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5. Bericht zur Lage der Kinder - derStandard.at

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Zur <strong>Lage</strong> <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendgesundheit in Österreich 2014<br />

Ca. 50% <strong>der</strong> Eltern bekennen sich in <strong>der</strong> Gewaltprävalenzstudie<br />

des BMWFJ 2011 zu „leichten Formen“<br />

<strong>der</strong> körperlichen Gewalt in <strong>der</strong> Erziehung (z.B.<br />

„leichte Ohrfeige“, „Klaps auf den Po“), 16% sogar<br />

zu „schweren Körperstrafen“ („richtig den Po versohlen“,<br />

„mit Gegenständen schlagen“). Dieser Befund<br />

ist vor allem unter dem Aspekt erschütternd, dass<br />

wir seit 1989 ein gesetzlich verankertes Gewaltverbot<br />

in <strong>der</strong> Erziehung haben, das besagt: „Die Eltern<br />

haben bei ihren Anordnungen und <strong>der</strong>en Durchsetzung<br />

auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des<br />

Kindes Bedacht zu nehmen, die Anwendung von<br />

Gewalt und die Zufügung körperlichen o<strong>der</strong><br />

seelischen Leides sind unzulässig.“<br />

Schon Hans Czermak („Die gesunde Ohrfeige macht<br />

krank“, 1980) fragte sich, „warum 98% aller Babys<br />

physisch und psychisch völlig gesund geboren werden,<br />

aber bereits jedes zweite Kind schon nach einigen<br />

Lebensjahren mehr o<strong>der</strong> weniger psychisch gestört<br />

und behandlungsbedürftig ist“. Er führte diese k<strong>at</strong>astrophale<br />

Entwicklung auf die damals gängige und<br />

weitverbreitete Straf- und Prügelerziehung <strong>zur</strong>ück,<br />

<strong>der</strong> viele Kin<strong>der</strong> schon in frühester Kindheit ausgesetzt<br />

waren und die ein Ausgangspunkt für vielfältige<br />

Fehlentwicklungen Jugendlicher ist. Auch heute<br />

noch sind die Phänomene Vernachlässigung, Gewalt,<br />

Armut, Suchtbelastung sowie psychische Erkrankung<br />

o<strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Eltern in viel zu hohen Ausmaß<br />

vorhanden, wobei das Risiko für eine schwierige<br />

und auffällige Entwicklung <strong>der</strong> betroffenen Kin<strong>der</strong><br />

kumul<strong>at</strong>iv mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Belastungsfaktoren steigt.<br />

Um dem sinnvoll zu begegnen, braucht es<br />

• verstärkt bewusstseinsbildende Maßnahmen in<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung gegen Gewalt in <strong>der</strong> Erziehung und<br />

gegen Gewalt in <strong>der</strong> Familie<br />

• die Einrichtung einer Kin<strong>der</strong>schutzallianz <strong>zur</strong><br />

Entwicklung von Standards und einer breiten str<strong>at</strong>egischen<br />

Kooper<strong>at</strong>ion aller befassten Stake Hol<strong>der</strong><br />

(Kin<strong>der</strong>schutz-Zentren, Kin<strong>der</strong>schutz-Gruppen, Justiz,<br />

Exekutive, Jugendwohlfahrt, Gesundheitswesen,<br />

Prozessbegleitung, u.a.m.)<br />

• eine regelmäßige standardisierte Erhebung <strong>der</strong><br />

Gewaltprävalenz.<br />

Nicht zu vergessen sind auch Maßnahmen gegen die,<br />

oft versteckte und wenig wahrgenommene, indirekte<br />

o<strong>der</strong> strukturelle Gewalt gegen Kin<strong>der</strong>, welche sich<br />

in diversen Lebensfel<strong>der</strong>n aus ganz alltäglicher gesellschaftlicher<br />

Benachteiligung dieser Bevölkerungsgruppe<br />

ergibt (Straßenverkehr, Raumplanung, Armut,<br />

...). Auch ist klar dagegen aufzutreten, dass Kin<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Jugendliche mit Gewalterfahrungen, in Gewaltschutzeinrichtungen<br />

für Frauen einfach „mitbetreut“<br />

werden. Es braucht ganz spezifisches Wissen und<br />

Kompetenz um sachgerecht mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

arbeiten zu können (siehe Qualitätssicherung).<br />

Dies zu missachten, fügt ihnen neuerlich eine weitere<br />

Form von struktureller Gewalt zu.<br />

Aus Anlass des 100. Geburtstags von Hans<br />

Czermak h<strong>at</strong> die Liga das Jahr 2013 dem Schwerpunkt<br />

„Kin<strong>der</strong>schutz in Österreich“ gewidmet. Wir<br />

haben dieses mit einer sehr gelungenen Tagung<br />

„Kin<strong>der</strong> schützen – jetzt!“ im Februar an <strong>der</strong><br />

TU-Wien, einem anschließenden Familientag im<br />

R<strong>at</strong>haus Wien, vielen kleineren Aktionen verteilt<br />

über das Jahr und schließlich mit einem „Kin<strong>der</strong>schutzpfad“<br />

im Grete-Rehor-Park neben dem<br />

Parlament begangen, wo auch die oben genannte<br />

politische Deklar<strong>at</strong>ion <strong>zur</strong> Unterzeichnung auflag.<br />

Zum Bereich Ernährung sind v.a. <strong>der</strong> „N<strong>at</strong>ionale<br />

Aktions plan Ernährung“ und die „Leitlinie Schulbuffet“<br />

(beides BMG 2011) sowie die Aktion „Richtig<br />

essen von Anfang an“ (AGES, BMG, HV-SVT) zu<br />

nennen. Ein „N<strong>at</strong>ionaler Aktionsplan Bewegung“<br />

ist gerade in finaler Entwicklung (Entwurf veröffentlicht<br />

2012). Die Them<strong>at</strong>ik „Sucht“ ist heuer<br />

auch Schwerpunkt <strong>der</strong> Projektför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesundheitsziele<br />

aus dem Rahmen-Pharmavertrag.<br />

Bedauerlicherweise ist unser Forschungs- und Präventions-Projekt<br />

zu jugendlicher Festkultur mit <strong>der</strong><br />

NÖ-Landjugend und dem M<strong>at</strong>urareiseveranstalter<br />

Summersplash nicht angenommen worden (erste<br />

Ergebnisse vor Ort waren sehr erfolgversprechend).<br />

Gerade zu den Themenbereichen dieses Abs<strong>at</strong>zes<br />

braucht es aber vor allem auch eine verantwortungsvolle<br />

Wirtschaft und Industrie, die nicht nur das Geschäft<br />

mit <strong>der</strong> jungen Zielgruppe im Auge h<strong>at</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

auch <strong>der</strong>en Wohlergehen, welche nicht nur um<br />

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