<br />

aufgeladener Spannung bis hin zu den<br />

Ekstasen <strong>der</strong> Angst. Ihnen und ihrem<br />

ganzen Part verleiht die Sopranistin<br />

Jeanne-Michèle Charbonnet mit kehlig-dunklem<br />

Timbre eher den Tonfall<br />

<strong>der</strong> Tragödin als <strong>der</strong> Hysterica: Eine gefasste,<br />

aber charakteristische Expressivität<br />

zeichnet Deklamation wie Linie<br />

(bisweilen phonetisch leicht verfärbt).<br />

Eine Aufnahme, die durch Entfesselung<br />

jener Kräfte, die zum Zerreißen <strong>der</strong><br />

Tonalität führten, absolut fesselt.<br />

Martin Mezger<br />

9/12 <strong>stereoplay</strong>.de 113

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