BEITRÄGE ZUR ARCHÄOZOOLOGIE VII
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terien - angegriffen worden sein, wodurch er zum Teil wie durch Zahnfäule ( Karies ) zersetz i<br />
aussieh t . Inwieweit auch mit einer Feue reinwirkung auf die Zahnspitze zu rechnen ist , laßt<br />
sich bisher nicht sagen, da Brandspuren nu r an einem Zahn nachweisbar si nd und zufäl lig<br />
en t standen sein können.<br />
Es tri t t nun die Frage auf, was mit den Eberhauern poliert worden ist. Von Vergoldern werden<br />
auch heute noch anstelle eines Ach ates gelegentlich Eber zähne verwendet, um Blattgold<br />
anzureiben und zu polieren. Möglicherweise war in dem Königshof von Helfta die Werkstatt<br />
eines solchen Kunsthandwerkers. Her r Or . E. Brepohl, Bad Ooberan, wies freundlicherweise<br />
auf das Buch von Theophilus Presbyter, "Schedula Oiversarum Artium" ( 11g IB74; The obal0<br />
1933 ) vom Anfang des 12 . Jh . hin, in dem kunsthandwerkliche Techniken beschrieben we r den .<br />
(He r rn Or . E. Brepohl danke ich vielmals f ür diesen Hinweis und die neue Überset zung oer<br />
entsprechenden TeKt-Stellen. ) Aus dieser Sch r iftquelle geht hervor, daß Eberzähne ni ch t nur<br />
zum Polieren von Blattgold , sondern schon bei dessen Herstellung verwendet wurden , um Ocke r <br />
pulver auf einem feinen Papier au fzutragen und bis zum Glänzen zu glätten. Oi eses Papier<br />
wurde bexm Aushämmern des Blattgoldes zwischen die einzelnen Blätter gelegt, um ei n Zu sammenkleben<br />
zu ve r meiden . (Oie folge nden Zitate sind nach Ilg 1874 angefÜhrt. ) [1 . Buch,<br />
Kap. 23: "T ol le pergamenam Graecam, qu ae fit e K lana ligni et f r icabis eam e K utraque part e<br />
cum rubeo colore, qui comburitur ex ogra, minutissime trita et sicca, et pOlies eam dente<br />
castoris s i ve ursi, vel apri diligentissime, donec lucida fia t , et idem color ipsa f r ica <br />
tione l et pol'iUonel adhaerea t. "J Außer Eberzähnen werden hier auch Biber- und Bärenzähne<br />
erwähnt . Auch bei der Herstellung von imi tier t em Blattgold aus Zinnfolie wurde der Ebe r zahn<br />
zum Polieren verwendet. [Kap. 25: Vom Stanniol. "Post haec fricabis eas leniter den te apri<br />
super ligneam tabulam aequalem, usque quo lucidae f iant l et deinde ipsis loco argent~ utaris."J<br />
In der Buchmale r ei, wo Go ldpulver mit einem Le i m aus Hausenblase angerührt und auf<br />
das Pergament aufgemalt wurde, verwende te man ebenfalls ei nen Zahn zum Polieren , allerdings<br />
ist ni cht ausdrücklich der Eberzahn erwähnt. [Kap . 31: Auf welche Weis e Gold und Silber auf<br />
die Buchseiten gemalt we r den: "Quod si contigerit per negligentiam glutinis non bene cocti,<br />
ut aurum in f r icandO se pulveret, vel prae nimia spissitudine s e elevet, habeas penes te<br />
clarum ve t us sine aqua percussum, et mox cum pincello de eo modicum ac leniter super aurum<br />
liniens, cum siccum fuer1t denuo dente ve l lapide fr icab is. "] Wurde in der BUChmale rei echo<br />
tes Gold du r ch Zinn und "crocum" als Fä r bemit t el ersetzt, benutzte man zum Polieren wiederum<br />
einen Zahn. [Kap. 32: . . et cum polie r is dente, tolle crocum quo sericum color atur<br />
per!undens illum cla r o sine aqua, e t cum per noctem steterit, seQuenti die cum pincello<br />
cooperies ea loca, quae volueris deaurare, caetera habeto loco argenti. ,,]<br />
Welcher Art das Handwerk war, das im Königshot von Hel tta betrieben wurde und das Eberhauer<br />
als Poliergeräte verwendete, können wir he ute noch nicht sagen . Doch gl e ichgül ti g, ob z.B.<br />
Prunkmöb e l ode r Pferdesättel vergoldet wurden od er ob bei Pergamenten oder in der Buchmalerei<br />
vergoldete Partien polier t wurden, können die Ebe rz ähne mit den abgeschliffenen Partien<br />
an der Lingualseite als Hinweis auf ein Kunsthandwerk gewertet werden, wie es wohl nut selten<br />
in frühmi ttelalterlichen Siedlungen zu finden war. Sie deuten damit auf eine herausgehobene<br />
Stellung dieser Siedlung in Helfta hin, die allgemein als "Königshof" (Dona t 1979)<br />
bezeichnet wird. WahrscheinliCh gab es in Hel fta nu r eine Werkstatt, in der die Eberhauer<br />
ve rw endet wurd en . Sie dürfte in dem Bereich der Gr abungsf lächen l343-1346/1443-1445 gelege'<br />
haben, da sich hier eine Konzentration der Zahntunde erkennen läßt (Abb. I '3J.<br />
Es ergibt sich nun die Fr age, ob solche Eberhauer eventuell auch auf anderen Fundplätzen<br />
au ft reten und nur bisher niCht als Poliergeräte erkannt wurden. Das verstärkte Vorkommen<br />
yon KIe ferstücken und losen Eckzähnen männlicher SChweine auf einigen mittelalterlichen<br />
Fundplä tzen, inSbesondere in Bu r gen oder Herrensitzen, haben wir bisher mit den Distributionsverhältnissen<br />
der damaligen Zeit in Verbindung gebracht, d. h. es wurden von den Bauern<br />
vorwi egend die Tiere abgegeben , die sie nicht zur weiteren Zucht b~nötigten, und das waren<br />
",eist die überzähligen Eber. War der Prozentsa t z der män nlichen Tiere gegenüber dem der<br />
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