stereoplay Der Verstärker der Zukunft? (Vorschau)
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Musik Jazz<br />
FUSION Return To Forever The Mothership Returns<br />
CD DES MONATS<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
KLANGDETAILS:<br />
Räumlichkeit:<br />
Ausgewogenheit:<br />
Transparenz:<br />
Zurück aus den Geschichtsbüchern<br />
<strong>Der</strong> Name Return To Forever ist bereits Teil <strong>der</strong> Geschichtsbücher.<br />
Schlägt man nach, erfährt man einiges<br />
über den Fusion-Sound <strong>der</strong> Siebziger, als die Aufbruchsstimmung<br />
<strong>der</strong> Elektrifizierung auch den Jazz beflügelte.<br />
Dann allerdings trennte sich die Combo 1977, um<br />
sich erst nach 31 Jahren wie<strong>der</strong> auf die Bühne zu wagen.<br />
Von früheren Besetzungen waren noch Keyboar<strong>der</strong><br />
Chick Corea und Bassist Stanley Clarke mit von<br />
<strong>der</strong> Partie, außerdem Drummer Lenny White, <strong>der</strong> ebenfalls<br />
ein paar Jahre zum Team gehörte. Neu dabei waren<br />
Gitarrist Frank Gambale und Geiger Jean-Luc Ponty,<br />
ohne Kompatibilitätsprobleme, weil beide ebenfalls<br />
mit den Klangvorstellungen <strong>der</strong> frühen Jahre vertraut<br />
waren. Return To Forever IV tourte um die Welt, wurde<br />
in großen Sälen gefeiert, und „The Mothership<br />
Returns“ fasst diese erfolgreichste Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />
des Jazz <strong>der</strong> vergangenen Jahre<br />
in einer Box mit zwei CD-Seiten und einer<br />
DVD (Dokumentation und Konzertausschnitte)<br />
zusammen. Man erlebt fünf Weltmeister <strong>der</strong><br />
Gestaltungskraft, die mit reichlich Energie nicht<br />
nur <strong>der</strong> Vergangenheit huldigen, son<strong>der</strong>n das Idiom des<br />
Jazzrocks in die Gegenwart holen. Corea lässt seine<br />
Synthies singen, Gambale meistert die schwierigsten<br />
Linien mit einem Lächeln. Ponty geigt, als wäre er ein<br />
Rocker, Clarke spielt hurtiger denn je, und White ist<br />
funky mit Donnerschlag.<br />
In <strong>der</strong> Summe ist das alte Schule mit <strong>der</strong> Chuzpe <strong>der</strong> Erfahrung<br />
– genau das, was man sich von so einem Elefantentreffen<br />
erhofft hat. Lediglich <strong>der</strong> manchmal etwas überladene<br />
Live-Sound hätte noch mehr Präsenz vertragen.<br />
Aber das Wuchtige gehört ja auch zum Konzept <strong>der</strong><br />
Fusion-Ära.<br />
Ewige Meister <strong>der</strong> Gestaltungskraft:<br />
Return To Forever.<br />
Eagle Records / edel:Kultur (112:38 + 112 Min.) www.return2forever.com<br />
Ralf Dombrowski<br />
NEW JAZZ<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Dave Stapleton<br />
Kammer-Jazz? Nein, nicht wirklich. Dafür sind<br />
hier zu viele Akteure zugange. Mo<strong>der</strong>n Bigband?<br />
Auch nicht, dafür ist die Musik zu intim. <strong>Der</strong> britische<br />
Pianist Dave Stapleton, <strong>der</strong> bereits Soundtracks<br />
komponierte, führt auf „Flight“ ein versiertes<br />
Jazz-Quartett um Marius Neset am Tenorsax<br />
mit dem Brodowski String Quartet zusammen.<br />
Das Ergebnis ist kein Meisterwerk wie „Catching<br />
Sunlight“ von 2008, aber ein Album voller Überraschungen<br />
und schöner Themen.<br />
Streichquartett trifft lyrischen Jazz.<br />
Edition Records / Soulfood (74:20) www.davestapleton.com<br />
FUSION<br />
Albare iTD<br />
Flight<br />
<strong>Der</strong> Gitarrist Albare, als Albert Dadon in Marokko<br />
geboren, aufgewachsen in Israel und Lyon, wohnhaft<br />
in Australien, vereint in seiner Band „international<br />
Travel Diary“ (iTD) alles, was das Herz begehrt:<br />
elegant schwingende Melodien von Gitarre,<br />
Mundharmonika (Hendrik Meurkens), Tenorsaxofon<br />
(George Garzone) und Elektrobass (Evripidis<br />
Evripedou) sowie Rhythmen aus Südamerika, Jazz<br />
und Afrika. Neu ist das nicht – warum auch? <strong>Der</strong><br />
Musik:<br />
Reiz besteht in <strong>der</strong> Gelassenheit <strong>der</strong> acht Titel.<br />
Klang:<br />
Fusion zum Zurücklehnen und Genießen.<br />
Enja / Soulfood (58:01) www.albare.info<br />
WS<br />
BIG BAND<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
KLANGTIPP<br />
Kenny Wheeler Big Band<br />
Camjazz / edel:Kultur (68:33) www.camjazz.com<br />
MI<br />
Long Way<br />
The Long Waiting<br />
Kaum ein Big-Band-Lea<strong>der</strong> komponiert so vielschichtig<br />
für die größte Jazzformation wie <strong>der</strong> Flügelhornist<br />
Kenny Wheeler. Raffiniert verschränkt<br />
<strong>der</strong> in England lebende Kanadier die Instrumentengruppen<br />
ineinan<strong>der</strong> – doch bevor sie sich verknoten,<br />
wechselt er auf groovende Linien, aus denen<br />
sich seine Top-Solisten o<strong>der</strong> er selbst mit prägnanten<br />
Statements lösen. Für eine beson<strong>der</strong>e Tönung sorgt<br />
Diana Torto, <strong>der</strong>en Stimme Wheeler wohldosiert in<br />
die Instrumentalsätze mengt.<br />
Stilvolle Big-Band-Kunst.<br />
WS<br />
PIANO JAZZ<br />
John Surman<br />
Saltash Balls<br />
Nur sich selbst als Korrektiv zu haben, for<strong>der</strong>t heraus.<br />
Eine Platte wie „Saltash Bells“ ist daher auch<br />
ein Experiment. Sicher, <strong>der</strong> Dokumentarfilmer Odd<br />
Geir Saether, <strong>der</strong> den Ausschlag für das Album gab,<br />
Tonmeister Jan-Erik Kongshaug und Produzent<br />
Manfred Eicher halfen John Surman auch. Trotzdem<br />
ist das zehnteilige gute Stück teils etwas lieblich<br />
geraten. Saxofonlinien, Keyboard-Texturen umranken<br />
einan<strong>der</strong> harmonisch fließend, Reibung fehlt,<br />
KLANGTIPP<br />
Musik:<br />
Kontemplation dominiert die Dramaturgie.<br />
Klang:<br />
Kammerjazzig schöne Bil<strong>der</strong>.<br />
ECM / Universal (59:13) www.johnsurman.com<br />
RD<br />
MODERN JAZZ<br />
Stéphane Belmondo The Same As It Never Was Before<br />
Außerhalb Frankreichs ist Stéphane Belmondo nur<br />
Eingeweihten ein Begriff, und das, obwohl <strong>der</strong> Trompeter<br />
bereits seit einem Vierteljahrhun<strong>der</strong>t im Geschäft<br />
mitmischt. Mit seinem aktuellen Quartett-<br />
Album „The Same As It Never Was Before“ hat er<br />
nun die Chance, dass das endlich an<strong>der</strong>s wird. Denn<br />
mit alten Hasen wie Pianist Kirk Lightsey und<br />
Drummer Billy Hart an seiner Seite betört er vor<br />
KLANGTIPP allem mit betörend eloquenten Linien und einem<br />
Musik:<br />
samtenen, zugleich strahlenden Ton.<br />
Klang:<br />
Gepflegter Soul-swingen<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>n Jazz.<br />
Verve / Universal (59:49) www.vervemusicgroup.com<br />
RD<br />
POST-AVANTGARDE<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
KLANGTIPP<br />
Die Avantgarde ist nicht tot. Sie hat nur geschlummert.<br />
<strong>Der</strong> Saxofonist Henry Threadgill, in den 1980-<br />
ern ein Grenzgänger zwischen Free Jazz und Tradition,<br />
hat den bissigen Impetus von einst zwar abgestreift.<br />
Doch sein Grundthema ist geblieben: Clever<br />
(de-)konstruiert er Elemente <strong>der</strong> Jazzgeschichte<br />
und verknüpft sie zu neuen Klangkombinationen.<br />
Ohne den rotzigen Gestus leuchten die tönenden<br />
Mosaike prächtiger als in den jungen Jahren des<br />
einstigen Klang-Aufrührers.<br />
Zerbröselt und neu strukturiert.<br />
Pi Recordings / Codaex (44:15) www.pirecordings.com<br />
Henry Threadgill Tomorrow Sunny / The Revelry, Spp<br />
WS<br />
FOTO: Eagle Records<br />
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9/12 <strong>stereoplay</strong>.de