Thermenland Magazin, März 2014
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INTERVIEW<br />
www.thermenlandverlag.de<br />
Halser:Naja,privat hatte ich mir die Kandidatur<br />
schon gut überlegt. Ich hatte<br />
zwar die Landwirtschaft anden Sohn<br />
übergeben, aber ich helf auch jetzt noch<br />
dazu, steh imStall und kümmer mich um<br />
die Enkel.Wir leben ja noch in einer Großfamilie<br />
...<br />
War schon die Entscheidung für die Kandidatur<br />
eine Zäsur in Ihrem Leben?<br />
Halser:Janatürlich! Man muss sich schon<br />
vorher damit befassen, was hinterher<br />
sein könnte.<br />
Mit welchen Herausforderungen muss<br />
man rechnen, wenn man so ein Amt<br />
übernimmt?<br />
Halser:Die Konfrontation und der<br />
Umgang mit den Gemeindefinanzen lehrt<br />
einen schnell,dass nicht alles machbar<br />
ist,was wünschenswert wäre. Man kann<br />
nicht alleWünsche der Bürger erfüllen<br />
und auch nicht alle eigenenVorstellungen<br />
umsetzen.Damit umzugehen, muss man<br />
erst mal lernen. Und dann wird erwartet,<br />
dass man überall da ist. Manchmal<br />
bekommt man den Vorwurf „Zu uns<br />
kommst gar nicht“, aber man kann nicht<br />
alles schaffen in einer so großen Gemeinde<br />
mit so vielen Vereinen.AlleTermine<br />
sind auch nicht angenehm. Etwa wenn<br />
man zu Vorstandswahlen im Verein eingeladen<br />
wird und dann gibt eskeine Kandidaten,<br />
weil der Nachwuchs fehlt. Da wird<br />
man dann doch sehr direkt mit dem<br />
gesellschaftlichen Wandel konfrontiert.<br />
„Man bekommt hautnah mit,<br />
wie es den Bürgern geht“<br />
In IhreAmtszeit fielen Entscheidungen,<br />
die einen Bürgermeister bei der nächsten<br />
Wahl politisch das Kreuz brechen könnten.<br />
So mussten Sie Ihren Bürgern klar<br />
machen, dass sie die 5Millionen Euro<br />
teure Sanierung der Kläranlage zum Großteil<br />
aus der eigenenTasche bezahlen<br />
müssen. Wurden Sie davon überrascht?<br />
Halser: Nein, dass die Sanierung ansteht,<br />
hat der Marktrat schon gewusst. Was<br />
mich aber persönlich überrascht hat, war,<br />
dass wir dafür keinerlei staatliche Förderung<br />
bekommen haben.Dahatte ich auf<br />
verschiedenen Bürgerversammlungen<br />
schon mit erheblichem Widerstand zu<br />
tun. Das war schon ein bisschen kritisch.<br />
Bürgerinnen sind bei mir imBüro gesessen<br />
und haben geweint, weil sie nicht<br />
wussten, wie sie ihren Beitrag zahlen sollten.<br />
Da bekommt man hautnah mit, wie<br />
es einzelnen Leuten geht.<br />
Was machen solche Entscheidungen mit<br />
einem?<br />
Halser: Ja, das ist nicht angenehm. Aber<br />
es ist nicht einer gekommen, der gesagt<br />
hat „ich will nicht zahlen“. Man bekommt<br />
in solchen Krisengesprächen ein ganz<br />
neues Bild von seinen Bürgern.<br />
Sie haben in Ihrer Amtszeit auch Projekte<br />
realisiert,die über den Markt hinaus<br />
strahlen. So haben Sie beimVerkauf des<br />
Schlosses vermittelt, das Reformationsjubiläum<br />
unterstützt, in das Freibad<br />
800.000 Euro investiert. Was ist Ihnen in<br />
diesen Bereichen so wichtig?<br />
Halser:Der Freizeitbereich ist ein ganz<br />
wichtiges Thema. Wir haben diese tolle<br />
Freizeitanlage,die jedes Jahr bis zu<br />
90.000 Besucher anzieht. Da mussten wir<br />
dafür sorgen, dass sie attraktiv bleibt.<br />
Vogelpark,Wildpark, Gastronomie und<br />
Gewerbe –alle profitieren davon,wenn<br />
wir die Freizeitangebote fördern.<br />
„Ortenburg gehört ganz<br />
eindeutig zum <strong>Thermenland</strong>“<br />
Jüngstes Projekt in der Gemeinde ist die<br />
Initiative „leben-in-ortenburg.de“. Hier<br />
ging die Initiative von jungen Unternehmern<br />
aus, die mit der Attraktivität des<br />
Ortes Familien anziehen wollen.Dazu<br />
gehört auch ein Image-Film,der Ortenburg<br />
stark zum benachbarten <strong>Thermenland</strong><br />
hin ausrichtet. Bislang hatte sich der<br />
Markt eher in Richtung Vils und Donau<br />
orientiert. Wo würden Sie den Markt<br />
heute persönlich eher sehen?<br />
Halser:Vom Gefühl her gehört Ortenburg<br />
zum<strong>Thermenland</strong>. Ganz eindeutig. Wir<br />
sind ja direkte Nachbarn von Bad Griesbach.<br />
Die Kontakte dorthin sind sehr<br />
wichtig. Wir müssen uns in diese Richtung<br />
künftig gut aufstellen.<br />
Was würden Sie sich für Ihre Marktgemeinde<br />
wünschen?<br />
Halser: Dass der Generationenpark fertiggestellt<br />
wird, das ist ganz wichtig für den<br />
Markt. Der ist ein Gewinn für die Gemeinde<br />
–für Einheimische und Besucher.<br />
Und dass die Dorferneuerung in Unteriglbach<br />
und Holzkirchen erfolgreich<br />
umgesetzt wird, denn das ist wichtig für<br />
die Menschen, die dort leben.<br />
Worauf sind Sie besonders stolz?<br />
Chef auf Zeit:Als gewählter Bürgermeister muss<br />
man mit Verwaltungsmitarbeitern gut auskommen,<br />
die meist schon viel länger „im Amt“ sind –<br />
hier Hans Halser mit Simone Kasberger vom<br />
Bauamt.<br />
Foto: Semmler<br />
Halser: Trotz der großen finanziellen<br />
Herausforderungen wie der Kläranlage,<br />
dem Freibad und vielen anderen Baumaßnahmen<br />
ist es mir gelungen die Pro-Kopf-<br />
Verschuldung von über 2000 Euro im Jahr<br />
2007 auf heute 1660 Euro pro Jahr zu<br />
senken. Das ist aber nicht mein Verdienst<br />
allein,sondern der des gesamten Marktgemeinderats.<br />
Würden Sie’s wieder machen?<br />
Halser: Ja selbstverständlich –jetzt wär<br />
ich ja erst so richtig drin.Man lernt viel<br />
dazu, aber man muss es auch mögen,<br />
dass man mit den Leuten zu tun hat.<br />
Wenn man den Kontakt zuden Leuten<br />
nicht mag, dann ist man hier fehl am<br />
Platz. Das ist manchmal nicht einfach,<br />
aber es gehört eben dazu.<br />
Steckbrief Johann Halser<br />
Geboren:<br />
1. November 1946 in Ortenburg<br />
Wohnt: auf einem Hof bei Blindham<br />
Beruf: gelernter Landwirt, Zeitsoldat bei<br />
der Bundeswehr (Pionier inPassau)<br />
Familie: verh.,2Kinder,2Enkel<br />
Vereine: FC Neustift, FFW Neustift<br />
(17 JahreVorstand)<br />
Im Marktgemeinderat seit: 1990<br />
Religion: katholisch<br />
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