28.02.2014 Aufrufe

5. Bericht zur Lage der Kinder - derStandard.at

5. Bericht zur Lage der Kinder - derStandard.at

5. Bericht zur Lage der Kinder - derStandard.at

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Dienstantritt (Stephan Stumpner)<br />

zeigt sich, dass vor allem die Organis<strong>at</strong>ion am Schulstandort<br />

und Schülerinnen/Schüler als belastend<br />

wahrgenommen wurden. Vor allem die Schulorganis<strong>at</strong>ion<br />

(wer für welche Klassen bzw. Fächer eingeteilt<br />

wird) wurde als prioritär erlebt. So konnte festgestellt<br />

werden, dass „schwierige“ Klassen (disziplinär)<br />

bzw. Aufgaben (Integr<strong>at</strong>ionsklassen etc.) nur allzu<br />

oft an Berufseinsteigerinnen bzw. Berufseinsteiger<br />

vergeben wurden. Des Weiteren zeigte sich, dass im<br />

Schulversuch <strong>der</strong> „Sprachklassen“ 7 vier Berufseinsteigerinnen/Berufseinsteiger<br />

zum Eins<strong>at</strong>z kamen<br />

(Zuteilung erfolgt meist am Schulstandort).<br />

2.3.1 Standortspezifische Organis<strong>at</strong>ion<br />

„[…] dann war ich dort auch an meinem, also am<br />

ersten Schultag nach den Ferien, und ich hätte eine<br />

offene Sprachklasse gekriegt. Das ist eben eine Klasse<br />

mit Kin<strong>der</strong>n, die gerade eben hergekommen sind.<br />

[…] Und ich als nichtsahnende Hauptschullehrerin<br />

soll da praktisch Volksschullehrplan unterrichten, in<br />

einer Klasse mit Kin<strong>der</strong>n, die <strong>der</strong> deutschen Sprache<br />

absolut nicht mächtig sind. Und ja, ich war absolut<br />

überfor<strong>der</strong>t. Ich habe mich wie<strong>der</strong> schlecht gefühlt,<br />

aber absolut.“ (L3/12_1,62–68)<br />

„Es h<strong>at</strong> schon eben ein paar gegeben, die haben<br />

halt unterschwellig auch, ja, das ist die Neue, <strong>der</strong><br />

schieben wir alles zu. So war es zumindest, habe ich<br />

nachher erfahren, beim Stundenplan, da war ich ja<br />

noch nicht da. Da h<strong>at</strong> es immer geheißen, die Fächer<br />

mögen wir nicht, die kriegt die Neue.“ (L3/6_1,146–<br />

148)<br />

2.3.2 Schülerinnen/Schüler<br />

„Weil die Kin<strong>der</strong> sind total gegen mich gewesen,<br />

h aben am zweiten Tag schon gesagt, weiß ich nicht:<br />

Du wirst auch noch gehen, wir haben bis jetzt alle<br />

weggebracht. Und einmal schauen, wie lange du da<br />

bist, die an<strong>der</strong>en haben es nicht lange ausgehalten,<br />

wir hassen dich. Und du bist blöd und schiach und<br />

blond, und das geht nicht.“ (L2/14_1,7)<br />

7 Beim Schulversuch <strong>der</strong> „Sprachklassen“ handelt es sich um meist<br />

jahrgangsübergreifende Klassenverbände, in denen ausschließlich<br />

Kin<strong>der</strong> ohne bzw. mit äußerst geringen deutschen Sprachkenntnissen<br />

unterrichtet werden.<br />

2.4. Personale Dispositionen<br />

Das Persönlichkeitssystem ist einerseits eine bewusst<br />

wahrgenommene positive/neg<strong>at</strong>ive Bedingung<br />

(„Meine Kompetenzen reichen [nicht] aus.“), an<strong>der</strong>erseits<br />

ein meist unbewusstes psychologisches System,<br />

welches für die Bewertung und Bewältigung<br />

von Situ<strong>at</strong>ionen zuständig ist (vgl. Kuhl, 2001, S.<br />

163–165).<br />

2.4.1 Bewusst wahrgenommene „Schwächen“<br />

Es wurde festgestellt, dass acht Berufseinsteigerinnen<br />

und Berufseinsteiger ihre eigenen „Schwächen“<br />

nicht bewusst wahrgenommen haben. Allgemein<br />

lässt sich sagen, dass gerade in neuen<br />

Lebensphasen die Bereitschaft, neg<strong>at</strong>ive Inform<strong>at</strong>ionen<br />

über sich selbst aufzunehmen, sinkt (vgl.<br />

Kuhl, 2001, S. 250). Auch die „Tabuisierung von Unsicherheiten“<br />

in Organis<strong>at</strong>ionen könnte eine mögliche<br />

Erklärung liefern (vgl. Weule/Weule, 1998,<br />

S. 177–191).<br />

Bewusst wahrgenommene Unzulänglichkeiten<br />

k önnen einerseits selbstgesteuert bewältigt werden,<br />

was auch das Zulassen von „Schwächen“ bedingt<br />

– aktive Herabregulierung von neg<strong>at</strong>ivem Affekt<br />

(vgl. Kuhl, 2001, S. 603).<br />

„Ja, ich glaub, dass mich die Schüler schon akzeptieren<br />

und auch respektieren, ich glaub, beson<strong>der</strong>s in<br />

<strong>der</strong> vierten Klasse, dass sie mich nicht für ganz voll<br />

nehmen, ganz 100 Prozent ernst, und das, glaube<br />

ich, ist auch mein Problem, warum es dann oft so<br />

laut ist. Ich bin jetzt nicht unbedingt <strong>der</strong> böse Typ,<br />

<strong>der</strong> dann Strafen verteilt o<strong>der</strong> so, bin ich absolut<br />

nicht, glaube ich, aber, das muss ich sicher auch<br />

noch lernen, dass ich Grenzen setze. Und dann ist es<br />

aus (lacht). Ja.“ (L2/7_1,111)<br />

An<strong>der</strong>erseits können eigene, bewusst wahrgenommene<br />

Unzulänglichkeiten zu einer passiven Furcht<br />

werden („Grübeln“), wodurch es zu einer bewussten<br />

Fixierung auf das Angsterleben kommen<br />

kann ( hilflos, ohnmächtig, r<strong>at</strong>los, gestresst, allein<br />

sein, gehorsam etc.) (vgl. Kuhl, 2001, S. 603).<br />

„Und mein größtes Problem ist einfach die Disziplin.<br />

Dass ich den Ordnungsrahmen herstelle. […] Wenn<br />

60

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!